– Romantisch ist die Liebgeschichte in der 185sten bis 210ten Nacht der arabischen Märchen; – ferner die Dichtung der Jahrszeiten in Mniochs Analekten (I. S. 67), aber desto unpoetischer die Dichtung über das Innere. Weit mehr romantisch, und sehr selten griechisch ist Klopstock, welcher, so wie Haydn in der Schöpfung mit Musik malt, so umgekehrt oft mit Malerei nur tönt; und man sollte nicht jede (oft nur philosophische) Einfachheit mit griechischem Geiste vermengen.57
Nichts ist seltener als die romantische Blume. Wenn die Griechen die schönen Künste eine Musik nannten: so ist die Romantik die Sphärenmusik. Sie fodert das Ganze eines Menschen, und zwar in zärtester Bildung, die Blüten der feinsten höchsten Zweige; und ebenso will sie im Gedichte über dem Ganzen schweben, wie ein unsichtbarer, aber mächtiger Blumenduft. Ein uns allen wohl bekannter und naher Verfasser macht zuweilen seinen romantischen Duft zu sichtbar und fest wie durch Frost. – Die Deutschen, deren poetischen Charakter Herder in Biedersinn und Hausverstand setzte, sind für die romantische Poesie zu schwer und fast für die plastische geschickter; und der große Lessing, welcher fast jeden Geist hatte, nur nicht den romantischen, könnte als charakteristischer Sprecher und Abgesandter des deutschen gelten, wiewohl er (ist der kühne Ausdruck erlaubt) zwar nicht in der Dicht-, aber in der Denk-Kunst romantisch war. Vossens plastische Idyllen stehen daher weit über seinen Oden, denen, wie noch mehr seinen Scherzgedichten, zwar nicht poetischer Körper, aber oft der ideale Geist zu mangeln scheint. Ebenso selten als das romantische Talent ist daher der romantische Geschmack. Da der romantische Geist, diese poetische Mystik, niemals im Einzelnen aufzufassen und festzubannen ist: so sind gerade die schönsten romantischen Blüten bei der Volksmenge, welche für die lesende die schreibende richtet, einem tierischen Betasten und Ertreten ausgesetzt; daher das schlimme Schicksal des guten Tiecks und besonders echter Märchen. – Dabei erschwert noch der Wechsel das Nachsprechen einer Regel; denn die plastische Sonne leuchtet einförmig wie das Wachen; der romantische Mond schimmert veränderlich wie das Träumen. – –
Wendet man das Romantische auf die Dichtungarten an: so wird das Lyrische dadurch sentimental – das Epische phantastisch, wie das Märchen, der Traum, der Roman – das Drama beides, weil es eigentlich die Vereinigung beider Dichtungarten ist.
VI. Programm
Über das Lächerliche
§ 26
Definitionen des Lächerlichen
Das Lächerliche wollte von jeher nicht in die Definitionen der Philosophen gehen – ausgenommen unwillkürlich –, bloß weil die Empfindung desselben so viele Gestalten annimmt, als es Ungestalten gibt; unter allen Empfindungen hat sie allein einen unerschöpflichen Stoff, die Anzahl der krummen Linien. Schon Cicero und Quinctilian finden das Lächerliche widerspenstig gegen jede Beschreibung desselben und diesen Proteus sogar in seinen Verwandlungen gefährlich für einen, der ihn in einer fesseln wollte. Auch die neue kantische, daß das Lächerliche von einer plötzlichen Auflösung einer Erwartung in ein Nichts entstehe, hat vieles wider sich. Erstlich nicht jedes Nichts tut es, nicht das unmoralische, nicht das vernünftige oder unsinnliche, nicht das pathetische des Schmerzes, des Genusses. Zweitens lacht man oft, wenn die Erwartung des Nichts sich in ein Etwas auflöset. Drittens wird ja jede Erwartung in ganzen humoristischen Stimmungen und Darstellungen sogleich auf der Schwelle zurückgelassen Ferner wird dadurch mehr das Epigramm und eine gewisse Art Witz beschrieben, welche Großes mit Kleinem paart. Aber an und für sich wird damit kein Lachen erweckt, so wenig als durch die Nebeneinanderstellung des Seraphs und des Wurms; und es brächte auch der Definition mehr Schaden als Vorteil, da die Wirkung dieselbe bleibt, wenn der Wurm zuerst kommt und dann der Seraph.
Endlich ist die Erklärung so unbestimmt und dadurch so wahr, als wenn ich sagte: das Lächerliche besteht in der plötzlichen Auflösung der Erwartung von etwas Ernsten in ein lächerliches Nichts. Die alte Definition von Aristoteles – welcher Argus von Blick und Geryon von Gelehrsamkeit überhaupt nie vorbeizugehen ist steht wenigstens auf der Bahn des Ziels, wiewohl nicht am Ziele, nämlich diese, daß das Lächerliche aus einer unschädlichen Ungereimtheit entstehe. Aber weder die unschädliche der Tiere, noch die der Wahnsinnigen ist komisch; noch die größten ganzer Völker sinds, z.B. die der Kamtschadalen, welche ihren Gott Kulka seinen eigenen gefrornen Unrat für eine Schönheitgöttin der Liebe vor dessen Auftauen halten lassen. Flögel58 will Linguets Meinung über die Giftigkeit des Brots, Rousseaus seine über die Vorzüglichkeit des Wilden-Lebens, oder die des dumpfen verächtlichen Schwärmers Postels, daß seine venezianische Hure Johanna die Welterlöserin der Weiber sei, von komischer Wirkung finden; aber wie sollen bloße Irrtümer, von welchen jeder Büchersaal wimmelt, ohne darum ein théatre aux Italiens oder des varietés amusantes zu sein, sich zu komischen Reizen ohne die Aussteuer der Kunst verschönern? – So irrig nun Flögel die bloße geistige Ungereimtheit ohne Verkörperung komisch findet: ebenso irrig nimmt er wieder körperliche Ungereimtheit ohne Vergeistigung für komisch, wenn er bei dem plastischen Höllen-Breughel, dem Prinzen von Pallagonia in Palermo, z.B. das Relief von Christi Leiden neben einem Gauklertanz oder den Neger zu Pferde gegenüber einem römischen Kaiser mit doppelter Nase lächerlich findet; denn diesen Verschiebungen der plastischen Wirklichkeit mangelt, wie dem Menschenzerrbilde, dem Tiere, die geistige Bedeutung.
Der scharfsinnige Rezensent der Vorschule in der Jenaer Literaturzeitung setzt das Komische in Unterbrechung der Totalität des Verstandes. Da es aber mehre solcher Unterbrechungen gibt – vom ernsten Irrtum bis zum Wahnsinn –, so muß die komische eben erst von jeder andern abgeschieden werden durch eine Definition des Komischen selber (später mehr über die geistreichen Einwürfe dieses Rezensenten). – Schiller erklärt die komische Poesie für ein Herunterziehen des Gegenstandes noch unter die Wirklichkeit selber. Aber der Unterschied, der das ernste Ideal so unerreichbar weit über die Wirklichkeit hinaushebt, läßt sich bei dem Komischen nicht durch Umkehrung anwenden, da die Wirklichkeit selber das Komische beherbergt und der Narr der Bühne zuweilen unverstümmelt auch im Leben erscheint, obwohl nie der tragische Held. Und wie sollte uns eine verrenkte vertiefte Wirklichkeit erfreuen, da uns schon die natürliche prosaische betrübt? In jedem Falle geht dem Herabziehen unter die Wirklichkeit, welches ja der ernste Dichter auch am Sünder ausübt, die absondernde Entscheidung des Komischen ab.
Die neuere Schlegel-Schelling-Astische Definition des Komischen, daß dasselbe, z.B. die Komödie, »die Darstellung der idealen unendlichen Freiheit, also des negativen unendlichen Lebens oder der unendlichen Bestimmbarkeit und Willkür sei«, lass' ich hier sich mit der allerneuesten, aber für den Künstler mehr brauchbaren von St.
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