47. Weil sie aber der wilden Natur im Menschentand nachhureten in ihres Herzens Gelüste, in Heuchelei, so herrschete auch die wilde Natur über sie und wuchs der wilde Baum hoch und weit über sie, und verderbte sie mit seiner wilden Kraft.

48. Denn der Fürst der Grimmigkeit in der Natur gab dem Baum seine Kraft, zu verderben die Menschen, die von des Kramers wilder Frucht aßen. Dieweil sie verließen den Baum des Lebens und suchten eigene Klugheit wie Mutter Heva im Paradies; so herrschte ihre angeborne eigne Qualität über sie und gerieten in solchen kräftigen Irrtum, wie St. Paulus saget (2.Thess 2,11).

49. Und der Fürst der Grimmigkeit erregte Krieg und Sturmwinde von dem wilden Baum gegen Mitternacht über die Völker, die nicht aus dem wilden Baum geboren waren; und sie fielen in ihrer Mattigkeit und Schwachheit für Ungewitter, das aus dem wilden Baum ging.

50. Und der Kaufmann unter dem guten Baum heuchelte mit den Völkern gegen Mittag und Abend und gegen Mitternacht und lobete seine Ware hoch und betrog die Einfältigen mit List. Und die Klugen machte er zu seinen Kaufleuten und Krämern, daß sie ihren Gewinn auch davon hatten, bis daß ers dahin brachte, daß niemand den heiligen Baum mehr recht sah und erkannte, und er das Land zum Eigentum kriegte.

51. Da ließ er ausrufen: (2.Thess 2,4) Ich bin der Stamm des guten Baums und stehe auf der Wurzel des guten Baums und bin eingepfropft in den Baum des Lebens. Kaufet meine Ware, die ich euch verkaufe, so werdet ihr gesund werden von eurer wilden Geburt und ewig leben. Ich bin aus der Wurzel des guten Baums gewachsen und habe die Frucht des Hl. Baums in meiner Gewalt und sitze auf dem Stuhl der göttlidien Kraft und habe Gewalt im Himmel und auf Erden; kommet zu mir und 7

Jakob Böhme: Aurora oder Morgenröte im Aufgang

kaufet euch ums Geld von der Frucht des Lebens!

52. Da liefen alle Völker zu und kauften und aßen, bis sie verschmachteten. Alle Könige von Mittag, Abend und gegen Mitternacht aßen von des Kramers Frucht und lebeten in großer Ohnmacht; denn der wilde Baum von Mitternacht wuchs je länger je sehrer über sie und vertilgete sie eine lange Zeit.

Und er war eine elende Zeit auf Erden, als nicht gewesen war, weil die Welt gestanden. Aber die Menschen meineten, es wäre gute Zeit, so hart hatte sie der Kaufmann unter dem guten Baum verblendet.

53. Am Abend aber jammerte die Barmherzigkeit Gottes der Menschen Elend und Blindheit und bewegte abermal den guten Baum, den herrlichen göttlichen Baum, der die Frucht des Lebens trug.

Da wuchs ein Zweig nahe bei der Wurzel aus dem köstlichen Baume und grünete, und ihm ward gegeben des Baums Saft und Geist, und redete mit Menschenzungen und zeigete jedermann den köstlichen Baum und seine Stimme erscholl weit in viel Länder.

54. Da liefen die Menschen, zu sehen und hören, was da wäre. Da ward ihnen gezeiget der köstliche und tugendreiche Baum des Lebens, davon die Menschen im Anfang gessen hatten, und waren entlediget worden von ihrer wilden Geburt.

55. Und sie wurden hoch erfreuet und aßen von dem Baum des Lebens mit großer Freude und Erquickung, und kriegten neue Kraft von dem Baum des Lebens, und sungen ein neu Lied von dem wahrhaftigen Baum des Lebens, und wurden entlediget von der wilden Geburt und hasseten den Kaufmann mit seinen Krämern und falscher Ware.

56. Es kamen aber alle, die da hungerte und dürstete nach dem Baum des Lebens, und die im Staube saßen, und aßen von dem heil.