Mein Schatz hat mich betrogen,

Hat sich von mir gewandt,

Ist fort von hier gezogen,

Fort in ein fremdes Land.

 

Die Augen sanft und wilde,

Die Wangen rot und weiß,

Die Worte still und milde

Das ist mein Zauberkreis.

 

Ich selbst muß drin verderben,

Das Herz tut mir so weh,

Vor Schmerzen möcht' ich sterben,

Wenn ich mein Bildnis seh'.

 

Drum laßt mein Recht mich finden,

Mich sterben, wie ein Christ,

Denn alles muß verschwinden,

Weil er nicht bei mir ist.«

 

Drei Ritter läßt er holen:

»Bringt sie ins Kloster hin,

Geh Lore! – Gott befohlen

Sei dein berückter Sinn.

 

Du sollst ein Nönnchen werden,

Ein Nönnchen schwarz und weiß,

Bereite dich auf Erden

Zu deines Todes Reis'.«

 

Zum Kloster sie nun ritten,

Die Ritter alle drei,

Und traurig in der Mitten

Die schöne Lore Lay.

 

»O Ritter laßt mich gehen,

Auf diesen Felsen groß,

Ich will noch einmal sehen

Nach meines Lieben Schloß.

 

Ich will noch einmal sehen

Wohl in den tiefen Rhein,

Und dann ins Kloster gehen

Und Gottes Jungfrau sein.«

 

Der Felsen ist so jähe,

So steil ist seine Wand,

Doch klimmt sie in die Höhe,

Bis daß sie oben stand.

 

Es binden die drei Ritter,

Die Rosse unten an,

Und klettern immer weiter,

Zum Felsen auch hinan.

 

Die Jungfrau sprach: »da gehet

Ein Schifflein auf dem Rhein,

Der in dem Schifflein stehet,

Der soll mein Liebster sein.

 

Mein Herz wird mir so munter,

Er muß mein Liebster sein! –«

Da lehnt sie sich hinunter

Und stürzet in den Rhein.

 

Die Ritter mußten sterben,

Sie konnten nicht hinab,

Sie mußten all verderben,

Ohn' Priester und ohn' Grab.

 

Wer hat dies Lied gesungen?

Ein Schiffer auf dem Rhein,

Und immer hat's geklungen

Von dem drei Ritterstein:1

 

Lore Lay

Lore Lay

Lore Lay

 

Als wären es meiner drei.

 

 

Fußnoten

1 Bei Bacharach steht dieser Felsen, Lore Lay genannt, alle vorbeifahrende Schiffer rufen ihn an, und freuen sich des vielfachen Echos.

 

 

Lureley

Zu Bacharach am Rheine,

Wohnt eine Zauberin,

Die war so schön und feine

Und riß viel Herzen hin,

 

Und machte viel zuschanden

Der Männer rings umher,

Aus ihren Liebesbanden

War keine Rettung mehr.

 

Der Bischof ließ sie laden

Vor geistliche Gewalt,

Und mußte sie begnaden,

So schön war ihr' Gestalt.

 

Er sprach zu ihr gerühret,

»Du arme Lore Lay.

Wer hat dich dann verführet

Zu böser Zauberei.«

 

»Herr Bischof laßt mich sterben,

Ich bin des Lebens müd,

Weil jeder muß verderben

Der meine Augen sieht.

 

Die Augen sind zwei Flammen,

Mein Arm ein Zauberstab,

O schickt mich in die Flammen,

O brechet mir den Stab.«

 

»Den Stab kann ich nicht brechen,

Du schöne Lore Lay,

Ich müßte dann zerbrechen,

Mein eigen Herz entzwei.

 

Ich kann dich nicht verdammen,

Bis du mir erst bekennt

Warum in deinen Flammen

Mein eignes Herz schon brennt.«

 

»Herr Bischof mit mir Armen

Treibt nicht so bösen Spott,

Und bittet um Erbarmen

Für mich den lieben Gott,

 

Ich darf nicht länger leben,

Ich lieb' kein Leben mehr,

Den Tod sollt ihr mir geben,

Drum kam ich zu euch her.

 

Ein Mann hat mich betrogen,

Hat sich von mir gewandt,

Ist fort von mir gezogen

Fort in ein andres Land.

 

Die Blicke sanft und wilde,

Die Wangen rot und weiß,

Die Worte still und milde,

Die sind mein Zauberkreis.

 

Ich selbst muß drin verderben,

Das Herz tut mir so weh,

Vor Jammer möcht' ich sterben,

Wenn ich zum Spiegel seh'.

 

Drum laßt mein Recht mich finden,

Mich sterben, wie ein Christ,

Denn alles muß verschwinden

Weil er mir treulos ist.«

 

Drei Ritter ließ er holen:

»Bringt sie ins Kloster hin,

Geh Lore! Gott befohlen,

Sei dein berückter Sinn.

 

Du sollst ein Nönnchen werden,

Ein Nönnchen schwarz und weiß.

Bereite dich auf Erden

Zum Tod mit Gottes Preis.«

 

Zum Kloster sie nun ritten

Die Ritter alle drei,

Und traurig in der Mitten

Die schöne Lore Lay.

 

»O Ritter laßt mich gehen,

Auf diesen Felsen groß,

Ich will noch einmal sehen,

Nach meines Buhlen Schloß,

 

Ich will noch einmal sehen

Wohl in den tiefen Rhein,

Und dann ins Kloster gehen,

Und Gottes Jungfrau sein.«

 

Der Felsen ist so jähe,

So steil ist seine Wand,

Sie klimmen in die Höhe,

Da tritt sie an den Rand,

 

Und sprach: »Willkomm, da wehet

Ein Segel auf dem Rhein,

Der in dem Schifflein stehet,

Der soll mein Liebster sein.

 

Mein Herz wird mir so munter,

Er muß der Liebste sein,«

Da lehnt sie sich hinunter

Und stürzet in den Rhein.

 

Es fuhr mit Kreuz und Fahne

Das Schifflein an das Land,

Der Bischof saß im Kahne,

Sie hat ihn wohl erkannt.

 

Daß er das Schwert gelassen,

Dem Zauber zu entgehn,

Daß er zum Kreuz tät fassen,

Das konnt' sie nicht verstehn.

 

Wer hat dies Lied gesungen

Ein Priester auf dem Rhein

Und immer hat's geklungen,

Vom hohen Felsenstein

 

Lureley

Lureley

Lureley.

 

Als wären es meiner drei!

 

 

Ich wollt' ein Sträußlein binden,

Da kam die dunkle Nacht,

Kein Blümlein war zu finden,

Sonst hätt' ich dir's gebracht.

 

Da flossen von den Wangen

Mir Tränen in den Klee,

Ein Blümlein aufgegangen

Ich nun im Garten seh'.

 

Das wollte ich dir brechen

Wohl in dem dunklen Klee,

Doch fing es an zu sprechen:

»Ach tue mir nicht weh!

 

Sei freundlich in dem Herzen,

Betracht' dein eigen Leid,

Und lasse mich in Schmerzen

Nicht sterben vor der Zeit.«

 

Und hätt's nicht so gesprochen,

Im Garten ganz allein,

So hätt' ich dir's gebrochen,

Nun aber darf's nicht sein.

 

Mein Schatz ist ausgeblieben,

Ich bin so ganz allein.

Im Lieben wohnt Betrüben,

Und kann nicht anders sein.

 

 

Alle Schmerzen fassen,

Alle Freuden meiden,

Alle Hoffnung lassen,

Soll ein liebend Herz voll Leiden.

 

 

Wenn die Sonne weggegangen,

Kömmt die Dunkelheit heran,

Abendrot hat goldne Wangen,

Und die Nacht hat Trauer an.

 

Seit die Liebe weggegangen,

Bin ich nun ein Mohrenkind,

Und die roten, frohen Wangen,

Dunkel und verloren sind.

 

Dunkelheit muß tief verschweigen,

Alles Wehe, alle Lust,

Aber Mond und Sterne zeigen,

Was ihr wohnet in der Brust.

 

Wenn die Lippen dir verschweigen

Meines Herzens stille Glut,

Müssen Blick und Tränen zeigen,

Wie die Liebe nimmer ruht.

 

 

Was mag dich nur betrüben?

Daß du so traurig denkst.

Du mußt wohl Buße üben,

Weil du die Blicke senkst.

 

Wie durch die stillen Wiesen

Die Bächlein murmelnd gehn,

Die Blumen, die dran sprießen,

Wie die hinuntersehn,

 

So seh' ich zu, so horch' ich zu,

Bin freundlich mit ihnen auf du und du,

Und wollt' daß es mein Liebchen wär',

Ei das begreifst du wohl nimmermehr.

 

Was ist dir nur geschehen?

Daß du so ganz allein

Im dunkeln Wald magst gehen,

Du mußt wohl närrisch sein.

 

Wie grüne Büsche lauschen,

Und Echo widerklingt,

Was leis die Büsche rauschen,

Und froh das Vöglein singt.

 

So horch' ich zu, so ruf' ich zu,

Bin freundlich mit ihnen auf du und du,

Und wollt', daß es mein Liebchen wär',

Ei das begreifst du wohl nimmermehr.

 

Ich kann es wohl begreifen,

Sieh nicht so vor dich hin,

So wirst du wohl begreifen,

Daß ich dein Liebchen bin.

 

So laß uns tanzen, springen

Im kühlen, grünen Wald,

Die Töne laß erklingen,

Daß alles freudig schallt,

 

Tur, lu, tu, tu, tur, lu tu, tu,

Wir leben und schweben auf du, und du,

Und wenn es nicht mein Liebchen wär'

Ei so begriff' ich's wohl nimmermehr.

 

 

Ponce

 

Hier, wo neue Liebe mich gefangen,

Der ich nimmer, nimmermehr entgehe,

Denk' ich gerne deiner, die vergangen,

Süße Liebe voller Lust und Wehe!

 

Valeria

 

Zürnet seiner nicht ihr roten Lippen,

Wollet Trost aus andern Küssen saugen,

Denn er scheiterte an fremden Klippen,

Wendet nimmer heimwärts seine Augen.

 

Ponce

 

Wenn das Leben nicht hinaus mich triebe,

Nicht nach Ferne Sehnsucht mich verzehrte,

Blieb' ich dir du Heimat meiner Liebe,

Die mich scherzen, tändeln, küssen lehrte.

 

Valeria

 

So sei dann feierlich entbunden,

Wie dieses Kusses Feuer leicht verglühet,

So schließen sich der frühen Liebe Wunden,

Und neue, schönre Liebe bald erblühet.

 

Nach Sevilla, nach Sevilla,

Wo die hohen Prachtgebäude

In den breiten Straßen stehen,

Aus den Fenstern reiche Leute,

Schön geputzte Frauen sehn,

Dahin sehnt mein Herz sich nicht!

 

Nach Sevilla, nach Sevilla,

Wo die letzten Häuser stehen,

Sich die Nachbarn freundlich grüßen,

Mädchen aus dem Fenster sehn,

Ihre Blumen zu begießen,

Ach, da sehnt mein Herz sich hin!

 

In Sevilla, in Sevilla

Weiß ich wohl ein reines Stübchen,

Helle Küche, stille Kammer,

In dem Hause wohnt mein Liebchen,

Und am Pförtchen glänzt ein Hammer.

Poch' ich, macht die Jungfrau auf!

 

Guten Abend, guten Abend –

Lieber Vater, setzt euch nieder,

Ei, wo seid ihr dann gewesen?

Und dann singt sie schöne Lieder,

Kann so hübsch in Büchern lesen,

Ach! und ist mein einzig Kind.

 

 

Es fiel ein Himmelstaue

Auf eine Jungfrau fein

Als Kind in dieser Fraue

Trat in die Welt Gott ein –

O Gott mein Lieb! o Gott mein Lieb!

Wie kömmst du so freundlich, o Gott mein Lieb!

 

 

Wie sich auch die Zeit will wenden, enden

Will sich nimmer doch die Ferne,

Freude mag der Mai mir spenden, senden

Möcht' Dir alles gerne, weil ich Freude mir erlerne,

Wenn Du mit gefaltnen Händen

Freudig hebst der Augen Sterne.

 

Alle Blumen mich nicht grüßen, süßen

Gruß nehm' ich von Deinem Munde.

Was nicht blühet Dir zu Füßen, büßen

Muß es bald zur Stunde, eher ich auch nicht gesunde,

Bis Du mir mit frohen Küssen

Bringest meines Frühlings Kunde.

 

Wen die Abendlüfte wehen, sehen

Mich die lieben Vöglein kleine

Traurig an der Linde stehen, spähen

Wen ich wohl so ernstlich meine, daß ich helle Tränen weine,

Wollen auch nicht schlafen gehen,

Denn sonst wär' ich ganz alleine.

Vöglein euch mag's nicht gelingen, klingen

Darf es nur von ihrem Sange,

Wie des Maies Wonneschlingen, singen

Alles ein in neuem Zwange; aber daß ich Dein verlange

Und Du mein, mußt Du auch singen,

Ach das ist schon ewig lange.

 

 

Am Berge hoch in Lüften,

Da baute er sein Haus;

Am Tore liegt Gewitter,

Nun kann er nicht hinaus.

Die Wolken, sie wollen nicht ziehen,

Der Pfad ist steil und schwer,

O Lieber, Herzlieber in Lüften,

O wenn ich bei Dir wär'!

 

Wohl bei Dir über Wolken,

Wohl bei Dir über Wind,

Wo fromme Vöglein schweben

In Himmelsluft so lind.

Meine Flüglein, die sind mir gebrochen

Und heilen auch nicht eh'

Bis ich zu der Herzliebsten

Durch Tür und Tor eingeh'!

 

Daß ich so stolz in Lüften

Mein Haus gebauet hab',

Das muß mich gar betrüben,

Ich kann nicht mehr hinab;

Die Riegel sind alle verrostet,

Die Tore sie gehen so schwer,

O Liebchen, Herzliebchen im Tale,

O wenn ich bei Dir wär'!

 

Wohl bei Dir in dem Garten,

Wohl bei Dir in dem Wald,

Wo dichte Bäume stehen

Und Vogelsang erschallt.

Ich kann kein' Kranz mehr flechten

Und singen auch nicht eh'

Bis ich zu Dir Herzliebste

Durch Flur und Wald eingeh'.

 

Sie dringt wohl durch die Wolken,

Geht ein durch Tür und Tor,

Die Flüglein schnell ihr heilen

Und heben sie empor,

Wohl über die Wolken und höher

Zu Gott wohl in die Höh',

Trägt sie das treue Herze,

Ade, Herzlieber, ade! –

 

Er dringt wohl durch die Wolke,

Geht ein durch Flur und Wald,

Ein Kranz wird ihm geflochten,

Ein Lied ihm auch erschallt,

Wohl unter dem Baum und wohl tiefer

Wohl unter grünem Klee

Ruht nun sein stolzes Herze,

Ade, Herzliebste, ade! –

 

O kühler Wald

Wo rauschest Du,

In dem mein Liebchen geht,

O Widerhall

Wo lauschest Du

Der gern mein Lied versteht.

 

O Widerhall,

O sängst Du ihr

Die süßen Träume vor,

Die Lieder all,

O bring' sie ihr,

Die ich so früh verlor. –

 

Im Herzen tief,

Da rauscht der Wald

In dem mein Liebchen geht,

In Schmerzen schlief

Der Widerhall,

Die Lieder sind verweht.

 

Im Walde bin

Ich so allein,

O Liebchen wandre hier,

Verschallet auch

Manch Lied so rein,

Ich singe andre Dir.

 

 

Wenn ich ein Bettelmann wär'

Käm' ich zu Dir,

Säh' Dich gar bittend an

Was gäbst Du mir? –

 

Der Pfennig hilft mir nicht

Nimm ihn zurück,

Goldner als golden glänzt

Allen Dein Blick;

 

Und was Du allen giebst

Gebe nicht mir

Nur was mein Aug' begehrt

Will ich von Dir.

 

Bettler wie helf' ich Dir? –

Sprächst Du nur so,

Dann wär' im Herzen ich

Glücklich und froh.

 

Laufst auf Dein Kämmerlein

Holst ein Paar Schuh

Die sind mir viel zu klein,

Sieh einmal zu. –

 

Sieh nur wie klein sie sind

Drücken mich sehr,

Jungfrau süß lächelst Du

O gieb mir mehr.

 

 

Heute kömmst du nicht lieb Liebchen,

Heute nicht, doch harr' ich deiner,

Komm doch schnelle, eh' es nachtet

Ei wie kannst du so verweilen.

 

Traurig späh' ich aus dem Fenster,

Heute wirst du nicht erscheinen,

Wo das Herz so liebt und strebet,

Vieles Liebchen dir zu teilen.

 

Eins – zwei – drei – willst du nicht kommen

Sieh da hast du's, ich muß weinen,

Weil du so dein Glück versäumest,

Wer nicht hören will muß leiden.

 

Aber Liebe ist so sparsam,

Daß sie mit den Schmerzen geizet

Nur mir fehlst du, wenn du fehlest,

Da ich nur dein Fehlen leide.

 

Täglich will es Abend werden,

Sind es denn nicht jene Saiten,

Herzlein die sich wieder regen,

Seid gegrüßt ihr Lieblichkeiten,

 

Täglich will es Morgen werden,

Wirst du morgen wieder schweigen,

Herzlein, wenn die Welt sich reget,

Sei gegrüßt im frommen Streite.

 

Tausend gute Nacht mein Liebchen,

Ich will einen Traum bereiten

Ohne Vater, ohne Mutter,

Einen Traum nur für uns beide.

 

Sieh so sprachen Orgeltöne,

Abends still in Melodeien,

Und zu wichtig schien die Sache,

Um sie dir nicht mitzuteilen.

 

 

Am Rheine schweb' ich her und hin

Und such' den Frühling auf

So schwer mein Herz, so leicht mein Sinn

Wer wiegt sie beide auf.

 

Die Berge drängen sich heran,

Und lauschen meinem Sang,

Sirenen schwimmen um den Kahn,

Mir folget Echoklang.

 

O halle nicht, du Widerhall,

O Berge kehrt zurück,

Gefangen liegt so eng und bang

Im Herzen Liebesglück.

 

Sirenen tauchet in die Flut,

Mich fängt nicht Lust nicht Spiel,

Aus Wassers Kühle trink' ich Glut,

Und ringe froh zum Ziel.

 

O wähnend Lieben, Liebeswahn,

Allmächtiger Magnet,

Verstoße nicht des Sängers Kahn,

Der stets nach Süden geht.

 

O Liebesziel so nah so fern,

Ich hole dich noch ein,

Die Frommen führt der Morgenstern,

Ja all zum Krippelein.

 

Geweihtes Kind erlöse mich,

Gieb meine Freude los,

Süß Blümlein ich erkenne dich,

Du blühest mir mein Los,

 

In Frühlingsauen sah mein Traum

Dich Glockenblümlein stehn,

Vom blauen Kelch zum goldnen Saum

Hab' ich zu viel gesehn,

 

Du blauer Liebeskelch in dich,

Sank all mein Frühling hin,

Vergifte mich, umdüfte mich,

Weil ich dein eigen bin.

 

Und schließest du den Kelch mir zu

Wie Blumen abends tun,

So lasse mich die letzte Ruh',

Zu deinen Füßen ruhn.

 

 

Frühes Liedchen

Lieb' und Leid im leichten Leben

Sich erheben, abwärts schweben

Aus dem Spiegel schauen Bilder,

Blicken milder, blicken wilder.

 

In dem Strome Well' auf Welle

Sich geselle, trüb und helle,

Schauet nieder arme Triebe

Hell und trübe ist die Liebe.

 

Frühling muß mit süßen Blicken

Mich entrücken den berücken

Sommer muß mit Frucht und Mirten

Mich bewirten und umgürten.

 

Herbst du sollst mich Haushalt lehren

Zu begehren zu entbehren

Winter lehre mich erwerben,

Gerne sterben, Frühling erben.

 

Wasser fallen um zu springen,

Um zu klingen um zu singen

Schweig' ich stille, denn zu sagen

Wäre wagen und entsagen.

 

Lieb' und Leid im leichten Leben

Sich erheben, abwärts schweben,

Alles will das Herz umfangen

Nur verlangen, nie erlangen,

 

In den Spiegel all ihr Bilder

Blicket milder, blicket wilder

Jugend kann doch nichts versäumen

Fortzuträumen, fortzuschäumen.

 

Frühling muß mit süßen Blicken

Sie beglücken, sie berücken,

Sommer sie mit Frucht und Myrten,

Froh bewirten, froh umgürten.

 

Herbst muß ihr den Haushalt lehren,

Zu begehren, zu entbehren,

Winter, Winter lehr mich sterben

Mich verderben, Frühling erben.

 

Wasser fallen um zu springen.

Um zu klingen, um zu singen,

Muß ich schweigen. Wie und wo?

Trüb und froh? nur so, so.

 

 

Der Spinnerin Nachtlied

Es sang vor langen Jahren

Wohl auch die Nachtigall,

Das war wohl süßer Schall,

Da wir zusammen waren.

 

Ich sing' und kann nicht weinen,

Und spinne so allein

Den Faden klar und rein

So lang der Mond wird scheinen.

 

Als wir zusammen waren

Da sang die Nachtigall

Nun mahnet mich ihr Schall

Daß du von mir gefahren.

 

So oft der Mond mag scheinen,

Denk' ich wohl dein allein,

Mein Herz ist klar und rein,

Gott wolle uns vereinen.

 

Seit du von mir gefahren,

Singt stets die Nachtigall,

Ich denk' bei ihrem Schall,

Wie wir zusammen waren.

 

Gott wolle uns vereinen

Hier spinn' ich so allein,

Der Mond scheint klar und rein,

Ich sing' und möchte weinen.

 

 

Es ging verirrt im Walde

Ein Königstöchterlein

Laut weint sie, daß es schallte

Tief in den Wald hinein.

 

An meiner Krone blinken,

Schmaragd und auch Rubin,

Um einmal nur zu trinken,

Gäb' ich sie gerne hin.

 

Da schwebt zu ihrem Haupte

Ein edler Falke bald,

Der ihr die Krone raubte

Und tiefer flog zum Wald.

 

Sie folgt ihm, hoch in Lüften

Trägt er die Krone hell

Bis wo in dunklen Klüften

Erbraust ein kühler Quell.

 

O Falke Luftgeselle

Nimm hin die Krone mein,

So kühl als diese Quelle

Mag keine Krone sein.

 

Es braust so wonnig unten

Tief in der Felsen Schoß,

Von Schatten still umwunden,

Ruht sie auf weichem Moos,

 

Die Locken aufgewunden

Die zarten Glieder bloß,

Erkühlt sie sich da unten

Tief in der Felsen Schoß.

 

Sie ließ sich an den Zweigen

Hinab ins kühle Bad,

Bald will sie rückwärts steigen,

Doch zeiget sich kein Pfad,

 

Sie streckt wohl nach den Zweigen,

Mit Macht die Arme hin,

Doch keiner will sich neigen,

Zur Königstochter hin.

 

Wer kann heraus mich heben,

Weint da die holde Magd,

Gern wollte ich ihm geben,

Mein Ringlein von Schmaragd,

 

Wie sie die Hände ringet

Das schöne Ringelein

Ihr von dem Finger springet,

Tief in den Quell hinein.

 

Sie sucht und findt in Klippen

Ein Horn von Gold so rein,

Und setzt es an die Lippen,

Es schallt zum Wald hinein.

 

Die Felsen laut erklingen,

Und laut von Stein zu Stein

Die muntern Töne springen,

Ums Königstöchterlein.

 

Die Zweige sich auch neigen

Der edle Falke wiegt,

Sich fröhlich auf den Zweigen

Die er hinunter biegt.

 

Dann hört sie Worte schallen,

Wer bläst auf meinem Horn,

Das gestern mir gefallen

Hinab zum Felsenborn.

 

Wer hütet mich vor Schande,

Weint laut das Töchterlein,

Wer giebt mir die Gewande,

Wer schützt die Ehre mein,

 

Mich liebte einst ein Knabe

Der Züchten wohl verstand,

O daß ich ihn nicht habe,

Er gäb' mir mein Gewand.

 

Die Augen zugebunden,

Der Knabe vor ihr stand

Der Knabe ist gefunden

Er reicht ihr das Gewand.

 

Verloren ist die Krone,

Und auch das Fingerlein,

Ohn' Ringlein und ohn' Krone,

Muß sie das Kleinod sein.

 

Da ruhte der Geselle

Wohl bald in ihrem Schoß,

Im Herzen ward's ihm helle

O mach die Binde los.

 

In ihr Gewand geschwinde

Hüllt sich das holde Kind,

Dann löst sie ihm die Binde,

Läßt nicht die Liebe blind.

 

Da schallt es in den Buchen

Da hallt es am Gestein,

Der König kommt zu suchen,

Das Königstöchterlein.

 

Nun rege deine Hände,

Spricht da das Töchterlein,

Wenn uns der König fände

Müßt' es gestorben sein.

 

Der Falke nahm die Krone,

Der Quell das Fingerlein,

Der Jäger nimmt zum Lohne

Das Königstöchterlein.

 

Es nahm der Jagdgeselle

Sein Horn und sein Geschoß

Und trug die Jungfrau schnelle

Zum hohen Felsenschloß.

 

Auf Felsen hoch ich wohne,

Der Falke und die Braut

Am Turme hängt die Krone

Sein Nest hineingebaut.

 

 

Ich will des Mais mich freuen

In dieser heil'gen Zeit

Und gehe zu der Maien,

Und seh' des Heilands Leid.

Leid gab mir die Freudigkeit,

 

O Mai, in grünem Scheine

Du blühest kurze Weil,

O Maie, die ich meine,

Du blühest ew'ges Heil.

Heil gab mir des Todes Pfeil.

 

Du stehst in ew'ger Blüte

Seit unser höchstes Gut

In deinen Zweigen glühte,

Du trankst sein heil'ges Blut.

Blut gab mir so hohen Mut.

 

Du drangst in heil'gem Taue

So freudig Himmelwärts,

Dich tränkte die Jungfraue

Mit ihrer Tränen Schmerz.

Schmerz erquickte mir das Herz.

 

Des heil'gen Todes Weihe

Gab mir des Lebens Wein:

O Jesus an der Maie,

Mich heilte deine Pein.

Pein führt mich zum Himmel ein.

 

 

Ich grüß' dich, zarte schöne Fraue,

Und biet' dir freundlich gute Nacht,

Bis daß der ew'ge Tag im Taue

Vor deinem Kämmerlein erwacht.

 

Ein heil'ger Engel soll zur Seiten

An deinem Bettlein wachend stehn,

Den goldnen Flügel ob dir spreiten

Und schwere Träume von dir wehn.

 

Daß sie sanft erwache

Aus ihres Schlummers Ruh',

Der Morgenstern, der scheine

Ihr recht mit Liebe zu.

 

Sie schlafe, sie wache,

Sie stehe, sie gehe,

Die Fraue meine,

Oder was sie tu'.

 

Ich grüß' vor aller Blüt' die Rose,

Die an dem Abendhimmel blüht,

Ihr Herz ergießt sich dir im Schoße,

Wenn sie zur Erde niederglüht.

 

Ich grüß' dich, klarer Abendsterne,

Du brennest auf dem Haupte mein.

Bei ihr, bei ihr so wär' ich gerne

In ihrem engen Kämmerlein.

 

Daß ein Engel bringe

Der Zarten meinen Gruß,

Leis wie im Maienscheine

Der Honigblumen Kuß.

 

Sie bete, sie singe,

Daß eile die Weile,

Da ich alleine

Ohne sie sein muß.

 

 

Herbstlied

 

Die grünen Blätter sind gefallen,

Die Schwalben fortgezogen sind,

Da will zu seiner Heimat wallen,

Bin armes elternloses Kind.

 

Als Führer auf der weiten Reise,

Fliegt vor ihm hin ein Schmetterling,

Ihr Bündelchen trägt selbst die Waise,

Ihr Hab und Gut ist sehr gering.

 

Der Vater ist ihm früh gestorben,

Die Mutter hat es weggesandt,

Im Ausland hat es nichts erworben,

Und arm kehrt es zum Vaterland.

 

Und wie sie durch die Wälder gingen,

Der Schmetterling zum Kinde spricht:

»Um meinen Lohn ist noch zu dingen,

Den kleinen Freund vergesse nicht.

 

Ich werde nicht mehr lange leben

Und möchte mich noch einmal freun,

Zu deiner Heimat will ich schweben,

Zum Lohn gieb mir ein Blümelein.«

 

Das Kind sprach: »Keins ist hier zu sehen,

Doch ist in meinem Vaterland

Ein stiller Garten, darin stehen

Der süßen Blumen allerhand.

 

Ein Engel gehet in dem Garten,

Der giebt dir sicher doppelt Lohn,

O wolle bis zur Heimat warten,

Ich irre, wenn du mir entflohn.

 

In einem stillen Tale wohnet

Der Engel und ich bin sein Kind,

Ich weiß, daß er dich reich belohnet,

Drum laß uns eilen, schnell geschwind.«

 

Der Führer hebt die bunten Schwingen,

Der kleine Wandrer folgt ihm schnell.

Er spricht: »hörst du die Vöglein singen,

Im Garten singen sie so hell.

 

Ich atme schon die Blumendüfte,

O lieber Führer eile schnell.«

»Ich fühle nur die kühlen Lüfte,«

Spricht da der bunte Reis'gesell.

 

»O willst du nicht den Lohn mir geben,

Ich sterb', eh' ich die Heimat seh',

Ich werde nicht mehr lange leben,

Die kühlen Lüfte tun mir weh.«

 

»So nehme alles, was ich habe,«

Sprach weinend da das arme Kind,

»Von jenem Engel eine Gabe,

Die welken Rosenblätter sind.«

 

Der Führer stirbt und in den Rosen,

Weiht ihm das Kind ein frommes Grab.

Schon hört es nah des Stromes Tosen,

Und steiget zu dem Tal hinab.

 

Da steht es an der Heimat Schwellen,

Und ruft: »o Mutter höre mich,

O führ' mich zu dir durch die Wellen,

Zum süßen Garten führe mich!

 

Mein armer Führer ist gestorben,

Da Freude floh und Sonnenschein,

Zum Lohn hat er ein Grab erworben,

Wohl in den süßen Rosen dein.«

 

Die Mutter höret nicht sein Klagen,

Da ward dem Kinde Mut verliehn.

Die Wellen es hinübertragen,

Es eilet zu dem Garten hin.

 

Die Blumen all die Kelche neigen,

Und gießen still die Liebe aus,

Die Mutter will sich nirgends zeigen,

Im Garten nicht, und nicht im Haus.

 

»O Heimat in dem Frühlingsscheine,

O Jugend liebste Mutter mein,

Dein Kind die Liebe ist alleine,

O wollet nicht verloren sein!«

 

Da sprach ein Vöglein von dem Baume,

»Gott grüß' dich, bist du wieder hier?

Es denkt mir dunkel wie im Traume,

Du trugst einst treue Lieb' zu mir.

 

Im Maie wardst du hier geboren,

Da lernte ich ein Lied von dir,

Ist Mai, und Jugend auch verloren,

Dein süßes Lied, das bleibet mir.«

 

Da fing das Vöglein an zu singen,

»Der Frühling blüht, der Sommer glüht,

Die Liebesblumen süß entspringen,

Der Zweig ist müd, die Frucht ihn zieht.

 

Die Liebe kehrt zur Heimat wieder,

Zur Fremde sie getrieben ward,

Der Herbst sinkt zu der Erde nieder,

Die Lieb' erstarrt im Winter hart.«

 

Und was das Vöglein freundlich singet,

Wohl schmerzlich zu dem Kinde klang,

Die Zeit wohl streng zur Wahrheit bringet,

Was einst das Kind prophetisch sang.

 

Die Mutter hat es hart verstoßen,

Wo es der Frühlingsschein gewiegt,

Da ist sein Grab nun bei den Rosen,

Und treu das Vöglein niederfliegt,

 

Und deckte es mit welken Blüten

Aus alter, treuer Freundschaft zu,

Dem Vöglein mög' es Gott vergüten,

Es sang das Kind wohl in die Ruh'.

 

»O Heimat in dem Frühlingsscheine,

O Jugend, harte Mutter sein,

Dein Kind, die Liebe ich beweine

Sein einz'ger Freund ein Vögelein.«

 

 

Die grünen Blätter sind gefallen,

Die Schwalben fortgezogen sind,

Da will zu seiner Heimat wallen

Ein armes elternloses Kind.

 

Als Führer auf der weiten Reise,

Fliegt vor ihm her ein Schmetterling,

Ihr Bündelchen trägt selbst die Waise

Ihr Hab und Gut ist gar gering.

 

Und wie sie durch die Wälder gingen,

Der Schmetterling zum Kinde spricht,

»Um meinen Lohn ist noch zu dingen,

Den kleinen Freund vergesse nicht.

 

Ich werde nicht mehr lange leben,

Und möchte mich noch einmal freun,

Zur Heimat will ich mit dir schweben

Doch gieb mir erst ein Blümelein.«

 

Das Kind sprach: »Keines ist zu sehen,

Doch ist in meinem Vaterland

Ein schöner Garten darin stehen,

Der süßen Blumen allerhand.

 

Ein Engel gehet in dem Garten,

Der giebt dir sicher doppelt Lohn,

O wolle bis zur Heimat warten,

Ich irre, wenn du mir entflohn.

 

Der Engel, der den Lohn dir zahle,

Ist meine Mutter, ich sein Kind,

Er wohnt in einem stillen Tale,

O laß uns eilen, fort, geschwind.«

 

Der Führer hebt die bunten Schwingen,

Der kleine Wandrer folgt ihm schnell,

Er spricht »hörst du die Vöglein singen,

Im Garten singen sie so hell,

 

Ich atme schon die Blumendüfte,

O lieber Führer eile schnell,«

»Ich fühle nur die kalten Lüfte,«

Sprach da der bunte Reis'gesell.

 

»Kannst du nicht bald den Lohn mir geben?

Die kühlen Lüfte tun mir weh,

Ich werde nicht mehr lange leben,

Ich sterb' eh' ich den Garten seh'.«

 

»So nehme alles, was ich habe«

Sprach weinend da das arme Kind.

»Von jenem Engel alle Gabe,

Die welken Rosenblätter sind.«

 

Der Führer starb, und in den Rosen,

Weiht ihm das Kind ein frommes Grab

Schon hört es nah des Stromes Tosen,

Und steiget zu dem Tal hinab.

 

So freudig an der Heimat Schwellen

Ruft es, »o Mutter höre mich

O führ' mich zu dir durch die Wellen,

Zum süßen Garten führe mich.

 

Mein bunter Führer ist gestorben,

Da Freude floh und Sonnenschein,

Zum Lohn' hat er ein Grab erworben,

Wohl in den welken Rosen dein.«

 

Die Mutter höret nicht sein Klagen,

Da ward dem Kinde Mut verliehn,

Die Wellen es hinüber tragen,

Es eilet zu dem Garten hin.

 

Die Blumen all die Kelche neigen

Und gießen still die Liebe aus,

Die Mutter will sich nirgend zeigen,

Im Garten nicht, und nicht im Haus.

 

»O Vaterland im Frühlingsscheine!

O Jugend liebste Mutter mein!

Dein Kind die Liebe ist alleine,

O wollet nicht verloren sein!«

 

Da sprach ein Vöglein von dem Baume,

»Gott grüß' dich, bist du wieder hier,

Es denkt mir dunkel wie im Traume,

Du trugst einst treue Lieb' zu mir.

 

Im Maie, da du hier geboren,

Da lernte ich ein Lied von dir,

Ist Mai und Jugend auch verloren,

Dein süßes Lied, das bleibet mir.«

 

Da fing das Vöglein an zu singen,

»Der Frühling blüht, der Sommer glüht,

Die Liebesblumen süß entspringen,

Der Zweig ist müd, die Frucht ihn zieht,

 

Die Liebe kehrt zur Heimat wieder,

Zur Fremde sie getrieben ward,

Es sinkt der Herbst zur Erde nieder,

Die Lieb' erstarrt im Winter hart.«

 

Und wie das Vöglein freundlich singet,

Wie hier das Kind im Frühling sang,

Der Winter wohl zur Wahrheit bringet,

Des Kinds prophetischen Gesang.

 

Es starb das Kind wohl bei den Rosen,

Wo es der Frühlingsschein erzog,

Die Mutter hat es hart verstoßen,

Das Vöglein zu ihm niederflog.

 

Und deckte es mit welken Blüten,

Aus alter treuer Liebe zu,

Dem Vöglein woll' es Gott vergüten,

Es sang dem Kinde in die Ruh'.

 

»O Vaterland im Frühlingsscheine!

O Jugend harte Mutter sein!

Dein Kind die Liebe ich beweine,

Sein einz'ger Freund – ein Vögelein!«

 

 

Die Rose blüht, ich bin die fromme Biene,

Die in der Blätter keuschen Busen sinkt,

Und milden Tau und süßen Honig trinkt,

Doch lebt ihr Glanz und bleibet ewig grüne.

So singt mein tiefstes Freudenlied,

Ach meine Rose blüht!

 

Die Rose blüht, o Sonnenschein verziehe,

Daß lange noch der liebe Sommer währt,

Und mir kein Sturm die süße Lust versehrt,

Daß all mein Heil aus dieser Rose blühe,

So freut sich innig mein Gemüt,

Weil meine Rose blüht!

 

Die Rose blüht, und lacht vor andern Rosen,

Mit solcher Huld, und Liebesmildigkeit,

Daß gern mein Sinn sich zu der Pflicht erbeut,

Mit andern Blumen nie mehr liebzukosen,

Weil alle Liebe, die erglüht,

Aus Dir Du Rose blüht!

 

 

Du Fremdling, der fast halb Europa sah,

Kein' Albus, nein Karbatschen sollst du kriegen,

Was gestern dir mit Unrecht nicht geschah,

Dem Schicksal sollst du heute unterliegen,

Kömmst du La Rochens Enkelsohn zu nah,

So wirst du gleich die Trepp' hinunter fliegen.

 

 

Fabiola

 

Hör', es klagt die Flöte wieder,

Und die kühlen Brunnen rauschen.

 

Piast

 

Golden wehn die Töne nieder,

Stille, stille, laß uns lauschen!

 

Fabiola

 

Holdes Bitten, mild Verlangen,

Wie es süß zum Herzen spricht!

 

Piast

 

Durch die Nacht, die mich umfangen,

Blickt zu mir der Töne Licht.

 

 

Es wandeln zum Glücke

Die Sterne die Bahn,

Mit gütigem Blicke,

Sehn alle uns an.

 

Die Jungfrau, die süße,

Im himmlischen Reihn,

Giebt freundliche Grüße,

Und strahlet so rein.

 

Im spiegelnden Schilde

Sieht Liebe sich an,

Und Mars blicket milde

Zu Venus hinan.

 

Die Waage ruht eben,

Ihr Zünglein steht ein;

Auch lächeln daneben,

Die Zwillinge klein.

 

 

Die Liebe lehrt

Mich lieblich reden,

Da Lieblichkeit

Mich lieben lehrte.

 

Arm bin ich nicht

In Deinen Armen,

Umarmst du mich

Du süße Armut.

 

Wie reich bin ich

In Deinem Reiche,

Der Liebe Reichtum

Reichst du mir.

 

O Lieblichkeit!

O reiche Armut!

Umarme mich

In Liebesarmen.

 

 

Wie auch walte der Arm des Menschen, so faßt er das Eigne

Ihm nur tödet der Tod, Leben lebet nur ihm.

Sieh so sitzet der Zimmrer im grünenden Wipfel der Eiche,

Rühmlich erklingt ihm der Hain, unter dem Schlage der Axt,

Und es fallen die Splitter, da glaubt er, die Arbeit zu fördern,

Bis dann der Zweig der ihn trug, stürzt mit dem Splittrer hinab.

Ferner soll auch der Name den Splitterrichter nicht schimpfen,

Fällt das vollendete Werk, selbst doch dem Splittergericht.

 

 

Wie auch walte der Arm des Menschen, so faßt er das Eigne,

Ihm nur tödet der Tod, Leben lebet nur Ihm

Sieh so sitzet der Zimmrer im grünenden Wipfel der Eiche

Rühmlich erklingt ihm der Hain, unter dem Schlage der Axt,

Und es fallen die Splitter, das nennt er die Arbeit befördern,

Bis auch der Zweig, der ihn trug, stürzt mit dem Splittrer hinab.

Ferner sei es kein Schimpf mehr ein Splitterrichter zu heißen

Fällt das vollendete Werk selbst doch dem Splittergericht.

 

 

Aus Köllen war ein Edelknecht,

Um Botschaft ausgegangen

Den Vater hielt ihm Engelbrecht

Der Bischof hart gefangen.

 

Er gieng gen Arle manchen Tag

Er gieng in schweren Sorgen,

Sein Liebchen ihm im Sinne lag,

Der hätt' er es verborgen,

 

Ganz traurig er am Brunnen lag,

In Busch und grünen Hecken,

Da hört er schallen Hufesschlag,

Und gieng sich zu verstecken.

 

Er sah da einen frohen Mann

Sein Roß zur Quelle lenken,

Ein andrer ritt betrübt heran,

Sein Pferd am Born zu tränken.

 

Betrübter Mann! der frohe sprach

Gott woll' dir Trost verleihen!

O froher Mann! der andre sprach

Was mag dich so erfreuen!

 

Herr Gottschalk sprach der frohe Mann

Geht frei aus seinen Banden,

Durch ein Mirakel er entrann

Mit allen den Verbannten.

 

Er hatte eine kleine Maus

Im Kerker zahm erzogen,

Die gieng da freundlich ein und aus,

Und war ihm gar gewogen.

 

Doch einst sein kleiner Freund entlief,

Und wollte nicht mehr kehren,

Herr Gottschalk ihr gar traurig rief

Das Mäuslein wollt' nicht hören.

 

Das schmerzte den getreuen Mann,

Sein Mäuslein wollt' er haben,

Mit seinen Freunden er begann,

Nach ihrem Freund zu graben.

 

Und in der Erde eingescharrt

Fand Meißel er und Feilen,

Womit er ihre Bande hart,

Gar leichtlich konnt' zerteilen.

 

Der andre sprach, mein Schwesterlein

Es liegt gar schwer gefangen,

Und selbst das treue Mäuslein dein

Könnt' nicht zu ihr gelangen.

 

Des Schlosses Dach ist Himmelblau,

Die Mauren grüne Wellen,

Die Graben rings sind Flur und Au,

Die Fenster Fluß und Quellen.

 

Der süße Knecht die Liebe brach

In ihres Herzens Kammer,

Ihm stürzten die Gesellen nach,

Der Schmerz und böser Jammer.

 

Die Liebe blies das Lämpchen aus

Die Schmerzen sie bezwangen,

Und legten sie ins kühle Haus

Wohl auf den Tod gefangen.

 

Am Fels wo wild der Rhein zerschellt,

Wo bös die Schiffe stranden,

Dort ewig Sie gefangen hält,

Der Schlund in kühlen Banden.

 

Ein Freund des Bischofs sie belog,

Herr Hermann sei erschlagen,

Der insgeheim aus Köllen zog

Den Vater zu erfragen.

 

Dann zäumten sie die Rosse auf

Und rüst'ten sich zu scheiden

Und gaben sich den Handschlag drauf

Den Bischof zu bestreiten.

 

Und da sie aus dem Walde schon,

Trat wieder zu der Quelle

Hermann des treuen Gottschalks Sohn

Der traurige Geselle.

 

Er schrie hinab zum Wasserschloß,

Wo bös die Schiffe stranden,

Wer macht mein Lieb von Feßlen los,

Wer löset ihr die Banden,

 

Lebwohl lebwohl, Herr Vater mein,

Leb' frei in großen Ehren,

Ich hab' verlorn das Mäuslein klein,

Das tut mich gar beschweren,

 

Lebwohl lebwohl, o Kerker mein

Das Mäuslein ist verloren,

Mein Schwert muß meine Feile sein,

Da tät er sich durchbohren.

 

Und stürzt hinab ins kühle Haus,

Wo Liebchen liegt gefangen,

O Liebchen breit' die Arme aus

Ihn treulich zu umfangen.

 

Und läg' gefangen im kühlen Haus

Die mich so hart betrogen,

Sie hätte, eh' dies Liedchen aus

Mich auch hinab gezogen –

 

 

Hermann des treuen Gottschalks Sohn

Von Köllen war ein Edelknecht

Um Kundschaft ausgegangen

Sein Vater lag durch Engelbrecht

Den Bischof hart gefangen.

 

Er sucht durchs Land wohl manchen Tag

Er sucht in schweren Sorgen,

Sein Liebchen ihm im Sinne lag,

Der hätt' er es verborgen.

 

Gar traurig er am Bronnen lag

In Busch und grünen Hecken,

Da hört er schallen Hufesschlag,

Und eilt sich zu verstecken.

 

Er sah wohl einen frohen Mann

Zum Born sein Rößlein lenken

Ein andrer ritt betrübt heran,

Der tät die Augen senken.

 

O froher Mann der eine sprach

Was mag dich nur erfreuen

Betrübter Mann der Frohe sprach

Gott woll' dir Trost verleihen.

 

Herr Gottschalk der getreue Mann

Geht frei in unsren Landen

Durch wunderbare Hülf' entrann

Er aus des Bischofs Banden.

 

Er hatte eine kleine Maus

Im Kerker zahm gezogen,

Sie gieng als Gastfreund ein und aus,

Und war dem Herrn gewogen.

 

Die harte Rinde, die sie nagt

Tränkt er im Lampenöle

Und wenn er Lebewohl gesagt

Kehrt sie nach ihrer Höhle.

 

Und wenn er traurig niederkniet

Und singt den Morgensegen

So tönt ihm auch ihr frommes Lied

Aus ihrem Haus entgegen.

 

Doch einst sein treuer Freund entlief

Und wollte nicht mehr kehren

Und wie Herr Gottschalk lockt' und rief,

Das Mäuslein wollt' nicht hören.

 

Bei Mittagsbrot und Abendbrot

Blieb unbenagt die Rinde:

Er grub nach ihr, ob mausetot,

Er wohl die Treue finde.

 

Und in der Erde eingescharrt

Fand Meißel er und Feilen,

Womit er seine Bande hart

Gar leichtlich konnt' zerteilen.

 

Nun geht er frei, der fromme Mann

Und wird sein Schwert bald rühren,

Ihm schließen sich die Freunde an,

Das soll der Bischof spüren.

 

Der andre sprach mein Schwesterlein,

Das liegt gar hart gefangen

Und selbst das treue Mäuslein dein

Könnt' nicht zu ihr gelangen.

 

Der falsche Knecht, die Liebe brach

In ihres Herzens Kammer,

Ihm stiegen die Gesellen nach

Das Leid und böser Jammer.

 

Ein Freund des Bischofs sie belog

Herr Herrmann sei erschlagen

Der heimlich gegen Arle zog,

Den Vater zu erfragen.

 

Da gieng ihr alle Hoffnung aus

Die Schmerzen sie bezwangen

Und legten in ein festes Haus

Auf ewig sie gefangen.

 

Des Schlosses Dach ist himmelblau,

Die Mauren grüne Wellen,

Die Graben breit, sind Flur und Au

Die Fenster Flüss' und Quellen.

 

Am Fels, wo wild der Rhein zerschellt

Wo bös die Schiffe stranden,

Dort ewig sie gefangen hält

Der Schlund in kühlen Banden.

 

Da sprach zu ihm der frohe Mann,

Laß uns zu Gottschalk reiten,

Da treffen wir den Sohn auch an,

Den Bischof zu bestreiten.

 

Und da sie aus dem Walde schon

Trat wieder zu der Quelle

Herrmann des frommen Gottschalk Sohn

Der traurige Geselle.

 

Streit' wohl, streit' wohl, o Vater mein,

Streit wohl, und stirb in Ehren,

Ich hab' verloren das Mäuslein mein,

Es will mir nicht mehr kehren.

 

Mich soll wie dich o Vater mein,

Verlorne Liebe retten,

Mein Schwert, es muß die Feile sein

Und lösen meine Ketten,

 

Da eilt er zu dem Wasserschloß

Wo bös die Schiffe stranden

Und macht sich mit dem Schwerde los

Aus seines Kerkers Banden.

 

Und stürzt hinab ins kühle Haus

Wo Liebchen liegt gefangen,

O Liebchen breit' die Arme aus

Ihn treulich zu empfangen.

 

Und läg' gefangen im kühlen Haus

Die mich so hart betrogen,

Sie hätte, eh' dies Lied noch aus

Mich auch hinabgezogen.

 

 

Kaum hörst Du auf, so fang' ich an,

Dich erst recht zu vermissen,

Ich habe ein Gelübd' getan,

Kein andres Weib zu küssen.

 

Gewaltig, regt es sich in mir,

Zu leben und zu lieben,

O süße Frau wär' ich bei Dir,

Ich wollt' Dich nicht betrüben.

 

Du letzter Preis von Lieb' und Lust,

Wie konnte ich Dich quälen,

Ach hätt' ich jemals was gewußt,

Wie könnt' ich dann erzählen.

 

Die Lippe schließt der Liebe Kuß,

Ich hab' ihn nie empfangen,

Es rühmt sich nur der Überdruß,

Es seufzt nur das Verlangen.

 

Kaum hörst Du auf, so fang' ich an

Versäumnis muß ich büßen,

O wandelte die Lust mich an

Ein andres Weib zu küssen.

 

Mein Kuß ist jung, mein Kuß ist alt,

Ich küss' mit weisen Listen,

Es würde Liebe und Gewalt,

Die Untreu' Dir nicht fristen.

 

So lebe wohl, verzeihe Dir!

Die keusche Bahn zu wandlen,

Ich lebe wohl, verzeihe mir,

Im Traum Dich zu – mißhandlen.

 

 

Es setzten zwei Vertraute

Zum Rhein den Wanderstab,

Der braune trug die Laute,

Das Lied der blonde gab.

 

 

Claudia

Am Geburtstage einer Freundin den 19. März

 

Durch grüne Auen wollt' ich mit dir schweifen,

Wärst du des süßen Maien frohes Kind,

Und wollte sinnreich nach den Blumen greifen,

Zu flechten dir ein zärtliches Gewind',

Wir Blüten werden all in Liebe reifen,

So spräch' der Kranz, weil wir dir ähnlich sind.

Doch keine Blume ist vor dir entsprungen,

Der ungeteilten Kraft bist du gelungen.

 

In leisem Schlummer träumend sinnt die Erde,

Wie sie die Junge Zeit erfreuen soll,

Da sieht sie dich, in züchtiger Geberde

Stehst du vor ihr so sinnend, liebevoll,

Und jungfräulich begrüßte Dich ihr Werde,

Der keine Blume noch am Busen schwoll.

Doch bald die Einsamkeit dir zu versüßen,

Läßt als Gespielen sie dich Veilchen grüßen.

 

So fehlen Blumen, Blume dich zu kränzen,

Die selbst des Jahres frühste Blume blüht,

Doch in des Lebens Garten ohne Grenzen,

In dem der Frühling ewig kehrt und flieht,

Seh' eine edle Blume fern ich glänzen,

Die bis zum Namen selbst dir ähnlich sieht,

Das Herrliche kehrt ewig zu dem Leben,

Und jeder Sommer muß uns Lilien geben.

 

Dich Römerin, Vestale seh' ich wieder,

Dich Claudia, die treu den Vater ehrt,

Keusch hüllt ein reiner Schleier dir die Glieder,

Die aller Liebe reine Flamme nährt.

Es priesen uns noch keines Sängers Lieder,

Den hohen Sinn, den uns dein Leben lehrt,

Bescheidne, zürne nicht, laß es gelingen,

Die Römerin will der Barbare singen.

 

Da Claudius, der Feldherr, siegreich kehrte,

Will er, als Sieger soll ihn Roma sehn,

Der in der eignen Tat den Römer ehrte,

Will im Triumphe auch die Tat erhöhn,

Doch ein Tribun, der tiefen Haß ihm nährte,

Will ungepriesen soll sein Werk vergehn:

Es läßt der Mächtige dem Sieger sagen,

Du sollst durch Rom nicht deine Lorbeern tragen.

 

Doch achtet, trotzend auf des Sieges Flügel,

Der Feldherr nicht des Richters ernsten Stab,

Im Heeresprunk grüßt er die sieben Hügel,

Von seines Wagens goldner Höh' herab,

Und tausendfach in heller Waffen Spiegel

Grünt ihm der Lorbeer, den der Sieg ihm gab,

Es lenket durch des Volkes laute Mitte,

Der Zug zum Kapitole hin die Schritte.

 

Da öffnet zweien sich des Volks Gedränge,

Erzürnt tritt der Tribun zum Sieger hin,

Ihn, dem er untersagt des Siegs Gepränge,

Will er gewaltsam von dem Wagen ziehn:

Auch Claudia dringt durch der Bürger Menge,

Zu ihrem Vater und umfasset ihn.

Besiegt muß der Tribun zum Volke kehren,

Den sie berührte, muß er zürnend ehren.

 

Die Jungfrau gab dem Sieger das Geleite,

Der mit dem Adler nun die Taube trug,

So stand sie schüchtern an des Vaters Seite,

Und um die Tochter er den Purpur schlug,

In schönerm Sieg trug sie aus schönerm Streite,

Zum Capitole hin der laute Zug:

So Heldenmut und Schönheit sich gesellten,

Es triumphiert die Holde mit dem Helden.

 

Wer auf der Erde gleich den Göttern handelt,

Dem öffnet sich der hohen Götter Kreis,

Auf Erden sind sie menschlich einst gewandelt,

Und waren edel, sinnbegabt, und weis',

Zu Göttern hat der Glaube sie verwandelt,

Denn Göttlichkeit ist aller Schönheit Preis,

So wollte Rhea gern, da du gebeten,

In deiner Heimat Götter Mitte treten.

 

Zu Schiffe auf der gelben Tiber Wogen

Führt man Cybelens Bild von Pessinunt,

Schon nahet sich des Segels voller Bogen,

Der Göttin Ankunft eilt von Mund zu Mund,

Sie zu empfangen kommt das Volk gezogen,

Doch plötzlich faßt den Kiel des Flusses Grund,

Und wie sich auch der Schiffer Arme regen,

Fest ruht das Schiff, und läßt sich nicht bewegen.

 

Da flehet knieend Claudia am Strande,

Der hohen Götter gute Mutter an,

Löst dann den keuschen Gürtel vom Gewande,

Und zu dem Schiffe führet sie der Kahn,

Den Gürtel knüpft sie an des Kieles Rande,

Und gütig folgt Cybele ihrer Bahn.

Stumm sieht das Volk sie durch die Wellen gleiten

Von Reinen lassen Götter gern sich leiten.

 

So in des Vaterlandes großer Sitte

Lebt Claudia die Römerin auch groß,

Nun teilst du, Claudia, in unsrer Mitte,

Ein frommes treues Kind des Vaters Los.

Was göttlich noch auf Erden, folgt dem Schritte

Der Jungfrau gern noch in des Hauses Schoß.

Strebt Ihr zu gleichen, der wir uns verbanden,

Ich liebe Sie, die früher ich verstanden.

 

 

Es stehet im Abendglanze

Ein freies heiliges Haus

Da sehen mit schimmernden Augen

Viel Knaben und Jungfraun heraus,

Dort hab' ich mein Liebchen gesehen

Ein freundliches zierliches Kind,

Sie konnte wohl schweben und drehen,

Wie fallende Blüten im Wind.

 

Und die in dem Hause wohnen

Sind heilig und wissen es nicht

Sie leben mit Kränzen und Kronen

Alltäglich ein neues Gedicht

Sie sind gleich den Göttern und handlen,

Wohl täglich in andrer Gestalt,

Mein Liebchen wird auch sich verwandlen

Das tut meinem Herzen Gewalt.

 

O Liebchen, wo bist du geblieben,

Ich steh' vor dem schimmernden Haus,

Und will dich bescheiden nur lieben

O Liebchen o sehe heraus

Ich will dein pflegen und warten,

Im Herzen so treu, als ich kann,

Da seh' ich dich sitzen im Garten

Wohl bei einem reichen Mann.

 

So kauf' ich mir Rechen und Spaten

Bind' mir ein grün Schürzelein vor

Und gehe wohl als ein Gärtner

An des reichen Mannes Tor

Tu auf, tu auf den Garten,

Ich will dir wohl ohne Sold

Die Blumen all pflegen und warten

Sie sind ja mein Silber und Gold.

 

So sei mir o Gärtner willkommen

Zieh hoch die Blumen mir,

Zieh lang sie zu blühenden Ketten

Ich habe ein Vögelchen hier,

Zieh hoch und dicht eine Laube

Zieh mir ein Gitterhaus

Daß keiner mein Vögelchen raube,

Und es nicht fliege aus,

 

Da klingt wohl sanft und süße

Im Garten ein heilig Lied

Die Bäume senden Grüße,

Die Blume lauschend blüht,

Da seh' ich mein Liebchen so weinen,

So blicken zu mir herauf,

Die Sonne will nicht mehr scheinen,

Die Blumen sie gehen nicht auf.

 

So hast du dann verlassen

Der Götter freies Haus

Der Locken Gold muß blassen,

Der Augen Licht geht aus

O Liebchen o sei nicht so munter,

Du hast vergeudet dein Los,

Dein Sternlein, es gieng ja unter

Tief in des Meeres Schoß.

 

Ans Meer will ich mich stellen

Betrübt im Abendschein,

Und sehn, wie in die Wellen

Versinkt dein Sternelein,

Und niedersehn und weinen,

Die Tränen all hinab,

Sie wollen sich ja vereinen

Mit deines Sternes Grab.

 

Dies Lied hab' ich ersonnen

Wohl vor dem Zauberhaus,

Das glänzt in der Abendsonnen,

Du blickst nicht mehr heraus

Als Jugend um Liebe mußt brennen

In irrem Liebeswahn,

Da konnte sie ihn nicht erkennen,

Und blickte so hell ihn doch an.

 

Es stehet im Abendglanze

Ein hochgeweihtes Haus,

Da sehen mit schimmernden Augen

Viel Knaben und Jungfraun heraus.

 

Sie wechslen mit Weinen und Lachen,

Sie wechslen mit Dunkel und Hell,

Mit schimmernden Augen und Wangen

Sie wechslen ihre Röcklein gar schnell! –

 

Dort hab' ich mein Liebchen gesehen

Ein freundliches zierliches Kind;

Sie konnte wohl schweben und drehen

Wie fallende Blüten im Wind.

 

Und die in dem Hause dort wohnen

Sind heilig und wissen es nicht,

Sie spielen mit Kränzen und Kronen

Alltäglich ein neues Gedicht.

 

Sie sind gleich den Göttern und handlen

Alltäglich in andrer Gestalt,

Mein Liebchen wird auch sich verwandlen

Das tut meinem Herzen Gewalt.

 

O Liebchen wo bist du geblieben?

Ich steh' vor dem schimmernden Haus,

Und will dich bescheiden nur lieben

O Liebchen, o sehe heraus!

 

Ich will dein pflegen und warten

Im Herzen so treu als ich kann,

Da seh' ich sie sitzen im Garten

Wohl bei einem reichen Mann.

 

So kauf' ich mir Harke und Spaten,

Bind' mir ein grün Schürzelein vor.

Ich stell' mich als wär ich der Gärtner

Und klopf' bei dem Reichen ans Tor.

 

Tu auf, o Reicher den Garten,

Ich will dir so gern ohne Sold

Die Blumen all pflegen und warten

Sie sind ja mein Silber und Gold.

 

So sei mir o Gärtner willkommen,

Zieh höher die Rosenwand mir.

Verflecht sie zu Netzen und Schlingen,

Ich habe ein Vögelchen hier.

 

Zieh höher und dicht mir die Laube,

Zieh mir ein gitternes Haus,

Daß keiner das Vögelchen raube,

Daß es nicht fliege heraus.

 

Da klinget so herzlich und süße

Im Garten ein inniges Lied,

Die Bäume sie senden ihr Grüße,

Die Blume lauschend ihr blüht.

 

Da seh' ich mein Liebchen so weinen,

Sie sieht zu mir heimlich herauf.

Die Sonne will nicht mehr scheinen,

Die Blumen sie gehen nicht auf.

 

So hast du dann es verlassen

Das schimmernde Götterhaus,

Deiner Locken Gold wird blassen,

Deiner Augen Licht gehet aus.

 

O Liebchen, o sei nicht so munter

Du hast vergeudet dein Los;

Dein Sternlein, es gehet ja unter

Tief in des Meeres Schoß.

 

Ans Meer will ich und stehen

Still in dem Abendschein,

Da muß in den Wellen ich sehen

Versinken dein Sternelein.

 

Im Niedersehen da rollen

Die Tränen still hinab,

Die sich vereinen wollen

Mit deines Sternes Grab.

 

Dies Lied hab' ich ersonnen

Wohl vor jenem Zauberhaus,

Das glänzt in der Abendsonne,

Wo du nicht mehr siehst heraus.

 

Als Jugend um Liebe brennte

In irrem Liebeswahn,

Da wolltest du ihn nicht erkennen

Die hell mich blickte an.

 

 

Am Sophientag

Süßer Mai du Quell des Lebens

Bist so süßer Blumen voll

Liebe sucht auch nicht vergebens

Wem sie Kränze winden soll.

 

Süßer Mai, mit Blumenglocken

Läutest du das Fest mir ein

Ich bekränze ihre Locken,

Will ein frommer Gast auch sein.

 

Süßer Mai, zum Liebesmahle

Trägst du Blumenkelche ein

Blütensäulen stehn im Saale

Drüber wölbt sich Sonnenschein.

 

Süßer Mai, in deinen Kelchen

Küssen fromme Bienen sich

Aber unter allen welchen

Hast du eingefüllt für mich!

 

Süßer Mai! du bringest nieder

Blume, Blüte, Sonnenschein,

Daß ich wisse, wem die Lieder,

Wem das Herz, das Leben weihn.

 

Ich wohnte unter vielen vielen Leuten

Und sah sie alle tot und stille stehn,

Sie sprachen viel von hohen Lebensfreuden

Und liebten, sich im kleinsten Kreis zu drehn;

So war mein Kommen schon ein ewig Scheiden

Und jeden hab' ich einmal nur gesehn,

Denn nimmer hielt mich's, flüchtiges Geschicke

Trieb wild mich fort, sehnt' ich mich gleich zurücke.

 

Und manchem habe ich die Hand gedrücket,

Der freundlich meinem Schritt entgegensah,

Hab' in mir selbst die Kränze all gepflücket,

Denn keine Blume war, kein Frühling da,

Und hab' im Flug die Unschuld mit geschmücket,

War sie verlassen meinem Wege nah;

Doch ewig ewig trieb mich's schnell zu eilen,

Konnt' niemals nicht des Werkes Freude teilen.

 

Rund um mich war die Landschaft wild und öde,

Kein Morgenrot, kein goldner Abendschein,

Kein kühler Wind durch dunkle Wipfel wehte,

Es grüßte mich kein Sänger in dem Hain;

Auch aus dem Tal schallt keines Hirten Flöte,

Die Welt schien mir in sich erstarrt zu sein.

Ich hörte in des Stromes wildem Brausen

Des eignen Fluges kühne Flügel sausen.

 

Nur in mir selbst die Tiefe zu ergründen,

Senkt' ich ins Herz mit Allgewalt den Blick;

Doch nimmer konnt' es eigne Ruhe finden,

Kehrt' trübe in die Außenwelt zurück,

Es sah wie Traum das Leben unten schwinden,

Las in den Sternen ewiges Geschick,

Und rings um mich ganz kalte Stimmen sprachen:

»Das Herz, es will vor Wonne schier verzagen.«

 

Ich sah sie nicht die großen Süßigkeiten,

Vom Überfluß der Welt und ihrer Wahl

Mußt' ich hinweg mit schnellem Fittich gleiten.

Hinabgedrückt von unerkannter Qual,

 

Konnt' nimmer ich den wahren Punkt erbeuten

Und zählte stumm der Flügelschläge Zahl,

Von ewigen unfühlbar mächt'gen Wogen

In weite weite Ferne hingezogen.

 

 

Herder ist von uns gegangen,

Goethe sieht ihm traurig nach;

Wieland trocknet seine Wangen

Und Amaliens Herze brach. –

 

 

Es saß der Meister vom Stuhle,

Gar frech im eignen Kot,

Wer wagt sich zu dem Pfuhle,

Es tun ihm Prügel not,

 

Wer schmeißt mich über und über,

Wer bläst das Licht mir aus,

Wer giebt mir Nasenstüber,

Wer schickt mich recht nach Haus.

 

Und kömmt er einst zum sterben,

So stirbt sein ganzes Reich,

Die Frösche all verderben,

Krepiert er in dem Teich.

 

Er saß einst an der Saale,

Nun sitzt er auf dem Sand,

Und hat bei seinem Mahle

Die Esel all zur Hand.

 

Da sitzt er, keiner frecher,

Und platzet fast vor Wut,

Und reicht den giftigen Becher

Sich selbst und seiner Brut.

 

Wir sehn ihn platzen, sinken

Und stinken in eigner Schmer,

Laßt ihn nur aus sich stinken,

Dann stinkt es nimmermehr.

 

 

Der Jäger an den Hirten

Durch den Wald mit raschen Schritten

Trage ich die Laute hin,

Freude singt, was Leid gelitten,

Schweres Herz hat leichten Sinn.

 

Durch die Büsche muß ich dringen

Nieder zu dem Felsenborn,

Und es schlingen sich mit Klingen

In die Saiten Ros' und Dorn.

 

In der Wildnis wild Gewässer

Breche ich mir kühne Bahn,

Klimm' ich aufwärts in die Schlösser,

Schaun sie mich befreundet an.

 

Weil ich alles Leben ehre,

Scheuen mich die Geister nicht,

Und ich spring' durch ihre Chöre

Wie ein irrend Zauberlicht.

 

Haus' ich nächtlich in Kapellen

Stört sich kein Gespenst an mir,

Weil sich Wandrer gern gesellen,

Denn auch ich bin nicht von hier.

 

Geister reichen mir den Becher,

Reichen mir die kalte Hand,

Denn ich bin ein frommer Zecher,

Scheue nicht den glühen Rand.

 

Die Sirene in den Wogen,

Hätt' sie mich im Wasserschloß,

Gäbe, den sie hingezogen,

Gern den Fischer wieder los.

 

Aber ich muß fort nach Thule,

Suchen auf des Meeres Grund

Einen Becher, meine Buhle

Trinkt sich nur aus ihm gesund.

 

Wo die Schätze sind begraben

Weiß ich längst, Geduld, Geduld,

Alle Schätze werd' ich haben

Zu bezahlen alle Schuld.

 

Während ich dies Lied gesungen,

Nahet sich des Waldes Rand,

Aus des Laubes Dämmerungen

Trete ich ins offne Land.

 

Aus den Eichen zu den Myrten,

Aus der Laube in das Zelt,

Hat der Jäger sich dem Hirten,

Flöte sich dem Horn gesellt.

 

Daß du leicht die Lämmer hütest

Zähm' ich dir des Wolfes Wut,

Weil du fromm die Hände bietest,

Werd' ich deines Herdes Glut.

 

Und willst du die Arme schlingen

Um dein Liebchen zwei und zwei,

Will ich dir den Fels schon zwingen,

Daß er eine Laube sei.

 

Du kannst Kränze schlingen, singen,

Schnitzen, spitzen Pfeile süß,

Ich kann ringen, klingen, schwingen

Schlank und blank den Jägerspieß.

 

Gieb die Pfeile, nimm den Bogen,

Mir ist's Ernst und dir ist's Scherz,

Hab' die Senne ich gezogen

Du gezielt, so trifft's ins Herz.

 

 

Sieh dort auf dem Wiesengrunde

Tanzen jetzt ein Elfchen munter

Unterm Rosenbusch hinunter,

Der die Blätter niederstreut.

 

Elfchen spielen Lotto heut,

Schreiben auf die Blätter Nummern,

Ja du darfst nur kühnlich schlummern,

Denn dein Glück kommt dir im Schlummer.

 

Du gewinnst die beste Nummer:

Eine Braut wirst du im Schlummer,

Drum erwachst du ohne Kummer,

Hochzeit Hochzeit, hohe Zeit. –

 

Sieh wie scheint der Mond so weit,

Und die Frösche und die Unken

Singen bei Johannisfunken

Ihre Metten ganz betrunken.

 

Brünstig glühn Johannisfunken,

Sternlein kühl am Himmel prunken,

Und das Irrlicht hüpft betrunken,

Wo Du gingst ein Jungfräulein.

 

Auf dem Acker glüht ein Schein,

Wo beim Drachen eingetruhet,

Kaltes Gold das rot erglutet,

Fiel dein Kränzlein unvermutet

 

In des Drachen Gruft hinunter

Und der Drache ist gebunden,

Und der Schatz ist dir gefunden:

Gold und Silber, Edelstein,

Und drei Rosen die sind dein.

 

 

Laß Dich, mein Kind den Tadel nicht verführen,

Vertrau wenn du ihn hast, dem guten Sinn,

Und sprich: Nur weil ich nicht unsterblich bin

Will die Versöhnung liebend mir gebühren.

 

Denn Gottes Hand sie kann uns plötzlich rühren,

Und stürb' der Freund mir unversöhnet hin,

So würde scharfer Tadel, den Gewinn

Daß Liebe ich gegeben, mir entführen.

 

Bis dahin suche Trost in dem Sprüchworte,

Daß Rom nicht ist in einem Tag gebauet,

Daß alle alles auch zugleich nicht können.

 

Daß vor dem Morgen erst, der Himmel grauet,

Daß trunken bunt Aurora pflegt zu brennen,

Bevor der Gott tritt aus der Sonnenpforte.

 

 

Gesang der Liebe als sie geboren war

O Mutter halte dein Kindlein warm

Die Welt ist kalt und helle,

Und leg' es sanft in deinen Arm

An deines Herzens Schwelle.

 

Leg' still es wo dein Busen bebt

Und hold herabgebücket,

Harr' liebvoll, bis es die Äuglein hebt,

Zum Himmel selig blicket.

 

Du strahlender Augenhimmel du,

Du taust aus Mutteraugen

Ach Herzenspochen, ach Lust, ach Ruh'!

An deinen Brüsten saugen.

 

Ich schau' zu dir, so Tag als Nacht

Muß ewig zu dir schauen

Du mußt mir, die mich zur Welt gebracht,

Auch eine Wiege bauen.

 

Um diese Wiege laß Seide nicht,

Laß deinen Arm sich schlingen

Und nur deiner milden Augen Licht

Laß zu mir niederdringen.

 

Und in deines keuschen Schoßes Hut

Sollst du dein Kindlein schaukeln,

Daß deine Worte so mild so gut

Wie Träume es umgaukeln.

 

Da träumt mir, wie ich so ganz allein,

Gewohnt dir unterm Herzen

Wie nur die Freuden und Leiden dein

Mich freuten und mich schmerzten.

 

Oft rief ich dir, komm! o Mutter komm!

Kühl' dich in Liebeswogen,

Da fühltest du dich so sanft, so fromm

Zu dir hinabgezogen,

 

Mit meiner Seele hielt treu und warm

Ich dich in dir umschlungen,

Und hab' dir kindisch Sorg' und Harm

In Liedern weggesungen.

 

Was heilig in dir zu aller Stund,

Das bin ich all gewesen

O küß mich süßer Mund gesund,

Weil du an mir genesen.

 

So lallt zu dir mein frommes Herz,

Und nimmer lernt es sprechen,

Blickt ewig zu dir, blickt himmelwärts

Und möcht' in Freude brechen,

 

Bricht's nicht in Freud', bricht's doch in Leid,

Bricht es uns alle beiden

Denn Wiedersehn geht fern und weit,

Und nahe geht das Scheiden.

 

O Mutter halte dein Kindlein warm

Die Welt ist kalt und helle

Und leg' es leis, bist du zu arm,

Hin an des Grabes Schwelle.

 

Leg' es in Linnen, die du gewebt,

Zu Blumen, die du gepflücket,

Stirb mit, daß wenn's die Äuglein hebt,

Bei Gott es dich erblicket.

 

 

Meine Liebe an Sophien, die ihre Mutter ist

O Mutter, halte dein Kindlein warm

Die Welt ist kalt und helle

Und leg' es sanft in deinen Arm,

An deines Herzens Schwelle.

 

Leg' still es, wo dein Busen bebt,

Und treu herabgebücket,

Harr' liebend, bis es die Äuglein hebt,

Zum Himmel selig blicket.

 

Du strahlender Augenhimmel, du,

Du taust aus Mutteraugen,

Ach Herzenspochen, ach Lust, ach Ruh'!

An deinen Brüsten saugen!

 

Ich schau' zu dir so Tag als Nacht,

Muß ewig nach dir schauen,

Du mußt mir die mich zur Welt gebracht,

Auch eine Wiege bauen.

 

Um meine Wiege laß Seide nicht,

Laß deinen Arm sich schlingen,

Und nur deiner milden Augen Licht,

Laß zu mir niederdringen.

 

Und in deines keuschen Schoßes Hut,

Sollst du dein Kindlein schaukeln,

Daß deine Worte so mild und gut

Wie Träume um es gaukeln.

 

Da träumt mir, wie ich so ganz allein,

Gewohnt dir unterm Herzen,

Wie all die Leiden die Freuden dein

Mich freuten und mich schmerzten.

 

Und war deine Sehnsucht ja allzugroß,

Und wußtest nicht, wem klagen,

Da weint' ich still in deinem Schoß,

Und konnte dir's nicht sagen.

 

Oft rief ich, komm o Mutter komm

Kühl' dich in Liebeswogen,

Da fühltest du dich so still und fromm,

Zu dir hinabgezogen.

 

Mit Unschuldsarmen hielt fest und warm

Ich dich in dir umschlungen,

Und hab' dir kindisch Sorg' und Harm

In Liedern weggesungen.

 

Was heilig in dir zu aller Stund',

Das bin ich all gewesen,

O küß' mich süßer Mund gesund,

Weil du an mir genesen.

 

O Mutter halte dein Kindlein warm

Die Welt ist kalt und helle

Und leg' es sanft, bist du zu arm,

Hin an des Todes Schwelle.

 

Leg' es in Linnen die du gewebt,

Zu Blumen die du gepflücket,

Stirb mit, daß wenn es die Äuglein hebt,

Im Himmel es dich erblicket.

 

So lallt zu dir mein frommes Herz,

Und nimmer lernt es sprechen,

Blickt ewig zu dir, blickt himmelwärts,

Und will in Freuden brechen.

 

Bricht's nicht in Freude bricht's doch in Leid,

Bricht es uns alle beiden,

Denn Wiedersehen geht fern und weit,

Und nahe geht das Scheiden.

 

 

[1804–]

 

Süßer Maie Blütenjunge

Bring' ihr blühnde Friedenszweige,

Bitte sie mit süßer Zunge,

Daß sie dir die Blume zeige

Der sie gerne mag vertrauen

In den Busen ihr zu blicken.

Und dann will ich auf den Auen

Einen lieben Kranz ihr pflücken,

Will die Blumen sprechen lehren:

»Wolle Huld der Schuld gewähren,

Die schon harte Straf' erlitte.«

 

 

Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke; worin ein schöner Dialogus zwischen Frau Pallas und Karl Theodor

In der Nacht vor dem Dankfeste den 26. Juli 1806

 

Im achtzehnhundertsechsten Jahr

Der sechsundzwanzigst' Juli war,

Für mich ein schöner Reisetag,

Mein Bündlein leichter auf mir lag,

Ein Säbel oben drüber hieng,

Ganz froh ich durch die Bergstraß' gieng.

Und sah mich ganz vergnüget um

In Gottes Welt, dem Heiligtum,

Die Berge rechts mit Wein begrenzt,

Die Ebne links wie Gold erglänzt,

Von mancherlei Frucht und Getreid',

Darin viel schwäb'sche Schnittersleut',

Die Sonn' sank nieder überm Rhein,

Gab Himmel und Erd' ein' schönen Schein,

Die Wölklein, die am Himmel schwammen,

Die zogen gülden sich zusammen,

Ein warmer Regen goß herab,

Den wart' ich unterm Nußbaum ab,

Ein Bäuerlein trat auch darunter,

Und grüßt' mich da ganz froh und munter:

»Ein' guten Abend, ein' gute Zeit,

Wohin geht noch die Reise heut'?«

»Nach Heidelberg, bin ein Student,

Von Jena komm' ich hergerennt,

Die Sonn' sich neigt, hab' ich noch weit?«

Der Landmann sprach: »Nehm' er sich Zeit,

Ein' kleine Stund', dort um die Eck',

Da schaut es ihm entgegen keck.«

Da bot ich ihm ein' gute Nacht

Und hab' mich auf den Weg gemacht,

Und da ich um die Ecke bog,

Ein kühl Lüftlein mir entgegen zog,

Der Neckar rauscht aus grünen Hallen

Und giebt am Fels ein freudig Schallen,

Die Stadt streckt sich den Fluß hinunter,

Mit viel Geräusch und lärmt ganz munter,

Und drüber an grüner Berge Brust,

Ruht groß das Schloß und sieht die Lust,

Und da ich auf zum Himmel schaut',

Sah ich ein Gottes Werk gebaut,

Vom Königstuhl zum heil'gen Berges Rücken

Sah ich gesprengt eine goldne Brücken,

Sah ich gewölbt des Friedens Regenbogen,

Und sah ihn wieder in Flusses Wogen.

Da war er doch nicht also klar,

Der wilde Fluß zerriß ihn gar,

Gab mir so recht ein Beispiel breit

Von Gottes Fried', und Menschenstreit,

Und wie ich denk' und seh' in Fluß,

Da fällt ein schwerer Kanonenschuß,

Frau Echo murrt im Tal noch lang,

Da hebt sich aber ein froher Klang,

In allen Türmen die Glocken schwanken,

Beginnen ein hell harmonisch Zanken,

Da war mein Herz mir ganz bewegt,

All Bangigkeit ich von mir legt,

Den Sinn in freud'gen Ernst gestellt

War mir's beinah als einem Held,

Tat auch den Säbel um mich schnallen,

Ein Epheukranz vom Hut ließ wallen,

Und grüßte froh die werte Stadt,

Die mein Ahnherr1 besungen hat,

Mir war, als wär' das Läuten und Schießen,

Für mich ein freudiges Begrüßen,

Mein Herz auch ganz in Jugend sprang,

Und erzittert' im hellen Glockenklang,

Da eilt' ich schnell, sah nicht zurück,

Bis auf die kühne Neckarbrück',

Dragoner fragten sehr höflich

Um meinen Stand und Namen mich.

»Opitz von Boberfeld, Student,«

– Passiert – ich macht' ein Kompliment,

Und auf der Brücken, die fest und rein,

Sah ich zwei künstlich Bild von Stein,

Frau Pallas schaut' ernst ins grüne Tal,

Mit vier Fakultäten allzumal,

Ich tat sie höflich salutieren

Und meinen Säbel präsentieren,

Steckt' ihn doch wieder ein gar schnell,

Als ein bescheidener Gesell

Beim zweiten Bild, gleich an dem Tor,

Dem verstorbnen Fürst, Karl Theodor.

Mein Bündel legt' ich ab im Hecht,

Der Wirt, der Kellner und Hausknecht

Erquickten mich auf alle Weis'

Mit Wasser, Wein und guter Speis'.

Nach Tisch konnt' ich nicht sitzen bleiben,

Wollt' mich noch durch die Stadt rumtreiben,

Es fiel ein heller Mondenschein

Gar lockend in die Straßen ein;

Viel Volks sah ich herummerschweifen,

Den einen singen, den andern pfeifen,

Viel Jungfern, sich in Arm gehängt,

Kamen da auf und abgeschwenkt,

Auf einmal geht es an ein Laufen,

Sie rennen sich gar übern Haufen,

Stehn auf und hören's gar nicht an,

Spricht einer: »Hab's nicht gern getan.«

Einen Trompeter hört man blasen,

Musik sticht ihnen in die Nasen,

Da lauf' ich immer hintendrein,

Bis zu dem Mitteltor hinein.

Da steht gedrückt ein großer Klumpen

Von Mägd' und Knechten, die sich stumpen,

Ein' lebend'ge Schanz, von Leuten dick,

Drückt rings sich um die Nachtmusik.

Am Wachthaus schleich' ich mich heran,

Und komm' auf einen weiten Plan,

Da war mir's wohl, da hört' ich's schallen,

Von hohen Häusern widerhallen,

Oben über eine andre Welt,

Grüne Berge rings herum gestellt,

Fagott und Flöt' und Klarinetten

Beginnen da ein lieblich Wetten,

Die süßen Pfeifen drumher schleifen,

Trompeten scharf in die Nacht eingreifen,

Waldhorn bald fern, bald nahe ruft,

Musik schwamm selig in Sommerluft.

Auf einer Bank ich niedersaß,

Und in den Melodeien las,

Da hob sich an ein' Melodei

Gar ernst von aller Weltlust frei,

God save the King, so heißt das Lied,

Das feierlich zum Himmel zieht,

Und fleht mit rührenden Geberden,

O Schöpfer Himmels und der Erden!

Erhalte uns den guten Herrn,

Wir wissen's wohl, du hast ihn gern,

Doch sieh sein treues Volk auch an,

Wir sind mit Freuden untertan,

In hoher Tugend führt der Greis

Des Landes Glück in sicherm Gleis,

Brichts ringsumher in dieser Zeit,

Er führt uns herrlich durch den Streit,

Die Künste sind ihm wohl vertraut,

Hat ihnen manchen Sitz erbaut,

Was göttlich in dem Geist ersteht,

Was lebend hinterm Pflug aufgeht,

Den geistlichen und ird'schen Samen

Streut fromm er aus in Gottes Namen,

Laß ihn der Frucht teilhaftig werden,

O Schöpfer Himmels und der Erden!

Erhalte uns den guten Herrn,

Wir wissen's wohl, du hast ihn gern!

God save the King! sprach Melodei,

Und Widerhall sprach laut: Es sei!

Dann spielten, sie was Lust'ges auf,

Doch gab ich nicht recht acht darauf,

Denn zu mir auf die Bank sich setzten

Zwei Ehrenleut', die freundlich schwätzten,

Die Frau sprach: »Leg' mir's deutlich aus,

Wo will's mit all dem Jubel 'naus,

Was soll das Schießen und das Läuten,

Und wiedrum die Musik bedeuten?«

Der Mann sprach: »Morgen wirst erst fragen,

Wenn ich werd' einen Degen tragen,

Und den bordierten Federhut,

Dann, Alte, sei auf deiner Hut.

Das heißt's nicht viel: ergebner Diener,

Da heißt's: reich mir den Karabiner,

Patrontasch' her, und Pulver und Blei,

Da bricht der Hausfried' leicht entzwei.«

Die Frau sprach: »Ist's der Hausfried' nur,

So ist mir's eine leichte Schur,

Und zankst du gleich, freut's mich doch sehr,

Wenn's heißt: Achtung, präsentiert's Gewehr.

'S giebt wieder Huldigung, nicht wahr?«

Der Mann sprach: »Ei, warum nicht gar,

Es ist ein frommes Freudenfest,

Denn unser Herr ist krank gewest,

Sehr krank und ist wiedrum genesen,

Ich hab's in Zeitungen gelesen.«

Die Frau sprach: »Hätten wir's recht gewußt,

Das Fest macht' uns wohl doppelt Lust,

Hätten wir gebetet mit unsern Kleinen,

Wir würden jetzt vor Freuden weinen.«

Der Mann sprach: »Das ist so ein' Sach',

Wenn man ihr denkt recht ernstlich nach,

Man glaubt schier, 's gieng ein'm gar nichts an,

Man sei halt so der Untertan.

'S ist grad, wie mit der Religion,

Der Pfarrer spricht zwar viel davon,

Doch gieng's ein'm nicht im Innern auf,

Man käm' sein Lebtag nicht darauf.«

Die Frau sprach: »Hör', welch lust'ger Tanz!

Vor war die Musik ernsthaft ganz.«

Der Mann sprach: »Jen's zum Himmel ging,

Ein Gott sei Dank, God save the King!

Dies ist ein muntres Hochzeitsstück,

Es wünscht dem jungen Paare Glück,

Dem lieben Erbprinz und seiner Gemahl,

Die ihm geschenkt durch Gottes Wahl.

Durch Gottes Wahl, ja wohl, ja wohl,

Als ich Sie sah, da ward mir wohl,

So freundlich, hell, so klar und fromm,

Als ob Sie aus dem Himmel komm'.

Wie ist's wohl unserm Herrn gewesen,

Als er war wiedrum neu genesen,

Und ihm der Enkel, der stattliche Mann,

Das liebe Weib geführt heran.«

Die Frau sprach: »Das war neues Leben,

Neu Hoffnung ihm und uns gegeben!«

Der Mann sprach: »Komm, es schlägt schon zehn,

Du mußt noch mein' Montur nachsehn,

Ans Licht wolln wir den Rock recht halten,

So fliehn die Motten aus den Falten;«

Die Frau sprach: »keine sind darein,

Ich streut' ihn dir mit Pfeffer ein;«

Der Mann sprach: »ach, da werd' ich nießen,

Das wird den Kapitän verdrießen,

Wenn's ganze Corps wird Prosit sagen;«

Die Frau sprach: »'s kann sich wohl vertragen,

Ein gesegne's Gott, ein herzlich Nießen,

Ist ja ein Vivat, ein Freudenschießen.

Nun komm, der Abend ist schön verflossen,

Die Ehen werden im Himmel geschlossen.«

Dann giengen heim die Ehrenleut',

Gott geb' ihn'n in den Kindern Freud'!

Auch ich sagt' der Musik gut' Nacht,

Und hab' mich auf den Weg gemacht;

Manch Bierhaus da noch offen stand,

Sie sangen, als gieng's fürs Vaterland,

Auch hört' ich seltsam Disputieren

Von zweien alten Bürgern führen.

Der ein' sprach: »Ja die Hosen hier

Behalt' ich an, das glaub' du mir,

In runden Stiefeln werd' ich gehn;«

Der andre sprach: »Das wolln wir sehn,

Wolln sehn, wer zu befehlen hat.

Du beschimpfst das Corps, beschimpfst die Stadt.«

Der erst' sprach: »Ei, was Stadt, was Corps!

Geb' ich kein roten Heller vor.«

Der zweit' sprach da in großem Zorn:

»Steifstiefel, gelbe Hosen und Sporn,

Also mußt du dich stellen ein,

Wir wollen sehn, wer Herr wird sein.«

Der erst' sprach wieder: »Ja, Ja, Ja,

Nicht anders, diese Hosen da,

Und meine runden halben Stiefeln.«

Der zweite: »Ich will dich schon zwiefeln,

Du kömmst, wie beim Karl Theodor,

Beim Grundstein an dem neuen Tor.«

Der erst' sprach: »Morgen wirst du's sehn,

Wir wollen jetzt nur schlafen gehn.«

Der zweit': »Geschieht's, glaub' sicherlich,

So richt' ich ein' Kanon' auf dich.«

Da lachten beid', ich auch dazu,

Und gieng auf meine Herberg zu. –

Und wie ich gen die Brücke schaut,

Hört' ich den Neckar rauschen laut,

Der Mond schien hell zum Tor herein,

Die feste Brück' gab klaren Schein,

Und hinten an der grüne Berg!

Ich gieng noch nicht in mein' Herberg,

Der Mond, der Berg, das Flußgebraus

Lockt' mich noch auf die Brück' hinaus.

Da war so klar und tief die Welt,

So himmelhoch das Sterngezelt,

So ernstlichdenkend schaut das Schloß,

Und dunkel, still das Tal sich schloß,

Und ums Gestein erbraust der Fluß,

Ein Spiegel all dem Überfluß,

Er nimmt gen Abend seinen Lauf,

Da tut das Land sich herrlich auf,

Da wandelt fest und unverwandt

Der heil'ge Rhein ums Vaterland,

Und wie ans Vaterland ich dacht'

Das Herz mir weint, das Herz mir lacht',

Setzt' nieder mich auf einen Stein,

Als wär ich auf der Erd' allein,

Das steinen Bild von Frau Minerven

Tat zu mir her ein'n Schatten werfen,

Ich sah den Helm, ich sah den Speer,

Die Augen waren müd und schwer,

Recht innerlich geheim mein Denken,

Ein Schlummer tät sich niedersenken,

Der Mond hinter ein Wölklein trat,

Ein Traum mich auch umgeben hat,

Ein' seltsam Zwiesprach' ich vernimm,

Karl Theodors Bild erhebt die Stimm.

 

Karl Theodor:

 

»Frau Pallas, sagt, was will man heut'

Mit all dem Schießen und Geläut'?«

 

Pallas:

 

»Karl Friederich ist krank gewesen,

Wir danken Gott, daß er genesen.«

 

Karl Theodor:

 

»Wir, sprichst du, bist du auch dabei,

Ich glaubt', dir wär's ganz einerlei.«

 

Pallas:

 

»O sprich nicht so, und denk daran,

Was alles Er für mich getan:

Die Stadt stellt mich hierher in Stein,

Er stellt ins Leben mich hinein –

Zu meinen Füßen Gerechtigkeit,

Durch Ihn sich großer Lehrer freut,

Daneben Handel und Ackerbau

Lebendig gehn durch Land und Au,

Der Medizin schenkt er ein Haus,

Manch Kranker geht gesund heraus.

Chemia, Phisika, Philosophei,

Studiern und sprechen, was Leben sei.

Auch durch der Theologia Schleier

Strahlt neu ein Licht, ein Augenfeuer,

Gern nennt' ich allem Volk dies Licht,

Weil's aber taub ist, brauch' ich's nicht.

Sonst sah die Nase nur heraus,

Und sprach, ich bin heut' nicht zu Haus,

Aufklärung füllte jedes Maul,

Schaut' durch die Eier und nannt sie faul,

Weil sie nicht konnt durchs Hühnlein sehn,

Blieb der Verstand ihr stille stehn,

Sie blies das Ei aus, malt es an,

Steckt auch ein Lichtlein hinten dran,

Aufklärung heißt's, aus Religion

Ward schier ein' schlecht Illumination;

Doch jetzt durch der Theologia Schleier

Strahlt neu ein Licht, ein Augenfeuer.

Was nur die großen Heiden dachten,

Daß sie so gar nichts Schlechtes machten,

Das tut Philologia lehren,

Der Alten Spiegel recht sauber kehren,

Daß Mann und Jüngling und auch Kind

Die Helden schau, die nicht mehr sind,

Paßt gleich der Spiegel nicht in die Zeit,

Erquickt sich drein die Ewigkeit.

Historia naht sich auch herzu,

Und was geschehn, was man noch tu,

Das spricht sie aus, das sieht sie ein,

Sie soll des Lebens Herold sein,

Und wenn mit Gott das Werk gedeiht,

So geht hervor ein' neue Zeit,

Dann mag der Herold, so wie ich,

Laut preisen den Karl Friederich!«

Solch Red' Frau Pallas ernsthaft führt,

Zu ihren Füßen es sich rührt,

Justitia mit der Waage klingt,

Merkurius die Flüglein schwingt,

Feldbau rauscht mit dem Erntekranz,

Religios Haupt umgiebt ein Glanz. –

Ein jedes tät sein'n Beifall geben,

Karl Theodor wollt' die Stimm' erheben,

Da kommt ein großer Zug durchs Tor,

Von alten Männern ein Ehrenchor,

Sie trugen Bärt', seltsam Gewand,

Wie ich etwa gemalet fand

In alten Büchern die Doktoren,

Die Philosophen und Professoren.

Ich schaut' sie gar andächtig an,

Erkannt' auch manchen großen Mann,

Den ich etwa im Bildnis sah,

Erasmus, Dalberg, Agricola,

Reuchlin, Wimpfling, Öcolampadius,

Melanchthon und auch Münsterus,

Marquardus Freher und auch Mizyll,

Donellus dann und andre viel,

Die all einst hier gelehret hatten,

Und auch gelernt, die heil'gen Schatten

Umgaben feierlich mit Fleiß

Frau Pallas Bild in halbem Kreis.

Ihr Antlitz strahlt' in Freude ganz,

Ihr' weiße Bärt' gaben einen Glanz,

Die Lippen sie bewegen täten,

Doch war es still, ich hört' nicht reden,

Die Hüt' und Barett täten sie schwingen,

Als ließen sie ein Vivat erklingen,

Weil aber ich kein' Stimm' hört' schallen,

Wollt' mir das Ding nicht recht gefallen;

Beim Mantel zupft' ich einen da,

Den ich vor nicht im Antlitz sah,

Er dreht sich um – der Musenheld,

– Gekrönt – Opitz von Boberfeld!

Der teure, werte Ahnherr mein,

Schaut feurig mir ins Herz herein,

Das wallt mir auf, die Zung' erbebt,

Die Stimme mein sich laut erhebt,

Ich tät ein Lebehoch ausbringen,

Karl Friedrich hoch! tät's widerklingen,

Weiß nicht, ob es Frau Echo war,

Oder der alten Gelehrten Schar,

Es gab ein'n Schall, daß ich erwacht,

War ganz allein um Mitternacht;

Von meinem Burschenhut ich nahm

Den Epheukranz, mit Zucht und Scham

Tät ich ihn hin nach Frau Minerven,

Als eines Jünglings Opfer werfen;

Ich dacht', bleibt er nur hängen oben,

Als gutes Zeichen will ich mir's loben.

Da flog der Kranz, da fiel der Kranz

Ihr um den Helm im Mondesglanz!

Gott gebe seinen Segen zu!

Gut' Nacht, ich geh' nach Haus zur Ruh';

Und wie ich in das Tor eintrat,

War schlummerstill die ganze Stadt,

Nur fern noch hört' ich jubilieren,

Ein einsam nächtlich Kommerschieren,

Den Landesvater hört' ich Euch singen,

Tät Euch Studenten gut gelingen.

Seid fleißig nur – fromm – toll – mit Witz,

Dies wünscht von Boberfeld Opitz.

 

 

Fußnoten

1 Anmerk. Martin Opitz von Boberfeld, ein Schlesier, ward 1619 den 17. Juli in Heidelberg immatrikuliert. Er und seine Muse liebten die Stadt. Davon künftig.

 

 

An die Nymphe der Heilquelle zu Baden bei der Ankunft unsers geliebten Landesherrn

Die du aus der Erde warmen

Adern, Kraft und Leben saugst

Und mit segnendem Erbarmen

Heilung in die Glieder hauchst,

 

Nymphe! Alle deine Gäste

Lasse fröhlich bei dir sein,

Schmücke selbst dich fromm zum Feste,

Denn der Herr geht zu dir ein.

 

Deine Berge, deine Auen

Lasse schimmern frisch belaubt,

Denn es will sich dir vertrauen

Dieses Landes teures Haupt,

 

Weihe deines Hauses Schwelle

Mit der heil'gen Freude Tau,

Daß er sich in deiner Welle

Göttlich neu verjünget schau,

 

Sag' ihm: »Du, dem jeder Busen

Fromm in treuer Liebe brennt,

Den der keusche Mund der Musen

Mit des Ruhmes Namen nennt,

 

Gönne Deinem milden Herzen

Hier der Ruhe lieben Wahn,

Und Dir werden Sorg und Schmerzen,

Wie die Herzen untertan,

 

Nimm von mir das Heil zurücke,

Das Dein Geist dem Lande gab,

Scheide dann mit heiterm Blicke,

Gieb mir nichts, als Deinen Stab.

 

Deines Stammes Eiche dringet

Über meinem Haus herauf,

Finde Heil, wo Heil entspringet,

Heil Dir, Heil Dir, sprudl' ich auf.«

 

 

Wo in Gewölben von Schmaragd

Die frischen Bächlein spülen

Will sich bei Hörnerklang die Jagd

Mit Kuß und Wein erkühlen.

 

Wie schallet und hallet der Hörnerklang

Wie rauscht der wilde Bronnen

Es widerklinget der Felsenhang

Die Fliege tanzt in der Sonnen

Aber Frau Echo, Frau Echo, Frau Echo,

Du widerspiegelst die Wonnen.

 

Gegrüßet sei du Waldgebäu,

Ihr hochbelaubten Eichen,

Komm Mägdlein, setz dich neben bei,

Tu mir den Becher reichen.

 

Wie webet und schwebet das grüne Dach

Wie stehn die ew'gen Eichen,

Und schau wie die Blümlein zu dem Bach

Die Kelche durstig neigen.

Aber dir Bachus, dir Bachus, dir Bachus

Muß alle Seligkeit weichen.

 

Und den vielgoldnen Sonnenglanz

Laß in den Becher schauen,

Und flicht mir einen Blumenkranz

Und wolle mir vertrauen.

 

Es blinket und winket der goldne Wein

Es lassen die Blumen sich pflücken

Sie möchten gern all gebrochen sein,

So schön weiß sie sich zu bücken.

Aber Frau Venus, Frau Venus, Frau Venus

Kredenzet das ird'sche Entzücken.

 

Und weil die Sonne heißer scheint

Komm in die dunkle Laube,

Wenn gleich die wilde Rebe weint

Lacht doch die Turteltaube.

 

Mag weinen die Rebe, die Taube lacht

Die Lerche jubelt in Lüften

Das Birkhuhn falzt in Waldesnacht,

Die Hirschkuh lockt in den Klüften

Keusche Diana, Diana, Diana

Endimion naht in den Triften.

 

Sie bringt den Wein in Bechersglanz,

Aus Veilchen und Narzissen

Reicht sie ihm einen süßen Kranz

In Waldes Finsternissen.

 

Da lispelt und wispelt die Nachtigall,

Ihr Stimmlein wollt' übersteigen,

Es lacht und klagt der süße Schall

Wie Orgel, Laute und Geigen,

Aber du Amor, du Amor, du Amor

Vor dir muß alles ja schweigen.

 

 

Trippel Trippel trap, trap, trap

Heut schließ' ich die Tür' nicht ab

Wenn ich dich erst bei mir hab'

Küss' ich dich recht tüchtig ab.

 

Weck' mir nicht die Mutter auf

Nur nicht hust', nicht nies', nicht schnauf',

Nicht zu stolz renn' mir herauf,

Wer hoffärtig fällt leicht drauf.

 

Weck' mir nicht die Martinsgans,

Tritt dem Hund nicht auf den Schwanz,

Schleiche wie der Mondenglanz,

Wie ein Floh im Hochzeitskranz.

 

Stoß' mir nicht die Kübel um

Liebster Schatz, ich bitt' dich drum

Rumpelt er rumpidipum

Liebster Schatz, das wäre dumm.

 

Und vor allem ich dich bitt'

Auf der Treppe in der Mitt'

Mache einen großen Schritt

Von vier Stufen fehlt die dritt'.

 

In das Maul nimm deine Schuh'

Kömmt die Magd, so fahr' drauf zu

Dann glaubt sie, du seist Wu Wu

Kriecht ins Bett und läßt uns Ruh'.

 

Gehe links, ach geh nicht recht

Sonst kömmst du zum Oberknecht

Und da kriegst du ein Gefecht

Und der Jockel schmeißt nicht schlecht.

 

Steig auch nicht bis unters Dach

Kömmst du in das Taubenfach,

Da wird gleich mein Bruder wach,

Eilet schnell dem Marder nach.

 

Bist du vor der Kammertür

Klage deinen Jammer mir,

Dann schieb' ich die Klammer für

Schrei', wer ist, Potz Hammer, hier.

 

Und da wachet alles auf

Mutter, Bruder, Knecht im Lauf

Nahn, es wird 'ne Prügeltrauf

Besser als 'ne Kindertauf.

 

Doch es gieng 'nen andern Gang,

Mutter nach neun Monden sang

Mädel, 's wird mir angst und bang,

Sonst war ja dein Röckchen lang.

 

 

Die Zigeunerin

Liebe Frau, daß Gott dich segne,

Und daß dir sein Glück begegne!

Sei willkommen altes Männlein!

Da mit deinem schönen Kindlein!

 

Mutter

 

Gar willkomm' auf unserm Pfade,

Schwester mein, daß Gott dir gnade,

Deiner Schuld Verzeihung sende,

Der barmherzig ist ohn' Ende.

 

Zigeunerin

 

Pilger, ihr müßt wohl gar müd sein,

Und ich glaub', ihr armen Leutlein

Mögt ein Obdach gern erreichen,

Die lieb Frau auch gern absteigen.

 

Mutter

 

Ihr, wer seid ihr, Schwester meine?

Ihr seid höflich ungemeine,

Ihr seid recht erfüllt mit Güten,

Mir die Hülfe anzubieten.

 

Zigeunerin

 

Ich bin ein Zigeunerweiblein,

Und wenn gleich ein armes Schelmlein,

Lad' ich euch zu meiner Hütte,

Nehmt's vor Liebe an, ich bitte.

 

Mutter

 

Immer sei gedankt, gelobet

Gott der Herr im Himmel droben,

Deine freundlich lieben Reden

Trösteten mein Herz in Nöten.

 

Zigeunerin

 

Schnell, steig ab, o meine Fraue!

Eine Göttin ich dich schaue,

Ich die Kreatur mit Bangen

Fühl' dies Herz mit Lieb umfangen!

 

Mutter

 

Wir von Nazareth herkommen,

Fanden nirgends Unterkommen,

Müd vom Weg und ohn' Bekannte,

Sind wir nun im frenden Lande.

 

Zigeunerin

 

Ich hab' einen kleinen Stall hier,

Da kann stehen euer Saumtier,

Heu und Stroh will ich drin streuen,

Daß wir all uns drin erfreuen.

 

Liebe Frau, ist's nicht nach Würden,

So verzeiht, wie mag bewirten

Eine Königin ich Arme,

Ach daß Gott sich mein erbarme!

 

Und du Alterchen sitz nieder,

Kamst zu Fuß, hast müde Glieder,

Schöne Tochter ohn' Verweilen

Machtet ihr dreihundert Meilen.

 

Eine Königin der Gnaden

Bist du, wie's mein Herz erraten,

Dieser ist dein Eh'herr, denk ich,

Ei wie ist er gut und freundlich!

 

Und gefällt dir's, liebe Fraue,

Daß ich in die Hand dir schaue,

Wenn gleich arm und zu beklagen,

Will ich dir dein Glück wahrsagen.

 

Doch was ich werd' sagen müssen,

Wirst du all schon besser wissen,

Denn es läßt dein schönes Wesen,

Eine große Weisheit lesen.

 

Töricht werd' ich noch vor Freude,

Glücklich war mein Ausgang heute,

Du bist, ich kann's unterscheiden,

Auserwählt von Ewigkeiten.

 

Du warst stets die Gottgeliebte,

Reine, keusche, ungetrübte,

Du bist Mutter von dem Sohne

Dessen Vater himmlisch wohnet.

 

Gott zum Boten dir bestellte

Gabriel, den Glanz umhellte,

Dir im Kämmerlein verschlossen,

Hat die Botschaft sich ergossen.

 

Wußtest, daß und wie der Willen

Gottes, sich ins Fleisch zu hüllen,

O was Trost ist aufgegangen,

Weib in deinem Gottempfangen.

 

Gnadenvoll bist du gewesen,

Himmelskönigin erlesen,

Als er sprach mit Worten süße,

Ave Maria, Gott dich grüße!

 

Und als er dich so gegrüßet,

Angst dein reines Herz durchfließet,

Deine Frucht sei benedeiet,

Die die Welt erlöst, befreiet.

 

Und von Demut ganz erfüllet,

Mir gescheh', wie Gott gewillet

Mir der Magd des Herrn, es komme,

Der Erlöser, sprachst du fromme.

 

Aber Joseph dort der gute

Dachte nach in trübem Mute,

Und ob deines Leibes Segen

Tät sein Herz viel Sorgen hegen.

 

Doch vom Engel unterrichtet,

Ward mit Trost er aufgerichtet,

Und dich Schöne Gottbegehrte

Höher er fortan verehrte.

 

Und als nun die Zeit gekommen,

Hast du Joseph mitgenommen,

Um nach Bethlehem zu gehen,

Mußtest viele Not ausstehen.

 

Konntest nirgend Obdach finden,

Deiner Frucht dich zu entbinden,

Ach du mußtest, Weib der Ehren,

Einsam unterwegs gebären.

 

O welch arm elende Stätte,

Ohne Feuer, ohne Bette,

In dem Stall, du Gottbeschwerte,

Unter dir die harte Erde.

 

In der heil'gen Weihnacht Taue,

Da gebarst du o lieb Fraue,

Diesen schönen Gottesknaben,

Hirten ihn verehret haben.

 

Betetest ihn Lieb erfüllet

An, ins Schleierlein gehüllet

Legtest du dein schönes Knäblein,

Zwischen's Öchslein und das Es'lein.

 

In der Krippe statt der Wiege,

Schöne Frau dein Kindlein lieget,

So gebarst du Gott hienieden,

Krieg nahm er und gab den Frieden.

 

Solcher Glanz die Nacht entzückte,

Daß die Welt erstaunend blickte,

Alle Hirten sangen Lieder,

Der Erlöser kam hernieder.

 

Und der Engel Melodeien,

Konnten alle Welt erfreuen,

O du Nacht der Seligkeiten

Ganz voll Licht und Himmelsfreuden.

 

Hirten kamen ihn zu ehren,

Gaben groß ihm zu bescheren,

Ihr Geschrei drang zu den Ohren,

Der Messias ist geboren.

 

Und weil ihr so mild und huldreich

Zeigt mir auch, lieb Frau, ich bitt' euch,

Zeigt, mir Armen, euer Kindlein,

Den Erlöser in den Windlein.

 

Mutter

 

Schwester, blick zum Himmelskinde,

Zum Erlöser aller Sünde,

Ach schau wohl, in seinen Blicken

Paradiesisches Entzücken.

 

Zigeunerin

 

Ach du lieb Frau Kaiserinne,

Bin nur eine Sünderinne,

Doch wem kann geliebter sein

Dies mein liebes Jesulein.

 

Ach mein Weg war wohl gesegnet,

Daß ich euch allhier begegnet,

Drum schlug mir mein Herz voll Bangen,

Da ich hier herausgegangen.

 

Doch weil es der Himmel wollte,

Daß ich dir wahrsagen sollte,

Ich dir mit betrübter Seele,

Des Erlösers Leid erzähle.

 

Schöne Mutter voller Güte,

Duldsam bist du im Gemüte,

Deine Äuglein nur bereite,

Weinen solln wir alle beide.

 

Jesus beten wird im Garten,

Gottes Stärkungskelch erwarten,

Blut'ger Angstschweiß wird ihn decken,

Ach mein Herz erbebt vor Schrecken.

 

Dann kömmt Judas hergegangen,

Küßt verratend seine Wangen

Und um dreißig Silberlinge

Wird verkauft der Herr geringe.

 

An die Säule fest gebunden

Und geschlagen voller Wunden

Und gekrönet, ich ihn schaue,

Ach mit Dornen, liebe Fraue.

 

Von des Kreuzes Last gebeuget,

Traurig er zum Berge steiget,

Und erschöpfet und entkräftet

Wird er an das Kreuz geheftet.

 

Liebe Frau, nach seinem Ende

Wird er in das Grab gesenket,

Und nach dreien Tagen wieder

Hebt er lebend auf die Glieder.

 

Und zwölf Jahr nach diesem Tage,

Liebe Frau, wie ich euch sage,

Kehrt er sich zum andern Leben,

Wird zum Himmel sich erheben.

 

Dann o Mutter voller Leiden,

Wirst du für uns Sünder streiten,

Weil du kamst zu solchen Ehren

Um die Schlange zu zerstören.

 

Liebe Frau, nun will ich schweigen,

Euch nicht länger niederbeugen.

Gebt, daß ich nach meinem Ende

Wieder schau in eure Hände.

 

 

Die Einsiedlerin

 

O lasse Geliebter mich einsam leben!

Dem Tode bin ich früh geweiht,

Ich kann dir nicht Friede nicht Freude geben,

Doch beten für dich in Einsamkeit.

 

Ich will dir Geliebte dein Zellchen bauen,

Mein Herz ist einsam und dir geweiht.

Und durch meine Augen kannst du wohl schauen

Den Himmel so nah, die Welt so weit.

 

Die Arme, ich will sie dicht um dich schlingen,

Wie Liebeszweige, an Früchten schwer,

Die Lippe, sie soll dir wie Echo klingen,

Wie Vöglein springen mein Lied umher.

 

Dein Händchen, o leg's an mein Herz, es schläget

Im Busen mir ein lebend'ger Quell

Und wie sich in Liebe Liebe beweget,

Springt er dir entgegen so freudig hell.

 

Du kannst nicht lieben, nicht glauben, so ziehe

So ziehe nur hin in deinen Tod,

Die Sonne schien in dein Bettchen zu frühe,

Verschlafe nur nicht dein Abendrot.

 

Noch alle Tag' ist's nicht Abend geworden,

Mir bringet die Zeit noch Rosen einst,

Ich ziehe nach Süden, leb' wohl in Norden,

Du lachst mir noch, wie du nun weinst.

 

Und hinter dem Berge der Freund verschwindet,

Die Sonne geht durchs Himmelstor,

Sein Bündelchen traurig das Mädchen bindet,

Steigt mit dem Mond am Berg empor.

 

Es stehen die Wälder so stille, stille,

Des Berges Ströme sausen wild,

O stärke den Mut mir, stark ist der Wille,

So betet sie am Heil'genbild.

 

Da läutet im Winde ein Silberglöckchen,

Sie tritt in die Zelle von Rosenholz,

Und nimmt das braunseidene Klausnerröckchen,

Legt an die Demut, legt ab den Stolz.

 

Und wie sie die bunten Kleider hinleget,

Schlägt ihr das Herz im Busen laut,

Die Flöte der Wanduhr so sanft sich reget,

und singt das Nachtlied der Himmelsbraut.

 

»Gut Nacht, o mein Liebchen, auf seidnem Moose,

Ach wie so sehnend die Nachtigall singt,

Am Fensterchen glühet die treue Rose,

Die Rose, die einst die Zeit mir bringt.

 

Ich mußte die Hütte, den Garten geben,

Zu bauen dein Zellchen so schön und fein,

Und muß nun wie du in der Wildnis leben,

Mit meiner Sehnsucht so einsam sein.

 

O Liebchen schlaf wohl, von deinem Schoße,

Fällt klingend der perlene Rosenkranz,

Es schläft nicht der Treue auf seidnem Moose,

Ihm flicht wohl die Liebe den Dornenkranz.«

 

So singt ihr die Flöte, doch verstehen

Kann Liebchen nicht des Liedes Leid,

Der Liebe Bitten, der Liebe Flehen,

Scheint ihr das Lied der Einsamkeit.

 

So lebt sie lange, ungeschmücket

Die Tage hin, die Nächte hin,

Und schon die Rose sich niederbücket

Sieht nicht mehr nach der Klausnerin,

 

Die Stürme sausen in wilden Nächten,

Wohl lauter als die Flöte sang,

Im Walde die Hirsche brünstig fechten

Die Welt wie wild, die Zeit wie lang.

 

Und sitzet sie traurig an der Türe,

So eilen auf verschlungner Bahn

Die Rehe paarweis, die scheuen Tiere

Und stehen still und sehn sie an.

 

»O Zeit o wolle die Rosen brechen,

Wie einsam ist Liebchen, wie allein,

In Sehnsucht will ihr das Herz zerbrechen,«

So schreibt sie oft auf Täfelein.

 

Und heftet sie dann an die Geweihe

Der Hirsche, die sie zahm gemacht,

Und mustert sie ängstlich nach der Reihe,

Ob keiner Antwort ihr gebracht.

 

Weint Liebestränen, schlingt durch die Locken

So weltlich den perlernen Rosenkranz,

Und schürzt das Röckchen, schmückt ihre Socken

Mit Waldes Blumen, möcht' gern zum Tanz.

 

Und regen die Büsche im Mond sich helle,

Und flötet die Nachtigall süß und mild

So kann sie nicht schlafen, steht an der Zelle,

Und glaubet, sie sähe des Lieben Bild.

 

Umarmt die Bäume mit Liebesgeberde,

Und reicht den blühenden Zweigen die Hand,

Und kühlt sich den Busen an kühler Erde,

Und zeichnet sein Bildnis in reinen Sand.

 

Oft hebt sie die Füßchen, sie tanzt so gerne

Und beißt sich die Lippen, sie küßt so gern,

Am Himmel da stehen so ruhig die Sterne,

O weh mir wie einsam, die Liebe ist fern.

 

So eilet der Frühling, der Sommer gehet,

Es senken die Büsche das grüne Dach,

Und sie wird nicht ernten, die nicht gesäet,

Nicht ruhig schlafen, die Reue ist wach.

 

»Du hast nicht geglaubt, nicht geliebt, so blühe

Verblühe nur hin in deinen Tod

Die Sonne schien in dein Bettchen zu frühe,

Verschlafe nur nicht dein Abendrot.«

 

So wiederholt sie im Traum seine Worte

Es pochet im Herzen, ja poche nur,

Sie gehet im Traume wohl an die Pforte,

O wehe es pochte im Herzen nur!

 

Sie weinet getäuschet, und bleibet stehen,

Da tönen Worte zu ihr hin,

O laßt ohn' Obdach mich nicht gehen

Gott lohnt euch, fromme Klausnerin.

 

Sie öffnet die Türe, in lauter Freude

Kann sie nicht reden, ihr Auge bricht,

In Liebestränen, und Freud und Leide,

Denn ach es ist der Geliebte nicht.

 

Und wie sie so weinet, steht still der Alte

Das Haupt gesenket, blickt sie nicht an,

O Jungfrau verzeih', daß ich krank dich halte,

Du bist wohl der Welt noch zugetan.

 

So redet er zürnend, und vor ihm nieder,

Kniet weinend die arme Klausnerin,

Und fleht, gieb mir den Geliebten wieder,

O führ' mich wieder ins Leben hin.

 

Der Alte spricht ruhig in jener Klause,

Die gestern mein Dach gewesen ist,

Ist Andacht und Friede wohl mehr zu Hause

Da wohnet wohl ein beßrer Christ.

 

Da wohnet ein Jüngling, fromm und stille,

Und tuet Gutes, ist ohne Tand,

Er wählte durch der Geliebten Wille

Sich also schwer betrübten Stand.

 

Die Klausnerin jammert und ringet die Hände,

Und will nicht bleiben, will zu ihm hin,

O sage mir Greis, wohin ich mich wende,

In welchem Tale finde ich ihn.

 

Es weinet der Alte, so tief gerühret

Hat ihn der ird'schen Liebe Streit,

Es schmückt sich die Holde, als Braut gezieret

Steht sie im braunen seidnen Kleid.

 

Und hastig zieht sie ihn von der Schwelle,

Will mit ihm nach dem Tale gehn,

Die Nacht ist so ruhig, der Mond so helle,

Der Greis bleibt bei den Rosen stehn.

 

Und bricht die Rosen, und knieet nieder

Ein Jüngling vor der geliebten Braut,

Sie kann ihn umarmen, und wieder, wieder,

Sie weint so stille und lacht so laut.

 

Schlaf' wohl, o mein Liebchen auf seidnem Moose,

Die Zeit bringt Rosen, o süße Zeit!

Das Einsiedlerröckchen ist leicht und ist lose,

Der Himmel so nahe die Welt so weit.

 

Auf, auf o mein Liebchen, ich will uns bringen,

Zur Freude hin, geschwind wie der Wind,

Und auf die gesattelten Hirsche sich schwingen.

Der Jüngling und sein getreues Kind.

 

Es fliehen die Berge, es fliehen die Haine,

Die Städte stehen, und sehen nach,

Dann setzt er sie nieder und küßt sie am Rheine,

O Liebchen, wer flöhe den beiden nicht nach.

 

 

Über eine Skizze:

Verzweiflung an der Liebe in der Liebe

In Liebeskampf? In Todeskampf gesunken?

Ob Atem noch von ihren Lippen fließt?

Ob ihr der Krampf den kleinen Mund verschließt?

Kein Öl die Lampe? oder keinen Funken?

 

Der Jüngling – betend? tot? in Liebe trunken?

Ob er der Jungfrau höchste Gunst genießt?

Was ist's, das der gefallne Becher gießt?

Hat Gift, hat Wein, hat Balsam sie getrunken.

 

Des Jünglings Arme, Engelsflügel werden –

Nein Mantelsfalten – Leichentuches Falten.

Um sie strahlt Heil'genschein – zerraufte Haare.

 

Strahl' Himmelslicht, flamm' Hölle zu der Erde

Brich der Verzweiflung rasende Gewalten,

Enthüll' – verhüll' – das Freudenbett – die Bahre.

 

 

Auf einen grünen Zweig

Zur Fremde zog ein frommer Knabe

An Gold so arm, wie Gold so treu,

Er sang ein Lied um milde Gabe,

Sein Lied war alt, die Welt war neu.

 

Wie Freiheit singt in Liebesbanden,

So stieg das Lied aus seiner Brust;

Die Welt hat nicht sein Lied verstanden,

Er sang mit Schmerzen von der Lust.

 

Das Leben leichter zu erringen,

Tut er der eignen Lust Gewalt;

Will nimmer spielen, nimmer singen,

Geht Kräuter suchen in den Wald.

 

Die Füße muß er wund sich laufen

Zum heißen Fels, zum kühlen Bach,

Und muß um wenig Brot verkaufen,

Die Blume, deren Dorn ihn stach.

 

Und wie er durch die Wälder irret,

Ein seltsam Tönen zu ihm drang;

Durch wildes Singen rasselnd schwirret,

Ein schmerzlicher metallner Klang.

 

Der Knabe teilt die wilden Hecken,

Und vor ihm steht ein gift'ger Baum;

Die Zweige dürr hinaus sich strecken,

Mit Blech geziert und goldnem Schaum.

 

Und viel gemeine Vögel kreisen,

Rings um des Baumes schneidend Laub;

Und die von seinen Früchten speisen,

Sie sind des goldnen Giftes Raub.

 

Da rührt der Knabe seine Laute,

Er singt ein schmerzlich wildes Lied;

Und in dem Baum, zu dem er schaute,

Er einen bunten Vogel sieht.

 

Er sitzt betrübt, die bunten Schwingen

Senkt an der Silberbrust er hin,

Und kann nicht fliegen, kann nicht singen

Des Baumes Gifte fesseln ihn.

 

Dem Knaben regt sich's tief im Herzen,

Das Vöglein zieht ihn mächtig an,

Und seines Liedes kind'sche Schmerzen

Hört gern das kranke Vöglein an.

 

Und weil im Wind die Blätter klingen,

So kann es nicht das Lied verstehn;

Doch er hört nimmer auf zu singen,

Bleibt treu vor seiner Liebe stehn.

 

Und singt ihm vor zu tausendmalen

Von Liebeslust und Frühlingslust,

Von grünen Bergen, milden Talen

Und Ruhe an geliebter Brust.

 

Schon regt das Vöglein seine Schwingen,

Schaut freundlich zu dem Knaben hin;

Des Arme um den Baum sich schlingen,

Die Liebe machet mutig ihn.

 

Er klimmet in den gift'gen Zweigen

Zerreißt mit Lust die Hände sich,

Das kranke Vöglein zu ersteigen,

Es spricht: Ach nimmer heilst du mich.

 

Und sinket stille zu ihm nieder,

An seinem Herzen hält er's warm;

Und ordnet sorglich sein Gefieder,

Und trägt's zur Sonne auf dem Arm.

 

Steigt auf die Berge, läßt es trinken

Des blauen Himmels freie Luft,

Und weiß zu blicken, weiß zu winken,

Bis er die Freude wieder ruft.

 

Die Freude kömmt, die bunten Schwingen,

Sie funkeln Liebesstrahlen gleich;

Das Vöglein weiß so süß zu singen,

Es singt den armen Knaben reich.

 

Wie auch zum Flug die Flüglein streben,

So bleibt es doch dem Treuen treu;

In Liebesfesseln will es schweben,

In Liebesfesseln ist es frei.

 

Und ich der ich dies Lied dir singe

Bin wohl dem treuen Knaben gleich,

Vertrau mir Vöglein, denn ich bringe

Dich noch auf einen grünen Zweig.

 

 

Grüße alle, die mich lieben

Und noch übrig sind geblieben.

Und wenn Du zum Landtag schreitest,

Daß Du ja die Zugluft meidest!

Trete nicht zu nah zur Türe,

Denn da stehn die Musketiere;

Trete nicht zu nah zum Ofen,

Denn da sitzen viele Zofen;

Trete nicht zu nah ans Fenster,

Denn da stehen Hirngespenster;

Trete auch nicht in die Mitte,

Denn da giebt es Stöß' und Tritte.

Vorne mußt Du auch nicht stehen

Bei den Dicken, die stark blähen,

Und deswegen auch nicht hinten,

Denn da schmeckt man alle Sünden!

 

 

Wie Aphrodite einst mit göttlicher Gewalt

In Galatheas kalten Marmorbusen

Des Lebens holde Flamme senkte, und

Die Liebliche das Licht des Tages grüßte;

So weißt Du, Zauberin, zum höhern Leben,

Vom ird'schen, engen, uns empor zu heben.

Die Gegenwart, die ängstliche, entflieht,

Von der Vergangenheit seh' ich den Schleier fallen,

Die heil'ge Vorwelt zeigt sich mir enthüllt,

Und magische Gestalten seh' ich wallen,

Wie Isis ernst, und Psyche schön und mild. –

Dir ward, fürwahr, das höchste Los gegeben;

Durch Dich erhält die Mythe Leben,

Das Schöne, Große aller Zeiten

Läßt Du dem Auge still vorübergleiten!

 

 

Kantate auf den Tod Ihrer Königlichen Majestät, Louise von Preußen

Der rührenden Zuneigung Ihrer Majestät der Kaiserin von Österreich für die Verewigte gewidmet

 

Zueignung

 

Sieh mild, o hohe Frau, auf diese Zeilen

Du liebtest Sie, wenngleich Dir unbekannt.

Als Du, von ird'schem Schmerze Dich zu heilen

Zur vaterländ'schen Quelle Dich gewandt

Erweckte, Deine Liebe Ihr zu teilen

In Deiner Brust, die Sehnsucht Gottes Hand

Auch Sie war krank in Sehnsucht, Dich zu sehen,

Sie wollt' zu Dir, Sie mußt' zum Himmel gehen.

 

Und weil auf Erden würdig keine Stelle,

Von Sünde und von Lüge unentweiht

Daß Unschuld sich und Hoheit fromm geselle,

Sich zuzuspieglen eine schönre Zeit,

Rief Sie der Herr zu alles Lichtes Quelle.

Dort bleibt ein selig Anschaun auch bereit,

Wenn unter Dir auch ruht dies dunkle Leben

Dem Deine Tugend noch muß Schimmer geben.

 

Verzeihe, daß der Tod mir herrlich scheinet.

Erfüllet von des Schicksals Bitterkeit,

Hab' ich als Mensch um deutsche Not geweinet,

Als Christ erkannt des Lebens Eitelkeit –

Doch ist zum Felsengrab die Zeit versteinet,

Durchbricht sie Christi Sieg mit Herrlichkeit

Mit ihm erstehn, die treu mit ihm gestorben,

Es hat solch Heil, die Selige erworben.

 

Clemens Brentano.

 

O Herr! Sie ist bei dir, Sie ist bei dir!

Tief unter Ihr

Ruht diese dunkle Erde,

Und aller Tränen Fall,

Und aller Klagen Schall,

Kauft Sie nicht los,

Allmächtiger! aus deiner Liebe Schoß.

 

Aber wir dürfen weinen,

Weinen um Sie!

Uns gehöret die Erde noch

Und das Leid und die Trauer!

 

Uns kehrt noch der Frühling wieder

Läßt sich mit Blumen nieder,

Und mit irdischem Entzücken

Lassen wir uns noch berücken,

 

O ihr Blumen! zu euch nieder

Weinen, die euch künftig pflücken,

Uns bleibt nur Ihr Bild zu schmücken,

Sie kehrt nimmer, nimmer wieder!

 

Weh! wie gehet ein Ruf

Durch die Gefilde des Landes

Wie schallet schreckend einer Posaune Schall

An die Tore der Stadt!

Ach, des Leides Maß, voll war es nicht

In eiserner Zeit

Sind die Schwerter unzählige

Und überschwenglich

Ist der Becher der Not!

 

Die Tränen brechen aus,

Sollen wir sprechen aus,

Wie Sie gewesen ist,

Die nun genesen ist,

Von allem Leid,

Die in der Krone Glanz,

Die in der Blumen Kranz

Glorreich und huldreich war,

Die ein Gestirne klar

Stand in der Zeit.

 

In des Meeres öder Wüste,

Wo die Sehnsucht ewig sucht,

Uns ein klar Gestirn begrüßte

Über unsrer Heimat Bucht.

 

Freudig nach dem Sterne schauend,

War das Segel aufgerollt,

Und wir steuerten vertrauend,

Wie es Plan und Fahrt gewollt.

 

Aber o Trauer, wie tief dein Flug,

Wie steigt eine Finsternis auf

Unter dem schweren Fittich des Wehs,

Eine Nacht decket unsre Augen

Tränen, Tränen sind all unser Trost!

 

Die Geliebte,

Die uns liebte,

Sie war selig

Sie war selig

Sie war selig unter uns!

 

Die Geliebte,

Die uns liebte,

Sie ist selig

Sie ist selig

Sie ist selig ohne uns!

 

Und wie wir auch bitter trauren

Tränen zu den Tränen gießen

Wachsen nur des Todes Mauren

Die Sie ewig uns verschließen.

Unerbittlich, unerschütterlich

Ein kaltes Felsenhaus

Stößet das Grab die Klage zurück.

 

Heilig, heilig sind die Schmerzen

Wölben einen festen Bogen

Über unsre treuen Herzen

Die die Trauer hat umzogen.

Widertönend, widerspieglend,

Ein Liebe schallender Tempel,

Hallet das Grab die Klage zurück.

 

Herrlich war Sie vor der Sonne

Herrlich war Sie vor dem Licht

Und es lachte hohe Wonne

Auf dem holden Angesicht.

 

Sie trug auf der hohen Stirne

Würdig dieses Lands Gestirne

Eine goldne Königskrone.

 

Sie trug auf der edlen Stirne

Aller Tugend schön Gestirne

Eine süße Blumenkrone.

 

Herrlich war Sie vor der Sonne,

Herrlich war Sie vor dem Licht,

Und es lachte hohe Wonne

Auf dem holden Angesicht.

 

Einen kenne ich,

Wir lieben ihn nicht,

Einen nenne ich,

Der die Kronen zerbricht.

Weh! sein Fuß steht im Staub,

Sein Haupt in der Mitternacht

Vor ihm wehet das Laub

Zur dunklen Erde hernieder,

Ohn' Erbarmen

In den Armen

Trägt er die kindische taumelnde Welt,

Tod, so heißt er

Und die Geister

Beben vor dir, du eiserner Held!

 

Einen kenne ich

Wer liebt ihn genug

Einen nenne ich

Der die Dornkrone trug.

Heil! sein Fuß stehet im Licht

Sein Haupt in der Glorie,

Wo er gehet, zerbricht

Des Todes eiserner Riegel.

Voll Erbarmen

In den Armen

Trägt er die sterbliche liebende Welt,

Jesus heißt er

Und die Geister

Beten dich an, du ewiger Held!

 

Laß mich in die Mitte treten

Wo die frommen Seelen stehn,

Laß mich lieben, laß mich beten,

Zu dem Grabe laß mich gehn.

 

Seele, du Kristall!

Gottheit, Lichtesschein!

Du strömst überall

In die Seele ein,

 

Leib du herrlich Haus!

Beide schließt du ein,

Wie ein Blumenstrauß

Duft und Farbenschein.

 

Und ich will die Blumen pflegen

Weil die Farbe ewig lebet,

Wohlgeruch auch ewig schwebet,

Muß sich gleich die arme Blume,

Dieser Schrein der Heiligtume

Welkend an die Erde legen.

 

Ewig, ewig ist das Leben,

Denn ich kann die Augen heben

Kann in tiefer Klage beben,

Kann auf Trauerliedern schweben,

Und mein Herz ist hoch erheitert,

Wenn der Schmerz es so erweitert.

 

Und ich seh' Sie in der Blüte,

In der Reife vollem Segen,

In dem Ernste, in der Güte,

Wie Sie ging auf unsern Wegen,

 

Bringet her die Blumenkränze

Wölbet hohe Ehrenbogen,

Daß Sie freudig nochmals glänze

Wie Sie zu uns eingezogen.

 

Teppiche breitet

Auf Ihren Wegen

Streuet die Blumen

Der herrlichen Braut,

 

Sehet, wie schreitet

Der irdische Segen,

Durch unsre Tore,

Von Treue erbaut.

Doch wie wir auch Palmen schwingen,

Ihr die Lebenswünsche bringen,

Wie wir Ihr auch Kränze schlingen

Ach, es kann uns nicht gelingen,

 

Ihre Milde, Ihre Güte,

Ihrer Anmut grüßend Neigen,

Ihrer Schönheit lichte Blüte,

Kann kein Lobgesang erreichen.

 

Stille, stille!

Rede von Freude nicht,

Singe mir heute nicht,

Von der verlorenen, schimmernden Zeit.

 

Hülle, hülle

Schwarz deine Töchter ein

Sie sollen Wächter sein

Ehrend die Tote, mit Blumen bestreut.

 

Ich will mir das Herz zerreißen

Will die sel'gen Tage preisen

Bis mich tödlich trifft das Leid.

 

Überm Grab ist eine Höhe,

Und ich schreie, Wehe, Wehe!

Schau' ich rückwärts in die Zeit.

 

Überm Grabe ist ein Hügel

Daß die Trauer ihren Flügel

Hebe zu der höhern Welt,

 

Überm Grabe ist ein Gipfel

Wo an steilem Kreuzeswipfel

Triumphierte unser Held!

 

Stille, stille

Irdischer Klage Ruf,

Er, der die Tage schuf,

Stellt in die Nächte die Sterne hinein.

 

Hülle, hülle

Dich in die Nächte ein,

Dort ist der echte Schein,

Laß deinen Mantel voll Sternen sein.

 

Auf dem hohen Tore flagget,

Wo die Siegesgöttin stand,

Eine schwarze Trauerfahne

Ihre Schatten übers Land,

 

Und auf dunkelem Gerüste

Singt gehüllt in schwarzen Flor,

Der Sie jubelnd sonst begrüßte

Nun der Schüler Trauerchor:

 

Du giengst in den Jugendgarten,

Wolltest nach den Blumen sehn

Die Du kindisch einst gepflanzet,

Die in Gottes Sonne stehn.

 

Wie Du so die Augen lenkest

Auf des Gartens grünen Saum,

Und der Blumen Leben denkest

Trittst Du aus des Lebens Traum.

 

Süßre Kelche sich erschließen,

Jenseits liegt die trübe Welt,

Und Du trittst zu Paradiesen

Aus dem ird'schen Rosenzelt,

 

Und Dein Purpurmantel sinket

Und es sinkt Dein Myrtenkranz,

Aber Deine Krone blinket,

Heller in des Himmels Glanz.

 

Öffnet, öffnet die Tore der Stadt, ihr Männer,

Zu euch ziehet die Trauer ein.

Und der bittre Schmerz

Pflanzt sein Panier auf eure Mauern.

Stark ist die Liebe,

Sie hat gerungen fürs Vaterland,

Aber stärker der Tod,

Er hat euch geschlagen

Wo ihr tödlich waret.

 

Was wir liebten,

Was wir ehrten,

Was wir alle lieben lehrten,

Was wir ewiglich begehrten,

Ist entwichen, ist verblichen,

Und es bringt ein dunkler Wagen,

Was der Erde ist, getragen.

 

Abendröte, Trauerbote,

Unsre Tore stehen offen:

Du hast uns mit Weh getroffen.

 

Morgenröte, Mittag strahlend,

O ihr sonnenvollen Tage,

Die ich an dem Abend klage.

 

Öffnet, öffnet die Tore der Stadt, ihr Männer

Leget die Schlüssel

Auf der Siegerin Wagen,

Die uns geführet mit Liebe sonst,

Die uns besieget mit Trauer jetzt,

Ehret die Asche, ihr sterblichen Männer,

Und weinet der Siegerin!

 

Die Krieger, die zur Schlacht Sie führte

Und denen Sie die Fahne gab,

Sind Ihres letzten Weges Zierde,

Geleiten Sie zum stillen Grab.

 

Eine Halle ganz von Schmerzen

Bilden Ihr des Volkes Reihn,

Und Sie zieht durch tausend Herzen,

Die Ihr fromme Tränen weihn.

 

Und Ihr Auge ist geschlossen

Siehet nicht des Volkes Leid,

Sie hat Tränen sonst vergossen,

Als uns traf die schwere Zeit.

Sie ziehet ein

Des Landes Wonne.

Des Himmels Sonne

Giebt keinen Schein.

 

Weh, o Wehe unter Klagen

Lassen wir den Trauerwagen

Also still vorüberziehn,

Können wir Sie zu erfreuen

Nicht mehr jubelnd Blumen streuen

Ihr der Blumen Königin.

 

Auf Ihrem Sarge liegen Blumen

Des frühen Todes rührend Bild,

Auch Sie war eine schöne Blume,

Sie decket jetzt des Todes Schild.

 

Ich glaube keinen Tod,

Und stürb' ich alle Stunden,

Ein schönres Morgenrot,

Ist immer mir gefunden.

 

Ewig, ewig wird Sie leben,

Ist Sie nicht der Zeit geblieben,

Hat Sie uns doch Kraft gegeben,

Daß wir Sie auf ewig lieben.

 

Ewig, ewig wird Sie leben,

Denn Sie hat Ihr Lebensende

Eine Christin hingegeben

In des Endelosen Hände.

 

Sehet, wie dränget das Volk sich

Zu den Kleinodien des Reichs,

Die auf des Landes Palast

Traurig schimmern auf schwarzen Kissen.

 

Dies ist die Krone,

Ihr Männer des Landes,

Die Sie getragen auf würdigem Haupt;

Einsam ruhet der goldene Reif,

Nimmer umschließt er die herrliche Stirn,

Hoher Gedanken Tempel.

 

Dies ist der Zepter,

Den sie geführet in segnender Hand,

Einsam ruhet der goldene Stab,

Und Ihre Hände sind gefaltet

Über Ihrem Herzen, das fromm war,

Zu Gott, der Ihr gnädig sei!

 

Tausend kommen, Tausend gehen

Ihre Königin zu sehen,

So die frommen Bienen ziehen,

Wo die letzten Blumen blühen,

Tragen Tränen in die Zellen,

Wollen gern ein Grab bestellen

Ganz aus Liebe, ganz aus Trauer,

Ihrer hohen Königin!

 

Stille, stille,

Über den Toten

Ruhet ein Traum

Reißet nicht nieder

Mit irdischem Schmerz

Den Schirm, der die Toten schützet,

 

Stille, stille

Stehet das Herz

Der Erblichenen,

Und ihre Lippe schweigt,

Stille gebietend.

 

Und nun weichet von dem Lager,

Einsam sei der Klage Haus,

Denn es nahet Ihr der Nächste,

Weinet seine Tränen aus.

 

Meine Seele ist betrübet bis in den Tod

Bleibet hier und wachet mit mir,

 

Mein Vater ist es möglich,

So gehe dieser Kelch von mir,

Doch nicht, wie ich will,

Sondern wie du willst.

 

Mein Vater ist es nicht möglich,

Daß dieser Kelch von mir gehe,

Ich trinke ihn denn.

So geschehe dein Wille.

 

Es erschien ihm aber ein Engel

Vom Himmel und stärkete ihn.

 

Stillet die Klage,

Schmücket die Trauer,

Ihr sollet nicht zagen,

Vor des Todes Schauer.

 

Gebet der Erde,

Was sie gegeben,

Es blühet Leben

Über dem Grab.

 

Mit Blumen sei der Staub gezieret,

Ein glänzend Haus sei ihm erbaut,

Weil jetzt die Seele triumphieret,

Und ihren Gott im Himmel schaut.

 

Schwarz ist der Leichenzug, ein Schatten

Vom Brautzug in des Himmels Höhn,

Und ach! wir weinen in dem Schatten,

Sie leuchtet in dem Lichte schön.

 

Des Landes Herrn,

Ich sah ihn weinen,

Des Herzens Stern

Will nicht mehr scheinen,

Er steigt des Domes Stufen

Er folget Ihr, Sie gieng ihm einst zur Seite

Im Frieden, und im Streite,

Und alle Herzen rufen:

 

O Herr! Du warst mit Ihr,

Der Bürgertugend Bild

Auf unserm Throne,

 

O Herr! Du trugst mit Ihr,

Des treuen Volkes Schild,

Die ernste Krone,

 

O Herr! Sie stand bei dir

So gütig und so mild,

Der Himmel gab Sie dir zum Lohne,

 

Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen,

Der Wille des Herrn sei gelobet!

 

Sieh, es folgen auch die Kinder,

Die Sie auf der Erde ließ,

Drei sind Ihr vorausgegangen,

Sie im Himmel zu empfangen,

Engel Ihrer Seligkeit!

Und der Säugling schwarz verhüllet

Wird den Brüdern nachgetragen,

Nie betrat er noch die Erde,

Die die Mutter ihm verschließt,

Und er schlummert –

 

Selig die Schlummernden,

Ruhig pochet das Herz,

Und es gaukelt der Schmerz,

Ein Traum, über die Wiege hin,

 

Selig die Unmündigen,

Bunte Blumen und Flitterglanz,

Schimmern im Totenkranz,

Und ihr weinet und lächelt,

Denn ihr versteht, ihr Unschuldige

Das unsterbliche Leben!

 

 

Universitati Litterariae

Kantate auf den 15ten Oktober 1810

 

Chor der Vorsteher.

 

Herr, Gott, dich loben wir,

Dich Herrn bekennen wir,

Dich ewigen Vater

Spiegelt die Erde;

Und der Mensch, dein Ebenbild,

Suchet Erkenntnis.

Lasset uns dem Ew'gen danken,

Was wir wollten, ward gesegnet,

Wir sind seinem Will' begegnet,

Sein sind göttliche Gedanken.

Es ist ein göttlich Werk, zu lehren;

Er selbst, er hat gelehret

Die hohen Priester in dem Tempel,

Da er, ein Kind noch, wandelte

Auf seiner Erde.

Zu lehren ist er Mensch geworden,

Zu lehren hat er aller Orten

Die Jünger ausgesendet,

Zu lehren ist sein Wort uns Fleisch geworden,

Hat uns das ew'ge Licht erworben,

Ist um die Lehre

Für uns am Kreuz gestorben.

 

Chor der Lehrer

 

Allwissender, wir gehen

In deines Sinnes Spur,

Und was wir auch verstehen,

Und was wir immer lehren,

Dein Wesen sei es nur.

Der König hat gegründet

Ein Haus der Wissenschaft,

Wir Männer stehn verbündet

In seiner Gnade Kraft.

Gott segne unsern Willen,

Laß uns den Schwur erfüllen,

Zu seinem Lob und Ehren

Die Wahrheit treu zu lehren.

 

Wechselchor der Gelehrten und Bürger

 

Heil Friedrich Dir,

Heil, Ruhm und Preis!

Dir war zu mächtig nicht die Zeit,

Du zogest einen Ehrenkreis

Von weisen Lehrern um den Thron,

Und, mitten in dem harten Streit,

Deckst Du die Wissenschaft

Mit Deiner Gnade Schild

Und brichst im Sturm ein Lorbeerreis;

Denn also ist der Helden Kraft,

Daß strenge sie und mild

Mit einer Hand die Waffen führt,

Indes die andre fromme Saat

In guten Boden streut;

Und also Herr, ist Deine Tat

Der Helden fromme Tat,

Des preiset heut

Dein treues Volk Dich, Friederich!

Erhalter, Gründer, deutscher König!

 

Stimme des Dichters

 

Zu dir, zu dir mein Vaterland,

Mein deutsches Land,

Wend' ich jetzt Stimme, Gruß und Lied:

Solang die Sprache dich verband,

In fester Hand

Der ernsten Künste Lorbeer dir erblüht.

Mein Deutschland, du stehst ewiglich,

Tief innerlich

Verbindet dich ein hoher Weisheitstrieb

Und deine Männer ernstiglich

Erhalten dich,

Denn Wahrheit, Glauben, Hoffnung sind dir lieb.

Die Berge haben Eisen dir gegeben,

Und deine Schmieden Klingen,

Und deine Wälder Söhne, die sie heben,

Und sie in gutem Kampfe gut auch schwingen!

Und segnet deinen Pflug das Gold der Ähren,

Des Webers Schiff die reine Flut der Linnen,

Und wissen deine Jungfraun klar zu spinnen,

Weißt du zu wehren dich und auch zu nähren,

So weißt du herrlicher doch noch zu lehren,

In deinen Kreisen stehn verbündet

Die hohen Schulen fest gegründet,

Und heben ernst ihr Haupt in hohen Ehren.

 

Chor der Bürger

 

Hohe Häupter deutscher Lande,

Treue Kaiser alten Bundes,

Dem ihr gern das Blut geweiht,

Anders schlingen sich die Bande

Um die Gauen deutschen Grundes,

Anderes gebar die Zeit;

Aber eure schönsten Werke

Hat die neue Macht geehret,

Eurer hohen Schulen Kreis;

Also hat euch eure Stärke

Selbst der Sieger noch gemehret,

Und dies sei sein höchster Preis!

 

Allgemeiner Chor

 

Fleiß ziert Deutschland,

Wenn es nähret,

Treu ist Deutschland,

Wo es wehret,

Groß ist Deutschland,

Wenn es lehret,

Pflug und Schwert und Buch es ehret.

 

Erste Stimme der Muse

 

Nun grüß' ich dich

Du königliche Stadt,

Von hohen Schlössern

Ragt dein Diadem,

Du hältst umarmt

Den König und sein Haus;

In deinen Hallen weilt

Des Landes Rat und Tat,

Der Künste Geist

Der Deutschheit Geist,

Schwenkt über dir

Sein leuchtendes Panier

Und stärket dir das Herz!

 

Zweite Stimme der Muse

 

Nun preis' ich selig dich, Berlin,

O staune nicht,

Ich weiß, der Zeiten Not,

Du hast sie kaum verschmerzt,

Noch streckest du,

Ermüdet, wie der Kämpfer

Nach schwerem segenlosem Streit,

Die weiten Glieder sinnend hin,

Du fühlest in der Ruhe Traum,

Den Segen nicht, der in der Brust dir wächst,

Du jauchzest nicht, und bist so hoch bekränzt;

Es hebet sich ein Berg in deinem Schoß,

Des Gipfel himmlisch strahlend glänzt,

Ein deutscher Musenberg!

Schon stampft das Flügelroß,

Und der Begeistrung Quell

Rauscht kühlend über deine hohe Stirn.

O schlummre nur, der Götter Glück

Läßt sich den Schlummernden hernieder.

So gütig und so groß ist ihre Gabe,

Daß sie mit uns erwachet, wie das Licht.

 

Stimme des Dichters

 

Ich sehe eine sel'ge Schar

Von Jünglingen dir nahen,

Ein ernster Rausch durchweht ihr Haar,

Und was sie nimmer sahen,

Das glauben sie des Lehrers Mund,

Spricht er aus jenes Herzens Grund,

Das in der Erde Busen schlägt,

Wenn sich der Himmel daran legt.

Ich sehe sie, unschuld'ge Ungeduld

Beweget ihre Brust;

Du hoher Jugendernst!

Wer dein nicht wird bewußt

Der lernet nie des Alters reife Lust.

 

Stimme der Stadt

 

Was ist wohl freudig anzuschauen,

In ew'ger Flucht der geflügelten Zeit,

Wem soll ein treues Herz vertrauen,

Wo steht ein Werk der Ewigkeit?

 

Stimme der Musen

 

Was, in Gesetz und Maß gegeben,

Lebendig, doch unsterblich währt,

Die Kunst, die Wissenschaft, das Leben,

Sie haben ewig sich bewährt.

 

Stimme der Stadt

 

Nun so mag es mir wohl frommen,

Daß in alter deutscher Weise,

Eine Schule hohen Sinnes,

Und unendlichen Gewinnes,

Sich in meiner Mauren Kreise

Heute gründet, seid willkommen!

 

Stimme der Bürger

 

Willkommen, Meister hoher Ehren,

Willkommen, meiner Söhne Lehrer,

Willkommen, Kinder meines Landes,

Willkommen, Fremde, Nachbarn, Gäste,

Genießet all des ew'gen Bandes,

Das alle Menschen brüderlich umschließt,

Der Wahrheit und der Ehre,

Die aus der wahren Lehre

Ein weltumfassend Meer ergießt,

Dies ist der Ozean,

Aus dem die Sonne steigt,

Zu dem sie sinkt,

Wir bieten euch den vollen Becher an,

Seid unsre Brüder, seid willkommen, trinkt!

 

Gesang der Studenten

 

Glück auf, Glück auf! Viktoria!

Es ist im Vaterlande

Ein Musenberg voll Gloria

Mit Gottes Gunst entstanden.

Glück auf, Glück auf! recht in dem Kern,

Recht in des Landes Herzen,

Zu Füßen unserm teuern Herrn,

Entsprang ein Quell den Erzen.

Glück auf, Glück auf! die Hoffnung lacht,

Seid rüstig, ihr Gesellen,

Geöffnet ist ein neuer Schacht,

Wir wollen ihn bestellen.

Glück auf, Glück auf! ihr Meister all,

Die ihr den Bau gegründet,

Wir grüßen euch mit lautem Schall,

Die Lampen sind gezündet.

Glück auf, Glück auf! wir fahren ein

Nach edelem Gesteine,

Ein jeder soll gewärtig sein

Daß er es redlich meine.

Glück auf, Glück auf! Viktoria!

Es ist im Vaterlande

Ein Musenberg voll Gloria

Mit Gottes Gunst entstanden.

 

Wechselchor der Bürger

 

Mächtig wächst mir das Vertrauen,

Sieh, es tritt der ernste Chor

Der vier weisen hohen Frauen

Durch des Pallasts offnes Tor.

Eine seh' ich; durch den Schleier

Mit dem Haupt empor gewandt,

Bricht ein strahlend Augenfeuer;

Violett ist ihr Gewand.

In die Bibel aufgeschlagen

Zeiget sie mit strenger Hand,

Und ihr Fuß, vom Geist getragen,

Schwebet an der Erde Rand.

Und die andre schwarz gekleidet,

Um die Stirn den Lorbeerkranz,

Die so sinnend einsam schreitet

In des eignen Hauptes Glanz,

Ja, ich kenne sie, die Freie,

Die sich selbst so ganz erkennt,

Und der in der eignen Weihe,

Was gedacht, gelebt, entbrennt.

Und im Purpur geht die dritte

Mit der Waage, mit dem Schwert,

Fest und eisern ihre Schritte,

Wie das Recht, das ewig währt.

Ihre Augen sind verbunden,

Und sie kennet keinen nicht,

Was sie wahr und recht erfunden,

Ruhig ihre Lippe spricht.

Nun im Scharlachmantel dringet

Scharfen Blicks die vierte an,

Ihrem Stabe, bunt geringet,

Schlinget sich die Schlange an,

Kräuter trägt sie in den Händen,

Und Gestein und edlen Wein,

Wo sie hin die Blicke wendet,

Schlummern sanft die Schmerzen ein.

 

Stimme aus den Bürgern

 

Heran, heran! seid uns willkommen,

In eurer Farben Ehrenzier,

Daß also ihr zu uns gekommen,

Des danken wir, des jauchzen wir.

Ihr seid erprobt in alter Treue

Ihr seid in aller Kunst gerecht,

Und ewig grünet ihr aufs neue,

Ihr seid ein göttliches Geschlecht.

Ihr habet unsre Väter schon gelehret

Von eurer Stühle weisheitsvoller Höh',

Seid gern von meinen Kindern auch geehret,

Die ich bescheiden sich euch nahen seh'.

 

Gesang der Schulen

 

Seid hohe Meister uns gegrüßt,

Als Opfer nehmt den Blütenstrauß

Der südlichen Granate;

Er spreche unsre heißen Wünsche aus

Und leucht' uns vor

Zu euch auf frommem Pfade,

Daß bald wir eingeweiht,

O hoch gekrönte Zeit!

In eurer Lehre ernste Hallen schreiten,

Wo weiter sich der Aussicht Felder breiten.

Glückselig eure Nähe, die uns spornt,

Mit treuer Lehrer Hülfe anzudringen,

Und wäre sie auch schärfer noch umdornt,

Der Weisheit hohe Rose endlich zu erringen!

 

Stimme aus dem Chor der Fakultäten

 

Nehmt herzlich unsern Dank dahin,

Geht freudig lernend eure Bahnen fort,

Uns ehrte eurer Gabe guter Sinn.

Aus Tönen wird das Wort,

Und ist's ein gutes Wort,

Läßt gern sich auch der gute Geist ihm nieder.

Zu glauben ziemt euch nun, und auch zu hoffen,

Und werdet endlich ihr zu lieben lernen,

Steht eurem Aug' die ganze Aussicht offen,

Soll nichts euch mehr vom hohen Ziel entfernen,

Nun lebet wohl, wir sehen uns hier wieder.

 

Stimme aus dem Chor der Akademie der Wissenschaften

 

Wir nahen uns und bieten euch die Hände,

Ihr die, was wir gelernt, nun lehren wollt,

Den Apfel der Granate nehmt als Spende,

Der Vielheit Einheit in der Schale Gold,

Daß so die Lehre ihren Kreis vollende,

Und bilde eine Welt,

Seid in die Mitte ihr gestellt.

Zur Schule geht der Lehrling bei dem Meister,

Dort wird gelernt;

Der hohen Schule Schwellen

Betreten Meister und Gesellen.

Hier wird gelehrt;

Und unser ist der ernste Kreis,

Wo Meister sich zum Meister nur gesellt,

Und jeder seiner eignen Werke Fleiß

Erfindend, schaffend, treu zu Tage stellt.

Und nun geleiten wir euch zu dem Hause,

Das unser König gnädig euch verlieh

Hier nehmt noch diese frischen Lorbeerkränze,

Er sendet sie,

Er, der die Weisheit liebt.

 

Stimme aus dem Chor der Fakultäten

 

Es ist der Güte Reichtum, daß sie giebt

Der Sonne Freude, daß sie glänzet,

Der Weisheit junge Helden schön bekränzet,

Bald send' ich dankend sie vor Seinen Thron.

 

Stimme der Vorsteher

 

So lerne Schüler fromm,

So werd' Studente dann gelehrt,

Und Meister lehre treu,

Das ist, was ernst der Staat von euch begehrt,

Der Staat, der euch ernährt,

Der Staat, der von euch lernend, hoch euch ehrt,

Der Staat, der hohe Freiheit euch gewährt.

 

Stimme aus den Studenten

 

O freie Weisheit

Du hohe Wissensfreiheit,

Du mutig Flügelroß

Der geistigen Begier,

Wie hebt sich deine Brust!

Geöffnet ist die Bahn,

Sie steigt unendlich hin zum Ziel,

Den Blick zur Piramide an,

Hinan, hinan, du heil'ge Jugendlust!

Nun setze in dem hohen Spiel

Den ganzen Ernst des jungen Lebens dran.

Wettlaufend frei in edlem Will' und Mut,

Erkühlen wir der durst'gen Seele Glut.

 

Gesang der Lehrer

 

Wohlan, wohlan, ihr mutigen Gesellen!

Wir treten treulich vor euch hin,

Wie wir gelernt, euch lehrend darzustellen,

Ist unsres neuen Werkes ernster Sinn.

Frei ist die Seele, frei!

Es liegt um sie die unbegriffne Welt,

Wie über Schlummernden

Das sternenvolle tiefe Himmelszelt.

Erschließe dich du jugendklares Aug',

Wir wecken dich, und zeigen treulich dir,

Was wir von ew'ger Wahrheit selbst erkannt,

Und zeigen dir, wie uns das Licht verwandt,

So ist der freien Lehre freier Brauch.

Wir wollen euch zu lernen lehren,

Frei steht es euch, des Durst'gen Blick zu kehren,

Wohin Natur und innrer Trieb euch treibt,

Was Not euch ist, euch unverborgen bleibt,

Doch wünschen wir, daß ihr die Segel richtet,

Wohin ein göttliches Entzücken der Erkenntnis

Begeisternd strömt – die Anker sind gelichtet,

Heran, heran, ihr mutigen Gesellen!

Nicht Schüler seid ihr, ihr seid uns Gefährten,

Wir sind der Fahrt erfahrne Männer nur.

Heran, heran, vertrauet euch den Wellen,

Die Sterne sind der Kompaß, unsre Spur

Beschreibe einen weiten Kreis,

Den Spiegel, der die ganze Seele füllt.

Euch stärke Unschuld, Begeistrung führ' das Ruder,

Am Steuer steh der treue Fleiß.

So sehn wir bald, die jetzt euch Nebel hüllt,

Der fernen Küste unerforschten Grund,

Und, Bild an Bild, steht bald das Ebenbild

Des Gottes, der uns treibt, vor unsrem Bund.

 

Chor der Bürger

 

Heil euch, Heil euch, und Segen auf dies Haus,

Das unser König herrlich euch verliehn;

Doch legt uns noch die goldne Aufschrift aus,

Die an der Zinne feierlich erschien.

 

Stimme der Lehrer

 

Der Ganzheit, Allheit, Einheit

Der Allgemeinheit

Gelehrter Weisheit,

Des Wissens Freiheit,

Gehört dies königliche Haus!

So leg' ich euch die goldnen Worte aus:

UNIVERSITATI LITTERARIAE.

 

 

Du Herrlicher! den kaum die Zeit erkannt,

Der wie ein schuldlos Kind

Begeistert fromm die treue keusche Hand

Nach Gottes Flamme streckte,

Der für das Eitle blind

Ohn' umzuschaun zur Wiege alter Kunst

Durch neuer Lüge Götzentempel drang,

Und stillanschaund die Göttliche erweckte.

Sie lächelte und nannte dich den Ihren,

Der ihr die ird'schen Kränze so bedeutend schlang

Und wollte dich, mit ihr zu triumphieren

Zum sel'gen Born von allem Lichte führen.

 

Wer dich geliebt, verstand den schönen Traum,

Den du im Himmel träumtest, dessen Schatten

Auf unsrer dunklen Erde lichten Saum

Weissagend niederfiel. –

Dein Künstlerwerk, es schien ein zierlich Spiel,

Es rankte blumig auf und betend vor der Sonne

Setzt fromme Kindlein du in süßer Kelche Wonne;

Doch wie im Frühlingstaumel fromm ein Herz

Das Siegsgepräng' des ew'gen Gottes liest,

Wie in des Lebens ernstem Blumenscherz

Dem Schauenden die Tiefe sich erschließt,

So steht, die Schwester dieser sündentrunknen Zeit,

Vor deinen Bildern glaubend, hoffend, liebend, die Beschaulichkeit.

 

O trauert nicht um seinen frühen Tod!

Er lebte nicht, er war ein Morgenrot,

Das in der Zeiten trauriger Verwirrung

Zu früh uns guter Tage Hoffnung bot,

Wer dieser Blüte Früchte konnte ahnen,

Der mußte tief bewußt der eigenen Verirrung,

Der eignen Armut sich beschämend mahnen;

So mußt' auch ich, wenn ich sein Werk durchdachte,

Das wie ein Gottentzückter selig lachte,

Zu mir, bewegt in ernster Demut sagen:

Wie sollen die Vollendung wir ertragen?

Und auf dem Babylon rings sah ich ragen,

Die Kreuze frech, den Helden dran zu schlagen.

 

O trauert nicht um seinen frühen Tod!

Er lebte nicht, er war ein Abendrot,

Verspätet aus verlornen Paradiesen

Ließ täuschend es in unsrer Nächte Not

Die ahndungsreichen Schimmer fließen.

 

Und wer an seinem Grabe eine Nacht

In Tränen harrt, bis daß der Tag erwacht,

Den seines Lebens Morgenstern verhieß,

Der wird, ist er ein Kind, den Morgen kaum erleben,

Ist er ein frommer Mann, mit ihm, der uns verließ,

Im Tode nur zum neuen Tage schweben.

Die Zeit, sie ist die Nacht, in der wir weinen,

Der Vorzeit Traum, er ist's, den wir verloren,

Der Nachwelt, wird der Tag ihr einst erscheinen,

Lebt unser Freund auf ewig – mir ist er geboren.

 

 

J.

 

Komm Hexchen, weil die Sonne scheint,

In meine kühle Laube

 

N.

 

Ja Schatz, die wilde Rebe weint

Es lacht die Turteltaube.

Rukukukuku, Rukukukuku

Hast du kein Glas, so trink aus dem Schuh.

 

J.

 

Dein Fuß ist fein, dein Schuh ist klein

Ich komm zu kurz beim Trinken

 

N.

 

Ich geb' ein Küßchen obenein

Das macht die Waagschal' sinken.

Rukukukuku, Rukukukuku

Verdrießt euch's macht die Äuglein zu.

 

J.

 

Willst du nicht schöne Künste mich,

Mein süßes Hexchen lehren?

 

N.

 

Sag, warum freut die Traube dich

Mit ihren vielen Beeren?

Rukukukuku, Rukukukuku

Ich fürchte, es drücket euch beide der Schuh.

 

J.

 

An einer süßen Traube muß

Doch Beer' an Beere sitzen,

 

N.

 

Ja, doch jed Beerlein ist ein Kuß

Den Wein recht zu erhitzen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Machen wir's wie die Weinbeerlein nu.

 

J.

 

Sag Hexchen, warum weinen wohl

Im Frühling so die Reben?

 

N.

 

Weil sich ein Mägdlein sehnen soll

In ihrem jungen Leben.

Rukukukuku, Rukukukuku

Mein Hexchen jetzt auch dergleichen tu.

 

J.

 

Und warum schwillt der Wein im Faß?

Wenn draus die Trauben blühen.

 

N.

 

Hüpft doch mein Herz ohn' Unterlaß

Weil deine Wangen glühen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Du Hexchen Herzchen, wie hüpfest du nu.

 

J.

 

Ach Hexchen, hilf der Schlauch ist leer,

Und voll ist noch der Willen,

 

N.

 

Dort steht der rote Mond im Meer

Der soll den Schlauch dir füllen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Roter Mond, welch Weinlein schenkest du?

 

J.

 

Der Mond schenkt einen Zaubertrank,

Er wird mich gar berauschen,

 

N.

 

Horch, Nachtigallen, Liebeszank

Schatz, laß uns den belauschen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Wie Nachtigall klingt der Guguck nu.

 

J.

 

O Zauberei verbuhlter Nacht

Wie süß die Wellen flüstern.

 

N.

 

Sieh, wie der Mond im Spiegel lacht,

Ich bin zu baden lüstern.

Rukukukuku, Rukukukuku

Er sieht gewiß durch die Finger zu.

 

J.

 

Ach Hexchen, zieh dein Hemdchen aus,

Ich drehe dir den Rücken,

 

N.

 

Ich mache schon die Wellen kraus,

Schatz teile mein Entzücken.

Rukukukuku, Rukukukuku

Wie schnell, wie schnell dreht er sich nu!

 

J.

 

Ach Hexchen, du schwimmst wie ein Fisch

Kaum trau' ich meinen Augen.

 

N.

 

Schatz komm ins Bad, ach kühl ach frisch,

Ich lehr' dich untertauchen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Wie eilt der Tölpel dem Wasser zu.

 

J.

 

Ich tipp' hinein mit einem Fuß,

Es will mir nicht behagen.

 

N.

 

Ich spitze schon den Mund zum Kuß,

Und du willst jetzt verzagen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Am neuen Tore steht die Kuh.

 

J.

 

Ich wat' hinein bis an das Knie,

Es macht mir Krampf und Schmerzen

 

N.

 

Mein Schatz, die Arme breit ich hie,

Komm her, ich will dich herzen.

Rukukukuku, Rukukukuku

O du verfluchtes Hexchen du.

 

J.

 

Nun steht das Wasser mir am Leib

Es macht mir böse Grimmen

 

N.

 

Mein Schatz, den Schmerz ich dir vertreib',

Wenn wir umarmet schwimmen.

Rukukukuku, Rukukukuku

O du armseliger Sünder du!

 

J.

 

Fatal steigt mir das Wasser an

Ganz kalt wird mir's im Magen

 

N.

 

Heran, in meinen Arm heran

Ich will gesund dich zwagen.

Rukukukuku, Rukukukuku

Der Bader eilt der Baderin zu.

 

J.

 

Zum Hals schon eilt das Wasser mir,

Mein Maul kriegt schon die Sperre,

 

N.

 

Fort, Elender, welch schwach Gezier,

Welch eckelhaft Gezerre.

Rukukukuku, Rukukukuku

Sie hat ihn und wird noch gar grob dazu.

 

J.

 

Das Wasser fließt mir in den Mund

Lebwohl o Welt, ich sterbe.

 

N.

 

Hinab zieh ich dich auf den Grund,

Und oben lacht sein Erbe.

Rukukukuku! Rukukukuku!

Um Gotteswill Erbe lach nicht darzu.

 

 

Der Musikanten schwere Weinzunge

Einer

 

Euch miteinander hier

Ein Liedlein stimm' ich an.

Bacchus, dein Panthertier

Schaut mich so grimmig an.

 

Ein Andrer

 

Fehlet ein Kanter hier,

Zum Sänger nimm mich an.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden,

Sein Kopf kam ihm abhanden.

Klar, klar, klar,

Klar sei der Wein!

Sing weiter, sei gescheider,

Schenk klaren Wein ein!

 

Einer

 

Ich lob' den Zelter mir,

Der zu dem vollen Faß

Von meiner Kelter hier

Trabt einen tollen Paß.

 

Ein Andrer

 

Ja unser Zelter hier

Singt einen vollen Baß.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Reichet der Strick mir nicht,

Knüpf' ich ein Bändel dran,

Wenn das Geflick mir bricht,

Fange ich Händel an.

 

Ein Andrer

 

Brich das Genick dir nicht,

Steil gehet Händelsbahn.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Seht mir den Gast hie an,

Der dort mit Ach und Krach

Schwankt wie ein Lastvieh an,

Laut ein Gelach erwach'.

 

Ein Andrer

 

Was, der Sebastian

Bach sei von Bacherach?

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Mond, deine Sichel zwar

Steht heut gar labend da;

Doch Vetter Michel war

Schon gestern abend da.

 

Ein Andrer

 

Ei hör, er stichelt gar

Auch den Papa Benda.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Wenn auch nach Taubenheim

Weg und Steg schlimmer wär',

Schleppt' ich doch Trauben heim,

Wein trag' ich immer schwer.

 

Ein Andrer

 

Pfarrer von Taubenheim

War Zumsteeg nimmermehr.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Weil hier ein Weindach ist,

Arm Schlucker schluck, schluck, schluck,

Schluckern ein fein Fach ist,

Nicht bitter Gluck, Gluck, Gluck.

 

Ein Andrer

 

Ja groß und einfach ist

Der Ritter Gluck, Gluck, Gluck.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Christen wie Heiden blind,

Sind, die ins Glas geschaut,

Ich will dich leiten, Kind,

Nur nach der Nas' geschaut.

 

Ein Andrer

 

Er hat von Haydn Wind,

Daß er dem Glas vertraut.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Schleiche hinunter mir

Unter die Haube Braut,

O zartes Wunderbier,

Das von der Traube taut.

 

Ein Andrer

 

Mozart, das Wundertier,

Schreit selbst der Taube laut.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Ich führ' ein Leben stolz.

Wenn meine Kinder schrein,

Streich' ich mit Rebenholz

Ihnen die Hinterlein.

 

Ein Andrer

 

Tüchtig mit Rebenholz

Heizt sich der Winter ein.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Einst neunzig Schneiderlein

An einem Fingerhut

Trinkend gescheitert sein,

Das ist geringer Mut.

 

Ein Andrer

 

Riecht nur ein Schneider Wein,

Wird's gleich ein Singer gut.

 

Chor

 

Er hat ihn nicht verstanden etc.

 

Einer

 

Den Becher rasch umlaubt,

Nehm' in die Hände ich.

Streue mir Asch' aufs Haupt,

Das Lied vollende ich.

 

Ein Andrer

 

Dir heil'ger Fasch, erlaubt,

Den Becher sende ich.

 

Chor

 

Er hat uns all verstanden,

Den Rausch wir überwanden.

Klar, klar, klar

War's, wie der Wein,

Und fröhlich, der selig

Gepriesen soll sein.

 

 

Nun, gute Nacht! mein Leben,

Du alter, treuer Rhein,

Deine Wellen schweben

Schon im klaren Sternenschein;

Die Welt ist rings entschlafen,

Es singt den Wolkenschafen

Der Mond ein Lied.

 

Der Schiffer schläft im Nachen

Und träumet von dem Meer,

Du aber, du mußt wachen

Und trägst das Schiff einher.

Du führst ein freies Leben,

Durchtanzest bei den Reben

Die ernste Nacht.

 

Wer dich gesehn, lernt lachen;

Du bist so freudenreich,

Du labst das Herz der Schwachen

Und machst den Armen reich,

Du spiegelst hohe Schlösser,

Und füllest große Fässer

Mit edlem Wein.

 

Auch manchen lehrst du weinen,

Dem du sein Lieb entführt,

Gott wolle die vereinen,

Die solche Sehnsucht rührt.

Sie irren in den Hainen

Und von den Echosteinen

Erschallt ihr Weh.

 

Und manchen lehret beten

Dein tiefer Felsengrund,

Wer dich in Zorn betreten,

Den ziehst du in den Schlund.

Wo deine Strudel brausen,

Wo deine Wirbel sausen,

Da beten sie.

 

Mich aber lehrst du singen,

Wenn dich mein Aug' ersieht,

Ein freudenselig Klingen

Mir durch den Busen zieht.

Treib fromm nur meine Mühle,

Jetzt scheid' ich in der Kühle

Und schlummre ein.

 

Ihr lieben Sterne decket

Mir meinen Vater zu.

Bis mich die Sonne wecket,

Bis dahin mahle du.

Wird's gut, will ich dich preisen,

Dann sing' in höhern Weisen

Ich dir ein Lied.

 

Nun werf' ich dir zum Spiele

Den Kranz in deine Flut,

Trag' ihn zu seinem Ziele,

Wo dieser Tag auch ruht.

Und nun muß ich mich wenden

Und segnend dich vollenden

Den Abendsang.

 

 

Wie oft ich dir gesungen,

Weißt besser du als ich;

Wie manchen Kranz geschlungen,

Weißt besser du als ich.

 

Die hohen Sterne schwanden

So düster heut in dir,

Es schwanden die Gedanken

So düster heut in mir.

 

Dir schickt die Blumenkette

Die schöne Ameley,

O helfe mir erretten

Die schöne Ameley.

 

Wie froh mein Herz geschlagen,

Weißt besser du als ich;

Wie ich mein Leid soll klagen,

Weißt besser du als ich.

 

Du gabst mir in den Wellen

Die schöne Ameley,

O wolle mir gesellen

Die schöne Ameley.

 

Gute Nacht, tu dich bedenken,

Was mir das beste sei;

Tu in dem Traum mir schenken

Die schöne Ameley.

 

 

Wie klinget die Welle!

Wie wehet ein Wind!

O selige Schwelle!

Wo wir geboren sind.

 

Du himmlische Bläue!

Du irdisches Grün!

Voll Lieb' und voll Treue,

Wie wird mein Herz so kühn!

 

Wie Reben sich ranken

Mit innigem Trieb,

So meine Gedanken

Habt hier alles lieb.

 

Da hebt sich kein Wehen,

Da regt sich kein Blatt,

Ich kann draus verstehen,

Wie lieb man mich hat.

 

Ihr himmlischen Fernen!

Wie seid ihr mir nah;

Ich griff nach den Sternen

Hier aus der Wiege ja.

 

Treib nieder und nieder

Du herrlicher Rhein!

Du kömmst mir ja wieder,

Läßt nie mich allein.

 

Meine Mühle ist brochen,

Und klappert nicht mehr,

Mein Herz hör' ich pochen

Als wenn's die Mühle wär'.

 

O Vater! wie bange

War mir es nach dir,

Horch meinem Gesange,

Dein Sohn ist wieder hier.

 

Du spiegelst und gleitest

Im mondlichen Glanz,

Die Arme du breitest,

Empfange meinen Kranz.

 

 

Weit bin ich einhergezogen

Über Berg und über Tal,

Der treue Himmelsbogen

Er umgibt mich überall.

 

Unter Eichen, unter Buchen,

An dem wilden Wasserfall

Muß ich nun die Herberg suchen

Bei der lieb Frau Nachtigall.

 

Die im brünst'gen Abendliede

Ihre Gäste wohl bedenkt,

Bis sich Schlaf und Traum und Friede

Auf die müde Seele senkt.

 

Und ich hör' dieselben Klagen

Und ich hör' dieselbe Lust

Und ich fühl' das Herz mir schlagen

Hier wie dort in meiner Brust.

 

Aus dem Fluß, der mir zu Füßen

Spielt mit freudigem Gebraus,

Mich dieselben Sterne grüßen

Und so bin ich hier zu Haus.

 

Echo nimm dir recht zu Herzen

Und erlern' die Melodie

Meiner Freuden, meiner Schmerzen:

Ameleya! Ameley!

Blühet stolz ihr Königskerzen,

Ameleya! Ameley!

 

Wunderinseln, sel'ge Augen,

Die ein liebes Antlitz sehn,

In dem Monde untertauchen,

In der Sonne auferstehn.

 

Sonn und Mond, ihr lichten Hügel,

Schließet ein die ird'sche Kluft

Und das Leben senkt den Flügel

In des Traumes Zaubergruft.

 

Wo die Tiefe sich entsiegelt,

Und die Liebe frank und frei

In der ganzen Seele spiegelt

Ameleya! Ameley!

 

 

Wie wird mir? Wer wollte wohl weinen,

Wenn winkend aus wiegendem See

Süß sinnend die Sternelein scheinen,

Werd' heiter, weich' weiter du wildwundes Herz.

 

Komm Kühle, komm küsse den Kummer,

Süß säuselnd von sinnender Stirn,

Schlaf schleiche, umschleire mit Schlummer

Die Schmerzen, die schwül mir die Seele umschwirrn.

 

Flöß' flehend du Flötengeflüster

Mir Himmel und Heimat ans Herz,

Leucht' lieblich und lispele düster

Und fächle, daß lächle im Schlummer der Schmerz.

 

Sieh! sind schon die Sonnen gesunken,

Glück glimmet in Abendlichts Glut

Und Finsternis feiert mit Funken,

Licht locket ins Leben das liebende Blut.

 

Wir wanken in wohnsamer Wiege,

Wind weht wohl ein Federlein los,

Wie's wehe, wie's fliege, wie's liege,

Fein fiel es und spielt es dem Vater im Schoß.

 

 

Schwanenlied

Wenn die Augen brechen,

Wenn die Lippen nicht mehr sprechen,

Wenn das pochende Herz sich stillet

Und der warme Blutstrom nicht mehr quillet:

O dann sinkt der Traum zum Spiegel nieder,

Und ich hör' der Engel Lieder wieder,

Die das Leben mir vorüber trugen,

Die so selig mit den Flügeln schlugen

Ans Geläut der keuschen Maiesglocken,

Daß sie all die Vöglein in den Tempel locken,

Die so süße wildentbrannte Psalmen sangen:

Daß die Liebe und die Lust so brünstig rangen,

Bis das Leben war gefangen und empfangen;

Bis die Blumen blühten;

Bis die Früchte glühten,

Und gereift zum Schoß der Erde fielen,

Rund und bunt zum Spielen;

Bis die goldnen Blätter an der Erde rauschten,

Und die Wintersterne sinnend lauschten,

Wo der stürmende Sämann hin sie säet,

Daß ein neuer Frühling schön erstehet.

Stille wird's, es glänzt der Schnee am Hügel

Und ich kühl' im Silberreif den schwülen Flügel,

Möcht' ihn hin nach neuem Frühling zücken,

Da erstarret mich ein kalt Entzücken –

Es erfriert mein Herz, ein See voll Wonne

Auf ihm gleitet still der Mond und sanft die Sonne

Unter den sinnenden, denkenden, klugen Sternen

Schau' ich mein Sternbild an in Himmelsfernen;

Alle Leiden sind Freuden, alle Schmerzen scherzen

Und das ganze Leben singt aus meinem Herzen:

Süßer Tod, süßer Tod

Zwischen dem Morgen- und Abendrot.

 

 

Schwalbenwitz

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch,

Himmel und Erde sind sich gleich.

Spricht der Himmel: Werde!

Da grünt und blüht die Erde!

Spricht die Erde: Sterbe!

Da wird der Himmel ein lachender Erbe.

Sterne sah ich blinken und sinken,

Den Mond in der Sonne ertrinken,

Die Sonne stieg in die Meere,

Ohne daß sich ein Fünklein verlöre.

Feuer und Wasser hassen sich,

Erde und Wasser umfassen sich,

Luft und Feuer entzünden sich,

Erde und Feuer ersticken sich,

Erde und Luft umkühlen sich,

Luft und Wasser umspielen sich,

Aber alles ist Liebe, Liebe, Liebe

Und wenn sich alles empörte, verzehrte, verschlänge,

Daß gar nichts bliebe, bliebe doch Liebe

Die Hülle, die Fülle, die Menge.

 

 

Nachtigall

Sehnsucht, Schwermut, Wehmut,

O wie schwüle Gefühle fühle

Ich im kleinen Herzen,

Daß ich stolz in Demut,

Recht im Glutgewühle

Mir den Mut erkühle

Und in bittern Schmerzen

Süß kann scherzen,

O du Liebeswiderspruch!

Stummes Echo, segensvoller Fluch,

Feuer das erquicket, Luft die ersticket,

Wasser, das dürstend flehet,

Erde, die wie Luft und Feuer wehet.

O wie ist der Streit so geschwinde und gelinde,

Daß die Lust die Liebe finde, beide überwinde

Mit dem blinden Kinde Amor, der die Binde

Seiner Augen niederreißt im Siege,

Um zu schauen, wie die Lieb' der Lust erliege,

Daß das Leben sich zu beiden schmiege,

Und er sieht, der Kampf ist nur die Wiege,

Daß die weinende Sehnsucht schwiege

Und das neue Leben schaukelnd gaukelnd

Zu den Sternen fliege.

 

Lureley

Singet leise, leise, leise,

Singt ein flüsternd Wiegenlied,

Von dem Monde lernt die Weise,

Der so still am Himmel zieht.

 

Denn es schlummern in dem Rheine

Jetzt die lieben Kindlein klein,

Ameleya wacht alleine

Weinend in dem Mondenschein.

 

Singt ein Lied so süß gelinde,

Wie die Quellen auf den Kieseln,

Wie die Bienen um die Linde

Summen, murmeln, flüstern, rieseln.

 

Herzeleid

 

Wer nie sein Brot in Tränen aß,

Wer nie die kummervollen Nächte

Weinend auf seinem Bette saß,

Der kennt euch nicht, ihr himml'schen Mächte!

 

Wer einsam nie am Strome ging,

Wer nie wie die trauernde Weide

Sein Haupt zum Spiegel niederhing,

Der weiß noch nichts vom schweren Herzenleide.

 

Chor

 

Sieh! wie wandelt der Mond so helle,

Horch! wie eilet die Quelle so schnelle,

Summ, summ, summ,

Kein Tröpflein kommt um.

 

Liebesleid

 

Wer vor dem Fels die Hände ringt

Und eines Hirten Liedes fluchet,

Vom Brunn des Mondes nicht mehr trinkt,

Den hat das bittre Elend heimgesuchet.

 

Wer keine Blume brechen mag,

Sie lieber mitleidlos vernichtet

Mit seines Pilgerstabes Schlag,

Den hat der Liebe Leid wohl hingerichtet.

 

Chor

 

Sieh! wie schlummern die Blumen so leise,

Horch auf der Nachtigall klagende Weise,

Summ, summ, summ,

Der Schmerz geht herum.

 

Liebeseid

 

Wer glaubt, daß der Treue Schwur,

Den leicht die Lippe spricht in trunknen Stunden,

Ein leerer Schall des Rausches nur,

Des Ehre ist an einer Frauen Haar gebunden.

 

Und wer die Götter lachen hört,

Als er den Liebesmeineid ausgesprochen,

Von dem hat sich der gute Geist gekehrt,

Sein Herz wird mit dem Glückesrad gebrochen.

 

Chor

 

Sieh! wie das Auge der Eule glüht,

Horch! wie die Fledermaus rauschend zieht,

Summ, summ, summ,

Der Meineid geht um.

 

Liebesneid

 

Wer Steine wirft ins grüne Haus,

Wo treue Turteltauben girren

Und falsche Lichter stellet aus,

Den Schwimmer auf der Liebesfahrt zu irren;

 

Wer in dem Taue auf der Flur,

Um einer Hirtin Tugend anzuschwärzen,

Verrät der nächt'gen Liebe Spur,

Der nährt den Wurm des Neids in bösem Herzen.

 

Chor

 

Sieh! wie ringelt zwischen Blumen die Schlange,

Horch! wie seufzet die Nachtigall bange,

Summ, summ, summ,

Der Neid geht herum.

 

Reu und Leid

 

Wer vor der Sünden Strafe bebt

Und nicht vor ihrem innern Tod erschrecket,

Noch fremde Schuld in seine webt,

In dem ist noch die Buße nicht erwecket.

 

Wer seine Zeit und die Gebrechlichkeit

In seiner eignen Schuld wagt anzuklagen,

Dem hat die Reue und das bittre Leid

Noch nicht so recht ans kranke Herz geschlagen.

 

Chor

 

Horch! wie der Wurm im Holz dort naget,

Horch! wie die Weid' im Teiche klaget,

Summ, summ, summ,

Die Reue geht um.

 

Mildigkeit

 

Wer nie der Vöglein Brut gestört,

Wer auf der Schwalbe frühen Morgensegen

Mit süß erquickter Seele hört,

Der geht der Armut mildreich auch entgegen.

 

Wer die zerknickte Ähre gerne hebt

Und gern die Mücke aus dem Netz befreit,

Der Spinne schonend, die es sinnreich webt,

Des Herz ist voll von göttlichem Mitleid.

 

Chor

 

Sieh! an den Dorn hängt das Lamm die Wolle,

Daß sich das Vöglein weich betten solle,

Summ, summ, summ,

Das Mitleid geht um.

 

Liebesfreud

 

Wer lachend früh die Sonne grüßt

Und heiter an den Mittag blicket,

Und fromm im Abendsterne liest,

Zufrieden, wie die Nacht ihr Haus beschicket:

 

Der wird auch froh in Liebesaugen sehen

Und greifet in das falsche Rad dem Glücke,

Es muß vor seinem Frieden stille stehen,

Daß Liebesfreude gründlich ihn entzücke.

 

Chor

 

Sieh! wie lächelt gen Morgen die Ferne,

Horch! wie grüßet die Lerche die Sterne,

Tireli, Tireli –

Der treue Müller ist hie.

 

 

Säusle liebe Mirte,

Wie still ist's in der Welt,

Der Mond, der Sternenhirte

Auf klarem Himmelsfeld,

Treibt schon die Wolkenschafe

Zum Born des Lichtes hin:

Schlaf, mein Freund, o schlafe,

Bis ich wieder bei Dir bin.

 

Säusle liebe Mirte

Und träum' im Sternenschein

Die Turteltaube girrte

Auch ihre Brut schon ein.

Still ziehn die Wolkenschafe

Zum Born des Lichtes hin,

Schlaf', mein Freund, o schlafe,

Bis ich wieder bei Dir bin.

 

 

Hörst du wie die Brunnen rauschen,

Hörst du wie die Grille zirpt?

Stille, stille, laß uns lauschen,

Selig, wer in Träumen stirbt.

Selig, wen die Wolken wiegen,

Wem der Mond ein Schlaflied singt,

O wie selig kann der fliegen,

Dem der Traum den Flügel schwingt,

Daß an blauer Himmelsdecke

Sterne er wie Blumen pflückt:

Schlafe, träume, flieg', ich wecke

Bald Dich auf und bin beglückt.

 

 

Durch die stummen Wälder irrte

Ohne Lämmer, ohne Liebe,

Träumerisch ein armer Hirte,

Unbekümmert, wo er bliebe.

 

Leichten Sinn in schwerem Herzen

Trug er durch des Tags Gewimmel,

Bittre Freuden, süße Schmerzen

Zogen über ihm am Himmel.

 

Diesem trüben Wolkenfluge,

Dicht verschleiernd ihm die Sterne

Folgt er mit geheimem Zuge,

In die sehnsuchtsvolle Ferne.

 

Ohne Ruhe seine Füße,

Über Berg und Tal hinunter,

Seine Lippen ohne Grüße –

Traurig Herz, wie bist du munter!

 

O ihr grünen treuen Buchen!

O ihr ew'gen ernsten Eichen!

Sagt ihm, was ist wert zu suchen,

Gebet seinem Weg ein Zeichen.

 

Gieb o Fels ihm eine Stimme,

Flüstre zu ihm fromme Quelle,

Welchen Gipfel er erklimme,

Daß sich ihm das Herz erhelle.

 

Stilles Röslein aus dem Strauche

Ihm mit trauten Augen winke,

Klarer Lilienkelch, o hauche,

Süß ihm zu, daß Trost er trinke.

 

Ist ein Heiland wo geboren?

Heil'ge Nacht, Kometen schwingend

Zeig den Pfad, den er verloren,

Ihn gen Bethlehem, hinbringend.

 

Stumm bleibt Fels und Tal und Bäume

Blumen duftlos, Quell ohn' Klarheit,

Und sein Schlummer ohne Träume,

Und sein Wachen ohne Wahrheit,

 

Und er sitzet bei den Weiden

Läßt die traurigen Gedanken,

Wie verwaiste Lämmer weiden

Unter wilden Epheuranken.

 

Als ihn auf dem nahen Grunde,

Den ein dichter Nebel decket,

In der stillen Abendstunde,

Laut ein Hirtenspiel erwecket.

 

Bei dem Klange der Schalmeien

Hört er zu dem frohen Spiele,

Und sie singen, und sie reihen,

Ohne daß sein Blick hinfiele.

 

Doch bald hört er tief erquicket,

Eine nur aus all den Stimmen,

Wie man gern auf Blüten blicket,

Die auf lauten Quellen schwimmen.

 

Zwar verschlungen in dem Spiele

Hört er sie doch ganz alleine,

Gleich als ob die Sonne ziele

Zu ihr mit vertrautem Scheine.

 

Also weilt auf Waldes Gipfel

Gern das Auge in den Kronen,

Die die Sonne in die Wipfel

Hänget, wo die Nimpfen wohnen.

 

Also, wenn der Tag gesunken,

Folgen gern der Sehnsucht Blicke

Schweifenden Johannisfunken

Zu geträumtem Liebesglücke.

 

So schien ihm das Tal der Spiegel

Eines Nacht anschaunden Flusses,

Und die Stimme schien das Siegel

Eines klaren Mondeskusses.

 

Und das Licht der eignen Blicke

Zündend an der Stimme Schimmer,

Sprach er: find' ich keine Brücke,

Werde ich ein sel'ger Schwimmer.

 

Dieses Antlitz will ich schauen,

Das mit solchem Zauber redet,

Das mir Friede und Vertrauen,

In die tote Brust gebetet.

 

Und der Hirte eilte singend,

Fand da bei den Weiden sitzend

Einen Jüngling Körbe schlingend

Und gezierte Pfeile spitzend.

 

Diesen fraget nun der Hirte

Weißt du Flechter, wo sie wohne,

Die mir meinen Gram entwirrte

Mit der Stimme liebem Tone.

 

Ob ich's weiß, lacht da der Schlaue

Diese Körbe, diese Pfeile

Sind für sie, zu ihrer Aue

Führ' ich dich in kurzer Weile.

 

Und er folgt, im Mondenscheine

Wunderbare Träume spinnend,

Daß sie also ihm erscheine

Sich ein falsches Bild ersinnend,

 

Blaue Augen, blonde Locken

Und ein Mund voll stiller Freuden,

Wie die süßen Blumenglocken,

Die den lieben Mai einläuten.

 

Und mit seligem Verstummen

Lauscht er auf die goldnen Bienen

Die mit süß berauschtem Summen

Ihm zu ihr zu schweben schienen.

 

Und er schreitet durch die Pforte

Und er stehet in dem Garten

Ist nun an dem lieben Orte

Seine Freude zu erwarten.

 

Ach welch wunderbar Erstaunen,

Die sein Traum sich golden sonnte

Sie gehöret zu den Braunen,

Und er dacht' an eine Blonde.

 

Als er zu ihr niedersitzet,

Nimmt sie still des Flechters Körbe

Und die Pfeile süß gespitzet –

Ob am Korb am Pfeil ich sterbe?!

 

Denkt der überraschte Hirte,

Schauend in den dunklen Bronnen

Ihrer Augen, und verwirrte

Sich in tausend Zauberwonnen.

 

Der die Hirtin wollte finden

Hat die Zauberin gefunden,

Der nur Kränze wollte winden,

Ward mit Frauenhaar gebunden.

 

Mit den Pfeilen spielend, drückte

Sie den Pfeil ins Herz dem Hirten,

Den die Stimme hoch entzückte,

Macht der Anblick zum Verwirrten.

 

Nimmermehr vor ihr zu stehen,

Gieng er von ihr fest entschlossen

Hat sie nochmals angesehen

Und die Pforte dann geschlossen.

 

Wo die Wälder tiefer dunkeln

Hörte er den Flechter lachen:

Sahst du ihre Augen funkeln,

Träumend kamst du, lerne wachen.

 

Wen dies braune Kind gerühret,

Der wird nimmermehr genesen,

Amor ist, der zu ihr führet,

Amor bin ich dir gewesen.

 

Und der Hirte gieng erzürnet

In den Hain, der nun ihm rauschte,

Und sein Himmel war gestirnet

Stimmen hört er, wo er lauschte.

 

Ja, weil sie sein Herz erhoben,

War die ganze Welt belebet,

Tief im Tal, am Himmel oben,

Überall die Braune schwebet.

 

Manche Blume muß er pflücken,

Ordnet sie zum Bilderstrauße,

Schickt sie deutend sein Entzücken

Zu der braunen Zaubrin Klause.

 

Und der Strauß sprach, dich du Blonde

Ich in meines Traumes Sonnen

Also töricht liebend sonnte,

Daß du braune Glut gewonnen.

 

Und du mußtest mich bestrafen,

Aus der braunen Nacht der Augen,

Mich zwei Sterne zielend trafen,

Die mir nie mehr untertauchen.

 

Als er später wieder nahte,

War er stumm und sie war gütig,

Ihre Augen voller Gnade,

Nein sie ist nicht übermütig!

 

Sieh, da trat zu ihrer Zelle

Fest ein Mann mit tapfrem Wesen,

Ihre Blicke wurden schnelle,

In den Augen ihm zu lesen.

 

Und er war so schön gerüstet,

Mit den Narben deutsch geschmücket

In der Brust so treu gebrüstet,

Daß sie seine Hände drücket.

 

Und der Hirte still gerühret,

Müßte sich des Manns erfreuen,

Säh' er, im Triumph geführet,

Seinen Strauß selbst vor ihm streuen.

 

Und als er nun von ihr gehet

Solche Neigung nicht zu stören,

Schön die Braune vor ihm stehet

Läßt ihn güt'ge Worte hören:

 

Ich will gern dich wiedersehen,

Du darfst mir den Strauß erklären,

Er soll mir nicht untergehen

Welkend sich mir nicht verzehren.

 

Und der Hirte spricht: du Fromme

Er ist tapfer, ich bescheiden,

Und wenn ich nun zu dir komme

Bist du himmlisch allen beiden.

 

 

Geheime Liebe

 

Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen,

Meine Rechte sind nicht anerkannt;

Aus der Liebe schönem Reich verbannt,

Muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!

 

Nicht die schwache Zunge darf's gestehen,

Nicht der Blick verstohlen zugesandt,

Was sich eigen hat das Herz ernannt,

Nicht im Seufzer darf's der Brust entwehen!

 

Tröstung such' ich bei der fremden Nacht,

Wenn der leere lange Tag vergangen,

Ihr vertrau' ich mein geheim Verlangen;

Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,

Und der lange leere Tag kommt wieder,

Still ins Herz steigt meine Liebe nieder.

 

 

O Zorn, du Abgrund des Verderbens,

Du unbarmherziger Tyrann,

Du nagst und tötest ohne Sterben

Und brennest stets von neuem an,

Wer da gerät in deine Haft,

Bekömmt der Hölle Eigenschaft!

 

Wo ist, o Liebe, deine Tiefe,

Der Urgrund deiner Wunderkraft?

Herz, nur ein einz'ges Tröpflein prüfe

Von dieses Quelles Eigenschaft,

O, wer in diesem tiefen Meere

Gleich einem Tröpflein sich verlöre!

 

 

An dem Feuer saß das Kind,

Amor, Amor,

Und war blind;

Mit dem kleinen Flügel fächelt

In die Flamme er und lächelt,

Fächle, lächle, schlaues Kind!

 

Ach, der Flügel brennt dem Kind,

Amor, Amor

Läuft geschwind!

»O, wie mich die Glut durchpeinet!«

Flügelschlagend laut er weinet,

In der Hirtin Schoß entrinnt

Hülfeschreind das schlaue Kind.

 

Und die Hirtin hilft dem Kind

Amor, Amor,

Bös und blind.

Hirtin, sieh, dein Herz entbrennet,

Hast den Schelm du nicht gekennet?

Sieh, die Flamme wächst geschwind,

Hüt' dich vor dem schlauen Kind!

 

 

Die Lilie blüht, ich bin die fromme Biene,

Die in der Blätter keuschen Busen sinkt,

Und süßen Tau und milden Honig trinkt,

Doch lebt ihr Glanz, und bleibet ewig grüne

So ist dann selig mein Gemüt

Weil meine Lilie blüht!

 

Die Lilie blüht, Gott, laß den Schein verziehn,

Damit die Zeit des Sommers langsam geht,

Und weder Frost noch andre Not entsteht,

So wird mein Glück in dieser Lilie blühn,

So klingt mein süßes Freudenlied:

Ach, meine Lilie blüht!

 

 

Sieh den dunklen Schleier der Nacht,

Wie er sich hernieder senket,

Da des Wagens schimmernde Pracht

Phöbus nun hinab gelenket.

Sehnsucht führet die Geliebten

Auf des Mondes Zauberpfad,

Wo sie gestern Scherze übten,

Zu des Seees Glanzgestad.

 

Sieh, den dunklen Schleier der Nacht,

Immer näher aus der Ferne,

Sticken nun mit lachender Pracht

Die geliebten Heldensterne!

Einer aber ist geschweifet,

Er ist heftig und ist mutig,

Und den Mond er peitschend greifet,

Und der blasse Mond wird blutig!

 

Sieh, des Monds zerschmettertes Schild

In ein rotes Feld sich kehrte,

Und des Wappens gläubiges Schild

Schmückt der Stern mit einem Schwerte.

Benavides, deinem Stamme

Ist der Glanz nun angefacht!

Aber sieh, des Schwertes Flamme

Weichet und es kehrt die Nacht!

 

Sieh, ein feuriger Regen fällt,

Und es schwebt, gleich einem Sarge

Über der zornumfluteten Welt

Jetzt die gottgebaute Arche!

Und es fliegt der dunkle Rabe,

Kehret hoffnungslos zurück,

Aber mit der Friedensgabe

Sieht die Taube Sonnenblick!

 

Und es spannt der Bogen des Herrn

Seine bunte Farbenbrücke,

Tränen schimmern so freudig gern

In des Auges Sonnenblicke.

Wie der Hals der Taube schimmert,

Locket eines Habichts Wut,

Ach, der Fried', wird der zertrümmert,

Taube, du wirst Opferblut!

 

Wohl uns! überm Habicht kreist

Nun ein Falke, doch zu leise,

Denn der Habicht stürzend zerreißt

Weh! die Taube sich zur Speise.

Falke, lieber Falke, stürze

Auf den Habicht, daß ihr Weh

Rächend wenigstens sich kürze,

Daß ich tot den Mörder seh!

 

Habicht wird zum blutigen Schild,

Unter ihm die arme Taube,

Aber der Falke steiget zum Wild

Über des Wappens geharnischte Haube,

Und der Falke wird zum Schwerte

Das sich flammend abwärts kehrt,

Daß der Traum erfüllet werde,

Nieder in dein Herzschild fährt!

 

 

Dein Lied erklang, ich habe es gehöret,

Wie durch die Rosen es zum Monde zog;

Den Schmetterling, der bunt im Frühling flog,

Hast du zur frommen Biene dir bekehret,

Zur Rose ist mein Drang,

Seit mir dein Lied erklang!

 

Dein Lied erklang, die Nacht hat's hingetragen,

Ach, meiner Ruhe süßes Schwanenlied!

Dem Mond, der lauschend von dem Himmel sieht,

Den Sternen und den Rosen muß ich's klagen,

Wohin sie sich nun schwang,

Der dieses Lied erklang!

 

Dein Lied erklang, es war kein Ton vergebens,

Der ganze Frühling, der von Liebe haucht,

Hat, als du sangest, nieder sich getaucht

Im sehnsuchtsvollen Strome meines Lebens,

Im Sonnenuntergang,

Als mir dein Lied erklang!

 

 

Die Rose blüht; schloß gleich ein rauher Wind,

Als sie der goldnen Imme sich erschlossen,

Der Liebe arglos offnen Kelch geschwind,

Hat doch der Haß nicht Gift hineingegossen!

Sie schloß gleich einem bangen, zarten Kind

Die Augen, bis die Zornflut abgeflossen;

Vielleicht schloß sie in brünstigem Verlangen

Sich nur so schnell, die Biene einzufangen?

 

Die Rose blüht, die Biene ist entflohn,

Aufs neue muß sie mit den Frühlingsglocken

Des Zornes Stachel führnden, goldnen Sohn

In ihres Duftes keuschen Busen locken;

Ihr süß'ster Tau, kehrt er, wird ihm zum Lohn;

O kehr, mein Bienlein, sei nicht so erschrocken!

Zum Garten sieht mein Fenster, dorten wohn' ich.

Komm, liebe Imme, sammle Wachs und Honig!

 

Die Rose blüht; wenn alle Vöglein schlafen,

Wenn nieder hintern Wald die Sonne flieht,

Wenn treu der Mond mit seinen Wolkenschafen

An deiner Rose Stand vorüberzieht,

Zur Stunde, als Imeldens Töne trafen

Ein liebes Herz durch ein unschuldig Lied,

Da will am Fenster nieder zu dem Garten

Die Rose auf die fromme Biene warten.

 

Die Rose blüht; o fliehe, Licht der Sonnen,

O führe, Mond, die Sternenherde bald

Zum stillen, vollen, goldnen Mondesbronnen,

Streu aus den sichren Schatten, dunkler Wald,

Und bleiche, Mond, was Liebe hat gesponnen!

Doch mit Musik, die anderswo erschallt,

Mag Amor all die Schmetterlinge irren,

Die lauschend gern die Rose dir umschwirren.

 

Die Rose blüht, der Zorn ist voll Verderben!

Wer, Zorn, gerät in deine finstre Haft,

Der mordet, martert, tötet ohne Sterben

Und hat der bittren Hölle Eigenschaft!

O Liebe, wer die Einsicht dürft' erwerben

Von deiner Gottestiefe Wunderkraft!

O Liebe, wer, ein Tröpflein, sich verlöre

In deines Segens weltumspielndem Meere!

 

 

Wohlan! so bin ich deiner los

Du freches lüderliches Weib!

Fluch über deinen sündenvollen Schoß

Fluch über deinen feilen geilen Leib,

Fluch über deine lüderlichen Brüste

Von Zucht und Wahrheit leer,

Von Schand' und Lügen schwer,

Ein schmutzig Kissen aller eklen Lüste.

Fluch über jede tote Stunde

Die ich an deinem lügenvollen Munde,

In ekelhafter Küsse Rausch vollbracht,

Fluch über jede gottvergeßne Nacht,

Die ich in deinem frechen Bett erhandelt,

Die ich in toller Liebe überwacht,

Wohl unter deinem Fenster hingewandelt,

Wenn du mit andern in dem Werk befangen,

Mit andrer Lüg' an anderm Mund gehangen.

Mein Gott, mein Gott, er will sich mein erbarmen,

Mein Herr hat mich befreit aus deinen Armen,

Wohin dein Gott, der Satan mich geführt;

Drum hab' ich nimmer dir dein Herz gerührt,

Und wie ich mochte bitten, mochte flehen,

Kein edles Wort hört' ich von dir erstehen,

Du drohst, du elend Weib, dich zu ermorden,

O könntest du's, es stürb' dein ganzer Orden,

Doch spar' die Mühe nur, denn du bist längstens tot,

Längst faulst du in dir selbst, in Sünd' und Lügenkot.

Schneidst du den Hals dir ab

Und springst du in die Spree,

Du findest nie ein Grab

Die Spreu schwimmt in der Höh'.

Des Todes heiliger Traum

Wird nimmer dich erlösen

Es stirbt ein grüner Baum,

Doch nie ein dürrer Besen.

Zur eignen Rute wirst du noch an deinem Rücken,

Und höchstens reicht dein Leib dir einstens schlechte Krücken.

Wohlan, du elend Weib, nun sind wir auf der Stelle

Wo wir zuerst uns sahn, ich, du, und dein Geselle,

Ich mein' den Teufel, Weib, der deine Seele reitet,

Hör' wie sein Flügel rauscht, den über dir er breitet,

Ich hör' den dunklen Fluß, es tönt die dumpfe Welle,

Du Lügnerin leb wohl, leb schlecht, hier ist die Schwelle,

Wo sich mein reuig Herz, von dir du Hexe scheidet,

Verdorren mag der Fuß, der je dein Bett beschreitet,

Ich hab' dich nie gekannt, ich hab' dich nie gesehen,

Es war ein böser Traum, er muß hinuntergehen,

Das lüderliche Buch, um das du mich betrogen,

Aus dem du geile Brunst für andrer Lust gesogen,

Ich werfe es hinab in diese schmutz'gen Wogen,

Und mit ihm werf' ich hin, was ich für dich gefühlt,

Daß sich die böse Glut, die mir das Herz zerwühlt,

In dieses Flusses trüber Welle kühlt.

Nimm hin den Scheidekuß,

Ich geb' ihn ohn' Verdruß,

Von mir sei dir verziehn,

Wend' dich, zu Gott dahin,

Und fleh', daß er verzeih',

Dem Sünder steht es frei.

Er ist für dich, für mich, für alle uns gestorben,

Ich habe im Gebet mir Trost von ihm erworben.

Ich gab des Heilands Bild in deine schnöden Hände,

So bin durch dich ich auch zu einem Judas worden,

Den Herrn hab' ich verkauft, an die, die ihn ermorden,

Erbarm' dich meiner Seel', und zu dem Kreuz dich wende,

O mache, daß an dir dies Bild ein Wunder tut,

Und daß er dich erlöst mit seinem heiligen Blut,

So darf ich ruhig sein, daß ich so fromme Gabe

An dich, du elend Weib, so schnöd vergeudet habe,

Nun wend' ich mich von dir, ich will in Friede gehn,

Ich will unschuldig nun die Sterne wiedersehn,

Ich will zu Gott dem Herrn um Hülfe für dich flehn,

Daß dich die Gnade sein barmherzig mög' anwehn,

Daß einen Engel er, zu dir ermahnen sende,

Daß er dein elend Herz wie meines zu sich wende,

So gehet nicht mein Schmerz, doch Leid und Lieb' zu Ende.

 

Ich träumte hinab in das dunkle Tal

Auf engen Felsenstufen

Und hab' mein Liebchen ohne Zahl

Bald hier, bald da gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieber Hirt nun sage mir,

Hast du Treulieb gesehen,

Sie wollte zu den Lämmern hier,

Und dann zum Brunnen gehen,

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb in meinem Schoße saß

Dort oben an den Klippen

Und weil die Wangen ihr so blaß,

So küßt' ich ihre Lippen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich blies die Flöte, ich flocht den Kranz

Ich gieng ihr Blumen zu pflücken,

Ich wollte sie zum Abendtanz,

Als meine Buhle schmücken.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Da hört sie ein schallendes Jägerhorn

Da tät sie die Öhrlein stellen

Und schwang sich hinüber durch Distel und Dorn

Und folgte dem Waldgesellen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte hinab in den dunklen Wald

Auf engen Felsenstufen

Und habe mein Liebchen, daß es schallt

Bald hier, bald da gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieber Jäger nun sage mir

Hast du mein Lieb gesehen,

Sie wollte in das Waldrevier

Zu Hirsch und Rehen gehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb lag heut in meinem Arm

Im Schatten kühler Eichen

Wir herzten uns, es ward ihr warm,

Sie gieng ins Bad zu steigen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Der Mühlbursch hell ein Liedlein pfiff

Da tauchte Treulieb unter,

Und tauchte auf, sprang in sein Schiff,

Ohn' Hemd doch frisch und munter.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träume hin an Mühlbachs Rand

Auf engen Felsenstufen

Und habe in schallender Klippenwand

Mein Liebchen oft gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Nun lieber Müller nun sage mir

Hast du mein Lieb gesehen

Ich gab ihr Korn sie wollte hier

Bei dir zur Mühle gehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb ist heut auf weichem Pfühl

In meinem Arm entschlafen,

Es klang die Schelle es klappte die Mühl',

Das Auffüllen hab' ich verschlafen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Und als mich morgens die Reuter geweckt

Die hier vorbei gezogen

Hat sie der Trompeter in Mantel gesteckt

Und mich um sie betrogen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte hin auf der Reuter Zug

In Staub erkannt' ich die Hufen

Und wo das Herz mir lauter schlug

Hab' Treulieb ich gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieber Reuter willst du mir

Wo Liebchen ist wohl sagen,

Ich weiß sie hat geholfen dir

Dein Zeltlein aufzuschlagen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb bei mir im Zelte lag,

Das Pulfer hat sie gerochen

Die ganze Nacht, doch früh am Tag

Da ist sie aufgebrochen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Es zog der Bettelstudent vorbei

Und spielte auf der Leier

Sie guckt hinaus, was es wohl sei

Und folgt dem neuen Freier.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte, ich folg' der Leier Klang

Hinab viel Felsenstufen

Und habe auf dem bittren Gang,

Mein Liebchen noch oft gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieber Schüler sage mir

Hast du Treulieb gesehen

Sie wollt', ich weiß es wohl, bei dir

Zur Singeschule gehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb fraß mit mir auf einmal

Wohl Bettelbrot zwei Pfunde

Den Wein den sie dem Reuter stahl

Trank ich aus ihrem Munde.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Doch als ich an der Schmiede stand

Ums Abendbrot zu singen

Viel größre Freude sie empfand

An kräft'gem Hammerschwingen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieber Meister wohlgestalt

Sprach sie zum ruß'gen Mohren

Beschlag mich lieber warm als kalt

Viel Eisen hab' ich verloren.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumt' zur Schmiede den schwarzen Gang

Hinab so viele Stufen

Und lauter als der Hammer klang

Hab' ich Treulieb gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Der Meister sprach sie hat der Knecht

Der Knecht, sie hat der Bube

Der Bube wies mich dann zurecht,

Zu Todengräbers Stube.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumt' hinab ins Totental

Wohl tausend dunkle Stufen

Und hab' mein Lieb wohl tausendmal

Mit bittrer Angst gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein Todengräber nun sage mir

Hast du mein Lieb gesehen

Auf ihrer Mutter Grab allhier

Wollt' sie die Blumen säen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb lag bei mir manche Nacht

Und sang mir freche Lieder

Und wenn ich ein Fräulein zu Grab gebracht

Da stahl sie ihr den Mieder.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Sie stiehlt der Braut den Jungfernkranz

Die schwarzen Todenschuhe

Die zieht sie an und gieng zum Tanz,

Und nimmt den Leichen die Ruhe.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Und als sie nach goldnen Ringen sucht

Und in den Sarg tät langen,

Der tote Jude der tief verflucht

Hat zärtlich sie umfangen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Wo ist des toten Juden Grab,

Wo ruht der böse Bube

Der Totengräber zur Antwort gab

Geh nach der Schindergrube.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte zum dunklen Galgen hin

Hinauf viel tausend Stufen

Und hab' mein Lieb mit wildem Sinn

Wie Raben und Geier gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Nun toder Jude sage mir

Hast du Treulieb gesehen,

Sie wollte ganz allein zu dir

Um dich zu taufen gehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Sie lag bei mir zur zwölften Stund,

Und hat mir's nicht gedanket

Es heulte zum Mond des Schinders Hund

Der Gehenkte im Galgen schwanket.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Da läßt sie die edle vertrauliche Gruft

Und stiehlt mir meine Geschmeider

Und steigt herauf zu dem luftigen Schuft,

Auf der dünnen Galgenleiter.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte hinauf ins leere Schloß

Wohl auf der Leiter Stufen

Und habe auf jeder Galgenspross'

Nach meinem Lieb gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Nun sag' mir mein gehenkter Schuft

Hast du Treulieb gesehen,

Sie schöpfte hier wohl frische Luft

Und wollte um sich sehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Sie hat mit mir im Mondenschein

Ein Stündchen sich geschaukelt,

Da hob sich Lärm und wildes Schrein

Da kam es heran gegaukelt.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Zuerst der Hexen Troß voran

Auf Gabeln und auf Besen,

Und dann der Meister Urian

Der hat sie sich erlesen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Er faßt die Jungfer sich aufs Korn

Mit angenehmen Sitten

Sie faßt den Teufel bei dem Horn

Zum Blocksberg sie dann ritten.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Ich träumte hinauf die steile Höh'

Auf engen Felsenstufen,

Und hab' mit Ach und hab' mit Weh

Nach meinem Liebchen gerufen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Nun lieber Teufel sage mir

Hast du Treulieb gesehen

Sie kam allein herauf zu dir,

Dich kämpfend zu bestehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb sie küßte mich unterm Schwanz,

Ich war ihr wohlgewogen,

Doch hat sie mir beim wilden Tanz

Ein Ohr schier abgelogen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Geh nimm sie wieder da sitzet sie,

Auf einem Katzendrecke,

Bist du Treulieb ich laut aufschrie,

Als ich das Luder entdecke.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Mein lieb Treulieb, nun sage mir

Hast du Treulieb gesehen

Sie soll nun mir in dir allhier

Wahrhaftiglich bestehen.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Treulieb, Treulieb sie sitzt allhie

Auf mir dem falschen Schwure.

Treulieb ist Dichterphantasie

Und ich bin deine Hure.

Treulieb, Treulieb ist verloren!

 

Die Welt war mir zuwider

Die Berge lagen auf mir

Der Himmel war mir zu nieder

Ich sehnte mich nach dir, nach dir,

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Ich trieb wohl durch die Gassen

Zwei lange Jahre mich

An den Ecken mußt' ich passen

Und harren nur auf dich, auf dich.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Und alle Liebeswunden

Die brachen auf in mir

Als ich dich endlich gefunden

Ich lebt' und starb in dir, in dir!

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Ich hab' vor deiner Türe

Die hellgestirnte Nacht,

Daß dich mein Lieben rühre

Oft liebeskrank durchwacht.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Ich gieng nicht zu dem Feste

Trank nicht den edlen Wein

Ertrug den Spott der Gäste

Um nur bei dir zu sein.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Bin zitternd zu dir gekommen

Als wärst du ein Jungfräulein,

Hab' dich in Arm genommen

Als wärst du mein allein, allein.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Wie schlecht du sonst gewesen

Vergaß ich liebend in mir

Und all dein elendes Wesen

Vergab ich herzlich dir ach dir,

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Als du mir nackt gegeben

Zur Nacht den kühlen Trank

Vergiftetest du mein Leben,

Da war meine Seele so krank so krank,

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Bergab bin ich gegangen

Mit dir zu jeder Stund,

Hab' fest an dir gehangen

Und gieng mit dir zu Grund.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Es hat sich an der Wunde

Die Schlange fest gesaugt

Hat mit dem gift'gen Munde

Den Tod in mich gehaucht.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

Und ach in all den Peinen

War ich nur gut und treu

Daß ich mich nannt' den Deinen

Ich nimmermehr bereu', bereu'.

O lieb Mädel, wie schlecht bist du!

 

 

Heil'ge Nacht, heil'ge Nacht!

Sterngeschloßner Himmelsfrieden!

Alles, was das Licht geschieden,

Ist verbunden,

Alle Wunden

Bluten süß im Abendrot!

 

Bjelbogs Speer, Bjelbogs Speer

Sinkt ins Herz der trunknen Erde,

Die mit seliger Geberde

Eine Rose

In dem Schoße

Dunkler Lüste niedertaucht.

 

Zücht'ge Braut, zücht'ge Braut!

Deine süße Schmach verhülle,

Wenn des Hochzeitbechers Fülle

Sich ergießet.

Also fließet

In die brünst'ge Nacht der Tag!

 

 

Mond, Mond!

Wie die Wellen kühlen,

Wie die Winde wühlen

In den dunklen Mähnen der Nacht!

 

In dem Bade spielt die Keusche,

Und die Woge wühlt berauschet,

Ringsum schweigt das Waldgeräusche,

Weil es lüstern niederlauschet.

 

Mond, Mond!

Wie die Wellen kühlen,

Wie die Winde wühlen

In den dunklen Mähnen der Nacht!

 

Und die schlauen Leschien schleichen

Klein wie Gräser durch die Wiesen,

Durch die Haine hoher Eichen

Hoch wie ungeheure Riesen.

 

Mond, Mond!

Wie die Wellen kühlen,

Wie die Winde wühlen

In den dunklen Mähnen der Nacht!

 

Mit Geläut der Herdenglocken,

Mit der Turteltaube Lachen

Müde Wandrer sie verlocken,

Kitzlen dann zu Tod die schwachen.

 

Mond, Mond!

Wie die Wellen kühlen,

Wie die Winde wühlen

In den dunklen Mähnen der Nacht.

 

Und schon nahen sie dem Bade

Auf den Wald- und Wiesenpfaden,

Doch ein Hirte am Gestade

Ruft – Triglawa ist verraten!

 

Und den Hirten, der sie rettet,

Nun Triglawa hoch belohnt,

Treu in ihren Arm gebettet

Trägt sie ihn, den keuschen Mond.

 

Mond, Mond!

Wie die Wellen kühlen,

Wie die Winde wühlen

In den dunklen Mähnen der Nacht!

 

 

Komm heraus, komm heraus, du schöne schöne Braut,

Deine guten Tage sind nun alle, alle aus.

Deine Jungfraun läßt du stehn,

Willst nun zu den Weibern gehn.

 

Dein Schleierlein weht, dein Schleierlein weht,

Die Tränen des Taues, die weinest du zu spät.

 

Lege ab, lege ab auf ew'ge, ew'ge Zeit

Schild und Schwert und Panzer, deine Waffen, dein Geschmeid.

Aus dem Helm ins Haubelein

Schließest du die Locken ein.

 

Dein Schleierlein weht, dein Schleierlein weht,

Die Tränen des Taues, die weinest du zu spät.

 

Lache nur, lache nur, die roten, roten Schuh

Werden dich einst drücken, sie sind eng genug dazu,

Wenn wir zu dem Tanze gehn,

Wirst du bei der Wiege stehn.

 

Dein Schleierlein weht, dein Schleierlein weht,

Die Tränen des Taues, die weinest du zu spät.

 

Winke nur, winke nur, sind nur leichte leichte Wink',

Bis du an dem Finger trägst den goldnen Sklavenring,

Goldne Ketten legst du an,

Und beschwerlich wird die Bahn!

 

Dein Schleierlein weht, dein Schleierlein weht,

Die Tränen des Taues, die weinest du zu spät.

 

Tanze nur, tanze nur deinen letzten letzten Tanz,

In der Sonne welket bald dein schöner Hochzeitskranz.

Lasse nur die Blumen stehn,

Auf den Acker mußt du gehn.

 

Dein Schleierlein weht, dein Schleierlein weht,

Die Tränen des Taues, die weinest du zu spät.

 

 

In dir ringelt die Träne, auf dir lächelt das Mondlicht,

Welle, bald Woge, bald Strom, wie dich das Ufer umkränzt,

Gifttrank und lieblicher Wein, wie dich die Schale umfaßt.

Lethe wird nimmer in dir, Psychen ein Spiegel wohl oft,

Aber es tauchet der Schwan ins heilignüchterne Wasser

Trunken das Haupt, und singt sterbend dem Sternbild den Gruß.

 

 

Österreichs Adlergejauchze und Wappengruß in Krieg und Sieg

1813

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler steht auf,

Und streckt seine Schwingen

Zur Sonne hinauf,

Und wiegt seine Kronen

Und wieget sein Schwert,

Reichsapfel und Szepter,

Und das ist was wert.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler zieht aus,

Blickt fest in die Sonne

Und machet sich kraus,

Und schüttelt den Fittich

Und mißt seinen Feind,

Und grüßet die Freunde

Und gut ist's gemeint.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler jauchzt auch;

Ihn grüßet sein Bruder

Aus Flammen und Rauch,

Der russische Phönix

Verjüngt in dem Brand

Der heiligen Moskau,

Reicht stark ihm die Hand.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler kühn schaut,

Und grüßt seinen Bruder

Den Preußen vertraut.

Willkomm, Hohenzollern,

Du bist mir ein Aar,

So brav als in Habsburg

Wohl einer je war.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Drei Adler sind eins,

Und geben ein Zeugnis,

Zum Schrecken des Feinds,

O bleibt treu und einig,

Ihr Säulen der Zeit,

Die heilige Dreizahl

Wird niemals entzweit.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dem Adler zum Streit

Sind schwedische Löwen

Und Herzen Geleit;

Sie führt ein gekrönter,

Ein herzhafter Held,

Steckt Fahnen des Sieges

Hinaus in die Welt.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler schwebt auf,

Von spanischen Türmen

Brülln Löwen im Lauf

Hoch auf den Pyrenäen,

Und springen voll Lust,

Dich wieder zu sehen,

Dem Feind an die Brust.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler vergnügt

Dem brittischen Einhorn

Auf der Waffe sich wiegt.

Sein Haupt legt das Einhorn

Der Jungfrau zum Schoß,

Und macht die Europa

Vom Talisman los.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler weit spannt

Den Flug vor der Sonne

Und schattet ins Land,

Und bald ward auch darum

Der rheinische Bund

Sub umbra alarum

Tuarum gesund.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adlerflug klingt;

Der bayrische Löwe

Sein deutsches Schwert schwingt;

Und Schwaben und Franken

Und Baden stehn treu,

Der Sieg soll euch danken,

Mein Deutschland wird neu!

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler froh lacht,

Die sieben Provinzen,

Sind herrlich erwacht.

Herr Gott wir dich loben,

Singt jubelnd Holland,

Und Orange boven

Ertönet der Strand.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler erquickt

Den Fittich im Meer schon,

Schon brauset entzückt

Und brandet die Woge.

Frei grüßt schon Triest

Die siegvollen Segel

Von Süd, Ost und West.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adlerflug tönt,

Hoch jauchzet der Rhein auf,

Und Deutschland versöhnt

Schickt freudige Rächer.

Am Bacchus-Altar

Leert sühnend den Becher

Die siegende Schar.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler entzückt

Den Adler der Deutschen

Am Himmel erblickt,

Der tauchet die Flügel

In goldenen Wein,

Da klirren die Fesseln

Und stürzen zum Rhein.

 

Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler nun trinkt,

Gesundheit ihr Helden,

Der Siegskelch erklingt!

Sieg Östreich! Sieg Reuße!

Sieg England! Sieg Schwed'!

Sieg Deutschland! Sieg Preuße!

Sieg Schwert! Sieg Gebet!

 

 

Ein kühler Wind aus Orient

Will uns den Tag verkünden,

Wer recht den lieben Tag erkennt,

Dem muß die Nacht verschwinden.

 

Den Morgenstern, gleich einem Held,

Seh' ich hellfunkelnd schweben;

Er wacht am blauen Himmelszelt

Und wird den Sieg uns geben.

 

 

Ah bassa manelki teremtete,

So bläst der Trompeter, so wünschet ein jeder,

Auf daß es nun endlich recht drauf und dran geh'!

Man streicht sich den Schnurrbart, und giebt ihm den Zwick

Und wiegt in dem Säbel des Feindes Geschick.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Wir fahren auf Rossen zusammengegossen

Wie die Wetterwolken in himmlischer Höh',

Es schmettern wie Blitze die Säbel hervor,

Wer fest nicht im Sitze, der kriegt eins ans Ohr.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Wir ungrischen Husaren, wir haben erfahren,

Daß der Feind nicht gern in die Augen uns seh',

Sein schlechtes Gewissen verträgt kein Gericht,

Ins Gras oft gebissen hat vor uns der Wicht.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Mein Säbel, der treue, den Kampf nun erneue,

Daß noster Franciscus Justitiam seh'.

Wir Ungern wir schlagen mit dem Säbel auf'n Tisch,

Protestor wir sagen, dann geht es von frisch.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Heraus ihr Neuntöter, Pariser Dekreter,

Auf daß man euch a bißl die Kundschaft nachseh'

Und wer nicht kapabel mit Füß' und mit Händ',

Dem schreibet mein Sabel mit Blut aufs Patent:

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Wie riecht ihr neubacken, die russ'schen Kosaken,

Die suchten euch wahrlich recht gründlich die Flöh',

Gespickt mit der Nadel, gespießt und rotiert

Heraus mit dem Bratel, nun wird es transchiert.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Pariser Husaren, die öfters schon waren,

Wo seid ihr? Da grunzet ein Schwein in die Höh':

Vor Magdeburg hieben die Preußen sie klein,

Was übrig geblieben, das fraß ich allein.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Die Sau sah der Unger, sie schwankte vor Hunger,

Er sprach: halt dich immer nur bei der Armee.

Ich mäst' dich mit Garden, mit lauter Offizier,

Die ich mit deiner Schwarten an die Stiefel mir schmier'.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Der lügt wie gedrucket, der die Achseln noch zucket,

Daß er nicht gehaun noch gestochen euch sah.

Dort ließt ihr's im Stiche, hier kriegt ihr's im Hieb.

Mit ungrischer Küche, nehmt halters vorlieb.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Heraus, was noch übrig, ihr seid ja ganz fiebrig,

Heraus nur, ich koch' euch 'nen ungrischen Tee.

Was nackete Pferschen, potz Himmel und Erd'!

Ihr habt untern Märschen nur Wölf' und kein Pferd.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

Ah bassa manelki teremtete!

Ihr könnt einems Reiten auf Lebtag verleiden,

Streu' dich mit Chausseestaub du große Armee,

Dann lerne vom Schneider, zu Wien beim de Bach,

Der kann's viel gescheiter, ihr macht's ihm schlecht nach.

Chor:

Schlechte Reiter Sind nichts weiter

Als sechsbeinige Bärenhäuter.

 

 

Es leben die Soldaten,

So recht von Gottes Gnaden,

Der Himmel ist ihr Zelt,

Ihr Tisch das grüne Feld.

 

Ihr Bette ist der Rasen,

Trompeter müssen blasen,

Guten Morgen, gute Nacht,

Daß man mit Lust erwacht.

 

Ihr Wirtsschild ist die Sonne,

Ihr Freund die volle Tonne,

Ihr Schlafbuhl ist der Mond,

Der in der Sternschanz wohnt.

 

Die Sterne haben Stunden,

Die Sterne haben Runden

Und werden abgelöst,

Drum Schildwacht sei getröst.

 

Wir richten mit dem Schwerte,

Der Leib gehört der Erde,

Die Seel' dem Himmelszelt,

Der Rock bleibt in der Welt.

 

Wer fällt, der bleibet liegen,

Wer steht, der kann noch siegen,

Wer übrig bleibt, hat Recht,

Und wer entflieht, ist schlecht.

 

Zum Hassen oder Lieben

Ist alle Welt getrieben,

Es bleibet keine Wahl,

Der Teufel ist neutral.

 

Bedienet uns ein Bauer,

So schmeckt der Wein fast sauer

Doch ist's ein schöner Schatz

So kriegt sie einen Schmatz.

 

 

Auf mit Gott zum Kampf, ihr Brüder,

Mit dem Schwert und dem Gebete,

Reiß den Sieg vom Himmel nieder,

Deutscher, Russe, Britte, Schwede!

 

Helf' uns Gott, der Herr, der Hohe,

Der auf uns herniederschauet,

Seht schon lodern lichterlohe

Scheiterhaufen rings erbauet.

 

In den Flammen heil'gen Zornes,

In gerechter Rache Gluten

Brennt der Busch des bösen Dornes,

Der die ganze Welt ließ bluten.

 

Selig, wer von ganzem Herzen

Alles, was ihn tief verletzet,

Alle Trauer, alle Schmerzen,

An dies heil'ge Opfer setzet.

 

Denn wir wollen das verbrennen,

Was in Leib und Seel uns störet,

Wer kann das mit Worten nennen,

Was ihn in dem Geist empöret.

 

Elend, Qual und Not und Frevel

Trug und List und Hohn und Lüge,

Schmolz der Feind zu glühem Schwefel,

Daß die Flamme höher schlüge.

 

Freudig drum ihr Kampfesbrüder,

Schließt euch treulich um die Flammen,

Brennt den Dorn zur Asche nieder,

Der ein Ölbaum soll entstammen.

 

Eine Taube soll sich schwingen

Aus der Glut, soll Friedenszweige

Der empörten Erde bringen,

Daß sie aus der Zornflut steige.

 

Friede ward umsonst verlanget,

Unsrer Ehr' und Freiheit Friede,

Auf zum Kampf nun, wer nicht banget,

Und vor keinem Götzen kniete.

 

Vivat alle mit einander,

Vivat Georg und Alexander,

Vivat Friedrich, Vivat Franz!

Vivat hoch der Waffentanz!

Brautkranz!

Viktoria!

Gloria!

 

Theodor Körner an Viktoria

»Ich weiß es wohl, du hast um mich geweint,

Es geht die Welt nichts an, du kennst mich gut,

Wie du mich kennst, so hab' ich es gemeint,

Mit dir, dem Vaterland und meinem Blut,

In Lebenslust hab' ich zur Kunst gestrebt,

Der kann nicht dichten, der nicht gerne lebt.

 

Du weißt es wohl, ich habe gern gelebt,

Ich war so jung, so fröhlich, so gesund,

Das Lied, das meiner Lyra kaum entschwebt,

Trug an der Menschen Herz dein schöner Mund.

O selig Lied! dem Huld die Seele giebt,

Der kann nicht leben, der nicht gerne liebt.

 

Du weißt es wohl, ich habe dich geliebt,

Verzeih, o Liebe, die den Kranz mir wand,

Daß andre Feier mir den Kranz auch giebt,

Den Eichenkranz das deutsche Vaterland.

Bei einer Eiche senkten sie mich ein,

Der kann nicht lieben, der nicht frei will sein.

 

Du weißt es wohl, ich konnte frei nur sein

Mit meines Deutschlands deutscher Kunst und Art,

Und setzte deutsch mein deutsches Leben ein,

Gleich deutschen Dichtern auf der Ritterfahrt.

Der hat gedichtet nicht, geliebt, gelebt,

Der kann nicht frei sein, der dem Tod erbebt.

 

Du weißt es wohl, daß gern den Tod ich starb.

Ich sah Viktoria dich, und stieg hinab,

Leg nun die Kränze all, die ich erwarb,

Kunst, Liebe, Leben, Freiheit, auf mein Grab,

O Epheu, Lorbeer, Myrte, deutsche Eiche,

Singt der Viktoria, was ich verschweige.«

 

Schön war sein Tod, ich traure nicht um ihn.

Der Frühling kömmt, und macht die Bäume grün,

Der Vogel singt, die grünen Räume blühn,

Die Blüte fällt, die reifen Früchte glühn,

Sie bricht der Herbst, die Sänger weiter ziehn.

Still wird die Welt, es neiget sich der Winter,

Und zu des ew'gen Feuers Licht führt Gott die Kinder!

 

 

Soldaten-Katechismus

Bist matt und müd, so sing ein Lied,

Aus Herzenslust, das stärkt die Brust.

 

In höchster Qual fluch' wohl einmal,

In heißem Streit Gott dir's verzeiht.

 

Geh in die Schanz froh wie zum Tanz,

Heil giebt der Tod, das Leben Not.

 

Gefangen sein ist große Pein,

Viel besser ficht bis 's Aug dir bricht.

 

Scheint grausam dir dein Offizier,

Bedenke hart ist Krieges Art.

 

Der Bürger schwätzt, der Prahler wetzt,

Der Krieger ficht, Mensch richte nicht.

 

Nicht räsonier', wie man dich führ',

Du bist im Plan, man giebt ihn an.

 

Montur ist eng, Ordnung gestreng,

Für alles steht, der vor dir geht.

 

Halt trocken rein so Schloß als Stein,

Leicht ist's geputzt und viel es nutzt.

 

Bad', wasche dich, wenn's schicket sich,

Gesund dich's hält, und kost't kein Geld.

 

Wo du quartiert, hilf gern dem Wirt,

Dann tut er dir mehr als Gebühr.

 

Du bist Soldat, die Kriegestat

Sei dein Genuß aus Will und Muß.

 

Hart ist die Nuß, doch beißt das Muß

Den Kern heraus, das sei dein Schmaus!

 

Sei treu der Fahn' stets zugetan,

Du schworst bei ihr, nicht desertier'.

 

Mit Magd und Weib nicht Mutwill treib,

Die dich gebar auch beides war.

 

Getreue Lieb' nur Einer gieb,

Das stärkt in Schlacht und Todesnacht.

 

Wer alle Tag' treibt neuen Scherz,

Hat statt dem Herz 'neu Taubenschlag.

 

Trink nicht zuviel beim Würfelspiel

Das giebt bös Wort und bringt in Mord.

 

Halt auf die Ehr', doch überhör'

Ein Wort, das leicht vom Munde streicht.

 

Hart ist die Zeit, such' keinen Streit,

Als wo der Feind im Feld erscheint.

 

Schneid kein Gesicht dem Schwächern nicht,

Ein Schwacher ist doch auch ein Christ.

 

Verleumd' geschwind kein armes Kind,

Wer Böses spricht, sich selber sticht.

 

Die Landwehr ehr', ihr Dienst ist schwer,

Läßt Hof und Haus und hilft dir aus.

 

In Feindes Land üb' keine Schand,

Das merkt er sich und schützet dich.

 

Doch trau' auch nicht auf jed Gesicht,

Sei streng und mild, ein edles Bild.

 

Wer als dein Feind gesund erscheint,

Dein Bruder wird, ist er blessiert.

 

Bei Glockenklang und Kirchensang

Den Hut fein zieh, und beug die Knie.

 

Wo kein Kapell, die Augen hell

Bei Nacht und Tag zum Himmel schlag.

 

Ein Stoßgebet in Not erhöht

Des Mannes Mut und stillt das Blut.

 

Der Morgenstern steht Gott dem Herrn

Auch vor dem Zelt, ein frommer Held.

 

Mit Gott und Welt sei stets gestellt

Die Rechnung dein hübsch klar und rein.

 

Dann bist du frei, trifft dich das Blei,

Fällt dir dein Los in Gottes Schoß.

 

Am Morgen sprich, Gott segne mich,

Am Abend denk, Gott Schutz mir schenk.

 

Und in der Schlacht, Gott für mich wacht,

Der steht, der fällt, den er bestellt.

 

 

Tiroler Wetter und Barometter beim Aufstand gegen die Franzosen

Treibt mit der Ofengabel

Die Natur nur hinaus,

Ihr seid's nit kumpabel,

Sie findt sich nach Haus.

 

Zur Frühe heut guckte

Mein Stutzen ich an,

Potz Schlakri, da zuckte

Von selber der Hahn.

 

Da wurd' mir's ganz schwüli,

Ich mach's Fenster glei auf,

Von Salzburg weht kühli

A Lüftli herauf.

 

Das reißt mir in der Stuben

Den Apoli von der Wand,

Und schmeißt ihn auf'n andern

Der unter ihm stand.

 

Es wollt' halt nit ruhen,

Es tät halt an Schlag,

Daß hinter der Truhen

In Stücken er lag.

 

Französische Nägel

Sind weich wie a Dreck,

Kaum trifft sie der Schlegel,

So ist der Kopf weg.

 

Am Steierschen Kloben

Mei Stutzen fest hangt,

Der Wind tut dran toben,

Daß es hin und her schwankt.

 

Nu raus aus dem Kasten

Meim Franzl sei Porträt,

Sollst länger nit fasten,

Nu kommst du ans Brett.

 

Gleich unter meim Herrgott

Wo's gewaltig gut hangt,

Nu nehm' ich mein Stutzen,

Weil's zu mir verlangt.

 

Es sind heut die Mucken

Ganz toll aus der Weis',

Das Dach tut mich drucken,

Ich mach' mich auf die Reis'.

 

Es zeigt's der Kalender,

Es krähet's der Hahn,

Daß's Wetter sich änder',

Ich schau's an der Fahn.

 

Ich schau's an der Alpen

Da hangt so a Duft,

Am Grund streicht die Schwalben

Als hätt' sie kein Luft.

 

Franzosen und Ferkel,

Wie wühlens' in der Erd,

Wie druckens' sich z'sammen,

Weil der Adler niederfährt.

 

Mein Dientl sein Katzen,

Die hat's am Geruch,

Sie leckt sich die Bratzen,

Es kommt halt Besuch.

 

Es ist a Gezwitzer

Es ist so a Zeit,

Im Schnee a Geblitzer,

Als wär 'der Adler nit weit.

 

Der Adler, der Kaiser,

Der gewaltig groß Freund,

Der Franzel, der Vater,

Der's gut mit uns meint.

 

Ich mein' halt, mei Himmel,

Ich mein' halt, mei Erd,

Ich mein' halt, das Landel

Dem Franzel gehört.

 

Ihr habt mir's gelaugnet

Mit Händ und mit Füß,

Doch hat mir's behauptet

Mei Stutzen für g'wiß.

 

Mein Stutzen ist wahrhaft,

Er fehlet mir nicht,

Er denkt, wie ich selber,

Sagt's jedem ins G'sicht.

 

Und wer ihm nicht glaubet,

Dem bringt er's halt bei,

Den Stein aufgeschraubet,

Mit Pulver und Blei.

 

Französische Mucken,

Nu packt's euch hinaus,

Nu lüft' ich mit Pulver

Mei'm Kaiser sei Haus.

 

Ich schieß' nu den Vogel

Von der Herberg, ihr Leut',

Voll Flöh war sei Streuen,

Und doppelt sei Kreid'.

 

Potz Schlakri ihr Buben,

Nu werfet die Säu'

Hinab in die Gruben

Und hebt's a Geschrei.

 

Nu packt's euch nur außi,

Franzosen, Juchhe!

Nu mach' ich mich mausi,

Mein Adler ich seh',

 

Er ruft wie a Glocken

Zur heil'gen Kirchfahrt,

Schwebt blau, wie a Locken

Aus'm Herrgott sei'm Bart.

 

Auf d'Knie fallt's nu nieder,

Und danket's all Gott,

Er hilft uns schon wieder

Aus'm feindlichen Spott.

 

Nu außi die Stutzen

Und jaget's die Gäst,

Wir müssen ausputzen

Unserm Adler sei Nest.

 

Es gehört ja beim Schlakri,

Kein Pfau und kein Sau,

Kein Wiedhopf, kein Guckuck,

Im Adler sein Bau.

 

Nu hussau nu hussau,

Nu pürscht sie hinaus,

Und stürzt auch a Gamsel,

So macht's euch nichts draus.

 

Wir haben unsre Sachen

Auf Treuheit gestellt,

Wir duzen den Herrgott,

Und Kaiser und d'Welt.

 

Wir tragen's Gewandel

Wir tragen den Hut,

Schon viel hundert Jahr lang,

Und sie halten sich gut.

 

Wir stehn auf den Hacken

So fest wie die Berg,

Und tragen auf'm Nacken

Die Zeit, wie an Zwerg.

 

Wir haben's getragen,

Wie en meisterlos Kind,

Nu aber wir schlagen

Ihr eins um den Grind.

 

Potz Schlakri ihr Buben

Dem Sandwirt sein Sohn,

Steht auch bei den Preußen,

Und giebt's kein Pardon.

 

Der Riedl und sei Bruder

Sind auch mit dabei,

Die greifen's von außi,

Und machen uns frei.

 

Gemalt auf der Dosen

Tragens' den Hofer im Sack,

Und bietens' den Franzosen

Schneeberger Tabak.

 

O Hofer, mein Hofer,

Du gewaltiger Freund

Du bist nu im Himmel,

Wo die Sonn' runterscheint.

 

Sankt Jörg ist ein Ritter

Im englischen Heer,

Der hängt halt dein Stutzen

Nu neben sein Speer.

 

Du hast auch den Lindwurm

Gen den er sich g'setzt

Oft sakrisch im Landsturm

Zusammengefetzt.

 

O Hofer, mein Hofer

Sei unser Patron,

Leg' für uns a Bitt ein

Im himmlischen Thron.

 

Komm zu uns auf Urlaub,

Und hilf uns im Streit,

Und bring uns a Fahndel

Im Himmel geweiht.

 

Speckbacher, Speckbacher

Nu merken wir dich,

Du bist halt a Streiter,

Und kennst halt die Schlich,

 

Der Adler schon setzet

Auf'n Gletscher sich hin,

Den Schnabel er wetzet,

Da kommt die Lawin'.

 

Nu bückt's euch Franzosen,

Nu kömmt die Lawin',

Der Stoß kömmt von Moskau

Über Preußen und Wien.

 

Und größer und größer

Kömmt's niedergebraust

Nu ludelt ihr Dienteln,

Daß's den Kindern nit graust.

 

Apoli, Apoli

Das Eis taut nu auf

Nu läuft dir halt 's Wasser

Auf d'Windmühl' hinauf.

 

Nu schickt's mit Faschinen

Den Wasserbaron,

Und laßt's ihn besprechen

Mit der Ehrenlegion.

 

Ganz anders läuft's Wasser,

Wo Gott drüber kreist

Als Wasser, wo der Hoffart

Das Geld hineinschmeißt.

 

Nu führt's Luminaten

Noch d'Welt hinters Licht,

Nu woll' auch Gott gnaden

's Laternel zerbricht.

 

Nu schickt's den Sterngucker

Den Allerweltsfreund

Und laßt's ihn taxieren,

Wie der Apolistern scheint.

 

Nu helfet's ihr Buben

Der Lawinen herab,

Französische Ruben

Ein tirolisches Grab.

 

Hinunter, hinunter

Wo's steil und wo's schmal,

Mit französischem Plunder

Vom Berg in das Tal.

 

Die Wildwasser wälzen

Sie durch Distel und Dorn,

Es stürzen die Felsen

Sich drüber im Zorn.

 

Ein Engel ganz feurig

Steht drauf und ruft aus:

Gott ist kein Franzos nicht,

Drum schmeißt sie hinaus.

 

Ins heil'gen Gott's Namen

Mei Dientel gute Nacht,

Vater unser und Amen,

Daß es blitzet und kracht!

 

 

Rheinübergang

Kriegsrundgesang

Zum Besten eines Armen,

Der Dichter hat die Lust davon,

Wer mehr gibt, hat Erbarmen,

Ein Groschen mehr, bringt Gottes Lohn!

 

Auf, ihr starken Siegesbrüder,

Brecht mit Sang und Klang die Nacht,

Singt den Schicksalssternen Lieder,

Bis der Tag uns jenseits lacht.

 

Chor

 

Singen, klingen, Fahnen schwingen,

Feinde zwingen, Sieg erringen,

Nach den Friedenspalmen springen,

Und wenn sie am Himmel hingen!

 

Lasset uns die Becher leeren,

Ihm, der strenge ist und gut,

Unserm Vater Franz zu Ehren

Unsern Wein und unser Blut!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Hat er doch sein Blut gegeben

Für uns in des Feindes Hand,

Wer kann ihn genug erheben,

Daß er unsre Not erkannt.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Heiliger war ihm das Rechte,

Als was ihm das Liebste war,

Darum stehn wir im Gefechte,

Des getreusten Kaisers Schar.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Herrlich! herrlich! sich vergessen,

Und das Seine um die Welt,

Seine Not nach unsrer messen,

Konnte Franz, er ist ein Held!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Dann laßt uns die Becher leeren

Jedem Deutschen, der schon fiel.

Heldengeister, Schar der Ehren!

Seht, wir grüßen euch am Ziel.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Über euch schon wallen Saaten,

Über euch nun wallt das Heer,

Was die Feinde niedertraten,

Stellen eure Brüder her.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Stoßet an ihr heil'gen Zecher,

Heil dir Asperns Lorbeerschar,

Heil! es bringen deine Rächer

Einen Geistertrunk dir dar.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Und nun laßt ein Glas uns gießen

In des alten Moskaus Brand,

Der den starken nord'schen Riesen

Also herrlich hat ermannt.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Moskau brennt uns in den Seelen,

Löschet Brüder, trinkt den Wein,

Denn ein glühend Schwert zu stählen,

Muß es gut gekühlet sein.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Einen Becher laßt uns bringen

Nun der Preußen kühnem Heer,

Die so heldenfreudig ringen,

Als ob Gott mit ihnen wär'.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Wahrlich! wahrlich! solchen Streitern

Um die Freiheit, um das Heil,

Stellt der Himmel selbst die Leitern

Und dann ist kein Sieg zu steil.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Und nun leer' ich meinen Becher,

Auch der Schweden Carl Johann,

Grüßet ihn, getreue Zecher,

Der wie Gustav kämpfen kann.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Grüßet ihn, auf ihn, wie Saulus,

Kam das rechte Siegeslicht,

Daß er nun, ein starker Paulus,

Für das Heil der Völker ficht.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Aber nun den Becher kränzet,

Stoßet an im hohen Ton,

Daß es klinget, daß es glänzet,

Für den hohen Wellington.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Wellington, die Wellen tönen

Wogend dich auch Albion,

Und Hispanien, dich zu krönen,

Treibet Lorbeerhaine schon.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Was wir in den Herzen tragen

Hohes Wort, Viktoria,

Hast du aus dem Feind geschlagen,

Siegreich bei Vittoria.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Und dann laßt uns jubelnd trinken

Für Hispaniens heil'ge Schar,

Nimmer wird die Schwelle sinken,

Kämpft dies Volk am Hausaltar.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Nimmer auf des Herkuls Säulen

Bauet sich ein fremder Thron,

Vor Gibraltars Fels, dem steilen,

Steht der David, Wellington.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Hoch schon auf den Pyrenäen

Sucht er seiner Schleuder Stein,

Und kein Riese bleibt ihm stehen,

Scheinet gleich der Gegner klein.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Aber groß ist nicht, wer viele

Wie ein Xerxes überschifft,

Groß ist, wer zu heil'gem Ziele

Mit gerechtem Wurfe trifft.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Groß ist nicht, wer breit und lange

Schatten in die Welt hin streut,

Vor dem Sonnenuntergange

Wächst der Schatten allezeit.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Seht, wie Josua begehrte

Einst der Sonne Stillestand,

Hat der Held mit frommem Schwerte

Spaniens Sonne auch gebannt.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Und wie einst die Mauern sanken

Vor Posaunen Gideons,

Sehn wir alle Festen wanken

Vor dem Siegsschall Wellingtons.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Trinkt dem Helden, ewig leben

David, Josua, Gideon,

Und die Pyrenäen heben

Dir das Denkmal, Wellington!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Nun wollt voll den Becher gießen,

Daß er sühnend überrinnt,

Bayern, Schwaben, Baden, grüßen.

Alle sind nun deutsch gesinnt.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Alle, alle sind berufen

Und es eilt die deutsche Schar

Auf des Rheines Rebenstufen

Zu des Bacchus Siegaltar.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Seid gegrüßt ihr Rebenhügel,

Sei gegrüßt du frommer Rhein,

Unter deutschem Adlerflügel,

Reife wieder deutscher Wein.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Unsrer Sprache heil'ge Zungen

Stimmen all in einen Klang,

Und am Rheine voll erklungen

Ist der deutsche Siegsgesang.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Goldorangen lass' ich schwimmen,

Höhern Glanz gewinnt mein Wein,

Und Oranje boven stimmen

Hollands freie Männer ein.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Ha! wie feurig ihre Flagge

Schon von freien Festen flammt,

Freudenfeuer ist im Dache,

Auf! die Siegsflut frisch entdammt!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Über Maas aus allen Banden

Trinkt und fliegt das freie Chor,

Und schon tauchen Niederlanden

Aus der Zornflut grün empor.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Nun sei treu von uns umschlossen,

Deutsche Eidgenossenschaft,

Auch in uns sind Eidgenossen

Sieg und Eifer, Mut und Kraft.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Was ihr fest erstrebt im Kleinen,

Will in uns der große Krieg:

Einen Mittler nur, sonst keinen,

Kennen wir, er gibt den Sieg.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Wollt drum mit uns niederknien,

Schweizer! über freien Grund

Will die Welt zur Freiheit ziehen,

Stimmet ein mit deutschem Mund!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Heil ihm, der an Himmelszelten

Also stellt der Sterne Heer,

Daß der Siegskranz frommen Helden

Segnend fällt auf Schwert und Speer!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Heil und Ruhm dem Siegesfürsten,

Euch und uns und aller Welt,

Allen, die nach Friede dürsten,

Half und hilft der ewige Held.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Unterm Siegesbundessiegel

Trink' ich nun Versöhnungswein,

Rausche deutscher Adlerflügel,

Ha! die Fessel klirrt zum Rhein.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Treu umschlungen, frei gerungen,

Blut sei Wein und Wein sei Blut,

Nur den Thyrsus kühn geschwungen,

Ha, schon teilet sich die Flut!

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

In der Franken schönem Reiche

Blüht der Ölbaum frei im Feld,

Auf, und brechet Friedenszweige

Der empörten armen Welt.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Rinnet ab, ihr zorn'gen Wogen,

Erde, tauche grün empor,

Unter Gottes Regenbogen

Klinget dann der Friedenschor.

 

Chor

 

Singen, klingen usw.

 

Und dann pflanze ein gerechter

Noah uns den Siegeswein,

Deiner Freiheit fromme Fechter,

Trag zum Sieg nun, Vater Rhein!

 

Chor

 

Singen, klingen, Fahnen schwingen,

Feinde zwingen, Sieg erringen,

Nach den Friedenskronen springen,

Und wenn sie am Himmel hingen,

Auf, es wird mit Gott gelingen!

 

 

Nachklänge Beethovenscher Musik

1.

Einsamkeit, du Geisterbronnen,

Mutter aller heil'gen Quellen,

Zauberspiegel innrer Sonnen,

Die berauschet überschwellen,

Seit ich durft' in deine Wonnen

Das betrübte Leben stellen,

Seit du ganz mich überronnen

Mit den dunklen Wunderwellen,

Hab' zu tönen ich begonnen,

Und nun klingen all die hellen

Sternenchöre meiner Seele,

Deren Takt ein Gott mir zähle,

Alle Sonnen meines Herzens,

Die Planeten meiner Lust,

Die Kometen meines Schmerzens,

Klingen hoch in meiner Brust.

In dem Monde meiner Wehmut,

Alles Glanzes unbewußt,

Kann ich singen und in Demut

Vor den Schätzen meines Innern,

Vor der Armut meines Lebens,

Vor der Allmacht meines Strebens

Dein, o Ew'ger, mich erinnern!

Alles andre ist vergebens.

 

2.

Gott, dein Himmel faßt mich in den Haaren,

Deine Erde zieht mich in die Hölle,

Gott, wie soll ich doch mein Herz bewahren,

Daß ich deine Schätze sicherstelle,

Also fleht der Sänger und es fließen

Seine Klagen hin wie Feuerbronnen,

Die mit weiten Meeren ihn umschließen;

Doch inmitten hat er Grund gewonnen,

Und er wächst zum rätselvollen Riesen.

Memnons Bild, des Aufgangs erste Sonnen,

Ihre Strahlen dir zur Stirne schießen,

Klänge, die die alte Nacht ersonnen

Tönest du, den jüngsten Tag zu grüßen:

Auserwählt sind wen'ge, doch berufen

Alle, die da hören, an die Stufen. –

 

3.

Selig, wer ohne Sinne

Schwebt, wie ein Geist auf dem Wasser,

Nicht wie ein Schiff – die Flaggen

Wechslend der Zeit, und Segel

Blähend, wie heute der Wind weht,

Nein ohne Sinne, dem Gott gleich,

Selbst sich nur wissend und dichtend

Schafft er die Welt, die er selbst ist,

Und es sündigt der Mensch drauf,

Und es war nicht sein Wille!

Aber geteilet ist alles.

Keinem ward alles, denn jedes

Hat einen Herrn, nur der Herr nicht;

Einsam ist er und dient nicht,

So auch der Sänger!

 

4.

Nichts weiß ich von dir, o Wellington,

Aber die Welle

Tönt deinen Namen so brittisch.

Kleinod der Erde, England

Eiland, vom Meere gegürtet

Jungfräulich, Arche auf grünenden

Hügeln ruhend, der Sündflut

Bist du entrücket, dich lieb' ich,

Nicht um handelbequeme

Gestalt in mancher Vollendung,

Nein um dich nur, denn heilig

Sind wohl die Inseln. Die Sterne

Gürtet umsonst nicht das Blau,

Und die sehenden Augen,

Wunderinseln des Lichtes,

Schwimmen umsonst nicht im Glanz;

Was umarmt ist, ist Tempel,

Freistatt des Geistes, der die Welt trägt.

Wer möchte sonst leben?

 

5.

Wer hat die Schlacht geschlagen,

Wer hat die Schlacht getönt,

Wer hat den Sichelwagen,

Der über das Blutfeld dröhnt,

Harmonisch hinübergetragen,

Daß sich der Schmerz versöhnt?

Wen hat in heißen Tagen

Ein solcher Kranz gekrönt,

Wer darf so herrlich ragen,

Von Sieg und Kunst verschönt.

Wellington in Tones Welle

Woget und wallet die Schlacht,

Wie eines Vulkanes Helle,

Durch die heilige Sternennacht.

Er spannt dir das Roß aus dem Wagen,

Und zieht dich mit Wunderakkorden

Durch ewig tönende Pforten.

Triumph, auf Klängen getragen!

Wellington, Viktoria!

Beethoven, Gloria!

 

 

Die drei Namen der Liebe des Österreichers

Am Geburtstage Ihrer k.k. Majestät von Österreich am 11. Februar 1814 im k.k. Theater nächst der Burg – durch Madame Korn in der Rolle des Theodor im kleinen Deklamator von Kotzebue

 

Ihr wollt ein Lied, ein Lied der Freude

Nur eines kann ich sagen heute.

Hört still mich an, teilt meine Wonne,

Uns allen leuchtet eine Sonne.

 

Drei Namen nenn' ich euch segenreich,

Sie stehn mit der Freude im Bunde,

Jed Herz bewegt sich in Wonne gleich,

Wenn sie tönen von Munde zu Munde:

Franz, Marie Luise und Österreich,

O liebet uns immer, wir lieben euch!

 

Unser Vater ist Franz, der siegreiche Franz!

Der Tag, der uns ihn gegeben,

Sieht heut ihn gekrönt mit dem Siegeskranz,

Der ewig wird über ihm schweben,

Denn des Sieges Kranz in ewigem Licht,

Ist der Kranz, den Liebe der Völker flicht.

 

Unsre Mutter nenn' ich, die Huld umgiebt,

Die hohe Marie Luise

Kein Kind lebt, das seine Mutter liebt,

Das nicht ins Gebet sie schließe,

Denn es blühet der Anmut, des Geistes Zier

Im Krondiademe der Hoheit Ihr.

 

Unser Vaterland nenn' ich dich Österreich,

Dich Östreich in Siegesweihe;

Welch Vaterland tut es dem meinen gleich

An Stärke, an Liebe, an Treue.

Durch sie, durch sie nur strahlet allein

Östreich in freudigem Siegesschein.

 

Und die Stärke, sie ist der Vater – Franz

Die Liebe ist die Mutter – Luise

Und die Treue ist Östreichs schönster Glanz,

Der ewig die Herrscher umfließe.

Denn wo sich die Stärke der Liebe verband,

Hat Treue ihr ewiges Vaterland.

 

Drei Namen nannt' ich euch segenreich,

Sie stehn mit der Freude im Bunde,

Jed Herz bewegt sich in Wonne gleich,

Wenn sie tönen vom Munde zu Munde

Franz, Marie Luise, und Österreich,

O liebet uns immer, wir lieben euch!

 

Ich nannte die Namen, teilt all meine Wonne,

Uns allen leuchtet nur eine Sonne!

 

 

Mägdlein, schlag die Augen nieder,

Blicke, die zu heftig steigen,

Plaudern alles fälschlich wieder,

Was die Lippen zart verschweigen.

 

Mägdlein, woll' die Augen senken

Such' den Schlüssel an der Erde,

Sie wird ihn der Demut schenken,

Daß der Himmel offen werde.

 

Mägdlein, laß die Wimper sinken;

Wenn die Blumen aufwärts sehen,

Deinem Blick herabzuwinken,

Wolle nicht vorübergehen.

 

Mägdlein, nicht die Augen hebe,

Allzuoft und kalt und schnelle,

Daß dein Blick den Himmel gebe

Einem nur an rechter Stelle.

 

Mägdlein, wer herniederblicket,

Der hat wohl sein Herz erbauet,

Der hat schon sein Haus beschicket,

Eh' er sich der Welt vertrauet.

 

Mägdlein, hast du keinen Spiegel,

Der dich in dich selber scheinet,

Deine Augen sind zwei Siegel,

Denen ganz dein Heil versteinet.

 

Mägdlein, senktest du die Augen,

Den Endymion zu wecken,

Würdest du zu lieben taugen,

Und nun taugst du nur zum Necken.

 

Mägdlein, woll' zur Erde sehen,

Lasse deine Augen weiden,

Und sie werden auferstehen

Und dich wie zwei Sterne kleiden.

 

Mägdlein, diese Augensterne

Magst du dann dem Himmel weihen;

Daß die Erde lieben lerne,

Mußt du ihr die Augen leihen!

 

 

In das Stammbuch eines starkaugigten Mädchens

Mägdlein, schlag die Augen nieder,

Blicke, die so heftig steigen,

Plaudern alles fälschlich wieder,

Was die Lippen zart verschweigen.

 

Mägdlein, woll' die Augen senken,

Such' den Schlüssel an der Erde,

Sie wird ihn der Demut schenken,

Daß der Himmel offen werde.

 

Mägdlein, laß die Wimper sinken,

Fromme Blumen aufwärts sehen,

Deinen Blick herabzuwinken,

Wolle nicht vorübergehen.

 

Mägdlein, nicht die Augen hebe

Allzuoft und stark und schnelle,

Daß dein Blick den Himmel gebe,

Einmal nur an rechter Stelle.

 

Mägdlein, wer herniederblicket,

Der hat wohl sein Herz erbauet,

Der hat fromm sein Haus beschicket,

Eh' er sich der Welt vertrauet.

 

Mägdlein, senktest du die Augen

Den Endymion zu wecken,

Würdest du zu lieben taugen,

Jetzt nur taugest du zum Necken.

 

Mägdlein, woll' zur Erde sehen,

Dort laß deine Augen weiden,

Bis sie schüchtern auferstehen,

Und dich wie zwei Sterne kleiden.

 

Mägdlein, diese Augensterne

Magst du dann dem Himmel weihen,

Daß die Erde lieben lerne,

Mußt du ihr die Augen leihen.

 

 

Worte am Hügel

Ein Gelegenheitsgedicht an eine Familienmutter Fr.v.H. –

 

Herr, du hast mit vollem Blütensegen

Meines Lebens Frühling mir geschmücket,

Freudig hab' ich auf des Sommers Wegen

Goldne Früchte deiner Huld gepflücket,

Treibt der Herbst die Blätter mir entgegen,

Ist die volle Traube ausgedrücket

Zeig' ich in des heil'gen Weines Schein

Dir dein Ebenbild den Menschen rein.

 

Fromme Eltern hast du mir gegeben,

Und die klare Seele mir umwand

Lieblich leicht ein Leib zu Lust und Leben

Daß ich in dem schönsten Vaterland

Einer Hebe gleich umkränzt mit Reben

An des Rheines deutscher Woge stand,

Schönen Gartens, edlen Stammes Blüte,

War ich selig, Herr, durch deine Güte.

 

Und du führtest, Herr, auf sanftem Flügel

Mich die Jungfrau, wo mein Kranz entsprossen,

Hin zu meines Lebens frohem Hügel

Wo sich reich die Aussicht mir erschlossen,

Und des Heiles Quelle ohne Zügel

Sich in meines Lebens Tal ergossen,

Und des Hügels Lorbeern zu verschönen

Könnt' ich sie mit Myrtenkränzen krönen.

 

Aus des eignen Lebens Frühlingstrieben

Sah ich edle Zweige mich umranken,

Kinder wurden mir, die treu mich lieben

Und dir, Herr, für ihre Mutter danken,

Töchter, welche Zucht und Künste üben,

Söhne, frei voll göttlicher Gedanken,

Und so blühet ewig unverloren,

Herr, dein Schatz mir neu aus mir geboren.

 

Alles, was ein Mutterherz ersehnen

Was getreue Sorge wünschen mag

Ihrer Lieben Leben zu verschönen,

Herr, durch dich mir vorbereitet lag,

Und so tritt mein Glück in edlen Söhnen

Und in frommen Töchtern hell zu Tag,

Reich bin ich, der Kinder Geist zu schmücken,

Die mich, Herr, durch deine Huld beglücken.

 

Und so seh' ich, Karl, den ernsten Jungen

Dort im Bilde sinnend, ernst und klug,

Er und deine Welt sind wohl gelungen,

Aber ihm scheint sie nicht gut genug,

Hat er erst sie in sich selbst errungen

Wird ein Lächeln wohl der trübe Zug,

Der ihn, wie des Fürsten Bild umschwebet,

Der umsonst nach einem Freund gestrebet.

 

Aber hier wie kühn, verliebt, schwermütig,

Jugendlich, erwartend, froh und träumend

Waffenlustig, launig, keck und gütig

Trotzt mein Clemens, sich mit Stahl umsäumend

Lieber Jüngling vor Frau Venus hüt' dich,

Deren Bild aus goldnen Bechern schäumend

Gern der Knaben trotz'ge Locken scheitelt,

Und der Stirne freien Plan vereitelt.

 

Und Marie blicket aus dem Bilde

Als ob höre sie des Engels Gruß,

Also dacht' der Maler sich die milde,

Aber ich, ich wünsch' ihr einen Kuß

Von des Mondes zauberischem Schilde,

Daß sie liebend wiederküssen muß,

Könnt' ich ihre stillen Augen schließen;

Säh' ich vor Maria Heloisen.

 

Also dacht' ich, da in Dämmerungen

Mich die lieben Bilder rings umgeben,

Und da ist ein Saitenspiel erklungen,

Goldne Töne ernsthaft mich umschweben,

Wer hat also kühn den Klang geschwungen?

Wer mag also frei die Töne weben,

Aus den Tönen spricht ein heil'ger Wille,

Bist du es Nanny, meine Ernste, Stille?

 

Liebe Mutter, ja die Stille bin ich,

Aber, was da klinget, ist die Liebe,

Und weil sie so lieblich klinget, sinn' ich,

Ob wohl noch ein Ton unklingend bliebe.

Denn mein schweigend Herz liebt Gott so innig

Daß ich alles gern zu tönen triebe,

Ach zu Tönen, die allein unschuldig

Sagen, was die Lieb' der Liebe schuldig.

 

Also spricht ihr Spiel, und bricht in hellen

Freuden funkelnd aus und zierlich schlüpfet

Wie der Frühling von den Blumenschwellen

Fanny vor mir hin und kindisch hüpfet

In des zarten Leibes schönen Wellen

Unschuld, Anmut, Mutwill frei verknüpfet

Und die blonden seidnen Jugendlocken

Gaukeln um sie wie des Maies Glocken.

 

Und so kann ich schweigend selig lauschen,

Wenn des Lebens Wogen niedereilen

Wenn die Töne in die Nacht verrauschen,

Was da ewig ist, muß doch verweilen

Herr, dann möcht' ich nicht mit Göttern tauschen,

Wenn die Kinder all ans Herz mir eilen

Und mich also innig kindlich lieben,

Weil ich, Herr, vor dir ein Kind geblieben.

 

 

Wie du sollst in Schönheit wallen

Und dem Herrn doch wohlgefallen?

Frag die Wiesenblümelein

Die nicht ihrer Schönheit denken,

Sich der Sonne heben, senken,

Einsam duften und allein,

Wo sie sproßten, in dem Garten

Ruhig auch den Tod erwarten

Ihrer Schönheit ew'gen Samen

Gottes Lüften gern vertrauen

Freudig sterben und nicht schauen

Wo der Herr sie aus will säen in Gottes Namen.

Nichts vergehet, nichts entstehet

Alles ist unendlich da

Doch die armen Augen taugen

Nur den Tod zu sehn.

Dichter, du sollst eingestehn,

Daß die Rose, die verblichen

Du der Sterblichkeit verglichen,

Eh' sie war, und da sie glühte,

Und nachdem sie längst verblühte,

Daß die Rose eh und je

Die ich hier erblassen seh',

Ewiglich in Gott florieret

Und wer dieses recht verstehet

Triumphieret:

Nichts vergehet, nichts entstehet,

Alles ist unendlich da!

 

28. Febr. 1815

im letzten Jahr der Poesie

und im ersten und schlechtesten der Architektur.

 

 

Wie du sollst in Schönheit wallen

Und dem Herrn doch wohlgefallen?

Frag die Wiesenblümelein

Die nicht ihrer Schönheit denken

Sich der Sonne heben – senken

Einsam duften und allein,

Wo sie sproßten in dem Garten

Ruhig auch den Tod erwarten,

Ihrer Schönheit ew'gen Samen,

Gottes Lüften gern vertrauen

Freudig sterben und nicht schauen,

Wo der Herr sie aus will säen in seinem Namen.

Nichts vergehet nichts entstehet,

Alles ist unendlich da

Denn der Herr ist O und A!

Doch die armen Augen taugen

Nur den ird'schen Tod zu sehn,

Dichter, du sollst eingestehn,

Daß die Rose, die verblichen

Du der Sterblichkeit verglichen

Eh' sie war, und da sie glühte

Und nachdem sie längst verblühte,

Daß die Rose eh und je,

Die ich hier erblassen seh',

Ewiglich in Gott florieret,

Und wer dieses recht verstehet,

Triumphieret

Nichts vergehet, nichts entstehet

Alles ist unendlich da,

Denn der Herr ist O und A.

 

 

In dem Lichte wohnt das Heil,

Doch der Pfad ist uns verloren

Oder unerklimmbar steil,

Wenn wir außer uns ihn steigen

Werden wir am Abgrund schwindeln

Aber in uns selbst, da zeigen

Klar und rein die Pfade sich

Glauben, Hoffen, Lieben, Schweigen,

Laß uns diese Pfade steigen,

Daß wir nicht am Abgrund schwindeln.

Wollte Gott herab sich neigen

Und uns seine Hände reichen,

Sieh den Gottessohn in Windeln!

 

 

 

Ein jeder bleib' auf seiner Stell'

Der Rhein ist keine Gosse

Es bricht den Hals der Neufchâtel

Auf einem alten Schlosse.

 

 

Bei Christian Grafen von Stolbergs Tod zu St. Amand, in der Schlacht de la belle Alliance, den 19. Juni 1815

Der Krieg zog aus, zu kaufen

Ein ungewisses Los,

Und wirft zu ganzen Haufen

Dem Sieg die höchsten Güter in den Schoß.

 

In freudigem Vertrauen

Kränzt sich, wer übrig blieb,

Und ich muß niederschauen,

Denn Einer sank, er war den Besten lieb.

 

Du Spiegel aller Güte,

Du frommes Jugendblut,

Du sankst, du Adelsblüte,

Mein Stolberg, o wir waren dir so gut.

 

So stark, so frei, so tüchtig,

So kindlich, freudig, fromm,

So mutig und so züchtig,

Mein Stolberg war im Himmel recht willkomm.

 

Sagt! wer verdient zu siegen,

Wer gilt so hohen Preis,

Wenn solche Opfer liegen

Zu des Triumphes blut'gem Ehrengleis.

 

Drum horcht, ihr Siegesmeister,

Wenn man die Fahne schwingt,

Drin rauschen edle Geister,

Die keine Lügenkunst je wiederbringt.

 

Wißt, daß ein Tag muß kommen

In Volks-, in Gotteskraft,

Wo Rechnung wird genommen

Für alle, die der Sieg hat hingerafft.

 

Der Braunschweig ist gestorben,

Der hat sich ausgelöst

Rechtfertigung erworben,

Von allen Fürstenschulden sich entblößt.

 

Es stirbt durch Rosses Hufen

Kein Hälmlein in dem Feld,

Daß, der den Reuter gerufen,

Nicht werde drum in das Gericht gestellt.

 

Die Saaten sollt ihr hüten,

Die frommes Blut getränkt,

Dem Vaterland vergüten,

Das Leben, das der Opfernde ihm schenkt.

 

Nur darum ist gefallen

Stolberg aus freiem Mut,

Daß den Gerechten allen

Sein freies teutsches Leben komm zu gut.

 

Dies ist der letzte Willen

Bei jedes Helden Tod,

Und diesen zu erfüllen,

Das tut euch Fürsten, und dir Teutschland not.

 

Mit seines Vaters Segen

Und mit dem Kuß der Braut,

Und mit dem teutschen Degen

Hat seinen ganzen Schatz er Gott vertraut.

 

Der hat ihn hingenommen

Aus dieser wilden Welt,

Den Starken, Reinen, Frommen

Dort bessern Kampfes Siegern zugesellt.

 

So ihr den Sieg nicht ehret

Den solches Blut erkauft,

So ihr zum Bösen kehret

Den Sieg, den solcher Unschuld Blut getauft,

 

Dann sterbt für Volkes Taten,

Die ihr im Wappen tragt,

Den Tod der Diplomaten,

Die um verhaltnen Lohn solch Blut anklagt.

 

O Gott im Himmelreiche

Erleuchte unsre Herrn,

Daß unsre Ernde gleiche

Der Saat, dann fielen unsre Lieben gern.

 

 

Sonett dem 23. August 1815 geweiht

Seh' täglich ich mit seltnen Herzensgaben

Und mit der reichsten Fülle der Empfindung

So hohe Geistesklarheit in Verbindung,

An Ihrem Umgang Geist und Herz zu laben,

Nach Leiden, die oft schwer gedrückt Sie haben,

Noch Ihre männlich starke Überwindung,

Erhabner Seelen einzig echte Kündung,

Nur in dem eignen Busen still vergraben:

Ha! wie vermöcht' ich länger noch zu weilen,

Um Ihr Bewunderung, Ehrfurcht auszudrücken?

Es sei der Edlen drum, die diese Zeilen

Geheim nur nennen, laut mein Lob gesungen!

Ein Freudenkranz, von Freundschaft, Lieb' geschlungen,

Lang müss' er frisch noch Ihre Schläfe schmücken!

 

 

An Frau Milderhauptmann, bei Gelegenheit der zweiten Aufführung des Fidelio in Berlin

Hast du das Leben als Theaterproben

Vielleicht erkannt; dann freilich scheint dir matt

Der bretterne Triumph, zu gut zum Loben

Bist du dann wohl des Erdenbeifalls satt;

Nicht hilft dir's, wird der Vorhang dort gehoben,

Daß man dich hier herausgerufen hat;

Hier gilt heraus, dort gilt herein gerufen,

Diesseit'ge Gipfel sind jenseit'ge Stufen.

 

Drum zürne nicht, mein Lob geht dich nichts an,

Es mag dir wohl gefallen oder schlecht,

Nicht was du selbst, was Gott an dir getan,

Das rührte mich so tief, das war mir recht.

Der Himmel weiß, ich bin nicht untertan

Dem trillernden agierenden Geschlecht,

Ich muß die meisten lauter Schuld beschuld'gen

Um deines Genius Zucht und Huld zu huld'gen.

 

Bisarrheit wär' Pizarro der Tyrann,

Der uns Beethoven, Herrn der tiefern Kunst,

Gefangen hielte gleich dem Florestan?

Nein Schlendrian und Neid um Brettergunst

Verdrängten ihn; doch alten Leierbann

Brach nicht vergebens seine heil'ge Brunst;

Dir Fesseln und der Menge Taubheit springen,

Sie hört ihn milder als Fidelio singen.

 

Wem so sein Lied aus milder Brust erklingt,

Wär's nur ein Trostquell, der aus Kerkerswand

Der Zeit durch milder Muse Zauber springt

Dess' Durst kredenzet milder Engel Hand,

Den Becher, daß er selig Töne trinkt,

Ich sage selig, weil er an dem Rand

Des Klangpokals mit Lust berührt die Stelle,

Wo milder Huldin Lippe zutrank Trostes Quelle.

 

 

Merkt, o güt'ge Freunde meines Klanges,

Wenn des Liedes Traum Sturmschwingen regt,

Daß ein Schwanensang hier hohen Ranges

Adlerflügel-Klang zur Sonne trägt.

Ludwigs Weise, Ziel des Lobgesanges,

Ist ihm, ja es selbst sich unterlegt.

Körners Lied von Ludwigs Melodieen

Habe Ludwigs Töne ich geliehen. –

Und so wird nach Weisen es gesungen,

Deren Lichtbahn es zu singen strebt;

Ob dem Dichter, ob dem Sänger mehr gelungen

Ob das Wort, der Klang lichttrunkner schwebt? –

Prüft den Kranz, ich habe ihn geschlungen,

Daß ihr Ludwigs Klang dem Dichter gebt;

Und den Sänger grüßt mit Körners Worten,

Die in gleicher Ehre stumm geworden.

 

 

[1816–]

 

Wenn es stürmet auf den Wogen,

Sitzt die Schifferin zu Haus,

Doch ihr Herz ist hingezogen

Auf die weite See hinaus,

 

Bei jeder Welle, die brandet

Schäumend an Ufers Rand,

Denkt sie, er strandet, er strandet, er strandet,

Er kehret mir nimmer zum Land.

 

Bei des Donners wildem Toben

Sitzt die Schäferin zu Haus,

Doch ihr Herz, das schwebet oben

In des Wetters wildem Saus.

 

Bei jedem Strahle, der klirrte

Schmetternd durch Donners Groll,

Denkt sie, mein Hirte, mein Hirte, mein Hirte

Mir nimmermehr kehren soll.

 

Wenn es in dem Abgrund bebet,

Sitzt des Bergmanns Weib zu Haus,

Doch ihr treues Herz, das schwebet

In des Schachtes dunklem Graus.

 

Bei jedem Stoße, der rüttet

Hallend im dunkelen Schacht;

Denkt sie, verschüttet, verschüttet, verschüttet

Ist mein Knapp' in der Erde Nacht.

 

Wenn die Feldschlacht tost und klirret,

Sitzt des Kriegers Weib zu Haus,

Doch ihr banges Herz, das irret

In des Kampfes wilden Strauß.

 

Bei jedem Knall, jedem Hallen

Der Stücke an Bergeswand

Denkt sie gefallen, gefallen, gefallen

Ist mein Held nun fürs Vaterland.

 

Aber fern schon über die Berge,

Zogen die Wetter, der Donner verhallt,

Horch wie die jubelnde, trunkene Lerche,

Tireli, Tireli, siegreich erschallt.

 

Raben zieht weiter!

Himmel wird heiter,

Dringe mir, dringe mir,

Sonne hervor!

 

Jubelnde Lerche,

Über die Berge,

Singe mir, singe mir,

Wonne ins Ohr.

 

Mit Zipreß und Lorbeer kränzet

Sieg das freudig ernste Haupt,

Herr! wenn er mir niederglänzet

Mit dem Trauergrün umlaubt!

 

Dann sternlose Nacht sei willkommen,

Der Herr hat gegeben den Stern,

Der Herr hat genommen, genommen, genommen,

Gelobt sei der Wille des Herrn!

 

 

Draus bei Schleswig vor der Pforte

Wohnen armer Leute viel,

Ach des Feindes wilder Horde

Werden sie das erste Ziel.

Waffenstillstand ist gekündet

Dänen ziehen ab zur Nacht,

 

Russen, Schweden stark verbündet,

Brechen her mit wilder Macht.

Draus bei Schleswig steht vor allen

Weit ein Häuslein ausgesetzt.

 

Draus bei Schleswig in der Hütte

Singt ein frommes Mütterlein,

Herr, in deinen Schoß ich schütte

Alle meine Angst und Pein.

Doch ihr Enkel ohn' Vertrauen,

Zwanzigjährig neuster Zeit,

Hat den Bräutigam zu schauen

Seine Lampe nicht bereit.

Draus bei Schleswig in der Hütte

Singt ein frommes Mütterlein.

 

Eine Mauer um uns baue

Singt das fromme Mütterlein,

Daß dem Feinde vor uns graue

Hüll' in deine Burg uns ein.

Mutter, spricht der Weltgesinnte,

Eine Mauer uns ums Haus

Kriegt unmöglich so geschwinde

Euer lieber Gott heraus.

Eine Mauer um uns baue:

Singt das fromme Mütterlein.

 

Enkel fest ist mein Vertrauen,

Wenn's dem lieben Gott gefällt,

Kann er uns die Mauer bauen,

Was er will ist wohl bestellt.

Trommeln rommdidomm rings prasseln

Die Trompeten schmettern drein,

Rosse wiehern, Wagen rasseln,

Ach nun bricht der Feind herein,

Eine Mauer um uns baue

Singt das fromme Mütterlein.

 

Rings in alle Hütten brechen

Schwed' und Russe mit Geschrei,

Lärmen, fluchen, drängen, zechen.

Doch dies Haus ziehn sie vorbei.

Und der Enkel spricht in Sorgen

Mutter, uns verrät das Lied.

Aber sieh, das Heer vom Morgen

Bis zur Nacht vorüberzieht.

Eine Mauer um uns baue

Singt das fromme Mütterlein.

 

Und am Abend tobt der Winter

An das Fenster schlägt der Nord

Schließt den Laden, liebe Kinder,

Spricht die Alte und singt fort

Aber mit den Flocken fliegen

Vier Kosakenpulke an.

Rings in allen Hütten liegen

Sechzig, auch wohl achtzig Mann.

Eine Mauer um uns baue

Singt das fromme Mütterlein.

 

Bange Nacht voll Kriegsgetöse,

Wie es wiehert, brüllet, schwirrt,

Kantschuhhiebe, Kolbenstöße.

Weh, des Nachbars Fenster klirrt

Hurrah, Stupai, Boschkai, Kurba,

Vinu, Gleba, Biba, Rack

Schreit und flucht und plackt die Turba.

Erst am Morgen zieht der Pack.

Eine Mauer um uns baue

Singt das fromme Mütterlein.

 

Eine Mauer um uns baue

Singt sie fort die ganze Nacht.

Morgens ward es still, o schaue

Enkel, was der Nachbar macht!

Auf nach innen geht die Türe,

Nimmer käm' er sonst hinaus.

Daß er Gottes Allmacht spüre,

Lag der Schnee wohl mannshoch draus.

Eine Mauer um uns baue,

Sang das fromme Mütterlein!

 

Ja der Herr kann Mauern bauen.

Liebe fromme Mutter komm,

Gottes Mauer anzuschauen,

Sprach der Enkel und ward fromm.

Achtzehnhundertvierzehn war es,

Als der Herr die Mauer baut,

In der fünften Nacht des Jahres

Hat's dem Feind vor ihr gegraut.

Eine Mauer um uns baue.

Sing' ich mit dem Mütterlein.

 

 

Daß ich nicht wüßte,

Denn vieles ist kurios,

So meiner Mutter Brüste

Wie meiner Mutter Schoß.

 

 

Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe

1.

Meister, ohne dein Erbarmen

Muß im Abgrund ich verzagen,

Willst du nicht mit starken Armen

Wieder mich zum Lichte tragen.

 

2.

Jährlich greifet deine Güte,

In die Erde, in die Herzen,

Jährlich weckest du die Blüte,

Weckst in mir die alten Schmerzen.

 

3.

Einmal nur zum Licht geboren,

Aber tausendmal gestorben,

Bin ich ohne dich verloren,

Ohne dich in mir verdorben.

 

4.

Wenn sich so die Erde reget,

Wenn die Luft so sonnig wehet,

Dann wird auch die Flut beweget,

Die in Todesbanden stehet.

 

5.

Und in meinem Herzen schauert

Ein betrübter bittrer Bronnen,

Wenn der Frühling draußen lauert,

Kömmt die Angstflut angeronnen.

 

6.

Weh! durch gift'ge Erdenlagen,

Wie die Zeit sie angeschwemmet,

Habe ich den Schacht geschlagen,

Und er ist nur schwach verdämmet.

 

7.

Wenn nun rings die Quellen schwellen,

Wenn der Grund gebärend ringet,

Brechen her die gift'gen Wellen,

Die kein Fluch, kein Witz mir zwinget.

 

8.

Andern ruf' ich, schwimme, schwimme,

Mir kann solcher Ruf nicht taugen,

Denn in mir ja steigt die grimme

Sündflut, bricht aus meinen Augen.

 

9.

Und dann scheinen bös Gezüchte

Mir die bunten Lämmer alle,

Die ich grüßte, süße Früchte,

Die mir reiften, bittre Galle.

 

10.

Herr, erbarme du dich meiner,

Daß mein Herz neu blühend werde,

Mein erbarmte sich noch keiner

Von den Frühlingen der Erde.

 

11.

Meister, wenn dir alle Hände

Nahn mit süßerfüllten Schalen,

Kann ich mit der bittern Spende

Meine Schuld dir nimmer zahlen.

 

12.

Ach, wie ich auch tiefer wühle,

Wie ich schöpfe, wie ich weine,

Nimmer ich den Schwall erspüle

Zum Kristallgrund fest und reine.

 

13.

Immer stürzen mir die Wände,

Jede Schicht hat mich belogen,

Und die arbeitblut'gen Hände

Brennen in den bittern Wogen.

 

14.

Weh! der Raum wird immer enger,

Wilder, wüster stets die Wogen,

Herr, o Herr! ich treib's nicht länger,

Schlage deinen Regenbogen.

 

15.

Herr, ich mahne dich, verschone,

Herr! ich hört' in jungen Tagen,

Wunderbare Rettung wohne

Ach, in deinem Blute, sagen.

 

16.

Und so muß ich zu dir schreien,

Schreien aus der bittern Tiefe,

Könntest du auch nicht verzeihen,

Daß dein Knecht so kühnlich riefe!

 

17.

Daß des Lichtes Quelle wieder

Rein und heilig in mir flute,

Träufle einen Tropfen nieder,

Jesus, mir, von deinem Blute!

 

 

Ich kenn' ein Haus, ein Freudenhaus,

Es hat geschminkte Wangen,

Es hängt ein bunter Kranz heraus,

Drin liegt der Tod gefangen.

 

In meinem Mantel trag' ich hin

Biskuit und süße Weine,

Der Himmel weiß wohl, wer ich bin,

Die Welt schimpft, was ich scheine.

 

Die eine liest mir in der Hand

Sie will mein Unglück lesen,

Die andre malt mich an die Wand,

Und nennt mich holdes Wesen.

 

Die dritte weiß sich flink zu drehn

Es schwindeln mir die Sinne

Und jede dieser bösen Feen

Sucht, wie sie mich umspinne.

 

Doch dorten auf den Arm gelehnt

Sitzt eine stumm und weinet,

Sie hat sich längst mit Gott versöhnt,

Und sitzet doch und weinet.

 

Was will sie noch in diesem Haus,

Sie muß den Spott erleiden,

Es zischt der freche Chor sie aus,

Du kannst uns doch nicht meiden.

 

Sie schweigt und weint und trägt den Hohn

Den schweren Büßerorden.

Man zuckt die Achseln, kennt sie schon,

Sie ist zur Närrin worden.

 

Doch ich berühr' um sie allein

Die himmelschreinde Schwelle,

Bei ihr, tret' ich zum Saal herein,

Ist meine feste Stelle.

 

Sie achtet's nicht, sie blickt nicht auf.

Wenn alle tanzend fliegen,

Seh' ich mit stetem Tränenlauf

Das bleiche Haupt sie wiegen,

 

So hundert Tage ohne Ruh'

Sah ich sie wanken, weinen

Und sprach, o Weib, welch Kind wiegst du?

Will denn kein Schlaf erscheinen?

 

Du hast dem Leid genug getan,

Gieb mir's, ich will dir's tragen.

Da schrie ihr Blick mich schneidend an,

Doch konnt ihr Mund nichts sagen,

 

Und neulich nachts, um Mitternacht,

Kam ich mit meiner Laute,

Die Pforte hat sie aufgemacht,

Die noch am Fenster schaute.

 

Sie zieht mich in den Garten fort,

Sitzt auf ein Hüglein nieder,

Giebt keinen Blick und giebt kein Wort,

Und weinet stille wieder.

 

Zu ihren Füßen saß ich hin,

Und ehrte ihren Kummer,

Da hat mir Gott ein Lied verliehn,

Ich sang sie in den Schlummer.

 

Ich sang so kindlich, sang so fromm,

Ach säng' ich je so wieder!

O Ruhe komm, ach Friede komm,

Küß ihre Augenlider!

 

Und da sie schlief, da stieg so hold

Ein Kindlein aus dem Hügel,

Trug einen Kranz von Flittergold

Und einen Taschenspiegel,

 

Und brach ein Zweiglein Rosmarin,

Das ihm am Herzen grünet,

Und legt' es auf die Mutter hin,

Und sprach: Gott ist versühnet.

 

Und wo den Rosmarin es brach,

Da bluteten zwei Wunden,

Und als es kaum die Worte sprach,

Ist es vor mir verschwunden.

 

Die Mutter ist nicht mehr erwacht

Noch schläft sie in dem Garten,

Ich steh' und sing' die ganze Nacht,

Kann wohl den Tag erwarten,

 

Da ruft mich Zucht und Ehr' und Pflicht

Aus diesem Haus der Sünde,

Doch von der Mutter lass' ich nicht

Ob ihrem armen Kinde.

 

Es winkt zurück, wenn ich will gehn,

Sitzt an des Hügels Schwelle,

Und kann nicht aus dem Spiegel sehn,

Sein Flitterkranz glänzt helle.

 

Es brach das Haus, der Kranz fiel ab,

Fiel auf den Sarg der Frauen,

Ich blieb getreu, tät bei dem Grab

Mir eine Hütte bauen.

 

Und daß die Schuld nicht mehr erwacht,

Will ich da ewig singen,

Bis Jesus richtend bricht die Nacht,

Bis die Posaunen klingen.

 

Oft mit dem Kind in Sturm und Wind,

Sing' ich auf meinen Knieen,

O Jesus! du gemordet Kind

Du hast ja auch verziehen!

 

Ein Tröpflein deines Blutes nur

Laß auf die Mutter fallen,

Das macht uns rein und klar und pur,

Daß wir zum Lichte wallen.

 

 

Großmutter La Roche legt ihrer Enkelin ein Band am Geburtstag der Mutter Bertha Lützow, ihrer Tochter, in die Hand

April 1816

 

Großmutter will

Ich soll dir singen,

Doch ich schweig' still,

's möcht' übel klingen.

 

Großmutter will

Daß ich dir dichte

Ich tue es still

Blickend zum Lichte.

 

Großmutter will

Daß ich dir spende,

Was sie mir still

Legt in die Hände.

 

Großmutter will

Dich durch mich freuen,

Sie fühlt sich still

In mir erneuen.

 

Großmutter will

Ihr Herz dir geben,

Fühl' du es still

In meinem beben.

 

Großmutter will

Ach Gott weiß was

Küß mich ganz still

Ich glaub 's ist das.

 

Großmutter will,

Küß Vater tüchtig,

Hält er dir still,

So ist es richtig.

 

Großmutter will

Viel Liebs und Gutes

Ich denke still

Mensch will's, Gott tut es.

 

Großmutter will,

Was Gottes Willen,

Ich fühle still,

Er kann uns stillen.

 

Mich, dich und Sie

Und all die frühen

Die nicht mehr hie

Die dort schon blühen.

 

Aus deiner Brust

Nährt um die Wette

Mit Mutterlust

Mich diese Kette.

 

So fühle ich

Mütterlich alle

Selbst Eva dich

Nach deinem Falle.

 

Äpfelchen rot

Das sie genossen

Gab uns den Tod

Brach uns die Sprossen.

 

Höher hinauf

Geht's drum nicht weiter,

Doch stell' ich drauf

Die Himmelsleiter.

 

Mutter und Kind

Seh' ich da weilen

Die ohne Sünd'

Die Lücke heilen.

 

Kind reicht die Hand

Mir in der Taufe,

Auf daß ein Band

Ewiglich laufe.

 

So binde ich

Durch Gottes Werde,

An Himmel dich

Und an die Erde.

 

Solch ein Band schwebt

In meinen Händen

Gottes Hand webt

An beiden Enden.

 

 

O wie so oft

Hab' ich ein Zeichen erhofft,

Zogen

Sterne den schimmernden Bogen

Durch die himmlische Leere

Durch die himmlische Tiefe,

Daß ich der irdischen Schwere

Endlich auf immer entschliefe,

Aber der Morgen

Löschte die Sterne aus,

Weckte die Sorgen,

Weckte des Herzens Haus,

Und des Alltäglichen Macht

Zwang die Ahndung der Nacht.

 

O wie so viel

Nahte der Sehnsucht das Ziel

Sanken

Dürstende müde Gedanken

Hin an brennender Schwelle

Selig kühlender Ferne,

Ach da stürzte zum Herzen die Welle

Und das lachende Licht in die finsteren Sterne,

Aber die Ebbe

Kehrte, die Flut wich,

Heißer die Steppe

Umgürtet mit Glut mich,

Und den brennenden Pfeil

Mahnte das fliehende Ziel zur Eil'.

 

O wie so tief

Oft aus den Wogen mich's rief!

Fielen

Um nach den Sternen zu zielen

Tränen zu spiegelnden Seen

Die zwischen blumigten Wiesen,

Augen der Erde, aufsehen,

Himmlische Kinder zu grüßen.

Aber die Fläche

Ringelt, das Bild bricht,

Bittere Bäche

Rinnet so wild nicht!

Freudig ja springet ein Fisch,

Und ich mord' ihn, decke den Tisch.

 

O wie so rein

Wächst in der Schönheit der Schein,

Scheinet

Sie aus der Einfalt und einet

Recht in der lauteren Klarheit

Strahlen der himmlischen Güte

Zum sehenden sichtbaren Auge der Wahrheit,

Das das schaffet und selbst ist die Frucht und die Blüte

Aber die Dichter

Machen die Glieder zum Leibe gern

Schneiden Gesichter

In einen Kirschenkern

Traurig und lachend, o gebe

Lieber der Erde ihn, daß er lebe

Blütenvoll

Früchtevoll

Dir und den Deinen himmlischen Segen

Gebe

Auf irdischen Wegen.

 

 

An Görres

Knüpf' leichtes Lied zwei Freunde mir zusammen,

Deutsch, fromm, berauscht aus freier Kunst Pokalen.

Mein Görres, Goldmund, dem die Feuerstrahlen

Prophet'scher Warnung von den Lippen flammen,

Frei Herz, das Pharisäer nur verdammen,

Weil Zukunft ihm vertraute ihre Qualen,

Treu Eckart, der dem Tode auf dem fahlen

Mordrosse wollt' den offnen Weg verrammen,

 

Nimm hin dies Spiel gefesselt von der Zeit!

Nicht quirlt Wassugi drin, die Indenschlange,

Den Berg Mandar umziehnd gleich einem Strange,

Im Milchmeer, brauend die Unsterblichkeit.

Nicht mir, Dir nur ist sie zu Dienst bereit,

Daß Deine Weltgesichte sie umfange

Und durch Natur und Zeit im Wirbeldrange

Umwälze, spiegelnd eine Ewigkeit.

 

Gleich Wischnu lächelst Du der dummen Riesen,

Die bauernstolz am Schlangenschwanz nicht zogen

Und von Mohene-Majas Reiz betrogen,

Den Trank der Ewigkeit den Weisen ließen.

Als himmelstürmend sie gen diese stießen,

Da flüchteten in Höhlen und in Wogen,

Die nicht zum Tode Nars allmächt'ger Bogen

Und Narajanas Soodarsan wiesen.

 

Ein leichtres Kriegsspiel habe ich zu geben;

Doch Liebe wiegt ja mit bei den Geschenken,

Die Gabe will des Trostes nur gedenken,

Den du mir überschwenglich gabst im Leben,

Als unter mir die Erde schien zu beben,

Half mir Dein Arm, was stürzte, leis zu senken,

Lernt' ich an Deiner Brust die Schmerzen lenken

Und auf den finstern Wolken lichtwärts schweben.

 

Ich leg' dies Liederband in Deine Hände

Und schwing' hinüber es in leichten Wellen,

Zu einem andern teuern Kunstgesellen;

Wenn schmückend es ein Freundesband umwände,

Am Rhein gewebt von Euch geliebten Beiden,

Müßt' ich mein Lied um solches Glück beneiden.

 

 

An Schinkel

Du selbst wohl magst in heitrer Festlichkeit

Der Frucht und Blumen Schnur mit Band umschlingen,

Und so vom Turme hin zum Turme schwingen

Den himmelfrohen Blicken zum Geleit,

Wenn des Momentes kühne Heiterkeit

Von Gipfeln hin zu Gipfeln möchte springen,

Und nach der Vögel Lied in Blumenringen

Sich schaukeln schwebend überm Erdenstreit.

 

So sei hinüber dann zu Dir gekreist

Mein Liederband von einem Gipfel ab,

Dess' Lavastrom die Rinde überm Grab

Erstarrter Mitwelt oft Dir aufgeeist.

Sei treu begrüßt Du nie erschöpfter Geist,

Dem das Verhältnis seinen Meisterstab,

Das Unermeßliche zu messen, gab,

Daß Ew'ges sich in Grenzen schön erweist.

 

Indessen ein Philister stolz verblüfft

Durch aufgesteiften Leichnam des Vitruv,

Von seines ausgestopften Schulpferds Huf

Sich Hippokrene leckt, Karnieschen knifft,

Bist Du mit Orpheus glaubend eingeschifft,

Und wie in Klangfiguren Schöpferruf,

Wie im Kristall der Ton Gestalt sich schuf,

So Saitenklang in Deine Seele trifft.

 

Gehst Du jetzt wohl an meines Görres Hand,

Dem Liebe hier im Liede Dich gefügt,

Wo ernst der Rhein berauschte Ufer pflügt

Längs alter Tempel schicksalsvollem Rand,

Und malst ihm meisterlich in feuchten Sand

Mit leichtem Stabe, dessen Zug nicht trügt,

Ein Dombild hin, dem nicht die Zeit genügt,

Noch Dir, der es erfand, ihm, der's verstand.

 

Dann denke, daß zuerst er einst gedacht,

Zuerst gesagt: Architektura ist

Erstarrte Musika, die Maß ermißt;

Worüber die Philister dumm gelacht,

Und lieb' ihn drum, sahst Du in stumme Nacht

Die Kunst doch auch verbaut durch Formgenist,

Bis Saitenklang Dir brach das Schulgerüst,

Ausstrahlend vom Gesetz zu Zier und Pracht.

 

Ich weiß, Grundtöne führen Dir den Plan

Und Harmonieen wiegen Dir ihn aus

Und Melodieen treiben bis zum Strauß

Des Gipfels Dir die Linien hinan,

Kein Zug läuft eigenwillig seine Bahn,

Und macht auf eigne Hand sich blumenkraus,

Du pflanzest nicht auf tolles Formgebraus,

Nein auf organ'sche Gipfel nur den Hahn.

 

O zürne nicht, daß ich Dich auf die Zinnen

Der Tempel führe, die im Geist Du bauest,

Und unermüdlich gut der Zeit vertrauest,

Ob einmal wohl ihr Großes geh' zu Sinnen;

Es ist um Dir die Aussicht zu gewinnen,

Wo Du der Erde Hoffnungsgrün erschauest

Und Trost des blauen Himmels niedertauest

Zu Bildern schöner Kunstzeit auf die Linnen.

 

Doch ach die liebe Zeit! mit Wortposaunen

Bläst sie Dein Bild des Griechenlebens an,

Und bleckt bei dem Gewitterdom den Zahn,

Wahrhaftig schön, altdeutsch, recht zum Erstaunen!

Doch Kritiker hört man ins Ohr sich raunen:

Phantastische Prospekte, nicht viel dran,

Im Kolorit hat er noch nichts getan,

Sein Blau will grauen nicht, sein Grün nicht braunen.

 

Auch hör' von Tempelspatzen, Heidenküstern,

Von Krähen in Metopenschädeln nistend,

Ihr Leben an Triglyphentropfen fristend

Ob got'scher Barbarei ich rings ein Flüstern;

Doch keiner ist zu griech'schem Wettbau lüstern,

Du schütteltest sonst kräftig, überlistend

Die Herrn im Atheistenstalle mistend,

Die Säulen Samson über den Philistern.

 

Ursprünglich springt wie Griechen Dir Erfindung,

Dorisch wird Manneskraft Dir wie den Alten,

Und jonisch siehst Du Frauenanmut walten,

Volute in der Locken Schneckenwindung,

Den Wulst in vollen Haarschmucks Unterbindung,

Des Schaftes Hohlstreif in Gewandes Falten;

Korinthisch hohe Zier rein zu gestalten,

Giebt jungfräuliche Schlankheit Dir Empfindung.

 

Die Mythe, die korinth'schem Säulenhaupt

Durch fromme Liebe schönes Leben gab,

Die Freundin lebt, Akanthus auf dem Grab

Der Jungfrau ihren Fruchtkorb noch umlaubt,

Kallimachus auch Du! kein dürrer Stab

Ist Dir der Meßstock; grün und vollbetraubt

Schwingst Du als Thyrsus ihn. Es grünt, wer glaubt,

Die dürren schnitt der Herr zum Feuer ab.

...................................................................

Hier brech' ich ab. Ich hatte hingerissen

Wohl funfzig solcher Strophen Dir gesungen,

Von Deinen Leiden und Begeisterungen,

Domidealen und Realkulissen,

Scheinlauter Zeit kleinlauten Hindernissen.

Was Du in Dir und außer Dir errungen,

Was Dir gelungen, was Du überschwungen,

Das sagt' ich dort nach Wissen und Gewissen.

 

Doch hier schien allzuernst mir die Beschauung,

Um Dich bei Fahnenschwung und Trommelrühren

In lust'ge Zeltengassen einzuführen;

Wie leicht wär's um die ganze Auferbauung

Durch ein Hurra und Lippellied geschehen,

Drum nimm fürlieb auf ernstres Wiedersehen!

 

 

Wie so leis die Blätter wehn

In dem lieben stillen Hain,

Sonne will schon schlafen gehn,

Läßt ihr goldnes Hemdelein

Sinken auf den grünen Rasen

Wo die schlanken Hirsche grasen

In dem roten Abendschein.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.

 

In der Quellen klarer Flut

Treibt kein Fischlein mehr sein Spiel,

Jedes sucht, wo es ruht,

Sein gewöhnlich Ort und Ziel

Und entschlummert überm Lauschen

Auf der Wellen leises Rauschen

Zwischen bunten Kieseln kühl.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.

 

Schlank schaut auf der Felsenwand

Sich die Glockenblume um,

Denn verspätet über Land

Will ein Bienchen mit Gebrumm,

Sich zur Nachtherberge melden

In den zarten blauen Zelten,

Schlüpft hinein und wird ganz stumm.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.

 

Vöglein, euer schwaches Nest

Ist das Abendlied vollbracht

Wird wie eine Burg so fest.

Fromme Vöglein schützt zur Nacht,

Gegen Katz und Marderkrallen,

Die im Schlaf sie überfallen,

Gott, der über alle wacht.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.

 

Treuer Gott, du bist nicht weit,

Und so ziehn wir ohne Harm

In die wilde Einsamkeit,

Aus des Hofes eitelm Schwarm.

Du wirst uns die Hütte bauen,

Daß wir fromm und voll Vertrauen

Sicher ruhn in deinem Arm.

Gute Nacht, Heiapopeia

Singt, Gockel, Hinkel und Gackeleia.

 

 

Kein Tierlein ist auf Erden

Dir, lieber Gott zu klein,

Du ließt sie alle werden,

Und alle sind sie dein.

Zu dir, zu dir

Ruft Mensch und Tier

Der Vogel dir singt

Das Fischlein dir springt

Die Biene dir brummt

Der Käfer dir summt

Auch pfeifet dir das Mäuslein klein,

Herr Gott, du sollst gelobet sein.

 

Das Vöglein in den Lüften

Singt dir aus voller Brust,

Die Schlange in den Klüften

Zischt dir in Lebenslust.

Zu dir, zu dir

Ruft Mensch und Tier usw.

 

Die Fischlein, die da schwimmen

Sind, Herr, vor dir nicht stumm,

Du hörest ihre Stimmen,

Ohn' dich kommt keines um.

Zu dir, zu dir usw.

 

Vor dir tanzt in der Sonne

Der kleinen Mücken Schwarm,

Zum Dank für Lebenswonne

Ist keins zu klein und arm.

Zu dir, zu dir usw.

 

Sonn', Mond gehn auf und unter

In deinem Gnadenreich,

Und alle deine Wunder

Sind sich an Größe gleich.

Zu dir, zu dir usw.

 

Zu dir muß jedes ringen,

Wenn es in Nöten schwebt,

Nur du kannst Hülfe bringen,

Durch den das Ganze lebt.

Zu dir, zu dir usw.

 

In starker Hand die Erde

Trägst du mit Mann und Maus,

Es ruft dein Odem, Werde,

Und bläst das Lichtlein aus.

Zu dir, zu dir usw.

 

Kein Sperling fällt vom Dache

Ohn' dich, vom Haupt kein Haar,

O teurer Vater wache

Bei uns in der Gefahr.

Zu dir, zu dir usw.

 

Behüt' uns vor der Falle

Und vor dem süßen Gift

Und vor der Katzenkralle,

Die gar unfehlbar trifft.

Zu dir, zu dir usw.

 

Daß unsre Fahrt gelinge

Schütz' uns vor aller Not,

Und helf' uns zu dem Ringe

Und zu dem Zuckerbrot.

Zu dir, zu dir usw.

 

 

Einer Jungfrau bei dem Geschenk der Sakontala

Ein kluges mir geliebtes Wesen

Sprach gestern:

Dieses Buchs Gestalt

Schwebt mir im Sinn, seit ich's gelesen

Mit einer rührenden Gewalt.

Ich kann mir es nicht anders denken,

Als jener mag'schen Linie Spur,

In die sich Huld und Unschuld senken

Zu rein jungfräulicher Figur.

Unschuld'ger ist's als eine Blume,

Es denkt unschuldig – ist ein Geist,

Den, wie ein Kelch die Heiligtume,

Ein klar durchsicht'ger Leib verschleußt.

Hier ist nicht Nacktheit, ist nicht Hülle,

Hier ist nicht Schuld, nicht Kampf – hier ist,

Daß ich die Form mit Geist erfülle,

Ein Wesen, wie du Freundin bist.

Als im verlorenen Paradiese

Du aus des Schöpfers Händen giengst,

Auch du so klar und rein wie diese

Sakontala den Geist empfliengst.

Und diesen Schein willst du nicht lassen,

Er ist ein Strahl aus Gottes Geist,

Will alle Farbe auch erblassen,

Dies Licht kein Tod dir je entreißt.

Ich aber bringe dir den Spiegel,

Du schaust hinein, und kennst dich nicht,

Dein Sehen deckt der Demut Siegel,

Das nur dein Richter einst zerbricht,

So wäre auch nach ihrem Wesen,

Sakontala, die dir wohl gleicht,

Für solchen Spiegel blind gewesen,

Hätt' man dein Bild ihr dargereicht.

Doch klingt ein Griff verwandter Töne,

Den Gott in unsre Harfen tut,

Von je und jetzt in gleicher Schöne,

Denn alles ist in ihm ja gut!

 

 

Ich bin durch die Wüste gezogen,

Des Sandes glühende Wogen

Verbrannten mir den Fuß.

Die Sonne sog mir im Zorne

Das Wasser aus jedem Borne,

Es folgte kein Regenguß.

Ich dürste, es bringen die Dorne

Mein siedendes Blut in Fluß.

 

Aus zog ich mit sieben Kamelen,

Es lechzen unsere Kehlen,

Wie rette ich Weib und Kind.

Wo finde ich frische Quellen,

Die Schätze von Gold und Juwelen

Begrub im Sande der Wind.

Soll uns das Leben nicht fehlen,

O Himmel, regne geschwind!

 

Ich wühlte mit glühendem Schwerte

Den Kindern ihr Grab in der Erde,

Bis auf das letzte fürwahr!

Das ruht unterm Mutterherzen,

Bis sie es in Jammer und Schmerzen

Hinsterbend dem Tode gebar.

Es heult die Hyäne, doch erzen

Stellt mir sich das Schicksal dar.

 

Gern hätte ich Tränen getrunken,

Der Augen Quell ist versunken,

Oase wie liegst du so fern!

Vor Glut ist das Herz mir verglommen,

Das Ziel, ich fühl' es gekommen,

Ich rufe zum sinkenden Stern:

Der Herr hat gegeben, genommen,

Gelobt sei der Name des Herrn!

 

 

Lied von der Wüste

Ich bin durch die Wüste gezogen

Des glühenden Sandes Wogen

Verbrannten mir den Fuß

Die Wolken haben gelogen

Es kam kein Regenguß.

 

O Sonne du trankst im Zorne

Das Wasser aus jeglichem Borne

An dem die Reise ruht,

Ich dürste, es trinken die Dorne

Mein siedend heißes Blut.

 

Aus zog ich mit sieben Kamelen,

Grub Wasser aus ihrer Kehle

Zu retten Weib und Kind,

Die Schätze an Gold und Juwelen

Begrub im Sande der Wind.

 

Dann wühlt' ich mit glühendem Schwerde

Den Kindern ein Grab in die Erde,

Das Grab kein Brunnen ward,

Erwühlte mir keinen Quell,

Ob Gott sie wohl finden werde

Nachts brüllte die Tigerherde

Die Sonne brannte so grell.

 

Ein Kind, das lag unterm Herzen,

Das brach, die Mutter in Schmerzen

Gebar es sterbend dem Tod,

Es goß gleich glühenden Erzen

Die Sonne mir Licht in die Not.

 

Gern hätte ich Tränen getrunken

Die Augen weinten nur Funken,

Tief wühlt' ich ein Grab in den Sand,

Bin jammernd hinein mit gesunken,

Ach, weil ich kein Wasser fand.

 

Da ward ich zur wandelnden Leiche

Auf daß ich den Brunnen erreiche

Den letzten auf dieser glühender an, [sic]

Und wie ich so lechzend hinschleiche

Da brüllen die Tiger mich an.

 

Es brannte die glühende Schwelle

Des Tages, da kam ich zur Stelle,

Der Brunnen war drocken und tot,

Da schien bei Mitternacht helle

Der Mond wie mein Herzblut rot.

 

Das Ziel, ich fühlt' es gekommen,

Die glühende Leiter erklommen

Ich schrie zu dem bittern Stern

Der Herr hat gegeben, genommen

Gelobt sei der Wille des Herrn.

 

Der Tod stieg auf aus der Wüste,

Und schauderte, da ich ihn grüßte,

Und floh, da rief ich ihm zu,

Daß einer hier sterben müßte,

Er sprach: nicht sterben kannst du.

 

Du kannst nicht sterben nicht leben,

Die ewige Ruhe nicht erwerben,

Der Durst ist unendlich in dir,

Dein Erbteil will ich nicht ererben

So sprach er und eilte von mir.

 

Da rauschte der arme Geselle,

Wüsteinwärts, der Mond schien helle

Der Sand schlug rasselnd um ihn,

Es traf mich die glühende Welle

Ach daß ich erblindet bin.

 

O Nacht ohn' Anfang und Ende

Kein Stern wohin ich mich wende,

Kein Bogen, kein Pfeil kein Ziel,

Da rang ich weinend die Hände,

Bis die Decke mir niederfiel.

 

Ich hörte ein Flügelpaar klingen,

Ich hörte ein Schwanenlied singen,

Ich fühlte ein kühlendes Wehn,

Und sah mit tauichten Schwingen

Ein Kind durch die Wüste gehn.

 

Und als ich sie begrüßte

Wohin du Engel der Huld in der Wüste,

Wo find' ich den Wasserquell,

Sie sprach, wer das nicht wüßte,

Der würde verdursten schnell.

 

Ich sprach du Engel der Wüste

Des Flügelwehen mich grüßte

Wo find' ich Jerusalem,

Sie sprach, wer das nicht wüßte,

Käm' nie von Bethlehem.

 

Da kniete ich vor ihr nieder,

Sie legte ihr tauicht Gefieder

Wohl kühl um mein glühend Haupt,

Und sang mir die Pilgerlieder

Da hab' ich geliebt und geglaubt.

 

Da sah ich den Himmel wohl offen

Kühl kam herniedergetroffen,

Die himmlische Segensflut,

Da konnte ich endlich auch hoffen,

Auf meines Erlösers Blut.

 

Sie sprach wohin meine Reise

Du Blinder irrest im Kreise

Willst du auf Bethlehem zu,

Vergönne, daß ich dich hinweise,

Nach Babilon giengest du.

 

Es war wohl ein innerlich Sehen

Ein innerlich Auferstehen,

In mir selber stieg sie herauf

Das Leben das waren die Wehen

Das sie gebärend gekreißt.

 

Was ich verloren, begraben,

Was alles ich um es zu haben

Mit heißer Sehnsucht gesucht

Das sollte mich innerlich laben

In unverbotener Frucht.

 

Die Schimmer, die Lichter, die Farben,

Der Sehnsucht goldene Garben,

Der Duft die Sonne der Tau

Die einzeln erblindet mir starben,

Gott grüß dich mein geistlicher Pfau.

 

Und alles was je ich gewesen

Konnt' ihr in der Seele ich lesen,

Konnt' vor ihr in Tränen vergehn,

Konnt' vor in Reue genesen,

Und unschuldig dann auferstehn.

 

Ich komme um dich zu heilen,

Der Herr wohl tausend Meilen,

Zu brechen mein Brot mit dir,

Den Becher auch mit dir zu teilen,

Wohlauf! wir bleiben nicht hier!

 

Da ward ich so seliges Schweben

Mein ringendes nächtliches Streben,

Ich habe des Herren Wort

Dein Herz hat Gott mir gegeben,

Ich bring' es mit meinem zum Port.

 

Ich sang, reich treulich die Hände,

Die Augen vor meinem wende

Mein Schwesterlein von mir

Bis hin zu meinem Ende,

Du ich, sind nun ein Wir.

 

Ein Tempel, wo wir nun knieen,

Ein Ort zu welchem wir ziehen

Ein Streit ein Siegespanier

Ein Himmel dir und mir.

 

So haben wir da gesungen

Und Arm in Arm geschlungen

Und Flügel in Flügelpaar

Uns über die Wiese geschwungen

Die ein Garten voll Segen war.

 

 

Ich bin durch die Wüste gezogen,

Des Sandes glühende Wogen

Verbrannten mir den Fuß,

Es haben die Wolken gelogen,

Es kam kein Regenguß.

 

Die Sonne trank mir im Zorne

Das Wasser aus jeglichem Borne

An dem die Reise geruht,

Ich dürste, es leckten die Dorne

Meiner brennenden Wunden Blut.

 

Ich nahm den erschlagnen Kamelen

Das Wasser und Blut aus den Kehlen

Zu retten mein Weib und Kind,

Die Schätze an Gold und Juwelen

Begrub im Sande der Wind.

 

Da wühlt' ich mit glühendem Schwerde

Den Kindern manch Grab in die Erde

Erwühlte mir keinen Quell,

Ob Gott sie wohl finden werde,

Die Hyänen heulten grell.

 

Ein Kind unterm Mutterherzen

Brach mit ihm, in schreienden Schmerzen

Gebar sie es sterbend dem Tod,

Es goß gleich glühenden Erzen

Die Sonne mir Licht in die Not.

 

Gern hätte ich Tränen getrunken,

Die Augen weinten nur Funken,

Ich wühlt' noch ein Grab in den Sand,

Und bin in Verzweiflung gesunken,

Ach weil ich kein Wasser fand.

 

Da ward ich zur wandelnden Leiche,

Auf daß ich den Brunnen erreiche,

Den letzten auf glühender Bahn,

Und wie ich so lechzend hinschleiche,

Da brüllen die Tiger mich an.

 

Des Tages glühende Schwelle

Verbrannte, da kam ich zur Stelle,

Der Brunnen war trocken und tot

Es glühte zur Mitternacht helle

Der Mond wie Kupfer so rot.

 

Der Tod flog auf aus der Wüste,

Und schauderte, da ich ihn grüßte,

Und floh, da rief ich ihm zu,

Daß einer hier sterben müßte,

Er schrie mir: Erst lebe du!

 

Denn sterben heißt Ruhe erwerben

Drum kannst du nicht leben nicht sterben

Der Durst ist unendlich in dir,

Dein Erbteil, das will ich nicht erben

So schrie er, und eilte von mir.

 

Und heulend flog der Geselle

Wüsteinwärts mit Pfeilesschnelle

Der Sand schlug rasselnd um ihn,

Da traf mich die glühende Welle

Ach, daß ich erblindet bin.

 

O Nacht ohn' Anfang und Ende!

Kein Stern, wohin ich mich wende,

Kein Bogen, kein Pfeil kein Ziel,

Da rang ich betend die Hände,

Bis die Decke mir niederfiel.

 

Da fühlt' ich das Ziel mir gekommen

Die glühende Leiter erklommen,

Ich schrie zu dem bitteren Stern

Der Herr hat gegeben, genommen

Gelobt sei der Wille des Herrn!

 

Da hört' ich ein Flügelpaar klingen

Da hört' ich ein Schwanenlied singen,

Und fühlte ein kühlendes Wehn

Und sah mit tauschweren Schwingen

Einen Engel in der Wüste gehn.

 

Und als ich ihn fragend begrüßte,

Sag an, du Engel der Wüste

Wie find' ich den Wasserquell?

Sprach er: wer treulich büßte,

Der steht an der Brunnenschwell'.

 

Sag an, du Engel der Wüste,

Und find' ich den Quell, da ich büßte,

Wo find' ich Jerusalem

Da sprach er: so ich das nicht wüßte,

Käm' ich nicht von Bethlehem.

 

So folge nun meinem Gleise,

Blind wandeltest du im Kreise,

Nach Jerusalem wolltest du,

Reich mir die Hand auf der Reise,

Du zogst nach Babylon zu.

 

Der Herr trieb tausend Meilen

Mich her um dich zu heilen,

Zu brechen mein Brot mit dir,

Den Becher mit dir auch zu teilen,

Wohlauf, nun folge du mir.

 

Und vor ihm kniete ich nieder,

Er legte sein tauicht Gefieder

Mir kühl um das glühende Haupt,

Und sang mir die Pilgerlieder

Da hab' ich geliebt und geglaubt.

 

Da sah ich den Himmel wohl offen,

Ach Gott! Kühl herniedergetroffen

Kam die Gnade, die Segensflut,

Da konnte ich endlich auch hoffen,

Auf meines Erlösers Blut.

 

Da sang ich, reich treulich die Hände,

Die Augen nicht vor meinem Ende,

O Schwesterlein von mir

Nur nimmer, nimmermehr wende,

Du, ich, wir sind nun ein Wir.

 

Ein Tempel sei wo wir knien,

Ein Glück sei, für das wir glühen

Ein Streit, ein Siegespanier

Ein Ort sei, wohin wir ziehen

Ein Himmel sei dir und mir.

 

So haben wir da wohl gesungen,

Und Hand in Hand da geschlungen

Und Flügel in Flügelpaar

Uns über die Wüste geschwungen,

Die ein Garten voll Segen war.

 

Dies war wohl ein innerlich Sehen

Ein innerlich Auferstehen

In mir selber erwachte der Geist

Die Wüste, das waren die Wehen

In denen mein Leben gekreißt.

 

All was ich verloren, begraben,

All was ich allein, um zu haben

In der heißen Wüste gesucht,

Das soll mich im Geiste nun laben,

In unverbotener Frucht.

 

O Schimmer, o Lichter, o Farben,

O alle ihr goldenen Garben,

In Duft, in Sonne, im Tau,

Ich schwelge, ich kann nicht mehr darben,

Gott grüß' dich mein geistlicher Pfau!

 

Ach alles, was je ich gewesen

Kann dir in dem Spiegel ich lesen

Kann vor dir in Tränen vergehn

Kann vor dir in Reue genesen,

Kann mit dir dann auferstehn.

 

Und will dieser Abend verglimmen

Laß höher und höher uns klimmen

Auf Golgatha sinkt keine Nacht,

Es singen da ewige Stimmen

Am Kreuze, nun hab' ich vollbracht.

 

 

O Mutter halte dein Kindlein warm,

Die Welt ist kalt und helle,

Und trag es fromm in deinem Arm

An deines Herzens Schwelle.

 

Leg' still es, wo dein Busen bebt,

Und leis herab gebücket

Harr' liebvoll, bis es die Äuglein hebt,

Zum Himmel selig blicket.

 

Und weck' ich dich mit Tränen nicht,

So weck' ich dich mit Küssen,

Aus deinem Aug' mein Tag anbricht,

Sonn, Mond dir weichen müssen,

 

O du unschuld'ger Himmel du!

Du lachst aus Kindesblicken,

O Engelsehen, o sel'ge Ruh',

In dich mich zu entzücken.

 

Ich schau' zu dir so Tag als Nacht,

Muß ewig zu dir schauen,

Und wenn mein Himmel träumend lacht,

Wächst Hoffnung und Vertrauen.

 

Komm her, komm her, trink meine Brust,

Leben von meinem Leben,

O könnt' ich alle fromme Lust

Aus meiner Brust dir geben.

 

Nur Lust, nur Lust, und gar kein Weh,

Ach du trinkst auch die Schmerzen,

So stärke Gott in Himmelshöh'

Dich Herz aus meinem Herzen.

 

Vater unser, der du im Himmel bist,

Unser täglich Brot gieb uns heute,

Getreuer Gott, Herr Jesus Christ,

Tränk' uns aus deiner Seite.

 

Du strahlender Augenhimmel du

Du taust aus Mutteraugen,

Ach Herzenspochen, ach Lust, ach Ruh',

An deinen Brüsten saugen.

 

Ich schau' zu dir so Tag als Nacht

Muß ewig zu dir schauen,

Du mußt mir, die mich zur Welt gebracht,

Auch nun die Wiege bauen.

 

Um meine Wiege laß Seide nicht,

Laß deinen Arm sich schlingen,

Und nur deiner milden Augen Licht

Laß zu mir niederdringen.

 

Und in deines keuschen Schoßes Hut

Sollst du deine Kindlein schaukeln,

Daß deine Kinder so lieb, so gut,

Wie Träume mich umgaukeln.

 

Da träumt mir, wie ich so ganz allein

Gewohnt dir unterm Herzen,

Da waren die Freuden, die Leiden dein

Mir Freuden auch und Schmerzen.

 

Und ward dir dein Herz ja allzu groß

Und hattest nicht, wem klagen,

Und weintest du still in deinen Schoß,

Half ich dein Herz dir tragen.

 

Da rief ich, komm, lieb' Mutter komm!

Kühl' dich in Liebeswogen,

Da fühltest du dich so still, so fromm

In dich hinabgezogen.

 

So mutterselig ganz allein

In deiner Lust berauschet,

Hab' ich die klare Seele dein

Du reines Herz belauschet.

 

Was heilig in dir zu aller Stund'

Das bin ich all gewesen,

Nun küß mich süßer Mund gesund,

Weil du an mir genesen.

 

O selig, selig ohne Schuld,

Wie konnt' ich mit dir beten,

O wunderbare Ungeduld,

Ans scharfe Licht zu treten.

 

O Mutter halte dein Kindlein warm,

Die Welt ist kalt und helle,

Und trag es fromm, bist du zu arm,

Hin an des Grabes Schwelle.

 

Leg' es in Linnen, die du gewebt,

Zu Blumen, die du gepflücket,

Stirb mit, daß wenn es die Äuglein hebt,

Im Himmel es dich erblicket.

 

So lallt zu dir ein frommes Herz,

Und nimmer lernt es sprechen,

Blickt ewig zu dir, blickt himmelwärts

Und will in Freuden brechen.

 

Bricht's nicht in Freud', bricht's doch in Leid,

Bricht es uns allen beiden.

Ach Wiedersehen geht fern und weit,

Und nahe geht das Scheiden!

 

 

Hör', liebe Seel'! wer rufet dir?

Dein Jesus aus der Höhe:

Komm, meine Taube, komm zu mir!

Den Ruf ich wohl verstehe.

 

Wenn ich soll deine Taube sein,

Mußt du mir Flügel geben,

Die wasch' in deinem Blut ich rein,

Und werde glaubend schweben.

 

Du rufest mir! Wie arm ich bin,

Darf ich zu dir doch kommen,

Die Mängel hat dein treuer Sinn

Ja all von mir genommen.

 

Sag, Herr, wird auch ein Nestlein fein

Für mich bei dir gefunden?

Ja, meine Taube, komm herein,

Wohn' hier in meinen Wunden!

 

Mein Jesu, ach, was willst du mir,

In deinen Wunden geben?

Durch meine Wunden, sag' ich dir,

Fliegst sterbend du zum Leben.

 

Wohlan, es zielt des Todes Pfeil,

Er wird mich nicht verderben,

Zu deinen Wunden, Herr, ich eil',

Da werd' ich's Leben erben.

 

 

O schweig nur Herz! Die rächende Sibille

Die über deiner Zukunft, Wehe! kreischt,

Den gier'gen Geier, der dich lang zerfleischt,

Bannt ein gottselig Kind, und deckt ganz stille

Die schreinde Wunde dir mit Taubenflügeln,

Weckt dir den Morgenstern auf stummen Hügeln.

 

O schweig nur Herz! Horch Klang von Engelschwingen

Was zuckst du so, du mußt fein leise tun,

Wo man dir singet, wie so sanft sie ruhn,

Die Seligen, dahin wird man dich bringen,

Sei still, was schreist du, einsam ist kein Leben,

Kein Grab, schlaf süß, die Liebste träumt daneben.

 

O schweig nur Herz! Du hast ja nichts besessen,

Du läßt ja nichts zurück, wem trauerst du?

Auch deines Himmels Augen fallen zu,

Doch seiner Liebe Licht strahlt ungemessen

Brichst du, bricht jenes Herz? Wer bleibt, wird sagen,

O schönre Lust, halb hier, halb dort zu schlagen!

 

O schweig mein Herz! Du magst wohl selig schweigen,

Was schreist du nur, dir fiel kein Sünderlos,

Dich wiegt die Unschuld ohne Graun im Schoß,

Aus frommen Augen blickt dein Himmelszeichen.

Sei ihr nicht schwer, sei selig, träume, schwebe,

Wein' um die Traube nicht, wein' mit der Rebe.

 

O schweig nur Herz! Sonst schimpft dich einen Raben

Die Liebste, die nur Tauben Futter giebt,

O werde rein und fromm, bis sie dich liebt

Werd' eine Taube, die nur will sie haben.

O selig! ihr als Taube zu gehören,

So lange sie sich wird der Raben wehren.

 

O schweig nur Herz! Und lerne sel'ger schauen

Als andre in die Huld, die sie umgiebt,

Daß sie dir mehr als allen andern giebt,

Das zwinge sie dir einst noch zu vertrauen.

Schweig, dulde, glaube, hoffe, liebe, baue

Dein Elend fromm, daß sie dir ganz vertraue!

 

 

Ach alles geht vorbei

Selbst dieser Unverstand

Den ich in einer wundersel'gen Stunde,

An einer Wand empfand

Hat nicht Bestand.

 

Ja alles geht vorbei,

Doch daß ich auferstand

Und wie ein Irrstern ewig sie umrunde,

Ein Geist den sie gebannt,

Das hat Bestand.

 

Ja alles geht vorbei,

Nur dieses mag'sche Band

Aus meines Wesens tiefstem Grunde

Zu ihrem Geist gespannt,

Das hat Bestand.

 

Ja alles geht vorbei

Doch ihrer Güte Pfand,

Jed Wort aus ihrem reinen lieben Munde

Folgt mir ins andre Land,

Und hat Bestand.

 

Ja alles geht vorbei,

Nur eines ist kein Tand,

Der Geist, der mir in diesem heil'gen Bunde

Vom Himmel ward gesandt,

Der hat Bestand.

 

Ja alles geht vorbei,

Doch Sie, die mich erkannt,

Den Harrenden, wildfremd an Ort und Stunde,

Gieng nicht vorbei, sie stand

Reicht mir die Hand.

 

Ja alles geht vorbei,

Doch diese liebe Hand

Die ich in dunkler freudenheller Stunde

An meinem Herzen fand,

Die hat Bestand.

 

Ja alles geht vorbei,

Nur dieser heiße Brand,

In meiner Brust die bittre süße Wunde,

Die ihre Hand verband,

Die hat Bestand!

 

 

Frühes Lied

Fahre fort mit Dornenschlägen,

Weiße Rose, meinem Herzen,

Dem verbrannten, quillt ein Segen,

Aus den Tränen aus den Schmerzen.

 

Breche ganz mein altes Leben,

Ich muß dir, die so erschienen

Einen bessern Bruder geben

Gott und dir in ihm zu dienen.

 

Alles muß von dir ich nehmen

Kann dir nichts, ach gar nichts geben,

Denn du mußt den Drachen zähmen,

Um dem Herrn den Schatz zu heben.

 

Sieh, ich beug' mich dir zu Füßen,

Du Erbarmen, weine nieder,

Lehre mich, wie du zu büßen,

Tränenquell der frommen Lieder.

 

All mein Letzen und Verletzen,

All mein Lügen, Trachten, Scheinen,

Darauf sollst den Fuß du setzen

Und so im Triumph erscheinen.

 

Alles, was du still gelitten,

Deine Not, dein fromm Entsagen,

Hat auch mir das Herz durchschnitten,

Doch du, du hast es getragen.

 

Alles was du je getragen,

Sieh, das hab' ich all verschuldet,

Meine Schuld hat dich geschlagen,

Und du hast so fromm geduldet.

 

Und nun trägst du dies versunkne,

Das dich marterte, dies Herz,

O du Gottesmitleidtrunkne,

An dem deinen, himmelwärts!

 

 

Wahre Buße eines recht zerknirschten Herzens

Wann abends uns die braune Nacht

Im Schatten schwarz verkleidet,

Und ich dann meine Sünd' betracht,

Groß Not mein Herz erleidet.

Von lauter Leid, von Traurigkeit,

Mein Augen mir fast rinnen,

Zu'n Sternen auf, so sind im Lauf,

Ich schau' mit trüben Sinnen.

 

Halt, halt, ihr scheinend Perlen klar,

Ihr tausend Licht und Fackel,

Halt, halt, ihr wohlgezündte Schar,

Ihr Feur und Flamm' ohn' Makel,

O schöne Stern, nicht laufet fern,

Hört an, was euch will klagen,

Du schöner Mon auch bleibe stohn,

Hör' an mein Leid und Zagen!

 

Ach, ach! was Angst und Herzenleid!

Bin gar mit Sünd' befangen,

Auf, auf! ihr heiße Brünnlein beid,

Nun rauschet mir von Wangen.

Ach schöne Stern, wollt' ich so gern,

Wär' nie von Gott gewichen!

Ach schöner Mon, was hab' ich ton?

Mein Seel' ist Tods verblichen.

 

Fließ ab, fließ ab, du Tränenbad,

Für Leid kann dich nit halten.

Wasch ab all Sünd' und Missetat,

Das Herz ist schon gespalten.

O treuer Gott, hab' dein Gebot

In Wind und Luft geschlagen,

O frommer Herr, von dir so fer'

Die Sünd' mich hat getragen!

 

Ei wie nun will ich's greifen an?

Mit Recht mag's nie beschönen;

Ei wie will ich vor dir bestahn,

Dein Angesicht versöhnen?

O Schöpfer mein, ich's nit vernein',

Vor dir ich muß erstummen,

Bin's freilich wert, mich Feur und Schwert

Reib auf in gleicher Summen.

 

Doch nit, wann brinnst in Eifermut,

Dir stell' mein Sünd zugegen,

O nit, wann bist in voller Glut,

Mich laß mit Straf belegen!

Bedeck mit Gnad' all meine Tat,

Nit mehr der Sünd' gedenke,

Ach nur ins Meer, nur weit und fer'

Sie tief in Grund versenke!

 

Schaff Herr, daß ich mit Zähren heiß

Den Grimmen dein vergüte;

Mich mach recht schnee- und schwanenweiß

Wasch ab das alt Geblüte.

Ach 's ist geschehn! kann's nicht umgehn.

Nun kränket's mich von Herzen,

Und ich von Leid fast jederzeit

Zerfließ' gleich einer Kerzen.

 

Ach dürft' ich nur zu'n Augen dein

Mein Augen auf recht schlagen,

Dürft' nur dich nennen Vater mein,

Wie zärtlich wollt' ich klagen!

O Vater mein, wollt' nur allein,

O Vater mein wollt' sprechen!

Da würd' alsbald mit Gnadenspalt

Dein Herz in Stück zerbrechen.

 

Da würd' dein mildes Eingeweid

Wie Wachs vom Feur zerfließen,

Da würdest mich mit Armen beid

An deine Wangen schließen.

Ach nur nimm an, wollt' sprechen dann,

Nach deiner großen Milde

Nimm an geschwind dein armes Kind,

So gangen war ins Wilde.

 

Gleich würdest den verloren Sohn

Mit Freuden groß empfangen,

Und geben ihm die vorig Kron'

Mit Kleinod viel behangen.

Auch würdest bald ohn' Aufenthalt

Gar prächtig bankettieren,

Und würdest frei mit Jubelschrei

All Höfling dein traktieren.

 

Nun bin ich's je mitnichten wert,

Darf dich kein Vater nennen,

Auch du, weil alles hab' verzehrt,

Wirst mich kein Sohn mehr kennen,

Ach! wo muß dann ich's greifen an?

Wem, wie dann muß ich's klagen?

Ach, ach was Rat? ist ziemlich spat,

Jedoch nit will verzagen.

 

O Sternen still, o stiller Mon!

Des Elends laßt euch dauren.

Mein Leid euch laßt zu Herzen gohn,

Mit mir tut kläglich trauren.

All haltet ein den halben Schein,

Euch halber tut zerspalten,

Und halt't zu Nacht nur halbe Wacht,

Laßt Finsternis halb walten.

 

Ja freilich, freilich gar und ganz

All Augen tut beschließen,

Verlöschet allen Schein und Glanz,

Kein einzeln Strahl laßt schießen.

Zur Reu und Leid bin ich bereit,

Ade Sonn', Mon und Sternen!

Nur trauren gar ich muß fürwahr,

Und Spiel und Scherz verlernen.

 

Ade dann, eins und abermal,

Ihr Lichter schön gezündet,

Ade, verlöschet alle Strahl!

Euch ganz hab' aufgekündet.

In dunkler Nacht ich bin bedacht,

Mein Tag ohn' Tag vollbringen,

Nur Traurgesang mein Lebelang

Bei mir soll stets erklingen.

 

In Finsternis gewunden ein

Ich meine Jahr werd' schließen.

Mein Speis und Trank mir sollen sein

Die Zähr', so werd' vergießen.

Mein krankes Herz ich leg' in Schmerz,

In Schmerzen laß ich's rasten,

Wann's dann verscheidt, ist schon bereit

Der Schmerz zum Totenkasten.

 

In Schmerzen, Qual und Traurigkeit

Mein Leben soll passieren,

In Weh und Ach und stätem Leid

Will meine Zeit verlieren.

In hohlem Wald, der deutlich schallt,

Ein Hüttlein werd' ich schlagen;

Da soll vor all der Echoschall

Mit mir mein Jammer klagen.

 

Mit Seufzen viel in großem Hauf

Die Wund' ich will vermehren;

Die Bächlein sollen schwellen auf

Von meinen vielen Zähren.

Die Bäum' und Stein, sie mögen sein

Wie Felsen hart und Eichen,

Mit Tränen heiß, mit Augenschweiß,

Ich hoff', noch werd' erweichen.

 

Wer weiß, ob nit der fromme Gott

Die Gnadenbrust erschließe?

Wer weiß, ob nit Herr Sabaoth

Das Gnadenmeer ergieße?

Die Schrift vermeldt, der Glaub' es hält,

Wer Buß' mag redlich tragen,

Findt je noch Gnad', ist nit zu spat

Und Wer dann wollt' verzagen?

 

 

Begierd' und Lobgesang des Heiligen Augustinus von der Herrlichkeit und Freud' des Himmlischen Paradeises

O du Brunn des wahren Lebens,

Voller Lust und Lieblichkeit,

O wie oft nach dir vergebens

Seufze ich in meinem Leid,

Ach wann wird zu dir einst fahren

Meine Seel' aus diesem Land,

So bisher in vielen Jahren

Bleibt in gar betrübtem Stand!

Ach daß möchten bald zerspringen

Die zu starke Lebensbänd',

Daß die Seel' hinauf sich schwingen

Möcht' zu ihrem Ziel und End'!

Ich gezwungen hie muß bleiben,

Gern wollt' fahren bald hinauf,

Mein Begierden stark mich treiben,

Zu vollenden meinen Lauf.

Kann nit länger ausgeschlossen

Von dem Trunk des Brunnens sein,

Der vom Anfang ausgegossen

Gibt mir lauter Freudenwein,

In der Höh' ist er gegründet,

Ihn umfaßt ein' solche Stadt,

Da nur Lieb' und Fried' sich findet,

Da man nichts zu fürchten hat.

Da die Mauren und die Pforten

Glänzen wie der Sternenschein,

Da die Palläst' aller Orten

Edle Stein' und Perlen sein,

Da die Weg' und alle Straßen

Nie vom Regen werden naß,

Ja sein über alle Maßen

Glänzend wie das gülden Glas.

Nichts vom Winter da man leidet,

Keine Wind' zu spüren sein,

Aller Schnee die Felder meidet,

Blitz und Donner halten ein,

Steter Frühling da sich zeiget,

Prangt mit seiner Gärten Schätz'

Gar kein Dorn sich da ereignet,

Alle Frucht bleibt unverletzt.

Blumen sein dort auserlesen,

Nit verändern's ihren Stand,

Laub und Gras bleibt unverwesen,

Haltet immer grün das Land,

Balsam, Honig häufig fließen,

Und bereichen Berg und Tal,

Auch an Bäumen zu genießen

Hängen Früchten ohne Zahl.

Nie zum Untergang da neiget

Sich der helle Sonnenschein,

Immer auch der Mond sich zeiget

Unverändert, voll und rein,

Auch die Sternen nit mehr leiden,

Daß man's treibt zur finstern Wacht,

Von dem neuen Licht nie scheiden,

Fliehen nimmer zu der Nacht.

O du Lamm, bist Sonn' und Mone,

Du der Stadt giebst allen Schein,

Von dir kommt ihr Freud und Wonne,

Alle durch dich selig sein;

Deiner Freunden Glanz darneben

Wird durch dich den Sternen gleich,

O wie freund- und herrlich leben

Allesamt in deinem Reich!

Mit den Palm- und Lorbeerzweigen

Herrlich treten sie hervor,

Ihren Sieg damit zu zeigen,

Du selbst führest ihren Chor;

Groß Frohlocken wird gehöret,

Weil gelegt ist aller Krieg,

Nichts die sichre Freud' verstöret,

Ewig ihnen bleibt der Sieg.

Nit der Geist wird mehr verletzet

Durch des Fleischs Betrüglichkeit

Dies den Stachel nit mehr wetzet

Zum gewohnten Seelenstreit,

Sein einander wohl gewogen,

Wunderfriedsam sein verpaart,

Weil der Leib auch angezogen

Nunmehr hat der Seelen Art.

Solcher Fried' ist gleichermaßen

Bei der auserwählten Schar,

Freudenfest auf allen Gassen

Alle halten immerdar.

Alle in der Jugend blühen

Und frohlocken immerdar,

Keine Sorg' sie kann bemühen

Und erwecken graue Haar.

Was den Menschen je erfreuet,

Haben sie in Überfluß,

Was der Mensch hingegen scheuet.

Weit von ihnen bleiben muß.

Aus dem Brunn des Lebens fließet

Alles Gut ohn' Unterlaß,

Dessen jedermann genießet

Ohne Ziel und ohne Maß.

Also süßlich immer leben

Die so liebe Gottesfreund',

Gern sich aller Dienst begeben,

Nur mit Gott zufrieden seind.

Speis und Trank nach Wunsch sie haben,

Keiner Durst noch Hunger leidt,

Gott mit seinen besten Gaben

Sie erquickt in Ewigkeit.

Fröhlich singen sie und klingen,

Geben ihrem Gott die Ehr,

Auf das immerwährend Singen

Sie zu singen wünschen mehr,

Keinen tut der Neid verwunden,

Eins ist aller Glück und Ehr,

Lieb' sie alle hat verbunden,

Gleich als ein Person da wär'.

Was Gott einem hat gegeben,

Allen macht die Lieb' gemein,

Was gemein, ein jeder eben

Hat, als wär' es sein allein.

Keiner kann da Spaltung leiden,

Dann es ist der Liebe Reich,

Sein die Kronen schon verscheiden,

Macht die Lieb' doch alles gleich.

Diese Lieb' vom Geist entzündet

Immer bleibt in ihrer Glut,

Dann in Gott ist sie gegründet,

In dem lieb und höchsten Gut.

Aller Herz ihm einverleibet

Hat die göttlich Gütigkeit,

Darum stets bei allen bleibet

Die gewünschte Einigkeit.

Keine Plag' sie wird berühren,

Nichts den Leib wird machen matt.

Ja gar nit wird sein zu spüren,

Was vom Tod nur Namen hat.

Süßlich viele Instrumenten

Mit dem Singen stimmen ein,

Dieses Musikspiels Regenten

Gottes liebe Geister sein.

O! wie großes Gut wird geben

Denen, so aus dieser Welt

Gott beruft zu jenem Leben,

Und den Engeln zugesellt,

Da sie fröhlich immer sehen

Unter ihnen Sonn' und Mon,

Da sie ewiglich bestehen

Bei erlangter Ehrenkron'.

Ach zu welchen Freud' und Ehren

Werden Gottes Freund erhebt!

All mein Wünschen und Begehren

Nur nach diesen Gütern strebt.

Alle Güter dieser Erden

Sein doch lauter Eitelkeit,

Können nit verglichen werden

Mit dem, was uns Gott bereit.

Jesu, wollest mir erwerben

Die so große Freud' und Ehr,

Gern alsdann ich jetzt wollt' sterben,

Und kein Ding begehren mehr!

Meine Seel' hast du versöhnet

Mit dem liebsten Vater dein,

Laß sie auch von dir gekrönet

Deines Reichs ein Miterb' sein!

 

 

Der Herr ritt nach Jerusalem

Vor achtzehnhundertsiebzehn Jahr,

Den Frommen war er angenehm

Sie warfen ihre Kleider dar

Und streuten Palmen auf den Weg

Und sangen Hosianna laut

O selig, wer den grünen Steg

Und den, der auf ihm zog, erschaut!

Mir aber ist am Palmentag

Ein zweites Einzugsfest bestellt,

Hosianna ich auch singen mag,

Ein fromm Kind zog heut ein zur Welt,

Der Frühling zog sein Röcklein aus

Und breitet es auf seiner Bahn,

Und streute manchen Veilchenstrauß,

Hosianna stimmten die Vöglein an.

Vor nit gar lang, vor neunzehn Jahr

Früh morgens um die sechste Stund'

Ward wohl mein Himmel sonnenklar,

Ward wohl mein ganzes Glück gesund.

Im Priesterhaus zu Linum ward

Geboren mir zu frommer Lust

Ein Mägdlein recht nach Christenart,

Ach hätt' ich's damals schon gewußt!

Da zog mein Himmelschlüsselbein,

Mein Herz, mein Seel', mein Du, mein Ich,

Mein lieb Linum zur Welt herein.

Wie liebte da mein Heiland mich!

Und streuen will ich nun fortan

Was ich vermag an frommer Zier

Wohl meinem Linum auf die Bahn,

Sie weiß wohl, Herr, ich streu' es dir.

Ich werf' zur Erd' mein altes Kleid,

Brech' ab die üpp'gen Zweige mein,

Beginne eine neue Zeit

Und werde wieder klar und rein.

Ich darf nicht länger dumm und blind

In deine lieben Augen sehn,

Ich muß ganz rein, du liebes Kind

Vor deinem ird'schen Zuge gehn.

Lieb Linum hab' nur guten Mut

Bleib mir nur treu, ich werd' bald fromm

So fromm wie du und still und gut,

Daß ich mit dir zum Himmel komm'!

Da reit' ich auf der Eselin,

Du setzt dich auf das Füllen klein,

So ziehn wir mit einfält'gem Sinn

Nach neu Jerusalem hinein.

 

Sei nur nicht bös, es ist nun so,

Der liebe Gott aufs Herz nur sieht,

So tust du auch, drum bin ich froh,

Und geb' dir dies einfält'ge Lied.

Du

 

Die Erde war gestorben

Ich lebte ganz allein

Die Sonne war verdorben,

Bis auf die Augen dein.

 

Du bietest mir zu trinken

Und blickest mich nicht an

Läßt du die Augen sinken

So ist's um mich getan.

 

Der Frühling regt die Schwingen

Die Erde sehnet sich

Sie kann nichts wiederbringen

Als dich, du Gute, dich.

 

 

Die Erde war gestorben

Ich lebte ganz allein,

Die Sonne war verdorben,

Zwei Augen gaben Schein,

 

Da bot sie mir zu trinken

Und blickte mich nicht an,

Sie ließ die Augen sinken,

Es war um mich getan.

 

Reg' Frühling nur die Schwingen

Sehn' nur, du Erde, dich,

Ich kann nichts anders singen,

Als, Jesus schau auf mich.

 

 

Am 17.