Einige Söldner schritten über ihn hinweg und wandten die Blicke ab, um ein Bild nicht sehen zu müssen, das ihnen ihr eigenes Los ausmalte.

Kondanyo blieb stehen, beugte sich nieder und suchte den Mann aufzurichten.

»Wasser, Wasser«, ächzte Nikokles.

»Helft mir doch, Freunde, verlaßt ihn doch nicht so«, rief Kondanyo. »Du, Euius, du bist noch am kräftigsten, lauf doch voran, lauf doch zu den Wagen dorthin.«

Keiner drehte sich um. Euius zögerte, dann schüttelte er apathisch den Kopf und wankte mit den andern weiter. Sie fürchteten sich, zu verweilen, sie hatten Angst, daß ihre Beine den Dienst versagen würden, wenn sie stehenblieben. Lieber wollten sie die Gegenwart des Inders entbehren.

Bald war Kondanyo mit dem kyprischen Söldner allein. Weit drüben im Felsgelände wimmelten unkenntliche Menschenhaufen.

Nikokles lag mit offenen Augen da. Er röchelte schwer. Kondanyo kauerte neben ihm, hob den Kopf des Söldners ein wenig empor und legte ihn auf seinen Schoß. Lange blickte er gedan-kenvoll vor sich hin, der Schmerz füllte seinen Mund, so daß ihm die Worte versagten. In den erstarrenden Augen des Kypriers war etwas seltsam Verlangendes, als ob er nur einen einzigen Hauch des Trostes suchte, um leichter sterben zu können.

Kondanyo schüttelte den Kopf. Dann legte er die Hand auf Nikokles’ Stirne, beugte sein Gesicht noch tiefer herab und begann zu erzählen. Er wußte, daß es nur der Schall sein sollte, nur der tröstliche Klang einer Menschenstimme zur Bekämpfung des Verlassenheitsgefühls. So begann er vom erhabenen Prinzen Siddhatto zu erzählen, dem Sohn der Königin Maya, der zum Fluß Anoma ging und mit dem Schwert sein schönes Haupt-haar abschnitt und unter dem Baum der Ziegenhirten mit der Welt rang, und wie er erkannte, daß der Tod besser sei als das Leben.

Nikokles, diese grausame Geißel des Krieges, hörte mit langsam sich schließenden Augen zu. Er tastete nach der Hand des Greises, um sie zu küssen, und bevor er starb, verschönte ein Lächeln die wundgebissenen Lippen.

Schlaflose Rast im brennenden Tag. Quellen gab es nicht mehr, die Brunnen waren eingestürzt, die Pfützen versiegt.

Alexander ritt mit den Leibwächtern Seleukos und Leonnatos und dem Kanzler Eumenes gegen Süden, um die Küste des Meeres zu suchen. Fast nur durch das Erstaunen über Alexander aufrecht erhalten und mitgerissen, folgten ihm die drei auf ihren mühsam hinschleichenden Tieren. Gesicht, Gehör, Gefühl, alle Sinne waren ihnen erstorben. Sie würgten die eigene Zunge, die als schwarzer Klumpen im Gaumen lag, gegen den Rachen.

Eumenes redete irr. Der riesenhafte Seleukos zitterte an allen Gliedern in geheimnisvoller Furcht. Dem Leonnatos drangen fortwährend dicke Tränentropfen aus den gelblichentzündeten Augen, und er suchte sie mit den Lippen aufzufangen.