Da, rechts, lief er, sichtlich bemüht, hinter einer dichten Menschengruppe zu verschwinden. Er drehte sich um, sah mich und verdoppelte seine Schritte. Ich folgte mit gleicher Schnelligkeit. Als ich an der Gruppe vorüber war, sah ich ihn in einer Seitengasse verschwinden. Ich erreichte diese eben, als er am Ende derselben um die Ecke bog. Vorher aber drehte er sich abermals um, zog den Hut und schwenkte denselben gegen mich. Das ärgerte mich natürlich, und ich fiel, ohne zu fragen, ob die Passanten über mich lachen würden, in scharfen Trab. Kein Polizist war zu sehen. Privatpersonen um Hilfe zu bitten, wäre vergeblich gewesen; es hätte mir keiner beigestanden.
Als ich die Ecke erreichte, befand ich mich auf einem kleinen Platz. Mir zu beiden Seiten standen geschlossene Reihen kleiner Häuser; gegenüber erblickte ich Villen in prächtigen Gärten. Menschen gab es genug auf dem Platz; aber Gibson bemerkte ich nicht. Er war verschwunden.
In der Tür eines Barbierladens lehnte ein Schwarzer. Er schien schon lange dagestanden zu haben; der Flüchtige mußte ihm unbedingt aufgefallen sein. Ich trat zu ihm, zog höflich den Hut und fragte ihn, ob er nicht einen weißen Gentleman flüchtig aus der Gasse habe kommen sehen. Er fletschte mir seine langen, gelben Zähne lachend entgegen und antwortete:
„Yes, Sir! Habe ihn schon. Lief sehr schnell, sehr. Ist da hinein.“
Er deutete nach einer der kleinen Villen. Ich dankte ihm und beeilte mich, das Häuschen zu erreichen. Die eiserne Pforte des Gartens, in welchem es stand, war verschlossen, und ich klingelte wohl fünf Minuten lang, bevor mir ein Mann, wieder ein Neger, öffnete. Ihm trug ich mein Anliegen vor; er schlug indessen die Türe vor meiner Nase zu und meinte:
„Erst Massa fragen. Ohne Erlaubnis von Massa ich nicht aufmachen.“
Er ging, und ich stand wenigstens zehn Minuten lang wie auf Kohlen. Endlich kehrte er mit dem Bescheid zurück:
„Nicht aufmachen darf. Massa verboten. Kein Mann heut hereingekommen. Türe zugeschlossen stets. Ihr also schnell fortgehen, denn wenn etwa über den Zaun springen, dann Massa sein Hausrecht brauchen und mit Revolver schießen.“
Da stand ich nun! Was sollte ich tun? Mit Gewalt eindringen durfte ich nicht; ich war überzeugt, daß in diesem Falle der Besitzer wirklich auf mich geschossen hätte; denn der Amerikaner versteht in Beziehung auf sein Heim keinen Spaß. Es blieb mir nichts anderes übrig, als zur Polizei zu gehen.
Als ich höchst ergrimmt über den Platz zurückschritt, kam ein Junge auf mich zugelaufen. Er hatte einen Zettel in der Hand.
„Sir, Sir“, rief er. „Wartet einmal! Ihr sollt mir zehn Cents für diesen Zettel geben.“
„Von wem ist er denn?“
„Von einem Gentleman, welcher eben da drüben“ – er deutete nicht nach der Villa, sondern in grad entgegengesetzter Richtung „aus dem Hause kam. Er zeigte mir Euch und schrieb mir die Zeilen auf.
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