Der Begriff heißt hier die vorhin bemerkten isoliert vorgestellten hundert Taler. In dieser isolierten Weise sind sie zwar ein empirischer Inhalt, aber abgeschnitten, ohne Zusammenhang und Bestimmtheit gegen Anderes, die Form der Identität mit sich benimmt ihnen die Beziehung auf Anderes und macht sie gleichgültig, ob sie wahrgenommen seien oder nicht. Aber dieser sogenannte Begriff der hundert Taler ist ein falscher Begriff; die Form der einfachen Beziehung auf sich gehört solchem begrenzten, endlichen Inhalt nicht selbst; es ist eine ihm vom subjektiven Verstande angetane und geliehene Form; hundert Taler sind nicht ein sich auf sich Beziehendes, sondern ein Veränderliches und Vergängliches.

Das Denken oder Vorstellen, dem nur ein bestimmtes Sein, das Dasein, vorschwebt, ist zu dem erwähnten Anfange der Wissenschaft zurückzuweisen, welchen Parmenides gemacht hat, der sein Vorstellen und damit auch das Vorstellen der Folgezeit zu dem reinen Gedanken, dem Sein als solchem, geläutert und erhoben und damit das Element der Wissenschaft[90] erschaffen hat. – Was das Erste in der Wissenschaft ist, hat sich müssen geschichtlich als das Erste zeigen. Und das eleatische Eine oder Sein haben wir für das Erste des Wissens vom Gedanken anzusehen; das Wasser und dergleichen materielle Prinzipien sollen wohl das Allgemeine sein, aber sind als Materien nicht reine Gedanken; die Zahlen sind weder der erste einfache noch der bei sich bleibende, sondern der sich selbst ganz äußerliche Gedanke.

Die Zurückweisung vom besonderen endlichen Sein zum Sein als solchem in seiner ganz abstrakten Allgemeinheit ist wie als die allererste theoretische, so auch sogar praktische Forderung anzusehen. Wenn nämlich ein Aufhebens von den hundert Talern gemacht wird, daß es in meinem Vermögenszustand einen Unterschied mache, ob ich sie habe oder nicht, noch mehr, ob Ich sei oder nicht, ob Anderes sei oder nicht, so kann – ohne zu erwähnen, daß es Vermögenszustände geben wird, für die solcher Besitz von hundert Talern gleichgültig sein wird – daran erinnert werden, daß der Mensch sich zu dieser abstrakten Allgemeinheit in seiner Gesinnung erheben soll, in welcher es ihm in der Tat gleichgültig sei, ob die hundert Taler, sie mögen ein quantitatives Verhältnis zu seinem Vermögenszustand haben, welches sie wollen, seien oder ob sie nicht seien, ebensosehr als es ihm gleichgültig sei, ob er sei oder nicht, d. i, im endlichen Leben sei oder nicht (denn ein Zustand, bestimmtes Sein ist gemeint) usf. – selbst si fractus illabatur orbis, impavidum ferient ruinae, hat ein Römer gesagt, und der Christ soll sich noch mehr in dieser Gleichgültigkeit befinden.

Es ist noch die unmittelbare Verbindung anzumerken, in welcher die Erhebung über die hundert Taler und die endlichen Dinge überhaupt mit dem ontologischen Beweise und der angeführten Kantischen Kritik desselben steht. Diese Kritik hat sich durch ihr populäres Beispiel allgemein plausibel[91] gemacht; wer weiß nicht, daß hundert wirkliche Taler verschieden sind von hundert bloß möglichen Talern? daß sie einen Unterschied in meinem Vermögenszustand ausmachen? Weil sich so an den hundert Talern diese Verschiedenheit hervortut, so ist der Begriff, d.h. die Inhaltsbestimmtheit als leere Möglichkeit, und das Sein verschieden voneinander; also ist auch Gottes Begriff von seinem Sein verschieden, und sowenig ich aus der Möglichkeit der hundert Taler ihre Wirklichkeit herausbringen kann, ebensowenig kann ich aus dem Begriffe Gottes seine Existenz »herausklauben«; aus diesem Herausklauben aber der Existenz Gottes aus seinem Begriffe soll der ontologische Beweis bestehen. Wenn es nun allerdings seine Richtigkeit hat, daß [der] Begriff vom Sein verschieden ist, so ist noch mehr Gott verschieden von den hundert Talern und den anderen endlichen Dingen. Es ist die Definition der endlichen Dinge, daß in ihnen Begriff und Sein verschieden, Begriff und Realität, Seele und Leib trennbar, sie damit vergänglich und sterblich sind; die abstrakte Definition Gottes ist dagegen eben dies, daß sein Begriff und sein Sein ungetrennt und untrennbar sind. Die wahrhafte Kritik der Kategorien und der Vernunft ist gerade diese, das Erkennen über diesen Unterschied zu verständigen und dasselbe abzuhalten, die Bestimmungen und Verhältnisse des Endlichen auf Gott anzuwenden.

 

Anmerkung 2

Es ist weiter ein anderer Grund anzuführen, welcher zu dem Widerwillen gegen den Satz über Sein und Nichts behilflich ist; dieser Grund ist, daß der Ausdruck, des Resultats, das sich aus der Betrachtung des Seins und des Nichts ergibt, durch den Satz »Sein und Nichts ist eins und dasselbe« unvollkommen ist. Der Akzent wird vorzugsweise auf das Eins-und-dasselbe-sein gelegt, wie im Urteile überhaupt, als in welchem das Prädikat erst es aussagt, was das Subjekt ist. Der Sinn scheint daher zu sein, daß der Unterschied[92] geleugnet werde, der doch zugleich im Satze unmittelbar vorkommt; denn er spricht die beiden Bestimmungen, Sein und Nichts, aus und enthält sie als unterschiedene. – Es kann zugleich nicht gemeint sein, daß von ihnen abstrahiert und nur die Einheit festgehalten werden soll. Dieser Sinn gäbe sich selbst für einseitig, da das, wovon abstrahiert werden soll, gleichwohl im Satze vorhanden ist und genannt wird. – Insofern nun der Satz »Sein und Nichts ist dasselbe« die Identität dieser Bestimmungen ausspricht, aber in der Tat ebenso sie beide als unterschieden enthält, widerspricht er sich in sich selbst und löst sich auf. Halten wir dies näher fest, so ist also hier ein Satz gesetzt, der, näher betrachtet, die Bewegung hat, durch sich selbst zu verschwinden. Damit aber geschieht an ihm selbst das, was seinen eigentlichen Inhalt ausmachen soll, nämlich das Werden.

Der Satz enthält somit das Resultat, er ist dieses an sich selbst. Der Umstand aber, auf den hier aufmerksam zu machen ist, ist der Mangel, daß das Resultat nicht selbst im Satze ausgedrückt ist; es ist eine äußere Reflexion, welche es in ihm erkennt. – Es muß hierüber sogleich im Anfange diese allgemeine Bemerkung gemacht werden, daß der Satz, in Form eines Urteils, nicht geschickt ist, spekulative Wahrheiten auszudrücken; die Bekanntschaft mit diesem Umstande wäre geeignet, viele Mißverständnisse spekulativer Wahrheiten zu beseitigen. Das Urteil ist eine identische Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat; es wird dabei davon abstrahiert, daß das Subjekt noch mehrere Bestimmtheiten hat als die des Prädikats, sowie davon, daß das Prädikat weiter ist als das Subjekt. Ist nun aber der Inhalt spekulativ, so ist auch das Nichtidentische des Subjekts und Prädikats wesentliches Moment, aber dies ist im Urteile nicht ausgedrückt. Das paradoxe und bizarre Licht, in dem vieles der neueren Philosophie den mit dem spekulativen Denken nicht Vertrauten erscheint, fällt vielfältig in die Form des einfachen Urteils, wenn sie für den Ausdruck spekulativer Resultate gebraucht wird.[93]

Der Mangel wird zum Behuf, die spekulative Wahrheit auszudrücken, zunächst so ergänzt, daß der entgegengesetzte Satz hinzugefügt wird, der Satz »Sein und Nichts ist nicht dasselbe«, der oben gleichfalls ausgesprochen ist. Allein so entsteht der weitere Mangel, daß diese Sätze unverbunden sind, somit den Inhalt nur in der Antinomie darstellen, während doch ihr Inhalt sich auf ein und dasselbe bezieht und die Bestimmungen, die in den zwei Sätzen ausgedrückt sind, schlechthin vereinigt sein sollen, – eine Vereinigung, welche dann nur als eine Unruhe zugleich Unverträglicher, als eine Bewegung ausgesprochen werden kann. Das gewöhnlichste Unrecht, welches spekulativem Gehalte angetan wird, ist, ihn einseitig zu machen, d. i. den einen der Sätze nur, in die er aufgelöst werden kann, herauszuheben. Es kann dann nicht geleugnet werden, daß dieser Satz behauptet wird; so richtig die Angabe ist, so falsch ist sie, denn wenn einmal ein Satz aus dem Spekulativen genommen ist, so müßte wenigstens ebensosehr der andere gleichfalls beachtet und angegeben werden.