Um dies zu können, hatte er gemeint, den Wahnsinn studieren zu müssen, und sich eine Menge darauf bezüglicher Werke angeschafft. Die schreckliche Folge davon war gewesen, daß er sich nach und nach mit diesem Dichter identifizierte und nun glaubte, selbst wahnsinnig zu sein. Vor kurzem hatte der Vater einen Arzt kennengelernt, welcher angeblich die Absicht gehabt hatte, eine Privatheilanstalt für Geisteskranke gründen zu wollen. Der Mann wollte lange Zeit Assistent berühmter Irrenärzte gewesen sein und hatte dem Bankier ein solches Vertrauen einzuflößen gewußt, daß dieser ihn gebeten hatte, die Bekanntschaft seines Sohnes zu machen, um zu versuchen, ob sein Umgang mit dem letzteren von guter Wirkung sei.

Von diesem Tage an hatte sich eine innige Freundschaft zwischen dem Arzt und Ohlert junior entwickelt, welche die ganz unerwartete Folge hatte, daß beide ganz plötzlich – verschwanden. Nun erst hatte der Bankier sich genauer nach dem Arzt erkundigt und erfahren, daß derselbe einer jener Medizinpfuscher sei, wie sie zu Tausenden in den Vereinigten Staaten ungestört ihr Wesen treiben.

Tailor fragte, wie dieser angebliche Irrenarzt heiße, und als der Name Gibson und dessen Wohnung genannt wurde, stellte es sich heraus, daß wir es da mit einem alten Bekannten zu tun hatten, welchen ich bereits wegen einer andern Angelegenheit einige Zeit lang scharf im Auge gehabt hatte. Ich besaß sogar eine Photographie von ihm. Sie lag im Bureau, und als ich sie Ohlert zeigte, erkannte dieser sofort den zweifelhaften Freund und Arzt seines Sohnes.

Dieser Gibson war ein Schwindler ersten Ranges und hatte sich lange Zeit in verschiedenen Eigenschaften in den Staaten und Mexiko herumgetrieben. Gestern war der Bankier zu dem Wirt desselben gegangen und hatte erfahren, daß er seine Schuld bezahlt habe und dann abgereist sei, wohin, das wisse niemand. Der Sohn des Bankiers hatte eine bedeutende Barsumme mitgenommen, und heute war von einem befreundeten Bankhause in Cincinnati die telegraphische Meldung eingelaufen, daß William dort fünftausend Dollars erhoben habe und dann nach Louisville weiter gereist sei, um sich von dort seine Braut zu holen. Das letztere war natürlich Lüge.

Es war alle Ursache vorhanden, anzunehmen, daß der Arzt seinen Patienten entführt habe, um sich in den Besitz großer Summen zu setzen. William war den hervorragendsten Geldmännern seiner Branche persönlich bekannt und konnte von ihnen erhalten, so viel ihm nur beliebte. Infolgedessen galt es, sich des Verführers zu bemächtigen und den Kranken nach Hause zu bringen. Die Lösung dieser Aufgabe wurde mir anvertraut. Ich erhielt die nötigen Vollmachten und Anweisungen, auch eine Photographie von William Ohlert, und dampfte zunächst nach Cincinnati ab. Da Gibson mich kannte, so nahm ich auch diejenigen Requisiten mit, derer ich bedurfte, wenn ich in die Lage kommen sollte, mich durch Verkleidung unkenntlich zu machen.

In Cincinnati suchte ich den betreffenden Bankier auf und erfuhr von ihm, daß Gibson sich wirklich bei William Ohlert befunden habe. Von da ging es nach Louisville, wo ich in Erfahrung brachte, daß die beiden sich Billets nach St. Louis genommen hatten. Natürlich reiste ich nach, fand aber erst nach längerem und angestrengten Suchen ihre Spur. Hierbei war mir mein alter Mr. Henry behilflich; denn es versteht sich ganz von selbst, daß ich ihn sofort aufsuchte. Er war nicht wenig erstaunt, mich als Detektiv zu sehen, bedauerte den Verlust, den ich durch den Schiffbruch erlitten hatte, auf das lebhafteste und nahm mir, als wir uns trennten, das Versprechen ab, nach Lösung meiner jetzigen Aufgabe meine Stellung aufzugeben und nach dem Wilden Westen zu gehen. Ich sollte dort sein neu erfundenes Repetiergewehr probieren und den Bärentöter wollte er mir auch aufheben.

Ohlert und Gibson waren auf einem Mississippidampfer nach New Orleans gefahren, wohin ich ihnen folgen mußte. Ohlert sen. hatte mir ein Verzeichnis derjenigen Geschäftshäuser gegeben, mit denen er in Verbindung stand. In Louisville und St. Louis war ich zu den Betreffenden gegangen und hatte erfahren, daß William bei ihnen gewesen sei und Geld erhoben habe. Dasselbe hatte er auch in New Orleans bei zwei Geschäftsfreunden getan; die übrigen warnte ich und bat sie, sofort zu mir zu schicken, falls er noch kommen werde.

Das war alles, was ich erfahren hatte, und nun stak ich mitten in der Brandung der Menschenwogen, welche die Straßen von New Orleans durchfluten. Wie sich ganz von selbst versteht, hatte ich mich an die Polizei gewendet und konnte nun weiter nichts tun, als abwarten, welchen Erfolg die Hilfe dieser Leute haben werde. Um nicht ganz untätig zu bleiben, trieb ich mich suchend in dem Gewühl herum. Vielleicht kam mir ein günstiger Zufall zu statten.

New Orleans hat einen ganz entschieden südlichen Charakter, besonders in seinen älteren Teilen.