Mai 1817

Als sie bei M.K. war, bat ich den Herrn er möge zu mir in dem Paradiesgarten ihrer Anmut in den er mich gesetzt also zu mir sprechen.

 

Pilger! all der Blumenschein

All die Früchte hier sind mein,

Auch kein Blättchen will ich missen

Wer mir nur ein Keimchen knickt

Das ich liebvoll angeblickt

Trage Dornen im Gewissen.

Herr! ach ist dies alles dein,

O so laß mich dein auch sein!

 

Pilger! was hier blühend steht,

Ist die Saat, die ich gesäet,

Und wenn ich ein Unkraut fände,

Zwischen meiner Blumenzier,

Nähm' ich Rechenschaft von dir,

Darum falte deine Hände!

Herr ach säe mein Gebet

Hier ins dürrste Gartenbeet.

 

Pilger! du bist hergeführt,

Daß dein böser Sinn es spürt,

Wie ich könnt' in Blumen wallen,

Und nun Dornen trägt mein Haupt,

Weil du mir den Kranz geraubt,

Der an dir mir wohlgefallen.

Herr dein Dornenkranz mich rührt,

Gieb ihn mir, dem er gebührt.

 

Pilger, auf der Maienau

In den Blumen, in dem Tau

Sieh die Spur, die ich gegangen

Und du sollst des Weges nur

Nicht des trunknen Schmucks der Flur

Sollst allein nach mir verlangen.

Herr! auf meine Tritte schau,

Mir am Ziel die Hütte bau!

 

Pilger wenn die Sehnsucht singt

Und ein Kind die Ärmchen schwingt

Fliegen möcht', ein Nestchen bauen

Brüten in des Kalmus Rohr

Schau du so zum Kreuz empor

Daß ich dir ins Herz kann schauen.

Herr und wenn es mir gelingt

Schau es an, daß es zerspringt.

 

Pilger! wenn ein Blumenstern

Dir ins Aug' blickt, er ist fern,

Himmelfern, in meinem Garten

Hat die Liebe dann geweht,

Und den Stern nach dir gedreht,

Du sollst auf die Ernde warten,

Herr, trag' ich nur einen Kern,

Find' ich Gnade vor dem Herrn.

 

Pilger! wenn vom Blütenzelt

Dir aufs Herz ein Blättchen fällt

Sollst du nicht, was mein begehren,

Denn dein Herz ist mein Altar,

Wo, so rein die Blüte war,

Sie mein Feuer will verzehren.

Herr, verzehr' die ganze Welt

Da, so dir mein Herz gefällt.

 

Pilger, wenn ein blühend Reis,

Kindisch froh um sich nicht weiß,

Und sich schwingend um dich schlinget

Denk, wie ist mein Heiland gut

Ruten schlugen ihn aufs Blut

Und zu mir er Blumen schwinget.

Herr die kühlen Blüten weiß

Nimm auf deine Wunden heiß.

 

Pilger, alles was da blüht,

Sich in Unschuld sehnt und glüht

Dichtet, betet, weint und lachet

Frommes Leid, unschuld'ge Lust,

Unbewußt in Kindesbrust,

Sei getreu von dir bewachet.

Herr! wird je dein Gast zu müd,

Töt' ihn, eh' er was versieht.

 

Herr, ach sage für und für,

Wie ich nur im Garten hier

Unter deinen Blumen gehe

Daß des Lebens reinster Born

Mir im Fuße heil' den Dorn,

Daß ich heil zum Heiland gehe.

Herr! dies sage mir und Ihr,

Sag ihr, denk, ich gab ihn dir.

 

 

Finkenlied, von neun Groschen Münze, Kamelgedanken und Überbeinen

 

Vom Gesange lust'ger Finken

Durch das Fenster aufgeweckt

Lasse ich den Schleier sinken,

Der mir meine Seele deckt.

 

Durch des alten Birnbaums Blüten

Schaut zwar trüber Himmel her

Doch in meiner Brust ist Frieden,

Ach wenn's doch der ew'ge wär'.

 

Nein, jetzt kann ich gar nicht trauern

Alles scheint mir lieb und gut,

Und mir wächst da überm Lauern

Auch ein Finkenliedermut.

 

Wie die kleinen Sänger schweben

Wie es sehnt und lockt und zirpt.

O wie herrlich klingt das Leben

Wenn's zu neuem Leben wirbt.

 

Keiner fällt ohn' Gottes Willen

Von dem Dach, vom Haupt kein Haar,

Und mein Schmerz läßt sich schon stillen,

Weil ich einst unschuldig war.

 

Und bin ich gleich abgefallen

Fiel ich doch in Gottes Schoß

Lieg' da mit den andern allen

Heil in seiner Gnade groß.

 

Munter, Herz, schwing dein Gefieder

Auf, wohl auf zum Kreuzesbaum

Täglich Sonne, täglich Lieder,

Alle Nacht ein frommer Traum!

 

Und ein Nest in seine Wunden

Meiner Leidensbrut ich bau',

Grün liegt seine Erde unten

Oben schwebt sein Himmel blau.

 

Und ich seh' auf grüner Aue

Eine fromme Magd hinziehn

Primlen bricht sie schwer vom Taue,

Bis der jüngste Tag erschien.

 

Bricht die Blumen, bricht die Blüte

Bricht ihr Herz, die Heilandsfrucht

Bietet es dem Gott der Güte

Der den dürren Baum verflucht.

 

Und sie spricht mit schwerem Herzen

Gestern war mein Leiden schwer,

Und ich fragte sie mit Schmerzen

Was ihr dann begegnet wär'.

 

Bange zagten meine Ohren,

Was sie wohl für Leid angiebt,

Weil neun Groschen ich verloren,

Sagt sie, bin ich so betrübt.

 

War's Courant? – Ei Gott behüte,

Münze war's, dem Herrn sei Dank! –

O du Spiegel aller Güte!

Machst du mich doch freudenkrank.

 

Denk, vom Dache fällt kein Sperling,

Ohne Gott, vom Haupt kein Haar,

Aus dem Beutel kein Pfund Sterling,

Oder auch neun Groschen bar.

 

Denk, was hatt' ich all verloren

Leib und Seel und Gut und Heil

Alles ward mir neu geboren

Und noch mehr ward mir zuteil.

 

Dich zu kennen, dich zu lieben,

Dir zu folgen treu und still,

Was mir wird, was mir geblieben,

Alles ich dir teilen will.

 

Leben, Kämpfen, Siegen, Sterben

Abendrot und Morgenrot,

Mitleid mit den armen Erben,

Ihnen bleibt die Erdennot.

 

Als die Magd mein Lied vernommen

Hat sie freundlich mir genickt,

Und der Nebel schien verschwommen,

Und ein bißchen Sonne blickt.

 

O lieb Herz! um Jesu willen

Fasse einen frischen Mut

Laß dich doch sein Herzblut stillen

Bist ja Pelikanenbrut.

 

Himmel, Himmel werd' doch heiter,

Ach, herrje! da regnet's gar!

Liebe Finklein, singt doch weiter,

Da versteckte sich die Schar.

 

Liebes, liebes Linum denke

An neun Groschen Münze nicht.

Doch sie spricht: zur Erde senke

Ich des Opfers Fruchtgewicht.

 

Doch es nimmt mit meinen Blüten

Ja mein Heiland schon vorlieb,

Apfel brauch' ich nicht zu hüten

Vor dem schlauen Apfeldieb.

 

Als ich sonst mit brünst'gen Ranken

Auch auf goldne Frucht gehofft

Hatte ich Kamelgedanken

Über mich wohl selber oft.

 

Arme Näherin mußt' lesen

Vom Kamel und Nadelöhr

Und gab dann dem eiteln Wesen

Nimmer wieder ein Gehör.

 

Bin jetzt eine arme Made,

Matte Fliege, Stäublein klein,

Bin ein Ekel, der aus Gnade

Höchstens trägt ein Überbein.

 

Wer giebt um solch schlechte Dinge

Wohl neun Groschen Münze hin

Drum mir mehr verloren gienge,

Als ich selber wert ja bin.

 

So? doch ist der armen Made

Keine Speise je zu gut,

Selbst für Jesu Leib nicht schade,

Schade nicht für Jesu Blut.

 

Ja ganz wohl! die matte Fliege

Sitzt auf Gottes Angesicht,

Wenn ein Engelsflügel schlüge,

Er vertriebe sie da nicht.

 

Stäublein klein! o ja! um nimmer

Abzutreten von dem Tanz,

Sonnenstäubchen tanzen immer

Ohn' zu sinken aus dem Glanz.

 

Ei du Ekel! ja ich eckle

Seit ich dich im Herzen trug

Vor der Welt, an allem mäckle

Ich, nur nie an mir genug.

 

Überbeines Gnaden zähle

Überige Gnaden ein

Überfleisch und Überseele,

Überhimmelsschlüsselbein.

 

Wer kann es dem Herrn verdenken

Daß er Milde an dir übt,

Dir, die ihm ihr Fleisch will schenken,

Dafür Überbeine giebt.

 

War doch Eva auch im Schlafe

Nur des Adams Überbein,

Eva umgekehrt ward Ave,

Mögst du auch gegrüßet sein.

 

Und weil ein Kameles Rücken

Nur ein großes Überbein,

Mag's drum, wenn die Schuh' dich drücken

Gotts Kamelgedanken sein.

 

Und so soll mein Mut nicht wanken

Wenn er deinen hinken sieht,

Also aus Kamelgedanken

Sang ich dir dies Finkenlied.

 

 

Frühmorgenlied vom Kirschblütenstrauß, schweren Stein und von des lieben Herzens Güte und Segen

22ten Mai 1817

 

Geschämig tritt die falbe

Aurora vor das Himmelhaus

Da legt die graue Schwalbe

Fromm plaudernd ihr die Träume aus.

 

Da sinken in das Blaue

Der Sterne Geisteraugen ein

Da wäscht sich in dem Taue

Das Licht den Sonnenschleier rein.

 

Mich weckend summt die Mücke

Am Fenster, möcht zum Licht hinaus

Da lenk' ich meine Blicke

Auf einen Kirschenblütenstrauß.

 

Der Strauß von dir gepflücket

Er hielt die Blüten fest bis heut

Doch hat sich heut gebücket

Und seinen Schmuck umhergestreut.

 

Die Blätter aber strecket

Er frisch noch zu dem Lichte aus,

Zum Licht, das mich erwecket

Und dich und deinen treuen Strauß.

 

Vergieb geliebtes Leben

Daß ich zuerst an dich gedacht

Kann ich zum Licht noch streben,

So ist's, weil mir's in dir erwacht.

 

Was wär' mir dann die Sonne

Schien' sie nicht in die Augen dein,

In ihnen wird sie Wonne

In meinen wird sie Feuerpein.

 

Wohin ich in der Kammer

Die irren Blicke irren lass'

Schlägt mahnend mir ein Hammer

Ans schwere Herz ohn' Unterlaß.

 

Die Bücher, und die Bilder

Die geizig ich zusammentrug,

Sie schreien immer wilder

O stein'ger Acker, stumpfer Pflug.

 

Die Steine wollt' ich wälzen

Zu einer freien Aussicht Lust

Es wuchs daraus ein Felsen

Der fiel zurück auf meine Brust.

 

Zerschmettert, unbegraben

Lag ich in Wind und Wettersnot

Es fraßen mich die Raben,

Ich starb und starb doch nie zu Tod.

 

Es wollt' kein Vogel singen

Als wäre dieser Stein verflucht

Es wollt' kein Quell entspringen

Der meine heiße Kehle sucht.

 

Nur Kröten, Ottern, Schlangen

Umkrochen kalt mir meine Brust

Daß Kühlung ich empfangen

Selbst von dem grimmen Eckel mußt.

 

Und wenn ich glühend weinte,

Verzweiflung mich zu singen zwang

Da lobten mich die Freunde

Hohnlächelnd im Vorübergang.

 

Heran wollt' keiner treten

Den Stein zu wälzen von der Brust,

Mit mir wollt' keiner beten,

Und ich hab' kein Gebet gewußt.

 

Da rang ich endlich blutig

Die rechte Hand mir los und frei,

Und schlug ein Kreuz gar mutig

Daß Jesu mir barmherzig sei.

 

O wundertätig Zeichen

Du trugst die Sünde aller Welt

Ich fühlt' die Last auch weichen

Du warst als Stütze aufgestellt.

 

Ein Vöglein kam gereiset

Baut mir ein Dornennest ins Herz

Das Vöglein Buße heißet

Und sein Gesang heißt: bittrer Schmerz.

 

Ein Gärtlein ich ihm baute

Von herbem Kraut, heißt Reu und Leid

Da fraß es von dem Kraute

Trank meine Tränen allezeit.

 

Und heißer ward sein Brüten,

Das Dornennest in meiner Brust

Fühlt' ich wie Feuer wüten

Das dürstend still ich tragen mußt'.

 

So lag ich da alleine

Und hört' den Vogel, sah das Kraut

Als plötzlich von dem Steine

Ein kühler Quell herniedertaut.

 

Da sah ich auf der Spitzen

Des Steines in dem Sonnenschein

Gar still mitleidig sitzen

Dich liebes frommes Jungfräulein.

 

Dem Quell, der mich erquicket

Erschlossest du das Felsentor

Aus deinen Augen blicket

Die Gnade all, die ich verlor.

 

Du siehst mit frommen Sinnen

Dem Tanz der kleinen Fliegen zu

Und gönnst den goldnen Spinnen

Ihr schwebend Haus in Sonnenruh'.

 

Den Käfer auf den Rücken

Gefallen, richtest mild du auf,

Schlägst sichre Blätterbrücken

Der Ameise in ihrem Lauf.

 

Du räumest auf den Stegen

Die Steine aus des Wandrers Schritt

Und tiefst auf irren Wegen

Die Spur mit deiner Füße Tritt.

 

Du richtest längs dem Pfade

Die sturmgebeugte Ähre auf

Und wirfst das zum Gestade

Gehüpfte Fischlein in den Lauf.

 

Du wärmst mit deinem Hauche

Das nestentfallne Vögelein

Und sammelst von dem Strauche

Zum Bett ihm zarte Wolle ein.

 

Und seinen Eltern streuest

Du deines Brodes Krümlein aus

Weinst mit dem Leid und freuest

Dich mit der Lust in Gottes Haus.

 

Deckst selbst das Nest der Schlangen

Flehst selbst der Kröte um ein Schild

Siehst du die Spinne hangen

Feindselig überm Ekelbild.

 

Mein Weh hast du gespüret

Und riefst den Sünder gern zu Gast

Den Stein hast du gerühret,

Er weichet schon ich atme fast.

 

Mein Durst hat dich gezogen

Und deine Tränen flossen mir

Die ersten Gnadenwogen

Entsprangen mir von dir, von dir.

 

Ich las aus deinen Blicken

Daß Gottes Lieb unendlich ist

Dein Mund konnt' mich erquicken

Er sprach und sang von Jesu Christ.

 

Du sprachst: »Wie einst auf Erden

Der Feind den lieben Herrn versucht

Daß Stein zu Brot sollt' werden

Hast du bei Jesu auch gesucht.

 

Du lebst nicht nur vom Brode

Nein auch vom Wort aus Gottes Mund

Dich macht vom innern Tode

Die Liebe Jesu nur gesund.

 

Der Stein, der dich erdrücket

Ist greulich vor der Seele mein

Doch hab' ich ihn gerücket

O glaub und Gott wird gnädig sein.«

 

Da glaubt' ich und den Riegel

Schobst du hinweg vom Himmelstor

Und gabst dem Felsen Flügel

Und trugst ihn über mir empor.

 

Doch lieg' ich noch zerschlagen

Und treu noch pflegst du mich lieb Kind

Bis auf Eliae Wagen

Ich endlich deinen Himmel find'.

 

So Herz! mußt' ich heut morgen

Als ich zum Lichte aufgewacht

Die Liebe von dir borgen

Die ich dem Schöpfer zugedacht.

 

So hab' ich Gott gedanket

Daß er dich auch erwachen läßt

Wer schwer gefallen, wanket

Und hält den Stab mit Ängsten fest.

 

 

25. August 1817

Einsam will ich untergehn

Keiner soll mein Leiden wissen,

Wird der Stern, den ich gesehn

Von dem Himmel mir gerissen

Will ich einsam untergehn

Wie ein Pilger in der Wüste.

 

Einsam will ich untergehn

Wie ein Pilger in der Wüste,

Wenn der Stern, den ich gesehn

Mich zum letzten Male grüßte

Will ich einsam untergehn

Wie ein Bettler auf der Heide.

 

Einsam will ich untergehn

Wie ein Bettler auf der Heide,

Giebt der Stern, den ich gesehn,

Mir nicht weiter das Geleite

Will ich einsam untergehn

Wie der Tag im Abendgrauen.

 

Einsam will ich untergehn

Wie der Tag im Abendgrauen,

Will der Stern, den ich gesehn

Nicht mehr auf mich niederschauen,

Will ich einsam untergehn

Wie ein Sklave an der Kette.

 

Einsam will ich untergehn

Wie der Sklave an der Kette,

Scheint der Stern, den ich gesehn

Nicht mehr auf mein Dornenbette

Will ich einsam untergehn

Wie ein Schwanenlied im Tode.

 

Einsam will ich untergehn

Wie ein Schwanenlied im Tode,

Ist der Stern, den ich gesehn

Mir nicht mehr ein Friedensbote

Will ich einsam untergehn

Wie ein Schiff in wüsten Meeren.

 

Einsam will ich untergehn

Wie ein Schiff in wüsten Meeren,

Wird der Stern, den ich gesehn

Jemals weg von mir sich kehren,

Will ich einsam untergehn

Wie der Trost in stummen Schmerzen.

 

Einsam will ich untergehn

Wie der Trost in stummen Schmerzen,

Soll den Stern, den ich gesehn

Jemals meine Schuld verscherzen,

Will ich einsam untergehn

Wie mein Herz in deinem Herzen.

 

 

Durch den Wald mit raschen Schritten

Trage ich die Laute hin,

Liebe singt, was Leid gelitten

Schweres Herz hat leichten Sinn.

 

Durch die Büsche muß ich dringen

Nieder zu dem Felsenborn

Und es schlingen sich mit Klingen

Durch die Saiten Ros' und Dorn.

 

In der Wildnis wild Gewässer

Breche ich mir kühne Bahn

Steig' ich aufwärts in die Schlösser

Schaun sie mich befreundet an.

 

Haus' ich nächtlich in Kapellen

Stört sich kein Gespenst an mir

Weil sich Wandrer gern gesellen,

Denn auch ich bin nicht von hier.

 

Seh' ich Wunderschätze glimmen

Locket bald durch Sumpf und Moor

Mich der Irrwisch hin und stimmen

Muß mein Lautenschlag dem Chor.

 

Zu der Gnomen Hochzeitfeier

Zu der Elfen luft'gem Tanz

Tönet meine ernste Leier

Unerschreckt im Mondenglanz.

 

In den Schoß der Wunderberge

In der Zauberfräulein Haus

Führen mich die schlauen Zwerge

Und ich singe ohne Graus.

 

Geister reichen mir den Becher

Reichen mir die kalte Hand,

Denn ich bin ein kühner Zecher

Scheue nicht den glühen Rand.

 

Ja beim Mahl zur bösen Stunde

Leert' den Becher ich mit Faust,

Wo berührt vom Satansmunde

Höllenglut im Weine braust.

 

Alles ist mir schon geschehen

Meine Schale ist erfüllt,

Seit ich selber mich gesehen

Hab' das Antlitz ich verhüllt.

 

Zu der Mainacht Hexenreihen

Spiel' ich nun ein geistlich Lied,

Daß die Schar mit Maledeien

Vor dem fremden Sänger flieht.

 

In Frau Venus' Berg die Leier

Hab' mit Keuschlamm ich geschmückt

Und sie hat mich ohne Schleier

An die volle Lust gedrückt.

 

Doch sie konnte mich nicht rühren

Sie vergieng in frommer Scham

Ließ sich leicht von mir verführen,

Daß sie einen Schleier nahm.

 

Die Sirene in den Wogen,

Hätt' sie mich im Wasserschloß

Gäbe, den sie hingezogen

Gern den Fischer wieder los.

 

Wo der Schwan im Wellenspiegel

In sein Sternbild niedertaucht

Bricht der Schmerz auch mir das Siegel

Daß mein Leid im Liede haucht.

 

Meinen weißen Hirsch verloren

Hab' ich mit dem Goldgeweih.

Die in ihn war eingeboren

Starb mit ihm die schöne Fei.

 

Weh mich hatte die Meduse

Mit dem Schlangenblick versteint

Und seitdem hat meine Muse

Nicht gelachet nicht geweint.

 

Doch mit scharfen Wünschelruten

Schlug ihr Amor ins Gesicht,

Daß ihr aus in Tränenfluten

Die versteinte Seele bricht.

 

Bittre Meere um mich rannen

Und wie auch die Phantasie

Mochte bunte Segel spannen,

Nie ach nie! erschifft' ich Sie!

 

Und nun kehre ich von Thule

Fand da auf des Meeres Grund

Einen Becher, meine Buhle

Trinkt sich nur aus ihm gesund.

 

Füllet euch ihr ew'gen Tage

Mond und Sonne steigt und sinkt

Dürstend ich den Becher trage,

Und sie fehlt die aus ihm trinkt.

 

Suchend geh' ich durchs Gedränge

Und die Schuldner mahnen mich

Und ich singe viel Gesänge,

Doch im Herzen weine ich.

 

Wo die Schätze sind begraben

Weiß ich wohl, Geduld, Geduld

Einer schwebt am Kreuz erhaben,

Der bezahlet meine Schuld.

 

Während ich dies Lied gesungen

Nahet sich des Waldes Rand

Aus des Laubes Dämmerungen

Trete ich ins offne Land.

 

Aus der Eichen zu den Mirten

Aus der Laube in das Zelt

Hat der Jäger sich dem Hirten

Flöte sich dem Horn gesellt.

 

Während du die Lämmer hütest

Zähm' ich dir des Wolfes Wut

Wenn du fromm die Hände bietest

Werd' ich deines Herdes Glut.

 

Und willst du die Arme schlingen

Um ein Liebchen zwei und zwei,

Will ich dir den Baum schon zwingen

Daß er eine Laube sei.

 

Du kannst Kränze schlingen, singen

Schnitzen, spitzen Pfeile süß

Ich kann ringen klingen schwingen

Schlank und blank den Jägerspieß.

 

Gieb die Pfeile nimm den Bogen

Mir ist's Ernst und dir ist's Scherz

Hab die Sehne ich gezogen,

Du gezielt, dann trifft's ins Herz.

 

Wild getan, wie stolz gesprochen

Weh der Pfeil flog seine Bahn

Hat des Lammes Herz durchstochen

Drohend sah der Hirt mich an.

 

Dorn ward da die Rosenkrone

Um sein göttlich mildes Haupt:

Vater! rief er, ihn verschone,

Denn er hat an mich geglaubt.

 

 

Im Wetter auf der Heimfahrt

O du lieber wilder Regen

O du lieber Sturm der Nacht

Da der Finsternis entgegen

Ich mein Licht nach Haus gebracht.

 

Sturm du warst ein Bild des Lebens

Licht du warst der Liebe Bild

Das im Drang des Widerstrebens

Leuchtet unter Jesu Schild.

 

Doch ich bebe, zieht so brausend

Spät der Sturm mir noch durchs Haar

Treibt das welke Laub mir sausend

Nach im Kreis um den Altar.

 

Meine Lampe flackert, lecket,

Rußt die blanke Leuchte an.

Zuckend hin und her geschrecket

Zeigt ihr Schein mir irre Bahn.

 

Gleich' ich doch dem armen Schwimmer

Der zum teuren Ziele ringt

Den verführt vom falschen Schimmer

Bald das wilde Meer verschlingt.

 

Alles hab' ich sinken lassen

Sinken alle Lust der Welt

Eines treu ans Herz zu fassen

Was mich über Meer erhält.

 

Eine Gott gefallne Blüte

Trägt und hebt mein brennend Herz,

Treib o Woge die verglühte

Asche endlich heimatwärts.

 

Aber diese Blüte kühlet

Ewig mir die heiße Glut

Nie verzehrt, die in mir wühlet

Mich der Flamme irre Wut.

 

O ertränk' mich wilder Regen

Schleudre mich du Sturm der Nacht

Einem scharfen Fels entgegen,

Daß mein schwerer Traum erwacht.

 

Wind und Wasser um mich zanken

Auf den Bahnen wankt das Licht,

Schwarze Wolken der Gedanken

Stürzen vor das Weltgericht.

 

Soll ich fliehen soll ich bleiben

O unnennbar liebes Gut!

Wolle mich zum Ziele treiben

Wo die ganze Hoffnung ruht.

 

Alles, was im Sturm zu schiffen

Einst mein banger Arm umfaßt

Treibt um mich, der selbst ergriffen

Schwebt ohn' Steuer und ohn' Mast.

 

Eines ist mir nur geblieben

Eines, das ich nie verlor

Ein unsterblich treues Lieben

Reißt mich überm Meer empor.

 

Heil dir, die des Sturmes Zügel

Wie mit Kinderhänden lenkt

Und die reinen Himmelsflügel

Selig durch die Nacht hin schwenkt.

 

Immergrüne Dornenkrone

Die die Rosen seelwärts flicht

Daß der Leib aufschreit, o schone,

Und der Geist in Wonne bricht.

 

Ja ich trag' dich dicht am Herzen,

Du zerreißest mir die Brust

Doch die Nesselglut der Schmerzen

Deckt mir eine heil'ge Lust.

 

Selig, gehst du treu zur Seiten,

Schweb' ich durch die Wetternacht

Ist es doch ein süßes Leiden

Wenn die fromme Lippe lacht.

 

O unnennbar lebend Sterben

Himmelsbrot in Erdennot,

Lachen in uns selbst die Erben,

Macht der Tod die Wangen rot!

 

Tagsanbruch im Augenbrechen

Auch den Durst machst du zum Trank

Dornen blühn, wenn Rosen stechen

Erdenheil ist himmelskrank!

 

Wer bist du? Mit müden Händen

Fasset dich ein letzter Traum

Als die Nacht sich wollte wenden

Tratst du hell ihr auf den Saum.

 

Jakobsstraße, Jakobsleiter,

Engel steig allein nicht auf,

Öffne doch die Türe weiter,

Treibe meinen müden Lauf.

 

O du Kind, Geliebte, Schwester

Schatten, Leben, Leid und Lust.

Alle Vögel haben Nester

Und mein Herz hat eine Brust.

 

An der Türe angekommen

Sprachst du mir ein freundlich Wort

Hättst mich gerne aufgenommen

Doch mein Richter trieb mich fort.

 

Wenn ich einstens kann verdienen

Unter deinem Dach zu ruhn

Ist der Morgen schon erschienen

Andres hab ich noch zu tun.

 

Muß noch einsam ringend steuern

Durch die wilde Wetternacht

Bis zu allen Fegefeuern

Mir dein Flügel Kühlung facht.

 

O zu selig, daß ich Armer

Stehe in so edler Pein.

Daß ich ewig den Erbarmer

Seh' in des Gerichtes Schein.

 

Und so bin durch Wind und Wogen,

Ich wie ein betrübtes Kind

Durch die Blumen hingezogen

Daß ich dir ein Sträußlein bind'.

 

Und der Strauß den ich gepflücket

Ist dies sturmverwirrte Lied

Würd' er an dein Herz gedrücket

Dann wär' er dem Herrn erblüht.

 

 

Zueignung

Zur Weihnacht, sternenhelle,

Saß einsam auf der Schwelle

Ein Kind so reich als fromm,

Und hieß im reinen Herzen

Das Jesukind willkomm.

 

Es sehnt sich nicht nach Gaben,

Es wollte mehr nicht haben,

Als was Maria hat,

Den lieben Gottesknaben,

Der macht es freudensatt.

 

Und als mit Freud und Schmerzen

Er in des Kindes Herzen

Als einer Krippe spielt,

Da sang das Kind dem Kinde,

Das es am Busen hielt:

 

»Ach hätt' ich Engelzungen,

Ich hätt' dir längst gesungen

Das süße liebe Lied,

Das mir so still und selig

Im jungen Herzen glüht.

 

Ich weiß ja keine Weisen,

Dich Heiland so zu preisen,

Dich Jesu fromm und mild,

Wie meine ganze Seele

Dir jauchzt und singt und spielt.

 

Ich muß mein Haupt dir neigen

Kann weinen nur und schweigen

In Seligkeit und Schmerz,

Ach Kind, du weißt mein Lieben,

Du siehst mir ja ins Herz!«

 

Als Jesus dies gehöret,

Spricht er: »dir sei bescheret

Ein Kindlein, Schmerzenreich,

Das sollst du betend wiegen,

Rein meiner Mutter gleich.

 

Und auch sei dir bescheret

Ein Herz zu mir bekehret,

Ein Herz an Schmerzen reich,

Darinnen sollst du wiegen

Das Kind mit mir zugleich.

 

Und auch sei dir bescheret

Die Weise, die mich ehret,

Mit freud'gem Flug und Fall,

Das Lied, das mir lobsinget

Trotz Lerch', trotz Nachtigall.

 

Sieh, was ich dir gegeben,

Drum sollst das Haupt du heben,

Und öffnen deinen Mund,

Und freud'ge Lieder singen,

Steh auf und sei gesund!

 

Es wird ein Frühling kommen,

Der bringt, was ward genommen,

Die Blumen und den Kranz,

Sei freudig, sei geschmücket,

Die Unschuld ist ein Glanz!

 

Es wird ein Sommer kommen,

Voll Segen für die Frommen,

Voll lichtem Ährengold,

Da lese fromm gebücket

Ein Gärblein dir zum Sold.

 

Es wird ein Herbst sich neigen,

Brich Wein und Frucht von Zweigen

Ich hab' dir's zugedacht,

Drum sei in Freud und Wonne

Die Ernde eingebracht.

 

Und kömmt der ernste Winter,

Dann sei wie andre Kinder

An meiner Wiege froh.«

Da sprach das Kind ergeben:

»Ja Kind, das will ich so!

 

All, was du mir bescheret,

Hab' ich von dir begehret

Mit Liedes Flug und Fall,

Drum will ich dir lobsingen

Trotz Lerch', trotz Nachtigall!«

 

 

Weihelied zum Ziel und End

Herr Gott, dich will ich preisen,

So lang mein Odem weht,

O hör' auf meine Weisen,

O sieh auf mein Gebet.

Bin ich im Himmel oben,

Da lern' ich andern Sang,

Da will ich hoch dich loben

Mein ewig Leben lang.

Jetzt laß dir wohlgefallen

Mein treu einfältig Lied,

Muß doch ein Kindlein lallen,

Wann es die Mutter sieht,

Nun hab' ich auch gesehen,

Wie du so väterlich,

Will nun nichts mehr verstehen,

Als dich, mein Vater, dich!

Ich saß in meiner Kammer,

Sah trüb ins Leben hin,

Die Seele rang in Jammer,

Voll Sorge war mein Sinn,

Da floß ein heilig Sehnen

Mir in das öde Herz,

Da brach mein Blick in Tränen

Und schaute himmelwärts.

Da war dein Himmel offen,

Stern traf in Augenstern,

Mein Glauben, Lieben, Hoffen

Fand Gnade vor dem Herrn.

Das Lied, das ich verschwiegen,

Das Lied, das leis ich sang,

Sah ich die Engel wiegen

In Davids Harfenklang.

Und sah, den ich gerühret

Mit meinem Lerchensang,

Zum Herrn von mir geführet

Auf einem Dornengang;

Er sang mit mir zusammen

Mit sel'gem Flug und Fall

In Gottes Liebesflammen

Trotz Lerch', trotz Nachtigall!

 

 

An das Blut am Abend vor dem Gericht

Gute Nacht du liebes Blut

Rinn noch einmal zu dem lieben Herzen

Tu dir heut noch was zu gut,

Morgen wirst du deine Lust verscherzen.

 

O du sel'ger Feuerquell!

Manchen Wundertraum hast du geschaukelt,

Wie ein trunkener Gesell

Bist du durch das liebste Herz gegaukelt.

 

Warst so überwohl zu Haus,

In den lieben reinen blauen Adern,

Machtest du dich gar zu kraus,

Wußtest gar nichts von fatalen Badern.

 

Doch du machtest dich zu breit,

Hieltest nicht die Flut und nicht die Ebbe,

Wie das Meer, das seiner Zeit

Demutsvoll dem Monde küßt die Schleppe.

 

Hieltest dich auch nimmer still

Triebst ein Hämmern, Brennen Stechen,

Wer im Hause bleiben will,

Muß dem Herrn nicht immer widersprechen.

 

Lang sah man der Unart zu,

Doch verloren ist an dir so Malz als Hopfen,

Welchen trifft die Strafe nu,

Ach ihr dauert mich ihr armen Tropfen.

 

Und weil keiner von euch weiß,

Ob er morgen ins Gericht wird treten

Sollt ihr alle gleicherweis

Heut noch einmal mit der Lieben beten.

 

Seid fein still und tuet Buß',

Wer von euch sie im Gebete störet

Morgen aus dem Hause muß,

Fühlen muß zuletzt wer nicht gehöret.

 

Gute Nacht du liebes Blut

Rinn noch einmal zu dem lieben Herzen,

Wem es einmal ward so gut,

Der kann alles andre leicht verschmerzen.

 

 

Abends am 27. Oktober 1817

An des Hauses kleiner Türe,

Wo ich all mein Glück verliere,

Hast du lieb das Haupt gewendet,

Und so war der Tag geendet.

 

Alles, alles mögst du geben,

Und doch muß ich sterbend leben,

Armes Kind, du Herz der Güte

Ach zu geben nicht ermüde!

 

Ich will auch nicht müde werden,

Will im Grabe aus der Erden

Reine Blumen zu dir treiben,

Ach, die dürfen bei dir bleiben!

 

Aber ich muß heimwärts wanken

Einsam knieend, weinend danken,

Für die Freuden für die Schmerzen,

Für das Feuer auf dem Herzen.

 

Ach, das ich mit bittern Zähren

Einsam Tag und Nacht muß nähren

Und muß drin so ganz verbrennen,

Daß nur du mich kannst erkennen.

 

Wie du Tiere kennst fern irrend,

Vöglein schnell vorüber schwirrend,

Blumen, Beeren in der Wildnis,

Kenn' auch mich im bleichen Bildnis.

 

Wenn vorbei die andern gehen

Und so scheu nach mir hinsehen,

Wie man nach Gespenstern blicket,

Die den Grenzstein falsch gerücket,

 

Ach dann fliehe nicht mein Winken,

Reiche einmal mir zu trinken,

Und willst du nicht zu mir treten

Kniee, um für mich zu beten.

 

Wenn die andern längst mit Zagen

Den verloschnen Denkstein fragen,

Bist du auch ein Mensch gewesen,

Sollst du klar noch in mir lesen,

 

Daß ich dich mit Schuld betrübet,

Daß ich Buße schwer geübet,

Daß, Versühnung zu erwerben,

Ich dich lieben muß zum Sterben.

 

Daß ich mich mit heißen Tränen

Ewiglich nach dir muß sehnen,

Läg' ich auch an deinem Herzen

Wie die Leiche zwischen Kerzen.

 

Weil das Gut, das ich verloren

Mir in dir ward neu geboren,

Weil mein Richter dir gegeben

Mein unschuld'ges tiefes Leben.

 

Daß die reine Himmelsgabe

Ewig ich vor Augen habe,

Daß das Gottesbild im Kinde

Zeige mir den Greul der Sünde.

 

Lies auch im zerbrochnen Herzen:

Habe Dank für alle Schmerzen,

Die du für mein böses Leben

Mir zur Buße mußtest geben.

 

Habe Dank, du blühnde Rute,

Unter der ich still verblute,

Ich verdiente zu verderben,

An dir soll ich ehrlich sterben.

 

Jedem ist ein Amt verliehen,

Richter sitzen, Sünder knieen,

Und ich muß zu deinen Füßen,

Für die schweren Schulden büßen,

 

Gnad' ist mir für Recht ergangen,

Ich darf deine Knie umfangen,

Darf in Tränen zu dir stammlen,

Laß, o laß mich Kräfte sammlen.

 

Kraft den Himmel zu umarmen,

Den mit rührendem Erbarmen,

Ich in deinen Blicken fühle,

Daß ich dieses Feuer kühle.

 

Kraft, die Blumen all zu sehen

Die da auf und untergehen,

Wenn du deine Seele rührest,

Und mich in dein Herz einführest.

 

Kraft, mich über sie zu bücken

Und doch keine zu erdrücken

Tränen, alle zu erfüllen,

Ach und Nacht, mich einzuhüllen.

 

Eine Nacht, wo ich alleine

Um das trübe Leben weine,

Ohne Mond, ohn' Sternenschimmer

Einsam mit dem Worte: Immer!

 

Wer euch nichts bringt, hat nichts von euch zu hoffen,

Dem Erzschenk habet ihr den Hals gebrochen,

Nur offner Hand stehn eure Ohren offen

Und ohne Klingen hilft bei euch kein Pochen!

 

Ein armer Krieger hat hier nichts zu holen,

Ihr führet keinen Krieg, wo ihr nichts krieget,

Und weil ihr blanken Klingen unterlieget,

So ehrt ihr das Duell auf Goldpistolen.

 

Die Poesie muß hier mit Armut leben;

Sing' ich Sonette euch auch noch so nette:

Ihr werdet nimmer Speise mir und Bette,

Statt Geld für Verse Fersengeld nur geben.

 

Gern gilt hier nichts, drum geh' ich gern von hinnen;

Ungern beherbergt ihr, und höchstens Ungern

Aus Kremnitz, doch Erlanger müssen hungern;

Nur für Zechinen ist die Zeche drinnen.

 

Ein Ducka ist mir lieb, doch mit Dukaten!

Souvrainen pflege ich für Severinen –

Baronen ohne Bares nie zu dienen –

Und kann mit Ahnen keine Hahnen braten!

 

So nackt und kahl geh' ich von eurer Schwelle,

So nüchtern, bar und blank in voller Klarheit,

Als wär' ich, die ich singe, – selbst die Wahrheit,

Denn nur Reale sind bei euch's Reelle!

 

Mit Höhnen siehst du wie ich hier vergehe,

Du Hofvolk, fressend Gold und Fleisch, wie Raben,

Von dir ist nichts, du bist zum Narrn zu haben,

Ich stand dein Narre hier, steh du, ich gehe!

 

 

Vor dem ersten Aderlaß, am Tage vor dem Abendmahl

Was ich tue, was ich denke,

Alles, was mit mir geschieht,

Herr nach deinem Auge lenke

Das auf meine Wege sieht.

 

Herr, o wolle auf mein Flehen,

Wenn mein Blut zu Tage springt,

Heut mich wie ein Kind ansehen

Das sein erstes Opfer bringt.

 

Unter scharfen Marterruten,

Unter eines Richters Schwert,

Möcht' ich dir mein Heiland bluten,

Wär' ich deiner Kronen wert.

 

Aber, da mir nicht vergönnet

Solch ein heilender Erguß,

Geb' ich, weil die Fülle brennet,

Ach! nichts, als den Überfluß.

 

Alles doch hast du gegeben,

Gott der zu den Schmerzen kam,

Und im Blut hingab das Leben,

Daß den Tod er von uns nahm.

 

Meines fließt zu meinem Heile,

Fließt zu deinem Ruhme nicht

Herr mir deinen Schmerz mitteile,

Wenn der Stahl die Quelle bricht.

 

Gieb, daß deines Bluts ich denke,

Wenn das meine niederrinnt,

Und in deine Wunden senke

Dein ohnmächt'ges schwaches Kind!

 

Laß, was bös in meinen Sinnen,

Alle heiße Erdenglut,

Heut aus meinen Adern rinnen,

Morgen dann gieb mir dein Blut.

 

O wie hast du's gut bestellet,

Meine Seele faßt es kaum,

Daß dein Blut sich mir gesellet,

Macht das meine heut ihm Raum.

 

All dein Blut hast du vergossen

Mir zu tilgen das Gericht,

Und es ist für mich geflossen,

Aber ich, ich nahm es nicht.

 

Hast auch deinen Leib gegeben,

Für mich in des Richters Zorn,

Und ich zage für das Leben,

Trag' um dich auch keinen Dorn.

 

Und ich weiß doch, es giebt Seelen

Brennend so in reiner Glut,

Daß sie deine Wunden zählen

An sich selbst in Wunderflut.

 

Ach weil ich nicht diesen gleiche

Ist wohl böses Blut in mir,

Gieb daß alles es entweiche,

Jesus dann gefall' ich dir.

 

Und ersetz' es geistlich wieder

Morgen mir mit deinem Blut

Vor dir sink' ich rein dann nieder,

Wo die Büßerin geruht.

 

Herr, du weißt ich wollt' bekennen,

Was die Seele niederdrückt

Felsen von dem Quell mich trennen

Wo die Buße Gnade pflückt.

 

Ich hab' nicht den Zaun durchbrochen,

Herr vergieb uns unsre Schuld,

Wär' durch Dornen gern gekrochen

Heim in deiner Kirche Huld.

 

Und ließ ich denn meine Sünden,

Alle heut in meinem Blut,

Wolle mich in ihm entbinden,

Wie die Erd' in Sündenflut.

 

Mit dem Blute wird verschuldet,

Mit dem Blute wird versühnt,

Du Herr hast die Pein erduldet,

Ich, ich habe sie verdient.

 

Und so komm' ich dann im Glauben

Deines Blutes Gast zu sein,

Keiner soll mir dieses rauben,

Du warst mein, ach, mach mich dein.

 

 

Sei geduldig,

Du bist schuldig,

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut

Darfst dich nur recht niedrig schmiegen,

Wie das Herz, das bei dir ruht

Ach das liebe, liebe Herz,

Teilet gern mit dir den Schmerz.

 

Sei geduldig

Du bist schuldig

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut,

Muß sich doch der Halm auch biegen,

Wo der kleine Vogel ruht,

Ach der liebe, liebe Fink,

Ist zu deinem Troste flink.

 

Sei geduldig

Du bist schuldig

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut

Bald wird er herniederfliegen,

Mit dem Blümlein wohlgemut

Ach das liebe liebe Blatt,

Und die Blume macht dich satt.

 

Sei geduldig

Du bist schuldig

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut

Daß sich Dornen zu dir biegen

Und dich stechen bis aufs Blut,

Ach der liebe, liebe Dorn

Heilet dich von deinem Zorn.

 

Sei geduldig

Du bist schuldig

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut

Kannst das Haupt noch wählend wiegen

Nach des Tulpenkelches Glut,

O der Liebe Liebesrot

Ohne Duft, und ohne Not.

 

Sei geduldig

Du bist schuldig

Unter Dornen mußt du liegen

Ach dir geht's noch viel zu gut,

Darfst den Fuß hinüberbiegen

Wo das Herz verwundet ruht,

Ach das liebe liebe Herz

Ist wohl wund von edlerm Schmerz.

 

Ist geduldig

Ist unschuldig

Und will gern in Dornen liegen,

Ach und ist dir viel zu gut

Lehrt dich schmiegen, lehrt dich siegen

Wie's der kleine Vogel tut

Singt ein liebes liebes Lied

Giebt die Blume dir und flieht.

 

 

O Trost in letzten Stunden

Ihr heiligen fünf Wunden

Die Mutter laßt gesunden

Von Euch ja kömmt das Heil

So fleht der Kinder Jammer

Da klingt der Pforte Hammer

Da naht der Schmerzenkammer

Der Tod mit seinem Pfeil.

 

Es mahnt der Schrei der Eule

Es kracht des Hauses Säule

Ein klagendes Geheule

Erhebt der treue Hund

Da fleht die Mutter leise,

O Herr zur dunklen Reise

Sehnt mich's nach heil'ger Speise

Aus deinem Gnadenbund.

 

Da kam der Arzt gegangen

Die Kinder flehn mit Bangen

Und jammerndem Verlangen

O Herr brich unsre Not!

Er sah mit Tränenbächen

Der Mutter Augen brechen

Und wagt nicht auszusprechen

Gott helf', ich seh' den Tod.

 

Da hat er Rat gefunden,

Er sah des Heilands Wunden

Den Trost in letzten Stunden

Gemalet an die Wand,

Dahin den Blick erhoben

Zeigt ruhig er nach oben

Und spricht, die Hand da droben

Die hilft, die Gotteshand.

 

Ich selbst kann hier nichts geben,

Den Wein sucht bei den Reben

Das Leben bei dem Leben

In Heilands Heilhand Heil,

Zu diesem Arzte tretet

Er sieht euch so ihr betet.

Und als er so geredet

Verließ er sie in Eil.

 

Und als er so geschieden,

All andre Hülfe mieden

Die Kinder fromm zufrieden,

Sie folgten seinem Rat,

Denn von dem Trost belebet

Das Haupt die Mutter hebet

Und spricht, ihr Lieben gebet

Was er geordnet hat.

 

Es kehrt nach zweien Tagen

Der Arzt mit mildem Zagen

Den Kindern nachzufragen

In dieses fromme Haus,

Da hört er Lieder klingen

Und feierlich lobsingen,

Und dachte, ach sie bringen

Die Leiche nun heraus.

 

Sein Herz wollt' Gott da lenken,

Die Waisen zu bedenken,

Den Kleinen will er schenken

Als Vater sich zur Stund

Und sah ins Haus gegangen

Am Hals der Mutter hangen

Die Kinder, sie lobsangen,

Die Mutter war gesund.

 

Sie eilten ihm entgegen

Und riefen: Gottessegen

Auf allen deinen Wegen

Sei treuer Arzt dein Teil

Du sprachst ich kann nichts geben,

Den Wein sucht bei den Reben

Das Leben bei dem Leben

In Heilands Heilhand Heil.

 

Den Becher hielt der Glaube

Die Hoffnung preßt die Traube

Lieb' warf vom Farbenstaube

Der Heilandshand hinein

Schau auf nach den fünf Wunden

Die eine ist verschwunden

Es trank sie, zu gesunden

Die Mutter in dem Wein.

 

Da sah der Arzt das Wunder

Da ging sein Wissen unter

Da ward sein Glauben munter

Er hob das edle Haupt

Und sprach, in den fünf Wunden

Hab' ich die Kunst gefunden

Heran, wer will gesunden,

Heil, heilig wird, wer glaubt.

 

 

Ich baute eine Mauer

Aus Gold und Edelstein,

Draus wohnet Nacht und Schauer

Drin lichter Gnadenschein.

 

Hab' alles Licht gezogen,

Mit Gottes durst'gem Mund,

Verwölbt den Himmelsbogen

In meines Herzens Grund.

 

Hab' allen Mai gerissen

In die geheime Nacht,

Daß in den Finsternissen

Dem Herrn ein Gärtlein lacht.

 

Er, er soll alles haben,

Ihm bin ich selig still,

Ihm hab' ich mich begraben,

Ihm, dem ich leben will.

 

Wie eine fromme Imme

Trag' ich ihm alles ein,

Der mir die innre Stimme,

Giebt durch mein Fensterlein.

 

Der mich läßt Blümlein sehen

Und auch den Rosendorn,

Lehrt durch die Mauer gehen

Hin zu dem Honigborn.

 

So füll' ich Zell' an Zelle,

Ihm, ihm dem Herrn allein,

Drum Epheu an der Schwelle

Sollst du nicht traurig sein.

 

Es müßt' mich billig jammern,

Wenn du mir untergingst,

Der du mit Lebensklammern,

Die Wand mir grün umschlingst.

 

Wenn draus du betend rauschest

An meiner Kammer Wand,

Wenn draus du sinnig lauschest,

Klingt, glänzt die innre Wand.

 

Dann muß ich für dich beten,

Und bei dir kehren ein,

Wenn mich die Nacht betreten

Draus wo kein Gnadenschein.

 

Mit allen Wurzeln trinkest

Du Leben ja aus mir,

Und wenn du niedersinkest,

Reich' ich die Hände dir.

 

Die kalten, frommen Hände,

Draus kalt, daß Gott erbarm',

Drin schimmern, glühn die Wände,

Drin ist es licht und warm.

 

Draus kann ich dir nur schweigen,

O klimme treu am Stein,

Du findst mit deinen Zweigen

Noch einst mein Fensterlein.

 

Dann magst du niederblicken

Mit deinem bittern Leid,

Und magst mir Tränen nicken

In meine Seligkeit.

 

Und wenn ich ausgebauet,

Mein Haus mit Liebe voll,

Daß ich nun angetrauet

Dem Liebsten werden soll

 

Will ich mein Kränzlein brechen

Von deinem dunkeln Grün,

Und zu dem Liebsten sprechen,

Herr laß mir diesen blühn.

 

Laß ziehn mich ihn von dannen

Bis über diese Welt,

Er soll mir dorten spannen

Mein hochzeitliches Zelt.

 

Rein hilf du mir ihn machen,

Ihn, der mich nicht erschreckt,

Ihn, der mir böse Drachen

In seinem Laub entdeckt,

 

Daß ich jungfräulich trete

Auf dieses Drachenhaupt,

Damit er mit mir bete,

Damit er mit mir glaubt.

 

Damit den Schatz ich hebe,

Auf dem der Drache ruht,

Und dir mit mir ihn gebe

O Jesu für dein Blut.

 

Wer Schätze hebt, muß schweigen

Bedenk mein Epheu dies,

Umflicht nur treu mit Zweigen

Dein stummes Paradies.

 

Treu will ich dich ernähren

Durch scheinbar kalten Stein,

Trink meine frommen Zähren,

Wachs in mein Fensterlein.

 

 

Es war einmal die Liebe,

Die himmelklare Liebe,

Sie war in edlem Zorn

Und sprach zum blinden Triebe,

Verzeih, heut kriegst du Hiebe

Ganz ernst mit einem Dorn.

 

Der Trieb hört dies betroffen,

Doch kaum hat ihn getroffen

Der Liebe Dornenstreich,

Da war die Knospe offen,

Der Dorn ganz ohn' Verhoffen

Schlug aus voll Rosen gleich.

 

Es war einmal die Liebe

Die himmelklare Liebe

Sie war vom Trieb betrübt,

Sprach drum zum blinden Triebe

An dir dem Friedensdiebe,

Wird Rache heut geübt.

 

Doch als sie sich wollt' rächen

Da stürzt in Tränenbächen

Das Herz ihr aus der Brust,

Sie kann den Stab nicht brechen

Die Lieb' wird aller Schwächen

Des Triebes sich bewußt.

 

Es war einmal die Liebe,

Die himmelklare Liebe,

Sie war vom Trieb gekränkt,

Und sprach zum blinden Triebe,

Wenn dir kein Trost auch bliebe,

Heut wird dir's nicht geschenkt.

 

Und um ihm's zu gedenken

Tut sie ein Füllhorn senken,

Voll von Gerechtigkeit,

Und hat des Triebes Ränken

Den Richtplatz mit Geschenken

Der Gnade überstreut.

 

Ei sag einmal du Liebe,

Du himmelklare Liebe

Wer hat dich das gelehrt,

Daß man dem blinden Triebe

Für scharfe Dornenhiebe

Nur Rosenglut beschert.

 

Und daß man für die Rute

Dem blinden Übermute

Nur süßen Zucker giebt

Das lehrte mich der Gute

Der mich mit seinem Blute

Ob meiner Schuld geliebt.

 

Da sang einmal der Liebe

Der klaren Himmelsliebe

Der Trieb dies Liebeslied,

Daß sich dem blinden Triebe

Ein Licht ins Aug' er schriebe,

Daß er im Auge sieht.

 

Und als sie es gehöret,

Da fühlt sie sich erhöret,

Und sprach in Demut fromm

Wer hat mich dir gelehret

Wer hat dich mir bescheret,

Trieb sei der Lieb willkomm.

 

Da faßt einmal die Liebe

Die himmelklare Liebe

Sich einen frischen Mut,

Und war dem blinden Triebe

Daß er nicht irrend bliebe

Ein Blindenführer gut.

 

Da lernt der Trieb das Lieben,

Da ward die Lieb' getrieben

Bis sehend er, sie blind,

Und beide sind's geblieben,

Und ich hab dir's geschrieben,

Merk auf, und bleib ein Kind.

 

 

Am 19. Februar 1818 morgens unter den Linden, da du traurig warst und die Sonne schön schien

Wie treu scheint Gottes Sonne

Heut in die Welt herein,

Die Zeit erwacht mit Wonne

Im neuen Gnadenschein.

 

Es zünden alle Kerzen

Sich schon zum Feste an,

Und alle frommen Herzen

Sind festlich angetan.

 

Welch Kleid soll ich denn nehmen,

Hab' ich kein Hochzeitskleid?

Soll ich allein mich schämen

In dieser heil'gen Zeit?

 

Ist denn mein Kranz zerrissen,

Ist mein Gewand befleckt,

Hilf, Herr, der mein Gewissen,

Der meine Blöße deckt!

 

Laß einsam mich hier trauern,

Da du zur Wüste giengst,

Auf deine Rückkehr lauern,

Bis du ein Kleid mir bringst.

 

Ich streu' mein Haupt mit Asche

Hüll' mich in Buße ein,

Mit bittren Tränen wasche,

Ich doch mein Kleid nicht rein.

 

Und denk' auf alle Fragen,

Warum ich so betrübt,

In diesen vierzig Tagen

Hat Jesus sich geübt.

 

Mein Heil gieng in die Wüste

Und ward vom Feind versucht,

Und ach, so lang ich büßte,

Bracht' ich doch keine Frucht.

 

So oft ich mich auch wagte

In seiner Gnade Schein,

War mir's, als ob ich sagte,

Mach Brot aus diesem Stein.

 

Und doch hat er vergossen

Um mich sein teures Blut,

Auf mich ist es geflossen,

Und doch bin ich nicht gut.

 

Bin immer nicht ergeben,

Treib' ewig hin und her,

Mach' das erlöste Leben

Der armen Seele schwer.

 

Mein eignes Blut unbändig

Will stets der Herrscher sein,

O Gott, mach mich lebendig,

Sei du mein Herr allein.

 

Laß dieses Eis zerbrechen

Vor deinem Sonnenschein,

Und zieh auf Gnadenbächen

Im Frühling zu mir ein.

 

In deiner Lieb' geborgen,

Mag Lilie, die nicht spinnt,

Mag auch kein Vöglein sorgen,

Viel wen'ger noch ein Kind.

 

Wie oft im jungen Herzen

Nannt' ich mich selig so,

Und ward in Freud und Schmerzen

Recht meiner Kindschaft froh.

 

Nur du allein kannst wissen

Wie mich dein Gruß erquickt,

Und was mein Herz mußt' missen,

Wenn es von dir geblickt.

 

Kein andrer Blick kann taugen,

Mein Jesu mach mich blind,

Führ' unter deinen Augen

Auf reiner Bahn dein Kind.

 

Dein Tau steht auf den Auen

Und macht die Gräser frisch,

Herr, gebe mir Vertrauen,

Führ' mich zu deinem Tisch.

 

Laß alles Widersprechen

In mir getilget sein,

Und mach mich vom Verbrechen

Des Eigenwillens rein.

 

Den Vater hab' ich funden

Erkannt auch seine Braut,

Die Kirche, durch die Wunden

Der Märtrer ihm getraut.

 

Ich zage vor der Türe,

Ob ich dich bei ihr find',

Zum Schoß der Mutter führe,

O Jesu, selbst dein Kind.

 

Gieb daß in bittrer Reue

Ich alles Rückhalts bloß

Bekennend mich erneue

In ihrem Gnadenschoß.

 

Daß reiner als geboren

Daß wie getauft so rein,

Ich, was ich je verloren

In Buße nehme ein.

 

Laß mich das Wählen enden,

Das der Versuchung gleicht

Zu Brot in meinen Händen

Sei dieser Stein erweicht.

 

Und von des Priesters Worten,

Der deine Weihe trägt,

Sei es zu dir geworden,

Mir unters Herz gelegt.

 

Dann gieb, daß wie die Reine,

Die dich empfangen trug

Ich glaubend jauchz' und weine

Und nie, ach nie genug.

 

Dann, in der Zeiten Fülle

Stell', wie die dich gebar,

Ich, bricht des Leibes Hülle,

Dein Bild im Himmel dar.

 

Dann trage voll Erbarmen

Den Geist vor deinem Thron

In deinen Vaterarmen,

Sei du mein Simeon.

 

Und deine Mutter süße,

Laß mir die Hanna sein,

Daß sie mich freudig grüße,

In deiner Sel'gen Reihn.

 

Mein Hoffen, Lieben, Glauben

Bring' dir die Kirche dar,

Wie deine Mutter Tauben

Geopfert am Altar.

 

O Herr, zu solcher Wonne

Gabst du mir selbst Geleit,

Und die geschaffne Sonne

Scheint dennoch mir zu Leid.

 

Was ist's, daß ich verzage,

Welch Leid ist mir geschehn,

Die armen flücht'gen Tage

Von dir geschmückt zu sehn.

 

Mit Sonnenglanz begrüßte

Die Zeit das Erdenland,

Die fastend in der Wüste

Dir im Gebet verschwand.

 

Das Leben dich versuchet,

Mach Brot aus diesem Stein,

Hör' ich, die du verfluchet,

Die bunte Schlange schrein.

 

Und auf des Tempels Zinnen

Und zu dem Reich der Welt

Wird auf dem Berg den Sinnen

Die Seele ausgestellt.

 

Herr, laß dein Wort mich hören;

Sprich, Satan weich von ihr,

Ruf mit den Engelchören

Dein Kind zu dienen dir.

 

Es sei die junge Sonne

Und diese milde Zeit

Dir eine Festeswonne

In meiner Brust bereit.

 

Laß nicht tirannisieren

In mir das eigne Blut,

Herr laß mich triumphieren

In deiner Wunden Flut.

 

Heran, heran ihr Blüten

Nun öffnet euren Schoß

Neu bricht nun ohn' Ermüden

Der Strom der Gnade los.

 

Mit reinen Kelchen trinken

Sollt bald ihr Jesu Blut

Wenn er sein Haupt läßt sinken

Dann, dann ist alles gut.

 

Wenn er erst ausgesprochen,

Das Vater, das Vollbracht,

Dann ist der Tod gebrochen,

Und nur auf Erden Nacht.

 

Er wird den Stein schon heben

Er wird schon auferstehn,

Daß die ihm sterbend leben

Ihn ewig wiedersehn.

 

Ihr Blumen euch zur Seite

Steh' ich am Grabe fromm

Und heiß' in Lieb und Leide

Den Herrn mit euch willkomm.

 

Wir brauchen nicht zu klagen,

Er hat uns ja gelehrt,

Das Vater Unser sagen,

Das Wort das er erhört.

 

 

Am Charsamstag 1818

Warum er mich verlassen,

Mußt' ich zum Vater schrein,

Und du willst dich nicht fassen,

Willst niemals einsam sein.

Siehst du denn nicht die Kerzen

An meinem Grabe hier,

Was suchst du mich von Herzen,

Und weinest vor der Tür?

Tritt ein du wirst mich finden,

So weit dein Glaube reicht,

Bekenne deine Sünden,

So wird dein Hoffen leicht,

Und wollen deine Augen

Mich liebend dann nicht sehn,

Soll dir der Glaube taugen

Blind zu dem Tisch zu gehn.

 

Das ist die rechte Liebe,

Die alles Dunkels lacht,

Die die vorwitz'gen Triebe

Gehorsam glaubend macht

Dann werden alle Sinnen

In meinem Hiersein neu

Dann denkt man nicht von hinnen

Auf daß man heilig sei.

 

Will Glauben, Lieben, Loben

Und Hoffen noch verstehn

So wollen sie nach oben

Vorbei beim Heiland gehn.

Du brauchst nicht so zu schreien

Die Türe schließ' ich nicht,

Wenn tausend Teufel dräuen,

Sie löschen mir kein Licht.

 

Wer will dich mir begraben,

Die Braut, der ich vermählt,

Mit der kannst du mich haben,

Hast du mich recht erwählt,

Die Kirche, die sie schmähen,

Sie ist die Mutter dein,

Sie lehrt dich auferstehen

Sie lehrt dich selig sein.

 

 

Es scheint ein Stern vom Himmel,

Ein einz'ger in mein Herz,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Da hätt' ich Nacht und Schmerz.

 

Es spritzt ein Quell vom Felsen

Ein Tröpfchen zu mir her,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verschmachtet wär'.

 

Es singt ein Himmelvögelein

An meiner Kerkerwand,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Ich käm' um den Verstand.

 

Es blüht ein einz'ges Blümlein

Auf meinem Wege wüst,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verzweifeln müßt'.

 

Vor mir streicht hin ein weißer Hirsch

Mit goldenem Geweih,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich verirret sei.

 

Es scheint ein bißchen Sonnenschein

Mir in die Nacht herein,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Ich stürb' in dunkler Pein.

 

Es fällt mir eine Blüte

Des Segens ohne Frucht,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Ich glaubte mich verflucht.

 

Es sieht mit Himmelsgüte

Ein reines Aug' mich an,

Es könnte wohl was Bessers tun,

Dann wär's um mich getan.

Es mahnet an dem Abgrund mich

Ein frommer Liedermund

Er könnte wohl was Bessers tun,

Ich stürzte in den Schlund.

 

Es tut ein frommes Mägdlein

Wohl Engeldienst an mir,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Daß ich mein Heil verlier'.

 

Mich hat der Herr geliebet,

Er zeigte mir, was schön,

Er könnte wohl was Bessers tun,

Dann müßt' ich untergehn.

 

Heut schienen Stern und Lichter

Mir, was ich liebe, an,

Sie könnten wohl was Bessers tun,

Und haben's doch getan.

 

Mir hüpft das Herz in Freuden

Ein Engel steht mir bei

Es könnte wohl was Bessers tun,

Bräch' es mir gleich entzwei.

 

Ich muß die Güte lieben,

Sie hat sich mein erbarmt,

Sie könnte wohl was Bessers tun,

Dann wär' ich ganz verarmt.

 

O liebe, liebe Seele du,

Mein Heil, mein Trost, mein Mut,

Ich kann ja gar nichts Bessers tun,

Denn alles ist ja gut.

 

 

Am 23. April 1818

Ich darf mich wohl erfreuen

An diesem Gnadentag,

Da man die heil'gen Weihen

Zum kleinen Kinde sprach.

 

Zum Kind, das groß geworden

Die Weihe treu erhielt,

Und in dem Christenorden

Zum ew'gen Heile zielt.

 

Daß vierundzwanzig Tage

Man dich ließ Heidin sein,

Das bracht' dir manche Plage

Und Trug und falschen Schein.

 

Es tränkten alle Musen

Dich, außer Christi Hut,

Am vollen Sinnenbusen

Mit regem Lebensblut.

 

Du lerntest Träume spinnen,

In Kranz und Blumenspiel

Gar mancherlei ersinnen

Was nicht dem Herrn gefiel.

 

Du lerntest Lieder singen,

Die dich zur Welt gewandt,

Manch bunten Kranz zu schlingen,

Der an die Welt dich band.

 

Doch alle diese Künste

Sie wurden heut gekehrt

Zu einem heil'gen Dienste,

Der nur das Ew'ge ehrt.

 

In jenem heil'gen Bade

In jenem Heilerguß,

Da schöpftest du die Gnade,

Von der ich leben muß.

 

Du liebes gutes Wesen,

Ertauftes Christenkind,

Mit dir bin ich genesen,

Ich war ein Heide blind.

 

Bin wieder auch geboren

Hab' Mut von deinem Mut,

Was alles ich verloren

Ersetzt mir Jesu Blut.

 

Das hast du mir von Herzen

Gleich anfangs zugesagt,

Als ich die bittern Schmerzen

Zu Füßen dir geklagt.

 

Und alle dies Erbarmen

Das kam heut über dich,

Du Kind auf Trostes Armen

Wardst auch ein Christ für mich.

 

Drum darf ich heut dich grüßen

Du fandst mich nah dem Tod,

Ließ'st Tränen auf mich fließen

Und tauftest meine Not!

 

 

Ich bin allein,

Viel Sonnenschein

Liegt um das Haus,

Doch wie ein welker Blumenstrauß

Muß einsam sein,

 

Bis Blatt vor Blatt

Ganz lebenssatt,

Zum andern Ziel

Der leichtgesinnten Lüfte Spiel

Entführet hat.

 

So sterb' ich hier,

Als Todeszier

Streu' ich den Zug

Von deinem Namen in den Flug

Der Lüfte mir.

 

O gutes Kind!

Es weht der Wind,

Und was mich quält,

Wird deinen Blumen auch erzählt

Die blühend sind.

 

Die senken drum

Ganz still und stumm

Das reine Haupt

Und sprechen: Selig wer da glaubt

Der kömmt nicht um.

 

Und so auch heut,

Da du erfreut

Im Grünen gehst

Hat sich, was du in Liebe säest

Ins Kreuz gestreut.

 

So zwing' ich dich,

So schwing' ich mich

Zu deiner Huld,

Im Zeichen ewiger Geduld

Vollbringe ich.

 

 

Kennst du das Land

O wär' ich dieser Welt doch los

Los von den vielen Dingen

Und säß' in kühlem Felsenschoß

Zu schweigen oder singen,

Ja schweigen oder singen,

Oder was es soll sein,

Du müßtest vollbringen

Du wüßtest's allein.

 

Was soll ich mit der weiten Welt,

Sie ist so voller Sachen,

Mein eigen Haus ist schlecht bestellt,

Ich soll bei Fremden wachen,

Ja wachen oder hüten,

Ob auch beten dabei?

Wirst du mir vergüten

Man stellt es mir frei.

 

Ich schaudre bei dem bunten Kram

Von Anstand und von Lügen,

Ich muß die Wahrheit und die Scham

Mit Schicklichkeit betrügen,

Ja lügen oder trügen,

Der Tag bricht doch an,

Mit zürnenden Zügen,

Blickt Wahrheit mich an.

 

Hör' ich von einer groben Schuld,

So bebet meine Seele,

Ich ruf' o Jesus hab' Geduld,

Wenn tausendmal ich fehle,

Ja fehlen und dann zählen,

Macht auch eine Zahl,

Ich tu' es mit Wählen,

Der tut's auf einmal.

 

Tagtäglich wecket mich dein Licht,

Doch will's in mir nicht tagen,

O Herr, die Stunde zum Gericht

Laß in der Nacht nicht schlagen,

Ja schlagen, auf dein Winken

Erbebet die Welt

Da werden zur Linken

Die Böcke gestellt.

 

O Herr, zuvor brich noch mein Herz

Brich es mit harten Schlägen,

Scheid aus in Glut das taube Erz,

Dein Bild ins Gold zu prägen,

Ja prägen und wägen,

Dein Kreuz und dein Bild,

Zum Himmel ein Segen,

Vor Hölle ein Schild.

 

Nimm doch den Zweifel ganz von mir,

Laß mich doch ganz vertrauen,

Und strafe meine Neubegier,

So viel umherzuschauen,

Ja Schaun und Begehren

Sind nahe verwandt,

Den Fingern zu wehren

Nimm ganz meine Hand.

 

Ist's wahr mein Herr, warst du mir nah,

Warum willst du dann scheiden,

Und war's mein Leid, als ich dich sah,

O Herr so gieb mir Leiden,

Ja leiden oder meiden,

Wer möchte das nicht,

Wenn Jesus zu beiden,

Ich liebe dich, spricht.

 

Was Finsternis empfangen will

In mir als einem Weibe,

Mit deinem teuren Blute still',

Daß ich zum Licht auftreibe,

Ja treibe und bleibe

Am Kreuzbaum ein Blatt,

Dem heiligen Leibe,

Der Schatten nicht hat.

 

Was in mir aus der Schlangenbrut

Versuchend liegt gefangen,

Herr tilg mit deinem Fleisch und Blut,

Dies Drängen, Sehnen, Bangen,

Ja bangen und verlangen

Nach Früchten des Leibs,

Aufs Haupt tritt den Schlangen

Du Samen des Weibs!

 

Mir ist nach meiner Sündenzahl

Manch kleines Kreuz vonnöten,

Für jede böse Lust gieb Qual,

Sie kräftig zu ertöten,

Ja töten und quälen,

Wenn 's Herz übrig blieb

Soll dir es erzählen,

Wie sehr ich dich lieb'.

 

Weil Qual um Qual und Pein um Pein

Du auch für mich gelitten,

So will ich auch das Leiden mein

Recht nach und nach erbitten,

Ja bitten und ringen

Um langsame Not,

Und beten und singen

Und tragen zum Tod.

 

Noch will's nicht gehn, es ist mit mir

Gar hinderlich beschaffen,

Ich hab' nicht Zeit, die Welt steht hier,

Begaffet muß ich gaffen,

Ja gaffen oder raffen

Es wird schier zu viel,

Im Heut wird geschaffen

Das Morgen, das Ziel.

 

Herr laß mich Waislein nicht getrennt,

Sieh wie die Schuld mich peinigt,

Gieb daß das heil'ge Sakrament

Der Buße ganz mich reinigt,

Ja reinigt und vereinigt

Dem Kirchenbrautleib,

Auf daß ich verdeinigt

Dir ewig verbleib.

 

O Herr, mein Gott, vollende doch,

O laß mich's doch erleben,

Häng tausend Leiden an mein Joch,

Dann will ich zu dir schweben.

Ja schweben oder ringen

Auf Flügeln der Not,

Auf schmerzenden Schwingen

Zum seligen Tod.

 

Dann weiß ich schon, ich kenne dich,

Dann wirst du mich nicht lassen,

Dein Engel wird noch treuer mich,

Als ich dich liebend fassen.

Ja fassen und tragen

Zum Vater und Geist,

Zu dir, dich zu fragen

Was alles du seist.

 

Ach Engel! und dann bitt' ich dich,

Laß mich die Mutter schauen,

Die also rein und jungfräulich

Des Herren Leib durft' bauen,

Ja bauen und pflegen

Und säugen das Heil

Den himmlischen Segen,

Der mir ward zuteil.

 

In ihrem milden Augenstrahl

Da fließen süße Bronnen,

Da will von aller Erdenqual

Ich laben mich und sonnen,

Ja sonnen und laben

Und beten dazu,

Wie's Jesu will haben

In ewiger Ruh'.

 

Und wenn wir bei dem Heldenweib

Perpetua ankommen,

Umarm' ich ihren Marterleib,

Bis Sie mich heißt willkommen,

Ja willkomm o Freude,

O edelster Mund,

O küßt' ich dich heute,

Ich wäre gesund.

 

Ein Weilchen ich auch stehen muß

Und in das Antlitz sehen

Dem heiligen Vinzentius,

Um seinen Segen flehen,

Ja flehen und bitten

Für mich um das Heil,

Das weiblichen Sitten

Durch ihn ward zuteil.

 

Laß auch dem frommen König mich,

Der viel hat kämpfen müssen,

Dem treuen keuschen Ludewig

Den Pilgermantel küssen,

Ja küssen und grüßen

Der so überwand,

Daß man mich Luisen

Als Christin genannt.

Auch zu dem starken Jungfräulein

Juliana laß mich gehen,

Den Satan band sie, ihre Pein

Mußt' er in Ketten sehen,

Ja sehen und gestehen

Was alles für Greul

Durch ihn ist geschehen,

Und fliehn mit Geheul.

 

Auch wünsch' ich mit Sankt Dorothee

In Demut zu liebkosen,

Daß sie zum Schmuck in Himmelshöh'

Mir schenk' von ihren Rosen,

Ja Rosen des Blutes

Ja Martergeduld

Zerstörten voll Mutes

Den Apfel der Schuld.

 

Sankt Katharin mit Rad und Schwert

Laß mich auch heiß umschlingen,

Die so viel Weise hoch gelehrt

Zum Glauben konnte zwingen,

Ja zwingen in Schlingen

Die Jesus ihr giebt,

Den sie zum Vollbringen

Des Todes geliebt.

 

Auch zeig' mir, kommen wir vorbei

Den Schutzherrn meines Knaben,

Ob's Rudolph oder Klemens sei,

Dem sie ihn übergaben,

Ja gaben und weihten

In weltlichem Sinn,

Wer nimmt von den beiden

Zum Mündel ihn hin.

 

Sankt Clemens hatte ich gemeint,

Der gütig heißt vor allen,

Er ließ ja meinen armen Freund

Auch nicht dem Feind verfallen,

Ja fallen und verderben

Läßt Clemens ihn nicht,

Steht bei ihm im Sterben,

Und in dem Gericht.

 

Sag ist auch dieser Freund allhier

Fand mein Gebet Erbarmen,

Dann, lieber Engel zeig ihn mir,

Den sel'gen Tugendarmen,

Ja Armen, Elenden,

Der besser, als klug,

Ach wenn wir uns fänden,

Es wär' ihm genug.

 

Und dort, doch nein, laß uns geschwind,

Hin zum Erlöser wallen,

Es möchte sonst sein dummes Kind

In alte Fehler fallen,

Ja fallen, zu Gefallen

Den andern zu sein,

Umlaufen bei allen,

Ihn lassen allein.

 

O Seligkeit wenn zum Gericht

Ich rein und schuldlos bliebe,

Und zög' in meines Heilands Licht

Ach alle, die ich liebe,

Ja liebe und meine,

Nur der hat geliebt,

Nur der hat das Seine,

Der Jesu es giebt.

 

Drum mach von dieser Welt mich los

Los von den vielen Dingen,

Und laß mich Herr in deinen Schoß

All die ich liebe bringen,

Ja bringen oder zwingen,

Oder wie es soll sein,

Du mußt es vollbringen

Du weißt es allein.

 

 

29. August 1818

»Ach wär' ich doch der Welt schon los!«

»Was haben Sie denn nun schon wieder?«

»Ich sage, wird die Last zu groß,

So seufzt der Träger und es zieht ihn nieder.

 

Was ich heut sah, fällt mir da ein,

Kaum konnte ich des Weinens mich erwehren,

Am Markte saß auf einem Stein

Ein altes bleiches Weib in bittern Zähren.

 

Sie hatte bei den Bauren sich

Ein bißchen Grüns und Rüben beigeschnurret

Es sah kein Mensch sie an, als ich

Sie weinte still vor sich, hat nicht gemurret.«

 

»Warum gabst du nicht alles Ihr,

Gott giebt's mir wieder, gern bin ich dein Leiher,«

»Ich hatte selbst nicht viel bei mir,

Ich gab ihr, was ich hatte hin, sechs Dreier.

 

Als ich am Knoten zerren mußt'

In den das Geld im Schnupftuch war geschlungen,

Ist ihr so recht aus tiefer Brust

Ein schwergefühltes Klagewort gedrungen.

 

In ihren Schoß sprach sie gar schwer,

Wo sie die Armut deckt mit welken Händen,

›Ach wer doch erst da drunten wär',

Hier wird doch nimmermehr die Sorge enden!‹

Ich dacht', das konnt' ich wohl verstehn,

Das brauchtest du mir gar nicht erst zu sagen,

Ich hab' es dir gleich angesehn,

Und wollte dich darum auch gar nicht fragen.

 

Warum denn fragst du mich, lieb Kind!

›Was haben Sie denn nun schon wieder?‹

Wird denn an mir dein Scharfblick blind?

Mich zieht es wie die Arme auch ja nieder.

 

Auch ich sitz' alt und bleich am Stein,

Hab' mir ein bißchen Grüns von dir erschnurret,

Mein Weinen siehst auch du allein,

Auch ich hab' nur geseufzt und nicht gemurret.

 

Auch mir reichst aus dem Schnupftuch du

Den Schatz, sechs Dreier, gestern, heute, morgen

Auch ich möcht' bald hinab zur Ruh'

Denn hier wird doch kein Ende je der Sorgen.

 

Ich sorg', es nahe eine Zeit

Wo du den Knoten allzu fest wirst schlingen,

Da tun dir dann die Finger leid,

Die milde Gabe mir herauszuzwingen.

 

Ich sorg', es steigt ein Tag empor,

Ich mein' er guckt schon aus dem Keller drüben,

Da wirfst du mir die Dreier vor,

Und gönnst mir nicht das bißchen Grüns und Rüben.

 

Ich sorg', es kömmt die Stunde bald,

Wo meines Wegs zu gehn du dich wirst schämen,

Nicht lang mehr tust du dir Gewalt,

Drum wünsch' ich, Gott mög' mich hinunternehmen.

 

Hab Dank, hab Dank viel tausendmal

Für Dreier, Rüben und die grünen Gaben,

Man soll mit mein und deiner Qual

Man soll mit meiner Liebe sie begraben.

Nur eines flehe ich von dir,

Gehst du mit andern längs dem leeren Steine,

Ach dann, erzähle nicht von mir,

Schweig, denk, wein', bet' für mich alleine.«

 

 

Das Elend soll ich einsam bauen,

O schweige nur, ich kenn' das Leid,

Den heißen Schmerz des kranken Pfauen

Der nach der Sonne klimmend schreit,

Ich fühle in dem Abendgrauen

Der Nächte finstre Bitterkeit

Ich war im seligsten Vertrauen

Von je dem grimmen Schmerz geweiht

Und soll das Elend einsam bauen.

 

Das Elend soll ich einsam bauen,

Die Brunnen die ein Zauberschlag

Hervorrief auf den dürren Auen

Sie wenden sich, der junge Tag

Will nicht mehr auf mich niedertauen

Das Leben bricht mir den Vertrag

Ich soll nun in die Wüste schauen,

Ich, der der Einsamkeit erlag

Soll einsam nun das Elend bauen.

 

Das Elend soll ich einsam bauen

Mir wie dem ersten Mann geschah

Als in des Paradieses Auen

Der Herr ihn einsam trauern sah

Schuf er aus seiner Brust die Frauen,

Der Himmel war der Erde nah

Doch mit dem menschlichen Vertrauen

War Schlange Frucht und Tod auch da.

Drum muß ich einsam Elend bauen.

 

Das Elend soll ich einsam bauen

Verdorben war ich durch das Weib

Wollt' in der Jungfrau neu mich schauen,

Die Gott verhießen, daß sie's bleib'.

Maria, Zuflucht der Jungfrauen,

Erhalt' dem Herren ihren Leib,

Laß sie nicht blinder Not vertrauen

Ob Erde sie vom Himmel treib'.

Ich muß mein Elend einsam bauen.

 

Das Elend soll ich einsam bauen

O Jesus höre mein Geschrei

Brich meiner Seele tiefes Grauen

O Jesus, führ' den Kelch vorbei

Mach von der Hölle gift'gen Klauen

O Jesus meine Seele frei

Ein armes kindliches Vertrauen

O Jesus meinem Geist verleih

Hilf mir mein Elend einsam bauen.

 

 

Magdalene geht zum Grabe

 

Die bange Nacht ist hingegangen,

Doch kennt noch nicht ein Mensch den andern,

Noch kann ich mit den Tränen prangen,

Und zu des Meisters Grab still wandern;

Der Tempelwächter ruft die Stunden,

Maria ringt in stummen Schmerzen,

Sie zählte ihres Kindes Wunden,

Ein Schwert drang schneidend ihr zum Herzen.

 

Laß los von der Welt,

Von dem bunten Zelt,

Von der Truggestalt,

Jesus kommt bald!

Freundlich wird er grüßen,

Sink zu seinen Füßen,

Suche, fange, halt ihn dir,

Seufze, sage, klage hier;

Bleib, o Jesu, bleib bei mir!

 

Die Spezerei, die wir bereitet

Von Myrrhen, Aloe und Narden,

Trägt Salome, die mich begleitet,

Und Jacobe zum Grabesgarten.

Schon fängt's im Osten an zu tagen,

Ich streck' die Hände aus zum Felsen,

Johanna fragt mit bangem Zagen:

Wer wird vom Grab den Stein uns wälzen?

 

So wandle ich im Morgengrauen

Zum Grab, wo meine Liebe ruht;

Ich will mit Tränen ihn betauen,

Er gab mir all sein Herzensblut.

Um mir den Stein vom Herz zu heben,

Ging in den Tod all meine Wonne;

Da zuckt ein Blitz, die Felsen beben,

Und aus dem Grab schwingt sich die Sonne.

 

Die Wachen rings erstarret liegen,

Und von dem abgewälzten Steine

Grüßt uns, die sich zum Grabe biegen,

Ein Engel, weiß im Himmelsscheine:

Erschrecket nicht! Er ist erstanden,

Er ist nicht hier. Kommt her und schauet

An leerem Ort die Todesbanden,

Es ist sein Tempel neu erbauet.

 

Weil ich den Leib entführet glaubte,

Eilt' nochmals ich das Grab zu grüßen;

Ein Engel saß dem Grab zu Haupte,

Ein Engel saß dem Grab zu Füßen.

Was weinst du Weib? zu mir sie sagen.

Ich sprach: Weil sie ihn weggenommen,

Und ich nicht weiß, wohin getragen.

O sagt: wo ist er hingekommen?

Dann blickt' ich um, und sah im Schimmer

Den Gärtner, glaubt' ich, hört' ihn fragen:

Was weinst du, Weib, wen suchst du immer?

Ich sprach: Hast du ihn weggetragen?

O sag: wohin? daß ich ihn finde!

Da hört' ich mich Maria grüßen,

Und rief: Rabuni! und geschwinde

Sank meinem Jesus ich zu Füßen.

 

 

Jesukind, du Licht der Blinden

Mache mich doch einmal blind

Daß ich dir, wie mir dies Kind,

Auf dem Pfad mich mög' verbinden

Wo du mich auch hin willst führen

Denn mein armes eignes Licht

Kann auch selbst beim Licht noch nicht

Dich das wahre Licht recht spüren

O wie töricht, töricht ist

Der nicht in allem ohne Ausnahm'

Folget dir zu jeder Frist.

 

 

Nun soll ich in die Fremde ziehen

Mir hatte eine Himmelsbraut

Ein Zweiglein aus dem Kranz geliehen

Ich hatte draus ein Haus erbaut

Es grünte schon, es wollte blühen

Von meiner Tränennut betaut

Da konnt' ich betend ruhig knieen

Da hatte ich so fest vertraut

Und soll nun in die Fremde ziehen.

 

Nun soll ich in die Fremde ziehen

Sie wäre ruhig, wär' ich fort,

Der Tempel, wo wir beide knieen,

Soll nun zerbrechen und der Ort

Wohin ich mit ihr sollte ziehen

Soll nun verschwinden und der Hort

Des einen Glücks, für das wir glühen,

Soll sinken, auf ein hartes Wort

Soll ich nun in die Fremde ziehen.

 

Nun soll ich in die Fremde ziehen

Ich der die Heimat nie gekannt,

Soll meine erste Heimat fliehen

Soll fallen in der Räuber Hand

Was Sie mir schenkte war geliehen

Streng fodert sie das heil'ge Pfand

Zu ihr hab' ich um Hülf' geschrieen,

Sie weist mich nach dem andern Land

Ich soll nun in die Fremde ziehen.

 

Nun soll ich in die Fremde ziehen,

Ich weiß wohl, wie die Fremde tut

Kein Ankergrund ist mir gediehen

Weil ich dem ungerechten Gut

Auf meinem Schiffe Schutz verliehen

Zerbrach es in des Sturmes Wut

Die Woge hat mich ausgespieen,

Und kaum hab' ich am Strand geruht

Soll ich schon in die Fremde ziehen.

 

Nun soll ich in die Fremde ziehen

Wohin, wohin, daß Gott erbarm',

Nicht, wo die Friedensrosen blühen,

Nicht, wo im Geist so sonnenwarm

Die Worte wie Gebete glühen

Nein in die Brust – den Wespenschwarm

Vergeblicher erstarrter Mühen

Ins eigne Herz, zum eignen Harm

Soll ich nun in die Fremde ziehen.

 

 

Ihre Händchen pochten an

Traulich wie an Nachbars Pforten

Und dem Kind ward aufgetan

Nach des Heilands ew'gem Worte.

 

In den Himmel gieng sie ein

Freute sich am schönen Garten,

Ihre Sorge war allein

Wie dem Herrn sei aufzuwarten.

 

Ob sie auch wohl geputzt genug

Wie sie sollte sich verneigen,

Ihm das Sträußchen, das sie trug,

Recht manierlich darzureichen.

 

Ob sie singen soll ein Lied

Oder blasen die Dralöte,

Und sie wählet, daß sie kniet

Und so recht von Herzen bete.

 

Doch der Herr ließ sich nicht sehn

Wollte nicht das Kind erschrecken

Ließ sie beten und dann gehn

Nester suchen in den Hecken.

 

Ach da sah sie manche Brut

Dachte wie der Mutter Treue,

Fest gebannt mit reiner Glut

Rings ums Nest sie Futter streue.

 

Engel, die Gott zugesehn

Sonn und Mond und Sterne bauen

Sprachen, Herr es ist auch schön

Mit dem Kind ins Nest zu schauen.

 

 

Ich bin aus fremdem Land gekommen

Ein fremder, armer, kranker Mann

Du hast mich liebvoll aufgenommen

Wie Jesus es und Jesu Freundin kann.

 

Was du gehabt, hast du geteilet,

Dein Brot, jed Wort aus Gottes Mund,

Du hast geliebet und geheilet,

Und hast geschlossen mir den neuen Bund.

 

Du läßt mich fremden Mann nicht scheiden

Du hast ihm auch den Weg gezeigt,

Den Weg der über Lieb' und Leiden

Zum Kreuz, und bis zur Siegeskrone steigt.

 

Ich durft' dir all mein Heimweh klagen,

Und was mich in der Fremde hält,

Du halfst die Last mir hinzutragen,

Zum Lamme, das da trägt die Schuld der Welt.

 

Und daß ich nicht beschämet werde,

Hast du auch deine Last bekannt,

Saßt bei mir an der dunklen Erde

Von der der liebe Heiland auferstand.

 

Wir haben uns wohl weinen sehen,

Und haben uns auch angelacht,

Und wollen still den Kreuzweg gehen

Bis wir einst sagen, Herr es ist vollbracht.

 

Du wie du liebend mich geführet,

Da sprachst du gar ein freundlich Wort

Das hat mich durch und durch gerühret,

Und soll mich rühren immer fort und fort.

 

Du sprachst, da sind wir ja vereinet

Ich, du und sie, ich kenn' sie gut,

Ich weiß, wie innig sie es meinet

Und wie sie glaubend hofft auf Jesu Blut.

 

Und auch die Trösterin der Sünder,

Die Mutter, die das Kindlein trug

Das zu uns sprach, seid wie die Kinder,

War da zur Seligkeit uns nah genug.

 

Zusammen sind wir auch gegangen

Vereinet zu Sankt Klemens' Grab –

Der deinem liebenden Verlangen

Für mich ein heil'ges liebes Kleinod gab.

 

Auch an den Ölberg durft' ich gehen

Mit dir in seines Sohns Person.

Zum lieben Vater aufzuflehen,

Der nichts versagt dem eingebornen Sohn.

 

Und zu der Kerker Jammerhöhlen,

Hat deine Liebe mich geführt,

Durch dich hat mich der armen Seelen

Betrübter hülfsbedürft'ger Stand gerührt.

 

Und hin zum heil'gen Kirchenleibe

Hin zu der Heil'gen Freudenchor,

Hobst du, daß sie einst Blüten treibe

Des armen Sünders dürre Hand empor.

 

Auch durch die Wüste durft' ich ziehen,

Durft' schreien nach ersehnter Frucht,

Wo wir die Schwester sahen fliehen,

Die wir bis jetzt vergebens aufgesucht.

 

Was haben alles wir gesehen,

Was haben alles wir geliebt,

Und müssen auf der Erde stehen

Die Dorn und Blumen auf die Gräber giebt.

 

Doch wollen wir die Dornen wählen,

Die Dornen, die der Heiland trug,

Und wollen nicht die Tränen zählen,

Um unsre Schuld sind deren nie genug.

 

Und nie genug um seine Leiden,

Und nie genug um unsre Schuld,

Und wenn wir von einander scheiden,

So gebe Jesus mir die göttliche Geduld.

 

Geduld die heute wir verehren

Jn dir du heil'ge Martyrin!

Sankt Katharina, wir begehren

Führ' uns zu deinem, unserm Heiland hin.

 

 

[1820–1833]

 

Zweimal hab' ich dich gesehn,

Bei der einz'gen, die mir lebet,

Und es war, als käm' ein Wehn

Über Gräber hergeschwebet.

 

Eine Stille ist in dir,

Die beruhiget und schweiget,

Diese hat im Herzen mir

Fern und nahes Glück gezeiget.

 

Vor den Furien auf der Flucht

Hab' ich nach geweihten Orten,

Oft mit heißer Angst gesucht

Weinend vor verschloßnen Pforten,

 

Und so habe ich gelernt,

Liebe Herzen zu erschauen,

Wo die Quäler sich entfernt,

Konnt' ich wie ein Kind vertrauen.

 

Selten doch ist mir geschehn,

In die Freistatt einzudringen

Immer muß ich draußen stehn,

Wo sie ihre Geißeln schwingen.

 

Aber du, du bist recht gut,

Als ich bei dir eingetreten,

Hat in mir das Herz geruht,

Ja ich könnte bei dir beten.

 

Wenig Worte sprachen wir,

Doch hast du mich viel gelehret,

Denn ein Schweigen ist in dir,

Das man mit der Seele höret.

 

Was mich blühend einst berückt,

Was mich scheidend jetzt versöhnet,

Hast auch du ans Herz gedrückt,

Hat auch dir den Traum verschönet.

 

Abgemähet war das Feld,

Nach der Ernde gieng ich fragen,

Und mir ward da freigestellt

Meine Armut frei zu sagen.

 

Und so hör' dann ohne Arg:

Vor mir wird ein Kreuz getragen,

Unter Blumen in dem Sarg

Scheint mein Herz schier noch zu schlagen.

 

Hat die Ährenleserin

Nichts als Unkraut gleich gefunden,

Hat sie doch mit frommem Sinn

Diesen Erndekranz gewunden.

 

Keiner folgt, als sie allein,

Die gern mit dem Kreuze gehet,

Und sie wird auch bei mir sein,

Wenn's auf meinem Hügel stehet.

 

Wird es schmücken mit dem Kranz,

Den sie meinem armen Leben

Ohne Tugend, ohne Glanz

Auf den letzten Weg gegeben.

 

Wird auch beten bei dem Grab,

Wenn, den sie verlassen haben,

Den ihr Gott als Kranken gab,

Wenn den Toten sie begraben.

 

Als zur Kirche du wolltst gehen;

Bist du Braut zu uns gekommen,

Hast den Totenkranz gesehen,

Und der Tote rief: willkommen!

 

Willst du mir die Liebe tun,

Gieb mir ein paar Schritt Geleite

Leichter wird es mir, zu ruhn

Gehst du still an ihrer Seite.

 

Denk dabei an meinen Kranz,

Und an die, die ihn gewunden,

Wie von solchem Duft und Glanz

Keiner nie mehr wird gefunden.

 

Denk, daß dieser Rosen Glut

An den Wunden sich entzündet,

Deren übersinnlich Blut

Unsre Sünde überwindet.

 

Denk, die Maienglöckchen weiß

Perlen sind, die Sie gewonnen,

Als des Herren Todesschweiß

Auf ihr kindisch Herz geronnen.

 

Und die Astern Sterne sind,

Überm Haupt Ihr aufgegangen

Als das Kind zum Heilandskind

In der Krippe trug Verlangen.

 

Denk, hier die Vergißmeinnicht

Blicke sind, die fromm Sie hebet,

Wenn Sie zu dem Heiland spricht,

Der für uns am Kreuze schwebet.

 

Ja der Kranz der liebsten Braut,

Dürft' ein Sterbender ihn wählen,

Könnte nimmer so vertraut

Mit dem Leben ihn vermählen.

 

Blumen von so ew'gem Glanz

Wie sie meinen Sarg bekränzen

Schmückten keinen Hochzeitskranz

Seit der Welt, seit allen Lenzen.

 

Und so nenn' ich dich beglückt,

Weil du in umkränzten Tagen

Jenen Kranz ans Herz gedrückt,

Den ich bis ins Grab darf tragen.

 

Ewig lieb bleibt mir dein Bild,

Treu will ich's im Herzen hüten,

Weil du sprachst so leis und mild:

O wie glänzen diese Blüten!

 

Wohl ist dies ein andrer Glanz,

Als der Strahl im Frühlingsliede,

Als die Glut in Sommers Kranz,

Als der Schein in Herbstes Friede.

 

Alle hab' ich dir gezeigt,

Dich ergötzte all dies Funkeln,

Als die Sonne sich geneigt,

Schimmerte es süß im Dunkeln.

 

Aber dann, dann kam die Nacht,

Hat mir vieles zugedecket,

Bei mir hat der Traum gewacht,

Hat mir alles auferwecket.

 

Komm nur mit, kein Blättchen rauscht,

Still ist's auf den vielen Hügeln,

Regt sich einer wohl, und lauscht,

Ist's mit angstgebundnen Flügeln.

 

Sitze nieder! schweigend Bild,

Horcht nur zu, ihr armen Seelen,

Wie der Herr unendlich mild,

Hör', jetzt will ich's dir erzählen.

 

Glaube, den ich stolz verschwur,

Hoffnung, die ich schnöd zerrissen

Liebe, die ich nie erfuhr

Kehrten heim mit dem Gewissen.

 

Daß das heil'ge hohe Lied

Mir konnt Sinnentaumel scheinen,

Muß, der durch den Spiegel sieht,

Himmeltrunken ich beweinen.

 

Denn es schwand das Feuerband

Das die bunte Wehmut webte,

Als ich vor der Sonne stand

Und nach ird'schen Farben strebte.

 

Du auch hast dein sehnend Herz

In dies Abendrot getauchet,

Deine Wonne, deinen Schmerz

In dies tönend Wehn gehauchet.

 

Doch ich hab' in ihm gewohnt,

Wie ein Pfau ihm nachgeschrieen

Übers Grab den ernsten Mond

Ich wie einen Geist sah ziehen.

 

Ach, es war nicht Gott in mir,

Einem falschen Schmerz ergeben

Suchte ich mit wilder Gier

In dem Schein den Schatz zu heben.

 

Nicht die frommgestirnte Nacht

Zog mich auf zu heil'ger Ferne

Wo die Glut auf Schätzen lacht

Sucht' ich meine Schicksalssterne.

 

Doch die Schätze dieser Welt

Sind so arglistig bedinget

Daß mitsamt dem Schatz verfällt

Wer ihn mühsam auch erringet.

 

Glimmen sah ich's hier und dort,

In die Glut, den Schatz zu heben,

Warf ich manch ein Kleinod fort,

Immer muß ein Pfand man geben.

 

Heil'ge Pfänder trug ich viel,

Daß ich bar von ihnen werde

War allein des Feindes Ziel

Der die Schätze hat der Erde.

 

Und er ließ am Abgrund hin

Melusinenlippen lachen

Und Sirenentöne ziehn,

Eh' der Drache zeigt den Rachen.

 

Poesie, die Schminkerin

Nahm mir Glauben, Hoffen, Beten

Daß ich wehrlos worden bin,

Nackt zur Hölle hingetrieben.

 

Nur ein Schild blieb unbewußt

Mir noch aus der Unschuld Tagen

Heil'ge Kunst auf Stirn und Brust

Ein katholisch Kreuz zu schlagen.

 

Längst vergessen war dies Gut,

Und als Pfand mein Christenleben

Warf ich in die falsche Glut

Um den bösen Schatz zu heben.

 

Doch die Hölle stieß mich aus,

Denn dort wird kein Kreuz gelitten

Zwischen Licht und finsterm Graus

Schwebt' ich in der Wüste Mitten.

 

Wie in einem kalten Schacht

Hab' ich da gezagt, getrauert,

In die Säule eigner Nacht,

War ich Böser eingemauert.

 

Und als ringend ich erkannt

Wer ich sei und wer gewesen,

Ich den Mutterpfennig fand,

Kreuz! du kannst allein erlösen!

 

Aus der Nacht zur lichten Höh'

Ward das Kreuz, das ich geschlagen

Wie ein Lotos aus dem See

Liebesuchend aufgetragen.

 

Oben aber war ein Land

Und ein Kind, das Blumen pflückte,

Und mein Kreuz, das vor ihm stand

Pflückte und ans Herz dann drückte,

 

Gleich hat es mein Kreuz erkannt,

Flocht mir eine Dornenleiter,

Tief hinab mit frommer Hand,

Und ich stieg mit Schmerzen weiter.

 

 

Ermunterung zur Kinderliebe und zum Kindersinne

Wer ist ärmer als ein Kind?

An dem Scheideweg geboren,

Heut geblendet, morgen blind,

Ohne Führer geht's verloren;

Wer ist ärmer als ein Kind?

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Welch Geheimnis ist ein Kind?

Gott ist auch ein Kind gewesen;

Weil wir Gottes Kinder sind,

Kam ein Kind, uns zu erlösen.

Welch Geheimnis ist ein Kind?

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Die im Himmel, waren Kind,

Die auch, die der Fluch getroffen;

Ach! so such' ein Kind geschwind,

Lehr' es glauben, lieben, hoffen.

Die im Himmel, waren Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Welche Würde trägt ein Kind!

Sprach das Wort doch selbst die Worte:

»Die nicht wie die Kinder sind,

Gehn nicht ein zur Himmelspforte.«

Welche Würde trägt ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

O wie heilig ist ein Kind!

Nach dem Wort von Gottes Sohne

Aller Kinder Engel sind

Wachend vor des Vaters Throne.

O wie heilig ist ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Welch ein Bote ist ein Kind!

Denn das Wort, das es erquicket,

Bis zum Himmelsgarten rinnt,

Wo das Wort ward ausgeschicket,

Welch ein Bote ist ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Willst du segnen, lehr' ein Kind!

Aus dem Körnlein werden Ähren;

Wie dein Körnlein war gesinnt,

Wird einst eine Welt sich nähren.

Willst du segnen, lehr' ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

In der Krippe lag ein Kind!

Ochs und Esel es verehren.

Wo ich je ein Kindlein find',

Will ich's pflegen, lieben, lehren.

In der Krippe lag ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Zu mir sendet Gott das Kind,

Das nicht weiß, was tun, was lassen;

Wie ich gebend bin gesinnt,

Wird sein Herz die Gabe fassen.

Zu mir sendet Gott das Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Keine Blume kennt das Kind!

Giftige sind meistens bunter;

Wenn es Lust am Bunten findt,

Ißt's die Frucht und gehet unter.

Keine Blume kennt das Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

O was soll ein schwaches Kind!

Höll' und Himmel stehen offen;

Daß das Lamm dem Wolf entrinnt,

Hat es mich wohl angetroffen.

O was soll ein schwaches Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Wie so leicht lehrt sich ein Kind!

Ob zum Guten, ob zum Bösen,

Wie den Schlüssel es gewinnt,

Wird sich ihm das Rätsel lösen.

Wie so leicht lehrt sich ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Wie gar fleißig ist ein Kind!

So wie du es lehrest lesen,

In dem Buch, in dem wir sind,

Wird das Buch zu seinem Wesen.

Wie gar fleißig ist ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Wie gar folgsam ist ein Kind!

Daß es sich ein Krönlein winde,

Daß es selbst sich Ruten bind',

Lehrest du gewiß dem Kinde.

Wie gar folgsam ist ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Herr, wie lenk' ich dieses Kind!

An dem Faden meiner Hände

Geht es durch das Labyrinth,

Es wird wandeln wie ich's sende.

Herr, wie lenk' ich dieses Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Sei nicht bange um das Kind!

Laß es alles selbst verdienen.

Sei barmherzig, streng und lind,

Sei, wie Gott mit dir, mit ihnen.

Sei nicht bange um das Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

Werden muß ich wie ein Kind,

Wenn ich will zum Vater kommen;

Kinder, Kinder! kommt geschwind,

Ich will gern sein mitgenommen.

Ich muß werden wie ein Kind!

Wer dies einmal je empfunden,

Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!

 

 

An eine schöne Erscheinung am Dreikönigtag

Nicht allen war der Himmel gleich geneigt,

Und jeglichem ist andre Pflicht gegeben

Wie mancher betet an, indes die Lippe schweigt,

Der andere darf nur die Blicke heben,

Der König Gold der Weise Mirrhen reicht

Und Weihrauchwolken läßt der Melchior schweben,

Der Kinder Lallen und der Liebe Stammeln,

Des Sängers Lied muß sich zum Dienste sammlen.

 

Es hat der Herr sich eine Welt erbaut,

Er hat sie mit der Schönheit ausgeschmücket,

Er hat sie dem Gesetze anvertraut,

Sein Siegel auf des Menschen Stirn gedrücket,

O selig wer in solche Augen schaut,

Die solche Seligkeit der Welt entzücket,

Ihm ist der Herr, ihm ist das Reich erschienen

Er weiß, er weiß, wo's lieblich ist zu dienen.

 

Wie gütig ist der Herr, der überall,

Da wo ich bin, da will er mir erscheinen,

Und wo ich singe grüßet ihn der Widerhall

Und wo ich denke kann ich ihn nur meinen,

Ihn lob' ich lachend mit der Freude Schall

Ihn ehrt der Trauer stillbescheidnes Weinen,

Und was mich rührte, darf ich stolz auch singen,

Denn nur zu ihm erheben sich die Schwingen.

 

Mir ward ein Aug', was herrlich ist, zu sehen

Ein Herz ward mir, was würdig ist zu hegen,

Die Sonne will mir auf und untergehen,

Der Anmut geh' ich treu und fromm entgegen,

Vor dir du schöner Mensch mag gern ich stehn,

Dir, mir zu lieb nicht, nein nur Gottes Wegen.

Sei irdisch Himmel mir, und himmlisch Erde

Daß Freundesdienst ein Gottesdienst mir werde.

 

 

Wie man das Christkind beherbergen soll

Gespräch der Meisterin und Schülerin

 

Zur Meisterin sprach einst die Schülerin:

»Es ist Advent, Gott will sich uns bescheren

Als Menschenkind, gieb Rat, ich sinn' und sinn',

Weiß nicht, was tun, wollt' er bei mir einkehren.

 

Meisterin

 

Bau ihm ein Haus!

 

Schülerin

 

Ein Haus? ich armes Kind

Bring kaum ein Nest zustand für meine Taube,

Mein ganzes Werk blies um der erste Wind,

Als neulich ich gebaut die Bohnenlaube.

 

Meisterin

 

Ein ruhsam friedlich Herz sei dieses Haus

Von Mißgunst, Haß und Neid halt du es rein

All, was nicht Liebe ist, das fege aus,

Nur wo der Friede wohnt, kehrt Jesus ein.

 

Von äußern Dingen halt dies Haus fein still

Zieh keine fremden Händel vor Gericht,

Mag jeder tun und lassen, was er will,

Sorg du um das allein, was deine Pflicht,

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,

Doch welcher Raum im Haus kann würdig sein

Daß ihn des großen Gottes Sohn besucht?

 

Meisterin

 

Bau ihm allein ein fein Schlafkämmerlein.

 

Schülerin

 

Ein Kämmerlein? wie bring' ich das zustand?

Käm' er zu mir, ich schmückte meine Zelle,

Mit Blumen, stellte alles ihm zur Hand,

Und harrte seiner Winke auf der Schwelle.

 

Doch geht's wohl kaum, denn wird mein Herz sein Haus,

Wird die Herzkammer auch wohl seine Kammer

Da fürcht' ich nur, er hält's darin nicht aus,

Wie soll er schlafen, immer pocht der Hammer.

 

Meisterin

 

Schlafkammer soll die innigste Begier

Nach deinem Gott in deinem Herzen sein

Des Herzens innig Sehnen baut in dir

Wie in Maria Jesu Kämmerlein.

 

Aus diesem Kämmerlein zur höchsten Zierde

Treib alles, was nicht Gottes ist, hinaus

Nicht Erd' noch Himmel sättigt die Begierde

Nur Gott allein füllt deine Sehnsucht aus.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht

An inniger Begier nach ihm fehlt's nicht,

Ich fürchte nur, wenn er mich nicht besucht,

Daß aus Begier das kranke Herz mir bricht.

 

Was aber tu ich, daß in der Begier

Die selbst nie ruht das Kindlein ruhend liege

Es bebt das Haus und auch die Kammer schier,

Wo find' dem Kind ich eine sanfte Wiege?

 

Meisterin

 

Gehorsam, reines Gold, vor allen Dingen

Fügsam zum Bau der Wiege sich gebührt,

Die willig sich läßt hin und wider schwingen,

Wie sie die Hand, wie sie der Fuß berührt.

 

So soll dein Wille dem Gebot sich neigen

Ohn' alle Ausred und Entschuldigung,

Dann weint das Kindlein nicht, mit süßem Schweigen

Ruht's sanft in deines Herzens Huldigung.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht

Die heil'ge Obedienz baut mir die Wiege

Doch wer ist's, der mir Stroh zusammen sucht

Damit das Kind nicht auf den Brettern liege.

 

Meisterin

 

Demütigung, die aller Tugend Grund,

Demut vor Gott und Menschen hingegeben,

Macht auf dem eignen Feld dir einen Bund

Von Stroh, so schwer, daß du ihn kaum kannst heben.

 

Regt Hoffart sich, leg' ihr die Fragen vor

Wie viele Tag' in Sünd' hab' ich vergeudet,

Wie edle Zeit in Eitelm ich verlor

Wieviel durch Ärgernis hab' ich verleitet?

 

Hätt' Gott mit seiner Gnad' mich nicht gestützt,

Gelegenheit der Sünde nicht genommen,

Nicht sorgsamer als andre mich geschützt.

Wie wär' ich dann der Todesschuld entkommen?

 

Wie leb' ich jetzt, erfüll' ich das Gebot,

Das Gott auf Stein und in mein Herz geschrieben,

Forsch' ich auch redlich, was dem Christen Not,

Und üb' ich's treu im Glauben, Hoffen, Lieben?

 

Herr! nähmest deine Gnade du von mir,

Ließ'st meinen Sinnen frei mich hingegeben

O welche Schuldenlast erwüchs' mir hier

Und welche Strafe in dem ew'gen Leben?

 

Prüft dich, mein Kind, die liebe Demut so,

Wirst du auf deinem Acker bald erkennen

Wie wenig Weizen und wie vieles Stroh,

Leg's in die Wiege, eh man's wird verbrennen.

 

Schülerin

 

Weh Stroh und Stroh! wer doch vor Feurgefahr

Sein bißchen Habe schon gesichert hätte,

O heiliger Sankt Florian bewahr!

Doch rat mir Meisterin nun auch zum Bette.

 

Meisterin

 

Das Bettlein sei vollkommene Geduld;

In äußerer und innerer Bedrängnis

Bedenke deine überflüss'ge Schuld

Und preise Gottes strafendes Verhängnis.

 

Trag alles Leid ergeben und geduldig,

Mehr wirst du leiden nie, als du verdienet,

Mach du ein Bettlein draus dem Kind unschuldig

Es kömmt vom Himmel, daß es dich versühnet.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht

Daß ein weich Bettchen komme in die Wiege;

Doch wo? wenn's Kindlein nach dem Kissen sucht,

Nehm' ich es her, daß sanft sein Häuptlein liege.

 

Meisterin

 

Das Kissen wird die liebe Sanftmut sein,

Niemand betrübe, ärgre, oder störe

Zu allem sprich begütigend allein,

Unmut'ger Laune niemals Raum gewähre.

 

Zürn' nicht dem Hündlein, wenn's am Tische kratzt

Und nicht dem Bettler, wenn er nicht transchierlich

Zerlegt die Vöglein und beim Essen schmatzt,

Ja was du reichst so zierlich, ißt beschmierlich.

 

In Worten Werken und Geberden dein

Herrsch' Friede, Stille, ruhiges Gewissen,

Hüll' in Ehrwürdigkeit die Sanftmut ein

Dann füllst dem Kindlein du ein sanftes Kissen.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,

Wie aber soll das Leintuch ich bereiten,

Das übers Bettlein ich nach Sitt' und Zucht

Dem lieben Kindlein reinlich aus muß breiten.

 

Meisterin

 

Das Leintuch ist ein Dasein keusch und rein,

Das unter dem Gebet wird fein gesponnen,

Und gleich gewebet unter mancher Pein,

Dann ausgespannt beim Kreuze in der Sonnen.

 

Und zwischen Lilien wird's bei Tag und Nacht

Im Taue frommer Tränen weiß gebleichet

Und vom Gewissen sorgsamlich bewacht,

Bis es den Lilien an Farbe gleichet.

 

Schülerin

 

Mit Gott und seinem Engel sei's versucht,

Mit reinen Füßen zu dem Ziel zu wallen,

Daß Cäsar sterbend sinkend noch mit Zucht

Sein Kleid geordnet hat mir stäts gefallen.

 

Ich spinne, webe, Gott geb' Sonnenschein

Herr ich bitt' gar schön, wenn ich's Tuch ausstrecke,

Daß ich's mit Tränen bleiche lilienrein.

Doch breit' ich's über, fehlt mir noch die Decke.

 

Meisterin

 

Die Decke sei auf die Barmherzigkeit

Und Güte Gottes Hoffen und Vertrauen.

Daß die bereute Schuld dir Gott verzeiht

Die du bekennt hast, darauf mußt du bauen.

 

Vertrau' auf den barmherz'gen Gott allein,

Bringst du gleich Buß' und gutes Werk entgegen,

Wird doch Barmherzigkeit dir nur verzeihn.

Dem Hoffen, Glauben wird der Liebe Segen.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,

Ich hoff' und glaub', wenn ich mit Liebe decke

Gottes Barmherzigkeit, die mich besucht,

Daß diese auch sich nach der Decke strecke.

 

Du lehrtest mich, wie ehrsam und bequem

Der Wiege Innres ich mit Bettwerk fülle,

Lehr' mich vom Äußern auch, woher ich nehm'

Das Wiegenband, den Bogen und die Hülle.

 

Meisterin

 

Die heiße Lieb' zu deinem Gott und Herrn

Wird dir ein Wiegenband gar köstlich weben

Von diesem Band gewiegt wird Jesus gern

Dem Herzen, das ihn sucht, entgegenschweben.

 

Der hohe Fürst fühlt mit der Liebe Band,

Sich in der Wiege gern von dir umschlungen,

Das ihn um dich so eng am Kreuz umwand

Bis ihm aus Lieb' sein heil'ges Herz zersprungen.

 

Als Bogen richt' die gute Meinung auf

Daß nur zu Gottes Lob und größrer Ehre

Als seinem Ziel dein Tun und Lassen lauf'

Und weder hier noch dort nach Lohn begehre.

 

Des edlen Königs Augen ruhen gern

Auf diesem Bogen, fest und gleich geründet,

Denn von den Werken gilt vor Gott dem Herrn

Die Meinung nur, auf die sie sind gegründet.

 

Das Tuch, das schattend hüllt den Bogen ein,

Bereitet dir ein fromm verstandnes Schweigen,

Sprich nie, was nicht zu Gottes Ehr' allein

Noch zu dem Heil des Nächsten kann gereichen.

 

So um den hohen Gast durch Schweigen sei

Ein friedlich schirmend Schlummerzelt geschlagen;

Vergeblich Wort, unnütze Schwätzerei

Zerreißt das Zelt, daß Licht und Fliegen plagen.

 

Dann brauchest du auch frommer Mägde drei

Bei Tag und Nacht des hohen Kinds zu pflegen,

Ein Wink, ein Seufzer schon ruft sie herbei,

Flink eilen seinen Wünschen sie entgegen.

 

Schülerin

 

Jetzt, liebe Meisterin, gib mir Bescheid

Wo ich drei solche fromme Mägde finde

Du selbst ja klagtest früher allezeit

Es sei jetzt solche Not um das Gesinde.

 

Meisterin

 

Die erste Magd soll die Erinnrung sein

Memoria ist stäts bei Tag und Nacht

Wie sie das Haus des Königs halte rein

Und auf sein Lob und seine Ehr' bedacht.

 

In ihrem Garten wächst Vergißmeinnicht,

Was sie bemerkt, verschiebt sie nicht auf morgen,

Gleich bei der wohlgeschürten Lampe Licht

Trägt sie's der zweiten Magd auf, zu besorgen.

 

Prudentia, Vernunft, Vorsichtigkeit

Heißt diese und ist Schaffnerin im Haus,

Sie ordnet, schafft und teilt zu seiner Zeit

Ein jed Geschäft dem dritten Mägdlein aus.

 

Vom Maulbeerbaum nimmt sie ein Beispiel gut,

Der bis zur warmen Zeit ohn' Blätter bleibet,

Und auch vom Hirsch, der wiederkauend ruht,

Bis ihn die Not zu schnellem Laufe treibet.

 

Die Schaffnerin befiehlt der dritten Magd,

Voluntas heißt sie, ist ganz guter Wille,

Und führet, was Prudentia ihr sagt

Flink und gehorsam aus in aller Stille.

 

Ein kluges Hündlein mit gerecktem Ohr

Blickt eifriger nicht auf des Meisters Winke

Als zu Prudentia, Voluntas blickt empor,

Und alles tut sie gleich, die treue, flinke.

 

Sie wacht und bringt herzu und treibet auf

Bewahrt, was da, und findet, was verloren,

Sie dienet ruhend und in schnellem Lauf

Und murret nicht auch noch so scharf geschoren.

 

So wohl bedienet wird der hohe Gast

In deinem Herzen wie im Himmel wohnen

Und wie jungfräulich du geliebt ihn hast

Dich wie ein König seine Braut belohnen.

 

Gott in der Höhe sei nun Lob und Preis

Und auf der Erde allen Menschen Friede

Die guten Willens sind, das singe leis

Dem lieben Kinde du als Wiegenliede.

 

Schülerin

 

Mit Gott und meinem Engel sei's versucht

Und wird das Ganze auch nicht würdig sein,

Daß mich das liebe Himmelskind besucht,

Bitt' ich Sankt Joseph um sein Eselein.

 

 

Antonius zur Predig

Die Kirche findt ledig

Er geht zu den Flüssen

Und predigt den Fischen

Sie schlagen mit den Schwänzen

Im Sonnenschein glänzen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Die Karpfen und Rochen

Sind all hergezogen

Haben's Maul aufgerissen

Er sprach ins Gewissen

Kein Predig niemalen

Den Karpfen so gefallen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Spitzgoschete Hechte

Die stets im Gefechte,

Sind schnell angeschwommen,

Zu hören den Frommen

Kein Predig niemalen

Den Hechten so gefallen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Auch jene Phantasten

Die immer beim Fasten

Die Stockfisch, ich meine,

Zur Predig erscheinen.

Kein Predig niemalen

Dem Stockfisch so gefallen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum.

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Fette Aalen und Hausen,

Die Vornehme schmausen,

Sich selbsten bequemen

Die Predig vernehmen

Kein Predig niemalen

Den Aalen so gefallen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Auch Krebse, Schildkroten,

Sonst langsame Boten

Stehn auf aus dem Grunde,

Zu Gehör diesem Munde

Kein Predig niemalen

Den Aalen so gefallen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Fisch große, Fisch kleine,

Von Stand und gemeine

Erheben die Köpfe

Wie verständ'ge Geschöpfe

Auf Gottes Begehren

Antonium anhören.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Die Predig geendet,

Ein jeder sich wendet,

Die Hechte bleiben Diebe,

Die Aale viel lieben

Die Predig hat gefallen,

Sie bleiben gleich allen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Die Krebs gehn zurückn

Die Stockfisch bleiben dickn

Die Karpfen viel fressen,

Die Predig vergessen

Die Predig hat gefallen

Sie bleiben gleich allen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

So geht's doch nicht draußen

In Holtwicks Kartausen,

Frosch, Fisch, Magd, Mamselle

In Teich und Kapelle

Ochs, Esel, was sein ist,

Zum Hören gar fein ist.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Geduld'ge Mariennen

Still brennen, still flennen,

Wie sanfte Landregen

Bewegen sie Segen

Unter Regenbogbrücken

Von sonnigten Blicken.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Gar sanfte Lutgarden

Beim häuslichen Garten,

Sehn Kirchlein erbauen

Auf frommes Vertrauen

Man folgt aufs Gewissen

Antonii Rissen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Auch ems'ge Lisetten

Aus Betten zur Metten

Gleich sorgenden Marthen

Antonio aufwarten

Und wissen ohn' Klagen

Das Kopfweh zu tragen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Gesetzte Aplonen

Ganz klösterlich wohnen,

Bild, Kranz, Tabernakel,

Ohn' weltlich Spektakel

Sind Resonanzboden

Von geistlichen Oden.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Und schmunzelnde Trükse

Wie Samsonis Füchse

Mit Scherzen in Ehren

Die Saaten verheeren

Philistrischer Sorgen

Von heute und morgen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Erwachsne Katrinen

Mit altklugen Mienen

Zerstören die Kästchen

Des Heidentums Restchen

Und schreiben nicht schiefe

Gradlinichte Briefe.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Scharmante Ferdinande

Verstehn sich am Rande

Und wünschen manch Haarbreit

Zu teilen die Arbeit

Gebrochen ist's Eisen,

Nun geht es ans Schweißen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Gar zarte Bernharde,

In Sorgen bewahrte,

Schon tappen auf Pfade

Von Tapet und Schoklade,

Antonius Papa o!

Trug braune wie Kakao.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Verlorne Melchioren

Sind wieder geboren,

Zerbrechen den Degen

Und sprechen den Segen.

Was irgend verschwindet

Antonius bald findet.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Eleven, Josephen

Auf geistlichen Hefen

Träumt's von dem Weinhandel

Und christlichem Wandel,

Dazu macht kapabel

Die Weinbergsparabel.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Antonium als Sieger,

Preist vieles Geschwieger,

Gesohns und Getöchter

Geflenne und Gelächter

Den Pott lobt der Henkel

Antonium der Enkel.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Mimien und Dinen

Aloise erschienen

Und Hanse von Bostel

Beim Holtwicks Apostel

Und bringen als Jünger

Ihm Singer und Springer.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Und wär' auch zur Predig

Sein Haus einmal ledig,

So wird er ein Tröster

Für mancherlei Beester.

In Luft Wasser Erde

Folgt ihm seine Herde.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Im Teich Prozessionen

Von Dickköpf' Millionen

So lang wie Kaldaunen

Die Predig anstaunen

Selbst weiße Steingötter

Hören pred'gen vom Wetter.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Standmäßige Karpen

Den Martertod starben,

Im Weiher fünf Schleien

Dem Schleier sich weihen,

Es denken selbst Barse

Die Predigt schön war se.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Fisolen, Blumkohlen

Melkatonen, Melonen

Rüb', Spargel und Rettich,

Erwachsen zur Predig

Und lassen indessen

Von Antonius sich essen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Und Äpfel und Birnen

Rotbacken, Goldstirnen,

Samtwangigte Pfirschen

Mundfüllende Kirschen

Trotz Mücken, trotz Raupen

Sie hören und glauben.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Wiedhopf und Kuckucken

Mit schönen Perucken

Und Nacht'gall sind Kanter,

Man kann's nicht scharmanter,

Goldamsel und Bülow

Ruft laut vor Gefühl O!

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Von vornen und hinden

Die Dornen, die Linden

Die Lauben, die Hecken

Antonium bedecken

Und Kuppel und Tempel

Statuieren Exempel.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Von allen Zuhörern

Hochschätzern, Verehrern,

Pflanz, Fisch, Vogel, Tieren,

Am meist profitieren

Besonders die Salmen

Die schwingen die Palmen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Den Salmen vor allen

Die Predig muß gefallen,

Weil ihre Vorfahren

Auf Golgotha waren,

Antonius ohn' Klagen

Sein Kreuz tät nachtragen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Was drunten, was droben,

Antonium muß loben,

Was hüben, was drüben,

Antonium muß lieben.

Denn wer was verloren,

Dem leiht er die Ohren.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Und wer ihn recht lieb hat,

Der rufet ihm bibat,

Und wer's Maul nicht schief hat,

Der rufet ihm vivat.

Cantamus, bibamus,

Vivamus, amamus.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

bonum et jucundum

auscultare pisces

Pisces Antonium ––

 

Nur einer der Hörer

Macht öfters den Störer,

Er hilft sich mit Lieben

Und hat dies geschrieben,

Mit Quellenaufsuchen

Im Speckpannekuchen.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

Es scheint ihm nicht nötig

Noch mehr aus der Predig

Vor euch hier zu schwätzen,

Man muß einmal nätzen.

Trinkt Menschen, trinkt Fische

Im Teich und am Tische.

Ecce quam bonum

bonum et jucundum

habitare pisas

Pisces in unum.

 

 

Nimm hin den Faden durch das Labyrinth,

Das schrecklicher als jenes alte ist,

In dessen ausweglosem Pfadgewind'

Ein scheußlich Ungeheur den Wandrer frißt,

Denn hier mein Freund! schreckt dich kein greulich Tier,

Hier trägt der Drache menschliche Gestalt;

Hier ist die Schlange Weib, der Teufel Kavalier;

Hier tut dir Glanz und Tanz und Farb' und Duft Gewalt,

Hier ist die Sitte Kuppler, Freundschaft Seelverkäufer;

Die Treu' Falschmünzer und die Unschuld Werber;

Der Busenfreund Spion, die Ehre Überläufer;

Die Lilie trägt am Hut hier der Verderber,

Mit Rosen deckt sich hier schamlose Schande,

Von Veilchen duftet hier die feile Pest.

Der sichre Weg streift hier am Höllenrande

Und überm Abgrund schwebet hier der Tugend Nest.

Du wagst dich hin! Gott stärke dich zum Helden

Und mach für Sünd' dich taub und blind und lahm;

Auf daß dies Blatt er möge Lügen schelten,

Wenn besser er hinwegzieht als er kam.

 

 

Ich nahm das Kreuz und zog durchs Labyrinth,

Das wie ein Garten voll von Dornen war,

Drin saß das Mitleid, ein verschleiert Kind,

Und weihte sich als Opfer am Altar,

Erhob sich in jungfräulicher Gestalt,

Und war ein Engel und der Satan bebte,

Denn Huld und Treu und Fleiß tat ihm Gewalt,

Wo die geweihte Jungfrau helfend schwebte.

Den Kreuzweg baute sie am Höllenrande,

Trug dornbekränzt ihr Kreuz dem Herren nach,

Die Rose lehrt erröten da die Schande,

Der Lilie Reinheit teilte Sünderschmach;

Da ward die Sitte Keuschheit, Freundschaft Jesusliebe,

Die Treue Christentum, die Anmut Himmelswerber,

Der Glaube Werk, Pflichtweihe ward zum Triebe,

Die Hand der Einfalt pfleget den Verderber,

Und führt Verzweiflung in die Kinderlehre,

Der Unschuld Tränen heilten feile Pest;

Um Jesu Kreuz und Schmach war ihre Ehre,

In seiner Seite war der Taube Nest.

Ihr sah ich zu und nicht den Tageshelden,

Für deren Glorie ward ich taub und blind und lahm,

Und konnte Freundes Drohung Lügen schelten,

Weil besser ich hinweggieng, als ich kam.

 

Am St. Niklastag. 1826

Sieh ich bin eine Magd des Herrn

Das ist der Umfang und der Kern

Der Jungfraunbildung nah und fern

Die nur von Jesu Mutter lern'!

Die recht Sophia, Weisheit heißt,

Die lernt' es auch vom heil'gen Geist

Spes, Fides, Caritas, das sind

Glaub', Hoffnung, Lieb', der Weisheit Kind,

Die kannten Umfang auch und Kern

Der Jungfraunschule nah und fern

Im: Sieh, ich bin die Magd des Herrn

Und starben für den Glauben gern.

Was du davon nicht weißt, das lern',

Und bitte um den heil'gen Geist,

Und tu, was dich die Mutter heißt,

Und was der Vater haben will,

Ganz unverdrossen, freudig, still,

Der Mutter, die das Haus bestellt,

Dem Vater, der dich nährt und hält,

Der Mutter, die die Kirche heißt,

Dem Vater, Sohn und heil'gen Geist,

Dem ein und andern folge mild,

Denn eines ist des andern Bild.

Wie Flachs, so den verwirrten Sinn

Recht klopfe, breche, hechle, spinn'

Zu einem Faden klar und fein,

Dann wird's ein Tuch hübsch glatt und rein,

Fürs Krippen- oder Wiegenkind

So wie der Herr es tauglich findt.

Putz' den Salat, belese rein

Erbs', Lins', und Reis von Staub und Stein

Das bringt's Gewissen noch so weit,

Als Putz und als Belesenheit.

Das Fleisch wasch', beiz' und mürb es klopf'

Und schieb's zum Feuer und deck' den Topf,

Dämpf', sied's und brat's, wirf weg den Schaum,

Und denk an Zügel und an Zaum

Den Tisch deck' immer ganz komplett,

Die Nadel an der Serviett'

Vergesse nicht, und halt dich nett

Von Suppen und von Bratenfett.

Denk daß das ein' das andre sei,

Und sei nur erst im Kleinen treu,

Wenn dir's nicht mehr vor Kleinem graut,

Wird dir das Größre auch vertraut.

Küß, drück' nicht viel den lieben Mier,

Der Mensch ist ein kurioses Tier,

Ein Maulekuß auch noch so rein

Küßt Übels mehr als Guts hinein.

Am Freitag fehl' nicht im Verein,

Denk: Jesus litt heut ganz allein,

Ich sitz' mit lust'gen Kindern warm

Und nähe, daß sich Gott erbarm'!

Das Schlachten mut't dir niemand zu,

Drum nie den Hahn hilf schlachten du,

Der früh die Magd herausgekräht,

Wie's in der alten Fabel steht.

Laß schlafen jene faule Magd,

Nach der Sankt Niklas gar nichts fragt,

Steh auf und grüß' den Morgenstern,

Sprich: sieh, ich bin die Magd des Herrn!

Und sei zur Kirche schnell bereit,

Denk nicht, es ist noch lange Zeit,

Denn, wenn man erst zusammenläut't,

Dann kömmt Gericht und Ewigkeit.

Und will der Kopf sich wie ein Pfau

Ausspreizen, auf die Füß' nur schau,

Und wollen die stolzieren gehn,

Dann darfst du auf ein Kreuz nur sehn,

Wie da die Schuld, die Lust, der Stolz

Gegeißelt an ein schmählich Holz

Die Unschuld angenagelt hat,

Denk: ich gehör' an seine Statt.

So denk und sei die Magd des Herrn,

Sankt Niklas hat die Mägdlein gern

Er warf dem Vater Geld ins Haus,

Der steuerte drei Bräute aus.

Näh', koch', back', bet', lieb', hoff', und glaub',

Bringt hier und jenseits unter die Haub'!

 

So werde die Emilia

Ein Vorbild für Othilia,

Und inter spinas Lilia

Und alia similia.

 

 

[Aus: Die sonntäglichen Evangelien]

Am ersten Sonntage des Advents

Luk. 21, 25

 

Wie der Sommer folgt der Blüte,

Folgt den Zeichen das Gericht,

Spricht ermahnend heut in Güte,

Der dann strenges Urteil spricht.

 

Merk! der Heiland nennt die Zeichen,

Die vor dem Gericht ergehn,

Daß geheilet, ohn' Erbleichen

Wir den Richter kommen sehn.

 

Wie dein Urteil fällt, so fall' es,

Herr! nur deine Gnade gieb,

Daß ich Gott stets über alles,

Wie mich selbst den Nächsten lieb'.

 

Meine Schuld will ich bereuen,

Stark durchs heil'ge Sakrament,

Dann mich meines Richters freuen,

Der die Seinen selig nennt.

 

 

Am ersten Sonntage nach Epiphanie

Luk. 2, 42

 

Jesu Worte lehren, heilen,

Teilen Licht und Leben aus;

O, wie selig ist's, zu weilen

Bei ihm in des Vaters Haus.

 

Als sie suchten nach dem Kinde,

War im Tempel Jesus Christ.

»Nur in dem ich mich befinde,«

Spricht er, »was des Vaters ist.«

 

Und so weiß ich, wo ihn finden,

Wo mit ihm des Vaters sein,

Den Verlornen auch, aus Sünden

Führt er rein zur Kirche ein.

 

 

Am dritten Sonntage nach Epiphanie

Matth. 8, 1

 

Steig, o Herr, vom Berg hernieder,

Streck die Hand aus, mach mich rein.

Herr! ich glaub', heil' meine Glieder,

Laß des Hauptmanns Knecht mich sein.

 

Dein nicht würdig ist die Decke

Meines Hauses, ist zu schlecht,

Sprich ein Wort nur, und erwecke

Zur Gesundheit deinen Knecht.

 

»Nach dem Glauben dir geschehe!« –

Glauben, den Er selten fand, –

Herr, den Glauben mir erhöhe,

Stoß mich nicht ins finstre Land!

 

 

Am dritten Sonntage nach Ostern

Joh. 16, 16

 

»Nicht mehr, und dann wiedersehen

Sollt ihr mich, nach kleiner Zeit,

Denn ich muß zum Vater gehen.«

Keiner wußt', was dies bedeut'.

 

Und er sprach: »Ihr werdet weinen,

Doch die Welt wird sich erfreun,

Aber Freude wird erscheinen

Den betrübten Freunden mein.

 

Wenn die Stunde ist gekommen,

Trauert die Gebärerin;

Aber ist das Kind gewonnen,

Füllet Freude ihren Sinn.

 

Jetzt seid traurig, jetzt in Zähren,

Doch ich werd' euch wiedersehn,

Dann wird Freude zu euch kehren,

Nimmer wieder von euch gehn.«

 

Wie hat uns der Herr geliebet,

Wie bereitet er uns vor!

Selig trauert, wen betrübet,

Daß den Heiland er verlor.

 

Denn nach Reue und Bekennen

Kehrt er liebvoll uns zurück;

O, sich nimmer von ihm trennen,

Wär' das allerhöchste Glück!

 

 

Am heiligen Pfingstfeste

Joh. 14, 23

 

Wer mich liebt, wird mein Wort halten;

Weil mein Wort ist Vaters Wort,

Wird des Vaters Liebe walten

Bei dem Liebenden hinfort.

 

Und mit ihm ich bei euch wohne;

Doch den Tröstenden, den Geist,

Schickt im Namen er vom Sohne,

Daß er euch Erkenntnis weist.

 

Scheidend geb' ich euch den Frieden!

Frieden, den die Welt nicht gibt;

Freut euch, wenn ich hingeschieden

Zu dem Vater, der mich liebt!

 

Wenig red' ich mehr und gehe,

Denn jetzt kömmt der Fürst der Welt,

Hat an mir nichts. Es geschehe!

Weil dem Vater es gefällt.

 

 

Am vierzehnten Sonntage nach Pfingsten

Matth. 6, 24

 

Niemand kann zwei Herren dienen,

Gleich der eine uns mißfällt,

Wenn der andre lieb erschienen;

Wer Gott dient, dient nicht dem Geld.

 

Sorg' nicht, wer wird Speise geben,

Wer hält mir ein Kleid bereit?

Mehr als Speise ja ist Leben,

Mehr als Kleid ja ist der Leib.

 

Sieh, des Himmels Vöglein säen,

Ernten nicht, Gott sie ernährt,

Wird auf eure Not auch sehen,

Ihr seid mehr als sie ja wert.

 

Wer mit allem Sorgen, Sinnen

Wächst auch eine Elle nur?

Seht die Lilien, die nicht spinnen,

Die nicht weben, auf der Flur.

 

Salomo, voll Herrlichkeiten,

Trug kein Kleid von solcher Zier,

Speis' und Kleid ist Sorg' der Heiden,

Mehr seid ja als Blumen ihr.

 

Das Bedürfnis von euch allen

Kennt der Vater. Gottes Reich

Suchet erst, und sein Gefallen

Gibt euch all das andre gleich.

 

 

Am fünfzehnten Sonntage nach Pfingsten

Luk. 7, 11

 

Einer Witwe einz'gen Segen,

Eines Jünglings Leiche trug

Man vor Naim dem Herrn entgegen,

Vieles Volk ging mit dem Zug.

 

Von der Mutter Leid beweget,

»Weine nicht,« der Heiland spricht,

An den Sarg die Hand er leget,

Und der Zug ging weiter nicht.

 

Und er sprach zum Jüngling nieder:

»Stehe auf!« und aufrecht schon

Sitzt und spricht der Tote, wieder

Gibt der Mutter er den Sohn.

 

Alle Furcht vor Gott empfanden,

Alle priesen Gott mit Zucht:

»Ein Prophet ist uns erstanden,

Gott sein Volk hat heimgesucht!«

 

 

Am sechzehnten Sonntage nach Pfingsten

Luk. 14, 1

 

Bei dem Haupt der Pharisäer

Ging der Herr zum Sabbatsmahl,

Und rings lauerten die Späher

Auf sein Tun in großer Zahl.

 

Einen wassersuchtbeschwerten

Mann sie vor ihm wandeln sahn;

Da sprach er die Schriftgelehrten

Und die Pharisäer an:

 

»Saget mir, ist auch zu heilen

An dem Sabbat wohl erlaubt?«

Keiner sprach – und ohn' Verweilen

Heilet er den Mann, der glaubt.

 

»Wer steigt nicht zum Brunnen nieder,

Fiel ein Haustier ihm hinab,

Rettet's nicht am Sabbat wieder?«

Fragt er; keiner Antwort gab.

 

Es hat Jesus bei dem Feste

Hier ein Gleichnis auch erzählt

Zum Gehöre mancher Gäste,

Die den obern Platz erwählt.

 

Nie beim Fest den Vorsitz nehme,

Daß nicht, kömmt ein Größrer jetzt,

Dich der Wirt vor ihm beschäme,

Sprechend: »Weiche, sitz zuletzt!«

 

Setz dich unten an und höre:

»Rücke Freund hinauf!« vom Wirt.

Was vor allen dir mehr Ehre

Als der Vorsitz geben wird.

 

Denn die jetzt sich selbst erhöhen

Werden einst erniedriget;

Den wird man erhöhet sehen,

Der sich selbst demütiget.

 

 

Am dreiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten

Matthäus 9, 18

 

Sieh! Jairus naht gequälet,

Beuget vor dem Herrn sein Knie:

»Meine Tochter, jetzt entseelet,

Lebt, legst du die Hand auf sie.«

 

Jesus folgt; der Glaube führte

Her ein schamhaft krankes Weib.

Wenn ich seinen Saum berührte,

Glaubt sie, dann genest mein Leib.

 

Sie berührt ihn, – er sich wendet:

»Tochter, habe Trost, zur Stund'

Half dein Glaube dir.« Geendet

War ihr Weh, sie war gesund.

 

Zu den Pfeifern, dem Gedränge,

Sagt er: »Weicht vom Sterbehaus,

Denn sie schläft nur.« Und die Menge

Lachte unsern Herrn da aus.

 

Als das Volk hinweggegangen,

Ging er ein, nahm bei der Hand

Die Verstorbne, Heil empfangen

Hat sie, die da auferstand.

 

Und verkündet ward das Wunder:

»Heil macht seines Mantels Saum!«

Herr, mach unsern Glauben munter!

Glauben macht den Tod zum Traum.

 

 

Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten

Matthäus 24, 15

 

Wenn nach Daniel sich hebet

Fluch und Greul an heil'gem Ort,

Wer dann in Judäa lebet

Fliehe auf die Berge fort!

 

Keiner steig' vom Dache nieder

Etwas holen in dem Haus;

Keiner kehr' vom Felde wieder,

Um sein Kleid etwa, nach Haus.

 

Weh der Schwangern, und der Kinder

Säugenden, dann schweres Weh!

Fleht, daß nicht die Flucht im Winter

Und am Sabbat nicht gescheh'.

 

Solche Not war nie ersehen

Von dem Anfang bis zur Zeit,

Wird nicht wieder auch ergehen

Bis zum Ende aller Zeit.

 

Niemand würde selig werden,

Würde nicht verkürzt die Pein,

Um die Auserwählten werden

Doch verkürzt die Tage sein.

 

Glaubt dann nicht, sollt' einer reden:

»Hier ist Christus, dort ist er!«

Falsche Christus, Trugpropheten

Ziehn mit Wundern dann umher.

 

Heißt es: »In der Wüste gehet

Christus dort!« Geht nicht hinaus.

Heißt's: »Im innern Haus ihn sehet!«

Gehet nicht nach ihm ins Haus.

 

Denn wie Blitz vom Aufgang helle

Leuchtend fährt von Gottes Thron

In des Niederganges Schwelle,

So kömmt einst der Menschensohn.

 

Wo der Leib sein wird, da wieder

Sammelt sich der Adler Schar:

Zu dem Haupte kommt ihr Glieder,

Stellt mit ihm die Kirche dar.

 

Nach der Notzeit bald erdunkeln

Sonnenschein und Mondenlicht,

Sterne fallen, die jetzt funkeln;

Himmelskraft erschüttert bricht.

 

Nur des Menschensohnes Zeichen

Wird am Himmel leuchtend stehn,

Und der Erdgeschlechter Schweigen

Laut in Wehklang übergehn;

 

Denn sie sehen, groß und mächtig

Kommet nun der Menschensohn

Ganz in Herrlichkeit und prächtig

Auf der Himmelswolken Thron.

 

Seine Engel wird er senden,

Sammelnd mit Posaunenschall

Von Weltenden zu Weltenden

Seine Auserwählten all.

 

Zweig und Blatt vom Baum der Feigen

Lehrt euch, wann der Sommer nah;

Seht ihr nun einst diese Zeichen,

Ist des Herren Tag auch da.

 

Dies Geschlecht wird nicht vergehen,

Wahrlich! bis dies wird geschehn;

Erd' und Himmel wird vergehen,

Doch mein Wort wird ewig stehn.

 

Der Erlöser nennt die Zeichen,

Die voran dem Richter gehn,

Daß erlöset, ohn' Erbleichen,

Wir den Richter kommen sehn.

 

 

Liebster Hirte, denkst du nicht

An die teure Liebespflicht?

Hast du doch mit tausend Wunden

Meiner Seele dich verbunden!

 

Weißt du wohl, daß deine Pein

Uns Erlösung sollte sein?

Und wie muß ich denn auf Erden

Noch so lang geprüfet werden!

 

Bin ich dir als eine Braut

Durch den Ring schon angetraut,

Warum läßt du meine Seele

In des Leibes Trauerhöhle?

 

Uns zu Lieb' hast du gestritten,

Uns zu Lieb' den Tod erlitten;

Dich seh' ich in jedem Armen,

Und das mehret mein Erbarmen.

 

Wenn ich diese Wunden pflege

Und den Balsam in sie lege,

Seh' ich deine Wunden glühn,

Die wie Rosen mir erblühn.

 

 

Ihr wart bei der Heinefetter,

Uns traf hier das Donnerwetter,

Und wir schrieben auf die Bretter:

Haltet hoch ihr guten Götter,

So wie wir in Herz und Sinn,

Willemer und die Willemerin,

Deren Weine hier aus Römern

Der Brentano trank mit Böhmern.

Weil hier trank der Herr von Goethe,

Warn wir beide auch nicht blöde,

Fragt nur bei der Abendröte!

 

 

An Frau Marianne von Willemer 1827

(Auf der Gerbermühle bei Frankfurt)

 

1.

Du nötigst mich, ich soll nur schreiben;

Was weiß ich denn, das nicht ein jeder weiß,

Nicht jeder sucht von Stirn und Blatt zu reiben?

Denn alles, was wir wissen macht uns heiß.

Selbst dieser Pappeln kühle Säulenhallen

Auf goldnem Abendgrund des Domes Blau,

Der Spiegelwellen leises Pilgerwallen,

Der glühnde Berg erlöschend in dem Tau,

Selbst die zerstreuten Lichter in den grünen Räumen,

Und auf dem lieben Antlitz dort der Strahl,

Als zögre er, als dürfte er versäumen

Hinabzusinken mit dem Licht zum Tal.

Selbst alle Wahrheit, Wirklichkeit und Wonne,

All das Genügen dieser guten Schar,

Befreundet nach dem Untergang der Sonne

Zurückzurufen, was am Tag gemeinsam war. –

Ach! all dies äußre, innre, sel'ge Kühlen

Dem Wissenden ist es ein heißer Brand.

Wer aber wird, mein Kind, dies mit mir fühlen,

Und fühlt es Einer, geht er weggewandt,

Geht nicht zu mir, zu dir, geht zu dem Einen,

Der einsam steht, verlassen und verflucht,

Von seinem Volk, in grimmen Todespeinen,

Ans Kreuz genagelt, blutend, unbesucht.

Er kann nicht Kühlung suchen, kann nicht fliehen,

An Händ' und Füß' in heißer Nägel Zwang

Fühlt sengend er die Sonne um sich ziehen,

Für ihn ohn' Untergehn in glühndem Gang.

Er, der die Schmerzen aller Schuld gelitten,

Er, der Unschuldige, der rein allein

Für uns am Kreuz steht in der Dinge Mitten,

In ihm nur ist ein gut Zusammensein.

All andres Tun, all Lieben, Sehnen, Freuen,

All dieses bange Ringen nach Verein

Ist andres nicht, als Trennen und Zerstreuen.

Vergebens hier der Tisch und Brot und Wein,

Wir sitzen rings um ihn, daß er uns trenne,

Man ißt und trinkt; der zahnbewehrte Mund

Zerreißt, zermalmt, daß nicht die Zunge nenne

Die Eigenlust verschlingend durch den Schlund.

Horch! Gläser klingen! Man möcht' sich durchdringen,

Möcht' Eins nur sein, da man Gesundheit trinkt.

O kranke Lieb', der mit zerbrochnen Schwingen

Ein Zeugnis der verlornen Einheit winkt.

Wo fehlt's uns denn? Warum wird mir so bange,

Bei diesem Bruchstück vom zerbrochnen Bund?

Getrennt sind wir, es ist so ewig lange,

Im Tode wird die Liebe erst gesund.

Da hast du's nun, – was quälst du mich zu schreiben,

Verstehst du dies? Wer's liest verlachet mich,

Und wer es merkt, wird mich von dannen treiben,

So lebe wohl, dein Engel schütze dich!

 

2.

Denn sieh! die Nacht! ihr Friedensmantel decket

Den Streit des Scheins, ein täuschend Tafellicht

Eint, oberflächlich schwankend, und von Nacht umschrecket

Neckt sich erkühlend, was am Tag sich widerspricht.

Mir heilt kein Schmaus die schuldzerrißnen Herzen,

Und nimmer wird die Narbe mir ein Gleis, –

Doch lockt mein Mantel euch so bunt von Schmerzen,

Nehmt hin und scherzt, ich geb' die Fahne preis.

Sie wird von euch weltkindisch umgeschwungen

Von Tränen bleich, von welken Blumen bunt

Sind seine Löcher Wunden, seine Fetzen Zungen,

Ihr lacht sie an und macht sie nicht gesund.

So laßt mich denn und nötigt nicht zum Singen,

Ich muß mit Jakob weinen um den bunten Rock

Des Joseph, den die Söhne vor ihn bringen,

Getauft mit Blut von einem jungen Bock.

Ich wein' und weiß es doch, er lebt, sie werden

Ihn finden königlich, Korn reichend in der Not;

So ist die arme Trauer dieser Erden,

Sie weint beim blut'gen Rock, er lebt, bereitet Brot;

Fahr Mantel hin! Ich eile mit Erschrecken

Dem Jüngling nach – Putiphare erfaßt

Die Hülle, die ihr fehlt, die Schmach zu decken;

O, ird'sche Freude, du betrogner Gast!

Wer dir anheimfällt wird ein Ehebrecher,

Wer dir entflieht, den klagt der Mantel an,

Doch sei getrost, es ward der goldne Becher

Dem Benjamin in seinen Sack getan.

Fahr Mantel hin! Doch da zum Strom ich eile

Und möcht' mit dem Propheten jenseits sein,

Da fehlt er mir, daß ich den Jordan teile, –

Der Glaube kann nicht ohne Mantel sein.

So bin auch ich entblößt und ohne Waffen

Muß ich am Ufer nach der Brücke ziehn,

Muß mit den andern diesseits, jenseits gaffen

Und sink' ermüdet unterm Kreuze hin.

Da steht der Jüngling auch, der in dem Garten,

Da man den Heiland fing, den Mantel ließ.

Ich will mit ihm der Auferstehung warten,

Die uns der Mensch gewordene Gott verhieß.

Laß ausgesetzt mich in der Sonne Gluten

Bei meinem dürstenden, durchbohrten Heiland stehn.

O Gütigster! mich kühlt dein heißes Bluten,

Dein brechend Auge hat mich angesehn.

Und du, Maria, Mutter voll von Schmerzen,

Breit' deinen Schutz um mich und diese Welt,

Die sieben Schwerter, stehend dir im Herzen,

Sie spannen deinen Mantel aus zum Zelt.

So laß mich knien, flehen, weinen, büßen

In deinem Bann, der selig werden soll,

Bis dich die Engelgrüße wieder grüßen:

»Ave Maria, Mutter, Kirche, Gnadenvoll,

Mit dir der Herr, Gebenedeite unter den Weibern,

Gebenedeit allein ist deines Leibes Frucht,

Jesus, der Herr, der unter allen Leibern

Die Kirche, als den Brautleib hat gesucht.

Die Kirche, meine Mutter, durch den heil'gen Geist,

Die in der Taufe schuldlos mich geboren,

Die in der Firmung Stärke mir verheißt;

Die in der Buße herstellt, was verloren,

Die meinen Gott und Herrn mir nährend reicht,

Mir den lebend'gen Gott bewahrt im Sakrament,

Im neuen Opfer, das nicht von ihr weicht,

Das bei ihr bleibt bis an der Zeiten End',

Die mich mit heil'gem Öl zum Todkampf weiht,

Und mit der Priesterweihe Menschen rüstet,

Zu tun wie Jesus Ew'ges in der Zeit,

Die heilig bindet, was im Fleisch gelüstet,

Zu einem Fleische zwei; ein großes Sakrament

In Christo und der Kirch', dem Haupt, dem Leibe,

O Kirche! meine Mutter bis zum End'.

Fleht heil'ge Brüder, daß ich in ihr bleibe,

Mit ihr zur Wüste zieh' im sichern Schoß,

Daß ich geborgen sei am Mutterherzen;

Und bricht zuletzt der Drache gen sie los,

Daß sie mich neu gebäre unter Schmerzen.

Maria, Mutter Gottes, Wahrheit, Bild und Schild,

Maria, Jungfrau, Wirklichkeit und Namen,

Bitt' für uns Sünder, deine Kinder, sei uns mild

Jetzt und in aller Todesstunde! Amen.«

 

 

Kurzer Trauergesang aus dem 21. und 68. Psalm Davids

Not, Angst, und Schmerzen ungestüm,

Zu mir stark einherdringen,

Umgeben mich rings um und um,

Mit ihnen muß ich ringen.

Mein treuer Herr, mein frommer Gott,

Nicht wollest mich verlassen,

Schau her auf mich, in meiner Not,

Mein Leid ist ohne Maßen.

 

Ich heule fast in schwerer Pein,

Kein Heil ist noch zu finden,

O Gott! laß bald es anders sein.

Vergiß nicht Deiner Kinder;

Weich nicht von mir zu dieser Frist,

Weil Elend noch vorhanden,

Denn sonst ich keinen Helfer wüßt',

Ich würde ja zu Schanden.

 

Nimm mich mein Gott in Deine Hut,

Laß Hülf' vom Himmel kommen,

Mich faßt die große Wasserflut,

Die überhand genommen;

Dräng', Herr, zu Dir nicht mein Geschrei,

Im tiefen Schlamm versunken,

Stündst Du mir, treuer Gott, nicht bei,

Ich wäre längst ertrunken.

 

Von Rufen bin ich heiser sehr,

O Gott, komm doch zur Stunde,

Bald, bald, ach bald! Kann ja nicht mehr;

Bald, bald! ich geh' zu Grunde!

Hilf, hilf, Du frommer Gott, der Tod

Schwebt schon mir auf der Zunge,

O Heil! o Helfer in der Not,

Du nahst in schnellem Sprunge.

 

Und rettest mich mit Deiner Hand,

Erhältst mich in dem Leben,

Von oben her ich Hülfe fand,

Kann nun in Hoffnung schweben.

O Gott, wer sich auf Dich verläßt,

Kein Sturm naht so geschwinde,

Daß, wer bei Dir verharret fest,

Nicht endlich überwinde!

 

 

Bußgesang eines zerknirschten Herzens

Wenn abends uns die braune Nacht

In Schatten schwarz verkleidet,

Wenn dann ich meine Schuld betracht',

Mein Herz in Ängsten streitet,

In Tränen, Leid, und Traurigkeit

Die Augen mir zerrinnen,

Zum Himmel auf, zum Sternenlauf,

Schau' ich mit trüben Sinnen!

 

Verweilt ihr Perlen schimmernd klar,

Ihr makellosen Lichter,

Verweil' du Fackelträgerschar,

Hellflammend vor dem Richter!

Sternhimmel, über dem Er thront,

Vernehme meine Klagen,

Du Mond, der Ihm zu Füßen wohnt,

Hör' an mein Leid und Zagen!

 

Weh' mir! o Angst und Herzeleid!

Mit Schuld bin ich umfangen;

Auf, auf, ihr heißen Brünnlein beid',

Nun strömt mir von den Wangen!

Klagt, schöne Sterne, meine Not,

Von Gott bin ich gewichen!

Ach schöner Mond, in Sünde Tod

Ist meine Seel' erblichen!

 

Ström' ab, ström' ab, du Tränenbad,

Mein Leid kann dich nicht halten,

Rein wasche mich von Missetat,

Das Herz ist mir zerspalten!

O treuer Gott, all Dein Gebot

Hab' ich in Wind geschlagen!

Fern von dem Herrn, zum Sündentod

Hat mich die Schuld getragen!

 

Wie wird mir's nun vor Dir ergehn?

Kein Recht kann mich beschönen!

Wie soll ich nun vor Dir bestehn

Dein Angesicht versöhnen?

Ich war verkehrt, o Schöpfer, wert!

Stumm muß ich vor Dir knieen,

Wohl bin ich wert, daß Feur und Schwert,

Das Recht an mir vollziehen!

 

Herr, stelle nicht in Eifermut

Dir meine Sünd' entgegen,

Laß nicht in des Gerichtes Glut

Mit Strafe mich belegen.

Dein Gnadenbund macht mich gesund;

Herr! Nicht der Sünd' gedenke,

Ach! jetzt zur Stund' zum Meeresgrund

All meine Schuld versenke!

 

Herr, gib, daß ich mit Zähren heiß

Dir Deinen Zorn begüte,

Mach mich recht schnee- und schwanenweiß,

Verleih' mir neue Blüte!

Ach! was geschehn, wer kann's umgehn?

Herr, sieh mein Herz in Schmerze

Entflammet stehn, sieh! Trän' auf Trän'

Zerrinnt's gleich einer Kerze!

 

Ach, dürft' ich zu den Augen Dein,

Die meinen nur aufschlagen!

Dürft' ich Dich nennen, Vater mein,

Wie zärtlich wollt' ich klagen!

O Vater mein, wollt' ich allein,

O Vater mein, nur sprechen,

Es müßte rein der Gnade Schein

Dir bald Dein Herz durchbrechen!

 

Da würd' Dein mildes Eingeweid',

Wie Wachs im Feuer fließen,

Du würdest mich mit Armen beid

An Deine Wangen schließen,

Herr, spräch' ich dann, ach! nimm nur an,

Nach Deiner großen Milde,

Nimm an geschwind, Dein armes Kind,

Verirrt war's in der Wilde.

 

Du würdest den verlornen Sohn

Mit Freuden groß empfangen,

Du gäbst ihm die verlorne Kron',

Mit Kleinod reich umhangen.

Dem neuen Kind ließt Du geschwind

Ein Freudenmahl anrüsten,

Die bei Dir sind, Dein Hofgesind',

All mit Dir jubeln müßten.

 

Nun bin ich's ja mitnichten wert!

Darf Dich nicht Vater nennen,

Wirst mich, der alles hat verzehrt,

Nicht mehr als Sohn erkennen!

Wie soll ich's dann nur greifen an,

Wem, wie dann soll ich's klagen?

Ach, ach! wer rät, zwar ist's schon spät,

Doch will ich nicht verzagen.

 

O stiller Mond, o Sterne still,

Laßt euch mein Elend dauern!

Bis mir mein Gott verzeihen will,

Helft klagen mir und trauern.

O Sternenpracht, die winkt und lacht,

Laß Trauer dich umfalten,

Und halt zur Nacht nur halbe Wacht,

Laß Finsternis halb walten.

 

Ja mehr noch, mehr noch, wollt' nur ganz

Die hellen Augen schließen,

Verlöschet allen Schein und Glanz,

Laßt keinen Strahl mehr schießen!

Zu Reu und Leid bin ich bereit,

Ade, Sonn', Mond und Sterne!

Im Büßerkleid, im Tränenstreit

Ich Spiel und Scherz verlerne.

 

Ade denn nun und noch einmal,

Ihr Lichter schön gezündet,

Ade, verlöschet jeden Strahl,

Es ist euch aufgekündet.

Vom Sonnaufgang bis Untergang

Will ich die Hände ringen,

Die Tage lang, die Nächte bang,

Will ich ein Klaglied singen.

 

In Finsternis gewunden ein,

So lang die Jahre währen,

Sei Speis und Trank mir nur allein

Der bittre Strom der Zähren,

Bis todeswärts mein krankes Herz

Auf Schmerz gebettet ruhe;

Ihm reicht' der Schmerz die Sterbekerz',

Ihm bau' der Schmerz die Truhe.

 

In Schmerz und Qual und Traurigkeit

Soll hin mein Leben ziehen,

In Weh und Ach und stetem Leid

Soll meine Zeit entfliehen!

Am Felsenwall, am Wasserfall

Will ich mein Zelt aufschlagen,

Da sollen Schall und Echohall

Mit mir den Jammer klagen.

 

Der Seufzer und der Klagen Lauf

Soll meine Wunden mehren,

Die Bächlein sollen schwellen auf

Von meinen vielen Zähren!

Ich seufz' und wein' bis Baum und Stein,

Bis Fels und harte Eichen,

Durch heiße Pein der Tränen mein,

Erbarmen und erweichen!

 

Wer weiß, ob nicht der fromme Gott,

Die Gnadenbrust erschließe,

Wer weiß, ob nicht Herr Sabaoth

Das Gnadenmeer ergieße!

Geschrieben steht: »Wer glaubt, empfäht,«

Wer hoffend Buß will tragen,

Dem Gnad' ergeht, nie ist's zu spät!

Wer wollte denn verzagen?

 

 

 

In jenen äußersten Stunden,

Nachts, in des Ölbergs Grunde

Schwitzt' ich, von Ängsten umwunden,

Blutige Ströme für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Wie ich, von Geißeln zerschlagen,

Wunde an Wunde ertragen,

Laß von den Engeln dir klagen,

Wie viele Wunden um dich!

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich.

 

Stach mich von Dornen die Krone,

Gab man mir Scherben zum Throne,

Reicht man ein Rohr mir zum Hohne,

Ach, da gedacht' ich an dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Ach, und zum Tode geschicket,

Peinlich vom Dornkranz umstricket,

Unter der Kreuzlast gebücket

Schleppt' ich zum Berg mich für dich!

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Sieh, an ein Holz fest geschlagen,

Eiserne Nägel mich tragen;

In einem Meere von Plagen

Wollte ich sterben für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Öffnet der Speer bis zum Grunde

Grausam ins Herz mir die Wunde,

Quillt draus all Tag und all Stunde

Wasser des Lebens für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Sieh alle Wunden erschlossen,

Sieh all mein Blut hingeflossen:

Jegliches Tröpflein vergossen

Hab' ich aus Liebe für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Betend zum Vater im Sterben

Fleht' ich, dir Heil zu erwerben,

Setzte dich, Sünder, zum Erben,

Ließ selbst die Mutter für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Himmel und Erd' hat's durchdrungen,

Nacht hat die Sonne umschlungen,

Felsen sind bebend zersprungen,

Als ich verschieden für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Was wär' zu tun noch geblieben?

Da ein unendliches Lieben

Mich zum Erbarmen getrieben,

Opfert' ich ganz mich für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Ließ, dich als Bruder zu lehren,

Mich von Maria gebären,

Gab dann, dich göttlich zu nähren,

Selbst mich als Speise für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Lösgeld für all deine Schulden,

Wollt' ich den Kreuztod erdulden,

Will auch im Himmel in Hulden

Ewiger Lohn sein für dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je

Du auch nur denkest an mich!

 

Wie ich am Kreuze im Leiden

Deiner gedacht' bis zum Scheiden,

So auch nun, herrschend in Freuden,

Denk' ich ja immer an dich.

Weh, und wer weiß, ob wohl je,

Du auch nur denkest an mich!

 

 

Ein armer Tor lebt ausgeschlossen

Draus vor der Stadt bei einem Baum.

Er dient den Reisenden zum Possen,

Nickt für die trockne Rinde kaum.

 

Doch von der Sonne Steigen, Neigen,

Bis zu der Sonne Niedergang

Schwingt er sich an den Palmenzweigen

Mit ewig heiligem Gesang. –

 

Er singet nur die beiden Worte

Ave Maria fort und fort,

Aus seines Mundes frommer Pforte,

Kam niemals noch ein andres Wort.

 

Und als er endlich ausgeschwungen,

Am Abend bei dem Palmbaum lag,

Hat er schon sterbend noch gesungen

Ave Maria bis zum Tag.

 

Es nahten sich des Weges Boten,

Erstaunt, weil sich der Tor nicht schwang,

Und scharrten bald den armen Toten

Am Baume ein ohn' Sang und Klang.

 

Ein Schwätzer, der ihn oft verlachte

Reist eine Zeit nachher vorbei,

Und naht dem Baume stolz und dachte,

Was half sein Schwingen und Geschrei.

 

Da spielt ein Wehen in den Zweigen

Auf jedem Blatt der Schwätzer sieht

Ave Maria steigen, neigen

Mit goldner Schrift des Toren Lied.

 

Es fasset ihn das Liebeswunder,

Er kündet es der ganzen Welt,

Und macht zum Gruß viel Herzen munter,

Und hat viel Schwätzen eingestellt.

 

Nach unsers Heilands wahren Worten

Selig die Armen in dem Geist

Der arme Tor, der selig worden

Der selige Solinus heißt. –

 

Nach der Erlösung seufzt und ringet

Mit uns sich alle Kreatur –

Nur wer treu wie Solinus singet,

Der löst die Fesseln der Natur.

 

O Seligkeit der beiden Worte

Ave Maria fort und fort,

Erlösend tönst du im Akkorde

Gott, Mensch, im fleischgewordnen Wort.

 

 

Das Mosel-Eisgangs-Lied von einer wunderbar erhaltenen Familie und einem traurig untergegangenen Mägdlein in dem Dorfe Lay bei Koblenz

am 10. Februar 1830

 

Der Ertrag gehört dem Frauenverein zu Koblenz

 

Zum Verständnis

 

Strophe 5. Die Mosel entspringt an der Grenze von Lothringen auf einem Berge der Vogesen, vom Volke Wetterhahn genannt. Durch die vielen Flüsse, welche sich in sie ergießen, ist ihr Eisgang in ihrem in Deutschland merkwürdig gewundenen Felsenbett mannigfach ge- hemmt und getrieben. – Str. 6.