Mai 1817
Als sie bei M.K. war, bat ich den Herrn er möge zu mir in dem Paradiesgarten ihrer Anmut in den er mich gesetzt also zu mir sprechen.
Pilger! all der Blumenschein
All die Früchte hier sind mein,
Auch kein Blättchen will ich missen
Wer mir nur ein Keimchen knickt
Das ich liebvoll angeblickt
Trage Dornen im Gewissen.
Herr! ach ist dies alles dein,
O so laß mich dein auch sein!
Pilger! was hier blühend steht,
Ist die Saat, die ich gesäet,
Und wenn ich ein Unkraut fände,
Zwischen meiner Blumenzier,
Nähm' ich Rechenschaft von dir,
Darum falte deine Hände!
Herr ach säe mein Gebet
Hier ins dürrste Gartenbeet.
Pilger! du bist hergeführt,
Daß dein böser Sinn es spürt,
Wie ich könnt' in Blumen wallen,
Und nun Dornen trägt mein Haupt,
Weil du mir den Kranz geraubt,
Der an dir mir wohlgefallen.
Herr dein Dornenkranz mich rührt,
Gieb ihn mir, dem er gebührt.
Pilger, auf der Maienau
In den Blumen, in dem Tau
Sieh die Spur, die ich gegangen
Und du sollst des Weges nur
Nicht des trunknen Schmucks der Flur
Sollst allein nach mir verlangen.
Herr! auf meine Tritte schau,
Mir am Ziel die Hütte bau!
Pilger wenn die Sehnsucht singt
Und ein Kind die Ärmchen schwingt
Fliegen möcht', ein Nestchen bauen
Brüten in des Kalmus Rohr
Schau du so zum Kreuz empor
Daß ich dir ins Herz kann schauen.
Herr und wenn es mir gelingt
Schau es an, daß es zerspringt.
Pilger! wenn ein Blumenstern
Dir ins Aug' blickt, er ist fern,
Himmelfern, in meinem Garten
Hat die Liebe dann geweht,
Und den Stern nach dir gedreht,
Du sollst auf die Ernde warten,
Herr, trag' ich nur einen Kern,
Find' ich Gnade vor dem Herrn.
Pilger! wenn vom Blütenzelt
Dir aufs Herz ein Blättchen fällt
Sollst du nicht, was mein begehren,
Denn dein Herz ist mein Altar,
Wo, so rein die Blüte war,
Sie mein Feuer will verzehren.
Herr, verzehr' die ganze Welt
Da, so dir mein Herz gefällt.
Pilger, wenn ein blühend Reis,
Kindisch froh um sich nicht weiß,
Und sich schwingend um dich schlinget
Denk, wie ist mein Heiland gut
Ruten schlugen ihn aufs Blut
Und zu mir er Blumen schwinget.
Herr die kühlen Blüten weiß
Nimm auf deine Wunden heiß.
Pilger, alles was da blüht,
Sich in Unschuld sehnt und glüht
Dichtet, betet, weint und lachet
Frommes Leid, unschuld'ge Lust,
Unbewußt in Kindesbrust,
Sei getreu von dir bewachet.
Herr! wird je dein Gast zu müd,
Töt' ihn, eh' er was versieht.
Herr, ach sage für und für,
Wie ich nur im Garten hier
Unter deinen Blumen gehe
Daß des Lebens reinster Born
Mir im Fuße heil' den Dorn,
Daß ich heil zum Heiland gehe.
Herr! dies sage mir und Ihr,
Sag ihr, denk, ich gab ihn dir.
Finkenlied, von neun Groschen Münze, Kamelgedanken und Überbeinen
Vom Gesange lust'ger Finken
Durch das Fenster aufgeweckt
Lasse ich den Schleier sinken,
Der mir meine Seele deckt.
Durch des alten Birnbaums Blüten
Schaut zwar trüber Himmel her
Doch in meiner Brust ist Frieden,
Ach wenn's doch der ew'ge wär'.
Nein, jetzt kann ich gar nicht trauern
Alles scheint mir lieb und gut,
Und mir wächst da überm Lauern
Auch ein Finkenliedermut.
Wie die kleinen Sänger schweben
Wie es sehnt und lockt und zirpt.
O wie herrlich klingt das Leben
Wenn's zu neuem Leben wirbt.
Keiner fällt ohn' Gottes Willen
Von dem Dach, vom Haupt kein Haar,
Und mein Schmerz läßt sich schon stillen,
Weil ich einst unschuldig war.
Und bin ich gleich abgefallen
Fiel ich doch in Gottes Schoß
Lieg' da mit den andern allen
Heil in seiner Gnade groß.
Munter, Herz, schwing dein Gefieder
Auf, wohl auf zum Kreuzesbaum
Täglich Sonne, täglich Lieder,
Alle Nacht ein frommer Traum!
Und ein Nest in seine Wunden
Meiner Leidensbrut ich bau',
Grün liegt seine Erde unten
Oben schwebt sein Himmel blau.
Und ich seh' auf grüner Aue
Eine fromme Magd hinziehn
Primlen bricht sie schwer vom Taue,
Bis der jüngste Tag erschien.
Bricht die Blumen, bricht die Blüte
Bricht ihr Herz, die Heilandsfrucht
Bietet es dem Gott der Güte
Der den dürren Baum verflucht.
Und sie spricht mit schwerem Herzen
Gestern war mein Leiden schwer,
Und ich fragte sie mit Schmerzen
Was ihr dann begegnet wär'.
Bange zagten meine Ohren,
Was sie wohl für Leid angiebt,
Weil neun Groschen ich verloren,
Sagt sie, bin ich so betrübt.
War's Courant? – Ei Gott behüte,
Münze war's, dem Herrn sei Dank! –
O du Spiegel aller Güte!
Machst du mich doch freudenkrank.
Denk, vom Dache fällt kein Sperling,
Ohne Gott, vom Haupt kein Haar,
Aus dem Beutel kein Pfund Sterling,
Oder auch neun Groschen bar.
Denk, was hatt' ich all verloren
Leib und Seel und Gut und Heil
Alles ward mir neu geboren
Und noch mehr ward mir zuteil.
Dich zu kennen, dich zu lieben,
Dir zu folgen treu und still,
Was mir wird, was mir geblieben,
Alles ich dir teilen will.
Leben, Kämpfen, Siegen, Sterben
Abendrot und Morgenrot,
Mitleid mit den armen Erben,
Ihnen bleibt die Erdennot.
Als die Magd mein Lied vernommen
Hat sie freundlich mir genickt,
Und der Nebel schien verschwommen,
Und ein bißchen Sonne blickt.
O lieb Herz! um Jesu willen
Fasse einen frischen Mut
Laß dich doch sein Herzblut stillen
Bist ja Pelikanenbrut.
Himmel, Himmel werd' doch heiter,
Ach, herrje! da regnet's gar!
Liebe Finklein, singt doch weiter,
Da versteckte sich die Schar.
Liebes, liebes Linum denke
An neun Groschen Münze nicht.
Doch sie spricht: zur Erde senke
Ich des Opfers Fruchtgewicht.
Doch es nimmt mit meinen Blüten
Ja mein Heiland schon vorlieb,
Apfel brauch' ich nicht zu hüten
Vor dem schlauen Apfeldieb.
Als ich sonst mit brünst'gen Ranken
Auch auf goldne Frucht gehofft
Hatte ich Kamelgedanken
Über mich wohl selber oft.
Arme Näherin mußt' lesen
Vom Kamel und Nadelöhr
Und gab dann dem eiteln Wesen
Nimmer wieder ein Gehör.
Bin jetzt eine arme Made,
Matte Fliege, Stäublein klein,
Bin ein Ekel, der aus Gnade
Höchstens trägt ein Überbein.
Wer giebt um solch schlechte Dinge
Wohl neun Groschen Münze hin
Drum mir mehr verloren gienge,
Als ich selber wert ja bin.
So? doch ist der armen Made
Keine Speise je zu gut,
Selbst für Jesu Leib nicht schade,
Schade nicht für Jesu Blut.
Ja ganz wohl! die matte Fliege
Sitzt auf Gottes Angesicht,
Wenn ein Engelsflügel schlüge,
Er vertriebe sie da nicht.
Stäublein klein! o ja! um nimmer
Abzutreten von dem Tanz,
Sonnenstäubchen tanzen immer
Ohn' zu sinken aus dem Glanz.
Ei du Ekel! ja ich eckle
Seit ich dich im Herzen trug
Vor der Welt, an allem mäckle
Ich, nur nie an mir genug.
Überbeines Gnaden zähle
Überige Gnaden ein
Überfleisch und Überseele,
Überhimmelsschlüsselbein.
Wer kann es dem Herrn verdenken
Daß er Milde an dir übt,
Dir, die ihm ihr Fleisch will schenken,
Dafür Überbeine giebt.
War doch Eva auch im Schlafe
Nur des Adams Überbein,
Eva umgekehrt ward Ave,
Mögst du auch gegrüßet sein.
Und weil ein Kameles Rücken
Nur ein großes Überbein,
Mag's drum, wenn die Schuh' dich drücken
Gotts Kamelgedanken sein.
Und so soll mein Mut nicht wanken
Wenn er deinen hinken sieht,
Also aus Kamelgedanken
Sang ich dir dies Finkenlied.
Frühmorgenlied vom Kirschblütenstrauß, schweren Stein und von des lieben Herzens Güte und Segen
22ten Mai 1817
Geschämig tritt die falbe
Aurora vor das Himmelhaus
Da legt die graue Schwalbe
Fromm plaudernd ihr die Träume aus.
Da sinken in das Blaue
Der Sterne Geisteraugen ein
Da wäscht sich in dem Taue
Das Licht den Sonnenschleier rein.
Mich weckend summt die Mücke
Am Fenster, möcht zum Licht hinaus
Da lenk' ich meine Blicke
Auf einen Kirschenblütenstrauß.
Der Strauß von dir gepflücket
Er hielt die Blüten fest bis heut
Doch hat sich heut gebücket
Und seinen Schmuck umhergestreut.
Die Blätter aber strecket
Er frisch noch zu dem Lichte aus,
Zum Licht, das mich erwecket
Und dich und deinen treuen Strauß.
Vergieb geliebtes Leben
Daß ich zuerst an dich gedacht
Kann ich zum Licht noch streben,
So ist's, weil mir's in dir erwacht.
Was wär' mir dann die Sonne
Schien' sie nicht in die Augen dein,
In ihnen wird sie Wonne
In meinen wird sie Feuerpein.
Wohin ich in der Kammer
Die irren Blicke irren lass'
Schlägt mahnend mir ein Hammer
Ans schwere Herz ohn' Unterlaß.
Die Bücher, und die Bilder
Die geizig ich zusammentrug,
Sie schreien immer wilder
O stein'ger Acker, stumpfer Pflug.
Die Steine wollt' ich wälzen
Zu einer freien Aussicht Lust
Es wuchs daraus ein Felsen
Der fiel zurück auf meine Brust.
Zerschmettert, unbegraben
Lag ich in Wind und Wettersnot
Es fraßen mich die Raben,
Ich starb und starb doch nie zu Tod.
Es wollt' kein Vogel singen
Als wäre dieser Stein verflucht
Es wollt' kein Quell entspringen
Der meine heiße Kehle sucht.
Nur Kröten, Ottern, Schlangen
Umkrochen kalt mir meine Brust
Daß Kühlung ich empfangen
Selbst von dem grimmen Eckel mußt.
Und wenn ich glühend weinte,
Verzweiflung mich zu singen zwang
Da lobten mich die Freunde
Hohnlächelnd im Vorübergang.
Heran wollt' keiner treten
Den Stein zu wälzen von der Brust,
Mit mir wollt' keiner beten,
Und ich hab' kein Gebet gewußt.
Da rang ich endlich blutig
Die rechte Hand mir los und frei,
Und schlug ein Kreuz gar mutig
Daß Jesu mir barmherzig sei.
O wundertätig Zeichen
Du trugst die Sünde aller Welt
Ich fühlt' die Last auch weichen
Du warst als Stütze aufgestellt.
Ein Vöglein kam gereiset
Baut mir ein Dornennest ins Herz
Das Vöglein Buße heißet
Und sein Gesang heißt: bittrer Schmerz.
Ein Gärtlein ich ihm baute
Von herbem Kraut, heißt Reu und Leid
Da fraß es von dem Kraute
Trank meine Tränen allezeit.
Und heißer ward sein Brüten,
Das Dornennest in meiner Brust
Fühlt' ich wie Feuer wüten
Das dürstend still ich tragen mußt'.
So lag ich da alleine
Und hört' den Vogel, sah das Kraut
Als plötzlich von dem Steine
Ein kühler Quell herniedertaut.
Da sah ich auf der Spitzen
Des Steines in dem Sonnenschein
Gar still mitleidig sitzen
Dich liebes frommes Jungfräulein.
Dem Quell, der mich erquicket
Erschlossest du das Felsentor
Aus deinen Augen blicket
Die Gnade all, die ich verlor.
Du siehst mit frommen Sinnen
Dem Tanz der kleinen Fliegen zu
Und gönnst den goldnen Spinnen
Ihr schwebend Haus in Sonnenruh'.
Den Käfer auf den Rücken
Gefallen, richtest mild du auf,
Schlägst sichre Blätterbrücken
Der Ameise in ihrem Lauf.
Du räumest auf den Stegen
Die Steine aus des Wandrers Schritt
Und tiefst auf irren Wegen
Die Spur mit deiner Füße Tritt.
Du richtest längs dem Pfade
Die sturmgebeugte Ähre auf
Und wirfst das zum Gestade
Gehüpfte Fischlein in den Lauf.
Du wärmst mit deinem Hauche
Das nestentfallne Vögelein
Und sammelst von dem Strauche
Zum Bett ihm zarte Wolle ein.
Und seinen Eltern streuest
Du deines Brodes Krümlein aus
Weinst mit dem Leid und freuest
Dich mit der Lust in Gottes Haus.
Deckst selbst das Nest der Schlangen
Flehst selbst der Kröte um ein Schild
Siehst du die Spinne hangen
Feindselig überm Ekelbild.
Mein Weh hast du gespüret
Und riefst den Sünder gern zu Gast
Den Stein hast du gerühret,
Er weichet schon ich atme fast.
Mein Durst hat dich gezogen
Und deine Tränen flossen mir
Die ersten Gnadenwogen
Entsprangen mir von dir, von dir.
Ich las aus deinen Blicken
Daß Gottes Lieb unendlich ist
Dein Mund konnt' mich erquicken
Er sprach und sang von Jesu Christ.
Du sprachst: »Wie einst auf Erden
Der Feind den lieben Herrn versucht
Daß Stein zu Brot sollt' werden
Hast du bei Jesu auch gesucht.
Du lebst nicht nur vom Brode
Nein auch vom Wort aus Gottes Mund
Dich macht vom innern Tode
Die Liebe Jesu nur gesund.
Der Stein, der dich erdrücket
Ist greulich vor der Seele mein
Doch hab' ich ihn gerücket
O glaub und Gott wird gnädig sein.«
Da glaubt' ich und den Riegel
Schobst du hinweg vom Himmelstor
Und gabst dem Felsen Flügel
Und trugst ihn über mir empor.
Doch lieg' ich noch zerschlagen
Und treu noch pflegst du mich lieb Kind
Bis auf Eliae Wagen
Ich endlich deinen Himmel find'.
So Herz! mußt' ich heut morgen
Als ich zum Lichte aufgewacht
Die Liebe von dir borgen
Die ich dem Schöpfer zugedacht.
So hab' ich Gott gedanket
Daß er dich auch erwachen läßt
Wer schwer gefallen, wanket
Und hält den Stab mit Ängsten fest.
25. August 1817
Einsam will ich untergehn
Keiner soll mein Leiden wissen,
Wird der Stern, den ich gesehn
Von dem Himmel mir gerissen
Will ich einsam untergehn
Wie ein Pilger in der Wüste.
Einsam will ich untergehn
Wie ein Pilger in der Wüste,
Wenn der Stern, den ich gesehn
Mich zum letzten Male grüßte
Will ich einsam untergehn
Wie ein Bettler auf der Heide.
Einsam will ich untergehn
Wie ein Bettler auf der Heide,
Giebt der Stern, den ich gesehn,
Mir nicht weiter das Geleite
Will ich einsam untergehn
Wie der Tag im Abendgrauen.
Einsam will ich untergehn
Wie der Tag im Abendgrauen,
Will der Stern, den ich gesehn
Nicht mehr auf mich niederschauen,
Will ich einsam untergehn
Wie ein Sklave an der Kette.
Einsam will ich untergehn
Wie der Sklave an der Kette,
Scheint der Stern, den ich gesehn
Nicht mehr auf mein Dornenbette
Will ich einsam untergehn
Wie ein Schwanenlied im Tode.
Einsam will ich untergehn
Wie ein Schwanenlied im Tode,
Ist der Stern, den ich gesehn
Mir nicht mehr ein Friedensbote
Will ich einsam untergehn
Wie ein Schiff in wüsten Meeren.
Einsam will ich untergehn
Wie ein Schiff in wüsten Meeren,
Wird der Stern, den ich gesehn
Jemals weg von mir sich kehren,
Will ich einsam untergehn
Wie der Trost in stummen Schmerzen.
Einsam will ich untergehn
Wie der Trost in stummen Schmerzen,
Soll den Stern, den ich gesehn
Jemals meine Schuld verscherzen,
Will ich einsam untergehn
Wie mein Herz in deinem Herzen.
Durch den Wald mit raschen Schritten
Trage ich die Laute hin,
Liebe singt, was Leid gelitten
Schweres Herz hat leichten Sinn.
Durch die Büsche muß ich dringen
Nieder zu dem Felsenborn
Und es schlingen sich mit Klingen
Durch die Saiten Ros' und Dorn.
In der Wildnis wild Gewässer
Breche ich mir kühne Bahn
Steig' ich aufwärts in die Schlösser
Schaun sie mich befreundet an.
Haus' ich nächtlich in Kapellen
Stört sich kein Gespenst an mir
Weil sich Wandrer gern gesellen,
Denn auch ich bin nicht von hier.
Seh' ich Wunderschätze glimmen
Locket bald durch Sumpf und Moor
Mich der Irrwisch hin und stimmen
Muß mein Lautenschlag dem Chor.
Zu der Gnomen Hochzeitfeier
Zu der Elfen luft'gem Tanz
Tönet meine ernste Leier
Unerschreckt im Mondenglanz.
In den Schoß der Wunderberge
In der Zauberfräulein Haus
Führen mich die schlauen Zwerge
Und ich singe ohne Graus.
Geister reichen mir den Becher
Reichen mir die kalte Hand,
Denn ich bin ein kühner Zecher
Scheue nicht den glühen Rand.
Ja beim Mahl zur bösen Stunde
Leert' den Becher ich mit Faust,
Wo berührt vom Satansmunde
Höllenglut im Weine braust.
Alles ist mir schon geschehen
Meine Schale ist erfüllt,
Seit ich selber mich gesehen
Hab' das Antlitz ich verhüllt.
Zu der Mainacht Hexenreihen
Spiel' ich nun ein geistlich Lied,
Daß die Schar mit Maledeien
Vor dem fremden Sänger flieht.
In Frau Venus' Berg die Leier
Hab' mit Keuschlamm ich geschmückt
Und sie hat mich ohne Schleier
An die volle Lust gedrückt.
Doch sie konnte mich nicht rühren
Sie vergieng in frommer Scham
Ließ sich leicht von mir verführen,
Daß sie einen Schleier nahm.
Die Sirene in den Wogen,
Hätt' sie mich im Wasserschloß
Gäbe, den sie hingezogen
Gern den Fischer wieder los.
Wo der Schwan im Wellenspiegel
In sein Sternbild niedertaucht
Bricht der Schmerz auch mir das Siegel
Daß mein Leid im Liede haucht.
Meinen weißen Hirsch verloren
Hab' ich mit dem Goldgeweih.
Die in ihn war eingeboren
Starb mit ihm die schöne Fei.
Weh mich hatte die Meduse
Mit dem Schlangenblick versteint
Und seitdem hat meine Muse
Nicht gelachet nicht geweint.
Doch mit scharfen Wünschelruten
Schlug ihr Amor ins Gesicht,
Daß ihr aus in Tränenfluten
Die versteinte Seele bricht.
Bittre Meere um mich rannen
Und wie auch die Phantasie
Mochte bunte Segel spannen,
Nie ach nie! erschifft' ich Sie!
Und nun kehre ich von Thule
Fand da auf des Meeres Grund
Einen Becher, meine Buhle
Trinkt sich nur aus ihm gesund.
Füllet euch ihr ew'gen Tage
Mond und Sonne steigt und sinkt
Dürstend ich den Becher trage,
Und sie fehlt die aus ihm trinkt.
Suchend geh' ich durchs Gedränge
Und die Schuldner mahnen mich
Und ich singe viel Gesänge,
Doch im Herzen weine ich.
Wo die Schätze sind begraben
Weiß ich wohl, Geduld, Geduld
Einer schwebt am Kreuz erhaben,
Der bezahlet meine Schuld.
Während ich dies Lied gesungen
Nahet sich des Waldes Rand
Aus des Laubes Dämmerungen
Trete ich ins offne Land.
Aus der Eichen zu den Mirten
Aus der Laube in das Zelt
Hat der Jäger sich dem Hirten
Flöte sich dem Horn gesellt.
Während du die Lämmer hütest
Zähm' ich dir des Wolfes Wut
Wenn du fromm die Hände bietest
Werd' ich deines Herdes Glut.
Und willst du die Arme schlingen
Um ein Liebchen zwei und zwei,
Will ich dir den Baum schon zwingen
Daß er eine Laube sei.
Du kannst Kränze schlingen, singen
Schnitzen, spitzen Pfeile süß
Ich kann ringen klingen schwingen
Schlank und blank den Jägerspieß.
Gieb die Pfeile nimm den Bogen
Mir ist's Ernst und dir ist's Scherz
Hab die Sehne ich gezogen,
Du gezielt, dann trifft's ins Herz.
Wild getan, wie stolz gesprochen
Weh der Pfeil flog seine Bahn
Hat des Lammes Herz durchstochen
Drohend sah der Hirt mich an.
Dorn ward da die Rosenkrone
Um sein göttlich mildes Haupt:
Vater! rief er, ihn verschone,
Denn er hat an mich geglaubt.
Im Wetter auf der Heimfahrt
O du lieber wilder Regen
O du lieber Sturm der Nacht
Da der Finsternis entgegen
Ich mein Licht nach Haus gebracht.
Sturm du warst ein Bild des Lebens
Licht du warst der Liebe Bild
Das im Drang des Widerstrebens
Leuchtet unter Jesu Schild.
Doch ich bebe, zieht so brausend
Spät der Sturm mir noch durchs Haar
Treibt das welke Laub mir sausend
Nach im Kreis um den Altar.
Meine Lampe flackert, lecket,
Rußt die blanke Leuchte an.
Zuckend hin und her geschrecket
Zeigt ihr Schein mir irre Bahn.
Gleich' ich doch dem armen Schwimmer
Der zum teuren Ziele ringt
Den verführt vom falschen Schimmer
Bald das wilde Meer verschlingt.
Alles hab' ich sinken lassen
Sinken alle Lust der Welt
Eines treu ans Herz zu fassen
Was mich über Meer erhält.
Eine Gott gefallne Blüte
Trägt und hebt mein brennend Herz,
Treib o Woge die verglühte
Asche endlich heimatwärts.
Aber diese Blüte kühlet
Ewig mir die heiße Glut
Nie verzehrt, die in mir wühlet
Mich der Flamme irre Wut.
O ertränk' mich wilder Regen
Schleudre mich du Sturm der Nacht
Einem scharfen Fels entgegen,
Daß mein schwerer Traum erwacht.
Wind und Wasser um mich zanken
Auf den Bahnen wankt das Licht,
Schwarze Wolken der Gedanken
Stürzen vor das Weltgericht.
Soll ich fliehen soll ich bleiben
O unnennbar liebes Gut!
Wolle mich zum Ziele treiben
Wo die ganze Hoffnung ruht.
Alles, was im Sturm zu schiffen
Einst mein banger Arm umfaßt
Treibt um mich, der selbst ergriffen
Schwebt ohn' Steuer und ohn' Mast.
Eines ist mir nur geblieben
Eines, das ich nie verlor
Ein unsterblich treues Lieben
Reißt mich überm Meer empor.
Heil dir, die des Sturmes Zügel
Wie mit Kinderhänden lenkt
Und die reinen Himmelsflügel
Selig durch die Nacht hin schwenkt.
Immergrüne Dornenkrone
Die die Rosen seelwärts flicht
Daß der Leib aufschreit, o schone,
Und der Geist in Wonne bricht.
Ja ich trag' dich dicht am Herzen,
Du zerreißest mir die Brust
Doch die Nesselglut der Schmerzen
Deckt mir eine heil'ge Lust.
Selig, gehst du treu zur Seiten,
Schweb' ich durch die Wetternacht
Ist es doch ein süßes Leiden
Wenn die fromme Lippe lacht.
O unnennbar lebend Sterben
Himmelsbrot in Erdennot,
Lachen in uns selbst die Erben,
Macht der Tod die Wangen rot!
Tagsanbruch im Augenbrechen
Auch den Durst machst du zum Trank
Dornen blühn, wenn Rosen stechen
Erdenheil ist himmelskrank!
Wer bist du? Mit müden Händen
Fasset dich ein letzter Traum
Als die Nacht sich wollte wenden
Tratst du hell ihr auf den Saum.
Jakobsstraße, Jakobsleiter,
Engel steig allein nicht auf,
Öffne doch die Türe weiter,
Treibe meinen müden Lauf.
O du Kind, Geliebte, Schwester
Schatten, Leben, Leid und Lust.
Alle Vögel haben Nester
Und mein Herz hat eine Brust.
An der Türe angekommen
Sprachst du mir ein freundlich Wort
Hättst mich gerne aufgenommen
Doch mein Richter trieb mich fort.
Wenn ich einstens kann verdienen
Unter deinem Dach zu ruhn
Ist der Morgen schon erschienen
Andres hab ich noch zu tun.
Muß noch einsam ringend steuern
Durch die wilde Wetternacht
Bis zu allen Fegefeuern
Mir dein Flügel Kühlung facht.
O zu selig, daß ich Armer
Stehe in so edler Pein.
Daß ich ewig den Erbarmer
Seh' in des Gerichtes Schein.
Und so bin durch Wind und Wogen,
Ich wie ein betrübtes Kind
Durch die Blumen hingezogen
Daß ich dir ein Sträußlein bind'.
Und der Strauß den ich gepflücket
Ist dies sturmverwirrte Lied
Würd' er an dein Herz gedrücket
Dann wär' er dem Herrn erblüht.
Zueignung
Zur Weihnacht, sternenhelle,
Saß einsam auf der Schwelle
Ein Kind so reich als fromm,
Und hieß im reinen Herzen
Das Jesukind willkomm.
Es sehnt sich nicht nach Gaben,
Es wollte mehr nicht haben,
Als was Maria hat,
Den lieben Gottesknaben,
Der macht es freudensatt.
Und als mit Freud und Schmerzen
Er in des Kindes Herzen
Als einer Krippe spielt,
Da sang das Kind dem Kinde,
Das es am Busen hielt:
»Ach hätt' ich Engelzungen,
Ich hätt' dir längst gesungen
Das süße liebe Lied,
Das mir so still und selig
Im jungen Herzen glüht.
Ich weiß ja keine Weisen,
Dich Heiland so zu preisen,
Dich Jesu fromm und mild,
Wie meine ganze Seele
Dir jauchzt und singt und spielt.
Ich muß mein Haupt dir neigen
Kann weinen nur und schweigen
In Seligkeit und Schmerz,
Ach Kind, du weißt mein Lieben,
Du siehst mir ja ins Herz!«
Als Jesus dies gehöret,
Spricht er: »dir sei bescheret
Ein Kindlein, Schmerzenreich,
Das sollst du betend wiegen,
Rein meiner Mutter gleich.
Und auch sei dir bescheret
Ein Herz zu mir bekehret,
Ein Herz an Schmerzen reich,
Darinnen sollst du wiegen
Das Kind mit mir zugleich.
Und auch sei dir bescheret
Die Weise, die mich ehret,
Mit freud'gem Flug und Fall,
Das Lied, das mir lobsinget
Trotz Lerch', trotz Nachtigall.
Sieh, was ich dir gegeben,
Drum sollst das Haupt du heben,
Und öffnen deinen Mund,
Und freud'ge Lieder singen,
Steh auf und sei gesund!
Es wird ein Frühling kommen,
Der bringt, was ward genommen,
Die Blumen und den Kranz,
Sei freudig, sei geschmücket,
Die Unschuld ist ein Glanz!
Es wird ein Sommer kommen,
Voll Segen für die Frommen,
Voll lichtem Ährengold,
Da lese fromm gebücket
Ein Gärblein dir zum Sold.
Es wird ein Herbst sich neigen,
Brich Wein und Frucht von Zweigen
Ich hab' dir's zugedacht,
Drum sei in Freud und Wonne
Die Ernde eingebracht.
Und kömmt der ernste Winter,
Dann sei wie andre Kinder
An meiner Wiege froh.«
Da sprach das Kind ergeben:
»Ja Kind, das will ich so!
All, was du mir bescheret,
Hab' ich von dir begehret
Mit Liedes Flug und Fall,
Drum will ich dir lobsingen
Trotz Lerch', trotz Nachtigall!«
Weihelied zum Ziel und End
Herr Gott, dich will ich preisen,
So lang mein Odem weht,
O hör' auf meine Weisen,
O sieh auf mein Gebet.
Bin ich im Himmel oben,
Da lern' ich andern Sang,
Da will ich hoch dich loben
Mein ewig Leben lang.
Jetzt laß dir wohlgefallen
Mein treu einfältig Lied,
Muß doch ein Kindlein lallen,
Wann es die Mutter sieht,
Nun hab' ich auch gesehen,
Wie du so väterlich,
Will nun nichts mehr verstehen,
Als dich, mein Vater, dich!
Ich saß in meiner Kammer,
Sah trüb ins Leben hin,
Die Seele rang in Jammer,
Voll Sorge war mein Sinn,
Da floß ein heilig Sehnen
Mir in das öde Herz,
Da brach mein Blick in Tränen
Und schaute himmelwärts.
Da war dein Himmel offen,
Stern traf in Augenstern,
Mein Glauben, Lieben, Hoffen
Fand Gnade vor dem Herrn.
Das Lied, das ich verschwiegen,
Das Lied, das leis ich sang,
Sah ich die Engel wiegen
In Davids Harfenklang.
Und sah, den ich gerühret
Mit meinem Lerchensang,
Zum Herrn von mir geführet
Auf einem Dornengang;
Er sang mit mir zusammen
Mit sel'gem Flug und Fall
In Gottes Liebesflammen
Trotz Lerch', trotz Nachtigall!
An das Blut am Abend vor dem Gericht
Gute Nacht du liebes Blut
Rinn noch einmal zu dem lieben Herzen
Tu dir heut noch was zu gut,
Morgen wirst du deine Lust verscherzen.
O du sel'ger Feuerquell!
Manchen Wundertraum hast du geschaukelt,
Wie ein trunkener Gesell
Bist du durch das liebste Herz gegaukelt.
Warst so überwohl zu Haus,
In den lieben reinen blauen Adern,
Machtest du dich gar zu kraus,
Wußtest gar nichts von fatalen Badern.
Doch du machtest dich zu breit,
Hieltest nicht die Flut und nicht die Ebbe,
Wie das Meer, das seiner Zeit
Demutsvoll dem Monde küßt die Schleppe.
Hieltest dich auch nimmer still
Triebst ein Hämmern, Brennen Stechen,
Wer im Hause bleiben will,
Muß dem Herrn nicht immer widersprechen.
Lang sah man der Unart zu,
Doch verloren ist an dir so Malz als Hopfen,
Welchen trifft die Strafe nu,
Ach ihr dauert mich ihr armen Tropfen.
Und weil keiner von euch weiß,
Ob er morgen ins Gericht wird treten
Sollt ihr alle gleicherweis
Heut noch einmal mit der Lieben beten.
Seid fein still und tuet Buß',
Wer von euch sie im Gebete störet
Morgen aus dem Hause muß,
Fühlen muß zuletzt wer nicht gehöret.
Gute Nacht du liebes Blut
Rinn noch einmal zu dem lieben Herzen,
Wem es einmal ward so gut,
Der kann alles andre leicht verschmerzen.
Abends am 27. Oktober 1817
An des Hauses kleiner Türe,
Wo ich all mein Glück verliere,
Hast du lieb das Haupt gewendet,
Und so war der Tag geendet.
Alles, alles mögst du geben,
Und doch muß ich sterbend leben,
Armes Kind, du Herz der Güte
Ach zu geben nicht ermüde!
Ich will auch nicht müde werden,
Will im Grabe aus der Erden
Reine Blumen zu dir treiben,
Ach, die dürfen bei dir bleiben!
Aber ich muß heimwärts wanken
Einsam knieend, weinend danken,
Für die Freuden für die Schmerzen,
Für das Feuer auf dem Herzen.
Ach, das ich mit bittern Zähren
Einsam Tag und Nacht muß nähren
Und muß drin so ganz verbrennen,
Daß nur du mich kannst erkennen.
Wie du Tiere kennst fern irrend,
Vöglein schnell vorüber schwirrend,
Blumen, Beeren in der Wildnis,
Kenn' auch mich im bleichen Bildnis.
Wenn vorbei die andern gehen
Und so scheu nach mir hinsehen,
Wie man nach Gespenstern blicket,
Die den Grenzstein falsch gerücket,
Ach dann fliehe nicht mein Winken,
Reiche einmal mir zu trinken,
Und willst du nicht zu mir treten
Kniee, um für mich zu beten.
Wenn die andern längst mit Zagen
Den verloschnen Denkstein fragen,
Bist du auch ein Mensch gewesen,
Sollst du klar noch in mir lesen,
Daß ich dich mit Schuld betrübet,
Daß ich Buße schwer geübet,
Daß, Versühnung zu erwerben,
Ich dich lieben muß zum Sterben.
Daß ich mich mit heißen Tränen
Ewiglich nach dir muß sehnen,
Läg' ich auch an deinem Herzen
Wie die Leiche zwischen Kerzen.
Weil das Gut, das ich verloren
Mir in dir ward neu geboren,
Weil mein Richter dir gegeben
Mein unschuld'ges tiefes Leben.
Daß die reine Himmelsgabe
Ewig ich vor Augen habe,
Daß das Gottesbild im Kinde
Zeige mir den Greul der Sünde.
Lies auch im zerbrochnen Herzen:
Habe Dank für alle Schmerzen,
Die du für mein böses Leben
Mir zur Buße mußtest geben.
Habe Dank, du blühnde Rute,
Unter der ich still verblute,
Ich verdiente zu verderben,
An dir soll ich ehrlich sterben.
Jedem ist ein Amt verliehen,
Richter sitzen, Sünder knieen,
Und ich muß zu deinen Füßen,
Für die schweren Schulden büßen,
Gnad' ist mir für Recht ergangen,
Ich darf deine Knie umfangen,
Darf in Tränen zu dir stammlen,
Laß, o laß mich Kräfte sammlen.
Kraft den Himmel zu umarmen,
Den mit rührendem Erbarmen,
Ich in deinen Blicken fühle,
Daß ich dieses Feuer kühle.
Kraft, die Blumen all zu sehen
Die da auf und untergehen,
Wenn du deine Seele rührest,
Und mich in dein Herz einführest.
Kraft, mich über sie zu bücken
Und doch keine zu erdrücken
Tränen, alle zu erfüllen,
Ach und Nacht, mich einzuhüllen.
Eine Nacht, wo ich alleine
Um das trübe Leben weine,
Ohne Mond, ohn' Sternenschimmer
Einsam mit dem Worte: Immer!
Wer euch nichts bringt, hat nichts von euch zu hoffen,
Dem Erzschenk habet ihr den Hals gebrochen,
Nur offner Hand stehn eure Ohren offen
Und ohne Klingen hilft bei euch kein Pochen!
Ein armer Krieger hat hier nichts zu holen,
Ihr führet keinen Krieg, wo ihr nichts krieget,
Und weil ihr blanken Klingen unterlieget,
So ehrt ihr das Duell auf Goldpistolen.
Die Poesie muß hier mit Armut leben;
Sing' ich Sonette euch auch noch so nette:
Ihr werdet nimmer Speise mir und Bette,
Statt Geld für Verse Fersengeld nur geben.
Gern gilt hier nichts, drum geh' ich gern von hinnen;
Ungern beherbergt ihr, und höchstens Ungern
Aus Kremnitz, doch Erlanger müssen hungern;
Nur für Zechinen ist die Zeche drinnen.
Ein Ducka ist mir lieb, doch mit Dukaten!
Souvrainen pflege ich für Severinen –
Baronen ohne Bares nie zu dienen –
Und kann mit Ahnen keine Hahnen braten!
So nackt und kahl geh' ich von eurer Schwelle,
So nüchtern, bar und blank in voller Klarheit,
Als wär' ich, die ich singe, – selbst die Wahrheit,
Denn nur Reale sind bei euch's Reelle!
Mit Höhnen siehst du wie ich hier vergehe,
Du Hofvolk, fressend Gold und Fleisch, wie Raben,
Von dir ist nichts, du bist zum Narrn zu haben,
Ich stand dein Narre hier, steh du, ich gehe!
Vor dem ersten Aderlaß, am Tage vor dem Abendmahl
Was ich tue, was ich denke,
Alles, was mit mir geschieht,
Herr nach deinem Auge lenke
Das auf meine Wege sieht.
Herr, o wolle auf mein Flehen,
Wenn mein Blut zu Tage springt,
Heut mich wie ein Kind ansehen
Das sein erstes Opfer bringt.
Unter scharfen Marterruten,
Unter eines Richters Schwert,
Möcht' ich dir mein Heiland bluten,
Wär' ich deiner Kronen wert.
Aber, da mir nicht vergönnet
Solch ein heilender Erguß,
Geb' ich, weil die Fülle brennet,
Ach! nichts, als den Überfluß.
Alles doch hast du gegeben,
Gott der zu den Schmerzen kam,
Und im Blut hingab das Leben,
Daß den Tod er von uns nahm.
Meines fließt zu meinem Heile,
Fließt zu deinem Ruhme nicht
Herr mir deinen Schmerz mitteile,
Wenn der Stahl die Quelle bricht.
Gieb, daß deines Bluts ich denke,
Wenn das meine niederrinnt,
Und in deine Wunden senke
Dein ohnmächt'ges schwaches Kind!
Laß, was bös in meinen Sinnen,
Alle heiße Erdenglut,
Heut aus meinen Adern rinnen,
Morgen dann gieb mir dein Blut.
O wie hast du's gut bestellet,
Meine Seele faßt es kaum,
Daß dein Blut sich mir gesellet,
Macht das meine heut ihm Raum.
All dein Blut hast du vergossen
Mir zu tilgen das Gericht,
Und es ist für mich geflossen,
Aber ich, ich nahm es nicht.
Hast auch deinen Leib gegeben,
Für mich in des Richters Zorn,
Und ich zage für das Leben,
Trag' um dich auch keinen Dorn.
Und ich weiß doch, es giebt Seelen
Brennend so in reiner Glut,
Daß sie deine Wunden zählen
An sich selbst in Wunderflut.
Ach weil ich nicht diesen gleiche
Ist wohl böses Blut in mir,
Gieb daß alles es entweiche,
Jesus dann gefall' ich dir.
Und ersetz' es geistlich wieder
Morgen mir mit deinem Blut
Vor dir sink' ich rein dann nieder,
Wo die Büßerin geruht.
Herr, du weißt ich wollt' bekennen,
Was die Seele niederdrückt
Felsen von dem Quell mich trennen
Wo die Buße Gnade pflückt.
Ich hab' nicht den Zaun durchbrochen,
Herr vergieb uns unsre Schuld,
Wär' durch Dornen gern gekrochen
Heim in deiner Kirche Huld.
Und ließ ich denn meine Sünden,
Alle heut in meinem Blut,
Wolle mich in ihm entbinden,
Wie die Erd' in Sündenflut.
Mit dem Blute wird verschuldet,
Mit dem Blute wird versühnt,
Du Herr hast die Pein erduldet,
Ich, ich habe sie verdient.
Und so komm' ich dann im Glauben
Deines Blutes Gast zu sein,
Keiner soll mir dieses rauben,
Du warst mein, ach, mach mich dein.
Sei geduldig,
Du bist schuldig,
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Darfst dich nur recht niedrig schmiegen,
Wie das Herz, das bei dir ruht
Ach das liebe, liebe Herz,
Teilet gern mit dir den Schmerz.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut,
Muß sich doch der Halm auch biegen,
Wo der kleine Vogel ruht,
Ach der liebe, liebe Fink,
Ist zu deinem Troste flink.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Bald wird er herniederfliegen,
Mit dem Blümlein wohlgemut
Ach das liebe liebe Blatt,
Und die Blume macht dich satt.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Daß sich Dornen zu dir biegen
Und dich stechen bis aufs Blut,
Ach der liebe, liebe Dorn
Heilet dich von deinem Zorn.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut
Kannst das Haupt noch wählend wiegen
Nach des Tulpenkelches Glut,
O der Liebe Liebesrot
Ohne Duft, und ohne Not.
Sei geduldig
Du bist schuldig
Unter Dornen mußt du liegen
Ach dir geht's noch viel zu gut,
Darfst den Fuß hinüberbiegen
Wo das Herz verwundet ruht,
Ach das liebe liebe Herz
Ist wohl wund von edlerm Schmerz.
Ist geduldig
Ist unschuldig
Und will gern in Dornen liegen,
Ach und ist dir viel zu gut
Lehrt dich schmiegen, lehrt dich siegen
Wie's der kleine Vogel tut
Singt ein liebes liebes Lied
Giebt die Blume dir und flieht.
O Trost in letzten Stunden
Ihr heiligen fünf Wunden
Die Mutter laßt gesunden
Von Euch ja kömmt das Heil
So fleht der Kinder Jammer
Da klingt der Pforte Hammer
Da naht der Schmerzenkammer
Der Tod mit seinem Pfeil.
Es mahnt der Schrei der Eule
Es kracht des Hauses Säule
Ein klagendes Geheule
Erhebt der treue Hund
Da fleht die Mutter leise,
O Herr zur dunklen Reise
Sehnt mich's nach heil'ger Speise
Aus deinem Gnadenbund.
Da kam der Arzt gegangen
Die Kinder flehn mit Bangen
Und jammerndem Verlangen
O Herr brich unsre Not!
Er sah mit Tränenbächen
Der Mutter Augen brechen
Und wagt nicht auszusprechen
Gott helf', ich seh' den Tod.
Da hat er Rat gefunden,
Er sah des Heilands Wunden
Den Trost in letzten Stunden
Gemalet an die Wand,
Dahin den Blick erhoben
Zeigt ruhig er nach oben
Und spricht, die Hand da droben
Die hilft, die Gotteshand.
Ich selbst kann hier nichts geben,
Den Wein sucht bei den Reben
Das Leben bei dem Leben
In Heilands Heilhand Heil,
Zu diesem Arzte tretet
Er sieht euch so ihr betet.
Und als er so geredet
Verließ er sie in Eil.
Und als er so geschieden,
All andre Hülfe mieden
Die Kinder fromm zufrieden,
Sie folgten seinem Rat,
Denn von dem Trost belebet
Das Haupt die Mutter hebet
Und spricht, ihr Lieben gebet
Was er geordnet hat.
Es kehrt nach zweien Tagen
Der Arzt mit mildem Zagen
Den Kindern nachzufragen
In dieses fromme Haus,
Da hört er Lieder klingen
Und feierlich lobsingen,
Und dachte, ach sie bringen
Die Leiche nun heraus.
Sein Herz wollt' Gott da lenken,
Die Waisen zu bedenken,
Den Kleinen will er schenken
Als Vater sich zur Stund
Und sah ins Haus gegangen
Am Hals der Mutter hangen
Die Kinder, sie lobsangen,
Die Mutter war gesund.
Sie eilten ihm entgegen
Und riefen: Gottessegen
Auf allen deinen Wegen
Sei treuer Arzt dein Teil
Du sprachst ich kann nichts geben,
Den Wein sucht bei den Reben
Das Leben bei dem Leben
In Heilands Heilhand Heil.
Den Becher hielt der Glaube
Die Hoffnung preßt die Traube
Lieb' warf vom Farbenstaube
Der Heilandshand hinein
Schau auf nach den fünf Wunden
Die eine ist verschwunden
Es trank sie, zu gesunden
Die Mutter in dem Wein.
Da sah der Arzt das Wunder
Da ging sein Wissen unter
Da ward sein Glauben munter
Er hob das edle Haupt
Und sprach, in den fünf Wunden
Hab' ich die Kunst gefunden
Heran, wer will gesunden,
Heil, heilig wird, wer glaubt.
Ich baute eine Mauer
Aus Gold und Edelstein,
Draus wohnet Nacht und Schauer
Drin lichter Gnadenschein.
Hab' alles Licht gezogen,
Mit Gottes durst'gem Mund,
Verwölbt den Himmelsbogen
In meines Herzens Grund.
Hab' allen Mai gerissen
In die geheime Nacht,
Daß in den Finsternissen
Dem Herrn ein Gärtlein lacht.
Er, er soll alles haben,
Ihm bin ich selig still,
Ihm hab' ich mich begraben,
Ihm, dem ich leben will.
Wie eine fromme Imme
Trag' ich ihm alles ein,
Der mir die innre Stimme,
Giebt durch mein Fensterlein.
Der mich läßt Blümlein sehen
Und auch den Rosendorn,
Lehrt durch die Mauer gehen
Hin zu dem Honigborn.
So füll' ich Zell' an Zelle,
Ihm, ihm dem Herrn allein,
Drum Epheu an der Schwelle
Sollst du nicht traurig sein.
Es müßt' mich billig jammern,
Wenn du mir untergingst,
Der du mit Lebensklammern,
Die Wand mir grün umschlingst.
Wenn draus du betend rauschest
An meiner Kammer Wand,
Wenn draus du sinnig lauschest,
Klingt, glänzt die innre Wand.
Dann muß ich für dich beten,
Und bei dir kehren ein,
Wenn mich die Nacht betreten
Draus wo kein Gnadenschein.
Mit allen Wurzeln trinkest
Du Leben ja aus mir,
Und wenn du niedersinkest,
Reich' ich die Hände dir.
Die kalten, frommen Hände,
Draus kalt, daß Gott erbarm',
Drin schimmern, glühn die Wände,
Drin ist es licht und warm.
Draus kann ich dir nur schweigen,
O klimme treu am Stein,
Du findst mit deinen Zweigen
Noch einst mein Fensterlein.
Dann magst du niederblicken
Mit deinem bittern Leid,
Und magst mir Tränen nicken
In meine Seligkeit.
Und wenn ich ausgebauet,
Mein Haus mit Liebe voll,
Daß ich nun angetrauet
Dem Liebsten werden soll
Will ich mein Kränzlein brechen
Von deinem dunkeln Grün,
Und zu dem Liebsten sprechen,
Herr laß mir diesen blühn.
Laß ziehn mich ihn von dannen
Bis über diese Welt,
Er soll mir dorten spannen
Mein hochzeitliches Zelt.
Rein hilf du mir ihn machen,
Ihn, der mich nicht erschreckt,
Ihn, der mir böse Drachen
In seinem Laub entdeckt,
Daß ich jungfräulich trete
Auf dieses Drachenhaupt,
Damit er mit mir bete,
Damit er mit mir glaubt.
Damit den Schatz ich hebe,
Auf dem der Drache ruht,
Und dir mit mir ihn gebe
O Jesu für dein Blut.
Wer Schätze hebt, muß schweigen
Bedenk mein Epheu dies,
Umflicht nur treu mit Zweigen
Dein stummes Paradies.
Treu will ich dich ernähren
Durch scheinbar kalten Stein,
Trink meine frommen Zähren,
Wachs in mein Fensterlein.
Es war einmal die Liebe,
Die himmelklare Liebe,
Sie war in edlem Zorn
Und sprach zum blinden Triebe,
Verzeih, heut kriegst du Hiebe
Ganz ernst mit einem Dorn.
Der Trieb hört dies betroffen,
Doch kaum hat ihn getroffen
Der Liebe Dornenstreich,
Da war die Knospe offen,
Der Dorn ganz ohn' Verhoffen
Schlug aus voll Rosen gleich.
Es war einmal die Liebe
Die himmelklare Liebe
Sie war vom Trieb betrübt,
Sprach drum zum blinden Triebe
An dir dem Friedensdiebe,
Wird Rache heut geübt.
Doch als sie sich wollt' rächen
Da stürzt in Tränenbächen
Das Herz ihr aus der Brust,
Sie kann den Stab nicht brechen
Die Lieb' wird aller Schwächen
Des Triebes sich bewußt.
Es war einmal die Liebe,
Die himmelklare Liebe,
Sie war vom Trieb gekränkt,
Und sprach zum blinden Triebe,
Wenn dir kein Trost auch bliebe,
Heut wird dir's nicht geschenkt.
Und um ihm's zu gedenken
Tut sie ein Füllhorn senken,
Voll von Gerechtigkeit,
Und hat des Triebes Ränken
Den Richtplatz mit Geschenken
Der Gnade überstreut.
Ei sag einmal du Liebe,
Du himmelklare Liebe
Wer hat dich das gelehrt,
Daß man dem blinden Triebe
Für scharfe Dornenhiebe
Nur Rosenglut beschert.
Und daß man für die Rute
Dem blinden Übermute
Nur süßen Zucker giebt
Das lehrte mich der Gute
Der mich mit seinem Blute
Ob meiner Schuld geliebt.
Da sang einmal der Liebe
Der klaren Himmelsliebe
Der Trieb dies Liebeslied,
Daß sich dem blinden Triebe
Ein Licht ins Aug' er schriebe,
Daß er im Auge sieht.
Und als sie es gehöret,
Da fühlt sie sich erhöret,
Und sprach in Demut fromm
Wer hat mich dir gelehret
Wer hat dich mir bescheret,
Trieb sei der Lieb willkomm.
Da faßt einmal die Liebe
Die himmelklare Liebe
Sich einen frischen Mut,
Und war dem blinden Triebe
Daß er nicht irrend bliebe
Ein Blindenführer gut.
Da lernt der Trieb das Lieben,
Da ward die Lieb' getrieben
Bis sehend er, sie blind,
Und beide sind's geblieben,
Und ich hab dir's geschrieben,
Merk auf, und bleib ein Kind.
Am 19. Februar 1818 morgens unter den Linden, da du traurig warst und die Sonne schön schien
Wie treu scheint Gottes Sonne
Heut in die Welt herein,
Die Zeit erwacht mit Wonne
Im neuen Gnadenschein.
Es zünden alle Kerzen
Sich schon zum Feste an,
Und alle frommen Herzen
Sind festlich angetan.
Welch Kleid soll ich denn nehmen,
Hab' ich kein Hochzeitskleid?
Soll ich allein mich schämen
In dieser heil'gen Zeit?
Ist denn mein Kranz zerrissen,
Ist mein Gewand befleckt,
Hilf, Herr, der mein Gewissen,
Der meine Blöße deckt!
Laß einsam mich hier trauern,
Da du zur Wüste giengst,
Auf deine Rückkehr lauern,
Bis du ein Kleid mir bringst.
Ich streu' mein Haupt mit Asche
Hüll' mich in Buße ein,
Mit bittren Tränen wasche,
Ich doch mein Kleid nicht rein.
Und denk' auf alle Fragen,
Warum ich so betrübt,
In diesen vierzig Tagen
Hat Jesus sich geübt.
Mein Heil gieng in die Wüste
Und ward vom Feind versucht,
Und ach, so lang ich büßte,
Bracht' ich doch keine Frucht.
So oft ich mich auch wagte
In seiner Gnade Schein,
War mir's, als ob ich sagte,
Mach Brot aus diesem Stein.
Und doch hat er vergossen
Um mich sein teures Blut,
Auf mich ist es geflossen,
Und doch bin ich nicht gut.
Bin immer nicht ergeben,
Treib' ewig hin und her,
Mach' das erlöste Leben
Der armen Seele schwer.
Mein eignes Blut unbändig
Will stets der Herrscher sein,
O Gott, mach mich lebendig,
Sei du mein Herr allein.
Laß dieses Eis zerbrechen
Vor deinem Sonnenschein,
Und zieh auf Gnadenbächen
Im Frühling zu mir ein.
In deiner Lieb' geborgen,
Mag Lilie, die nicht spinnt,
Mag auch kein Vöglein sorgen,
Viel wen'ger noch ein Kind.
Wie oft im jungen Herzen
Nannt' ich mich selig so,
Und ward in Freud und Schmerzen
Recht meiner Kindschaft froh.
Nur du allein kannst wissen
Wie mich dein Gruß erquickt,
Und was mein Herz mußt' missen,
Wenn es von dir geblickt.
Kein andrer Blick kann taugen,
Mein Jesu mach mich blind,
Führ' unter deinen Augen
Auf reiner Bahn dein Kind.
Dein Tau steht auf den Auen
Und macht die Gräser frisch,
Herr, gebe mir Vertrauen,
Führ' mich zu deinem Tisch.
Laß alles Widersprechen
In mir getilget sein,
Und mach mich vom Verbrechen
Des Eigenwillens rein.
Den Vater hab' ich funden
Erkannt auch seine Braut,
Die Kirche, durch die Wunden
Der Märtrer ihm getraut.
Ich zage vor der Türe,
Ob ich dich bei ihr find',
Zum Schoß der Mutter führe,
O Jesu, selbst dein Kind.
Gieb daß in bittrer Reue
Ich alles Rückhalts bloß
Bekennend mich erneue
In ihrem Gnadenschoß.
Daß reiner als geboren
Daß wie getauft so rein,
Ich, was ich je verloren
In Buße nehme ein.
Laß mich das Wählen enden,
Das der Versuchung gleicht
Zu Brot in meinen Händen
Sei dieser Stein erweicht.
Und von des Priesters Worten,
Der deine Weihe trägt,
Sei es zu dir geworden,
Mir unters Herz gelegt.
Dann gieb, daß wie die Reine,
Die dich empfangen trug
Ich glaubend jauchz' und weine
Und nie, ach nie genug.
Dann, in der Zeiten Fülle
Stell', wie die dich gebar,
Ich, bricht des Leibes Hülle,
Dein Bild im Himmel dar.
Dann trage voll Erbarmen
Den Geist vor deinem Thron
In deinen Vaterarmen,
Sei du mein Simeon.
Und deine Mutter süße,
Laß mir die Hanna sein,
Daß sie mich freudig grüße,
In deiner Sel'gen Reihn.
Mein Hoffen, Lieben, Glauben
Bring' dir die Kirche dar,
Wie deine Mutter Tauben
Geopfert am Altar.
O Herr, zu solcher Wonne
Gabst du mir selbst Geleit,
Und die geschaffne Sonne
Scheint dennoch mir zu Leid.
Was ist's, daß ich verzage,
Welch Leid ist mir geschehn,
Die armen flücht'gen Tage
Von dir geschmückt zu sehn.
Mit Sonnenglanz begrüßte
Die Zeit das Erdenland,
Die fastend in der Wüste
Dir im Gebet verschwand.
Das Leben dich versuchet,
Mach Brot aus diesem Stein,
Hör' ich, die du verfluchet,
Die bunte Schlange schrein.
Und auf des Tempels Zinnen
Und zu dem Reich der Welt
Wird auf dem Berg den Sinnen
Die Seele ausgestellt.
Herr, laß dein Wort mich hören;
Sprich, Satan weich von ihr,
Ruf mit den Engelchören
Dein Kind zu dienen dir.
Es sei die junge Sonne
Und diese milde Zeit
Dir eine Festeswonne
In meiner Brust bereit.
Laß nicht tirannisieren
In mir das eigne Blut,
Herr laß mich triumphieren
In deiner Wunden Flut.
Heran, heran ihr Blüten
Nun öffnet euren Schoß
Neu bricht nun ohn' Ermüden
Der Strom der Gnade los.
Mit reinen Kelchen trinken
Sollt bald ihr Jesu Blut
Wenn er sein Haupt läßt sinken
Dann, dann ist alles gut.
Wenn er erst ausgesprochen,
Das Vater, das Vollbracht,
Dann ist der Tod gebrochen,
Und nur auf Erden Nacht.
Er wird den Stein schon heben
Er wird schon auferstehn,
Daß die ihm sterbend leben
Ihn ewig wiedersehn.
Ihr Blumen euch zur Seite
Steh' ich am Grabe fromm
Und heiß' in Lieb und Leide
Den Herrn mit euch willkomm.
Wir brauchen nicht zu klagen,
Er hat uns ja gelehrt,
Das Vater Unser sagen,
Das Wort das er erhört.
Am Charsamstag 1818
Warum er mich verlassen,
Mußt' ich zum Vater schrein,
Und du willst dich nicht fassen,
Willst niemals einsam sein.
Siehst du denn nicht die Kerzen
An meinem Grabe hier,
Was suchst du mich von Herzen,
Und weinest vor der Tür?
Tritt ein du wirst mich finden,
So weit dein Glaube reicht,
Bekenne deine Sünden,
So wird dein Hoffen leicht,
Und wollen deine Augen
Mich liebend dann nicht sehn,
Soll dir der Glaube taugen
Blind zu dem Tisch zu gehn.
Das ist die rechte Liebe,
Die alles Dunkels lacht,
Die die vorwitz'gen Triebe
Gehorsam glaubend macht
Dann werden alle Sinnen
In meinem Hiersein neu
Dann denkt man nicht von hinnen
Auf daß man heilig sei.
Will Glauben, Lieben, Loben
Und Hoffen noch verstehn
So wollen sie nach oben
Vorbei beim Heiland gehn.
Du brauchst nicht so zu schreien
Die Türe schließ' ich nicht,
Wenn tausend Teufel dräuen,
Sie löschen mir kein Licht.
Wer will dich mir begraben,
Die Braut, der ich vermählt,
Mit der kannst du mich haben,
Hast du mich recht erwählt,
Die Kirche, die sie schmähen,
Sie ist die Mutter dein,
Sie lehrt dich auferstehen
Sie lehrt dich selig sein.
Es scheint ein Stern vom Himmel,
Ein einz'ger in mein Herz,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Da hätt' ich Nacht und Schmerz.
Es spritzt ein Quell vom Felsen
Ein Tröpfchen zu mir her,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Daß ich verschmachtet wär'.
Es singt ein Himmelvögelein
An meiner Kerkerwand,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Ich käm' um den Verstand.
Es blüht ein einz'ges Blümlein
Auf meinem Wege wüst,
Es könnte wohl was Bessers tun,
Daß ich verzweifeln müßt'.
Vor mir streicht hin ein weißer Hirsch
Mit goldenem Geweih,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Daß ich verirret sei.
Es scheint ein bißchen Sonnenschein
Mir in die Nacht herein,
Es könnte wohl was Bessers tun,
Ich stürb' in dunkler Pein.
Es fällt mir eine Blüte
Des Segens ohne Frucht,
Sie könnte wohl was Bessers tun,
Ich glaubte mich verflucht.
Es sieht mit Himmelsgüte
Ein reines Aug' mich an,
Es könnte wohl was Bessers tun,
Dann wär's um mich getan.
Es mahnet an dem Abgrund mich
Ein frommer Liedermund
Er könnte wohl was Bessers tun,
Ich stürzte in den Schlund.
Es tut ein frommes Mägdlein
Wohl Engeldienst an mir,
Sie könnte wohl was Bessers tun,
Daß ich mein Heil verlier'.
Mich hat der Herr geliebet,
Er zeigte mir, was schön,
Er könnte wohl was Bessers tun,
Dann müßt' ich untergehn.
Heut schienen Stern und Lichter
Mir, was ich liebe, an,
Sie könnten wohl was Bessers tun,
Und haben's doch getan.
Mir hüpft das Herz in Freuden
Ein Engel steht mir bei
Es könnte wohl was Bessers tun,
Bräch' es mir gleich entzwei.
Ich muß die Güte lieben,
Sie hat sich mein erbarmt,
Sie könnte wohl was Bessers tun,
Dann wär' ich ganz verarmt.
O liebe, liebe Seele du,
Mein Heil, mein Trost, mein Mut,
Ich kann ja gar nichts Bessers tun,
Denn alles ist ja gut.
Am 23. April 1818
Ich darf mich wohl erfreuen
An diesem Gnadentag,
Da man die heil'gen Weihen
Zum kleinen Kinde sprach.
Zum Kind, das groß geworden
Die Weihe treu erhielt,
Und in dem Christenorden
Zum ew'gen Heile zielt.
Daß vierundzwanzig Tage
Man dich ließ Heidin sein,
Das bracht' dir manche Plage
Und Trug und falschen Schein.
Es tränkten alle Musen
Dich, außer Christi Hut,
Am vollen Sinnenbusen
Mit regem Lebensblut.
Du lerntest Träume spinnen,
In Kranz und Blumenspiel
Gar mancherlei ersinnen
Was nicht dem Herrn gefiel.
Du lerntest Lieder singen,
Die dich zur Welt gewandt,
Manch bunten Kranz zu schlingen,
Der an die Welt dich band.
Doch alle diese Künste
Sie wurden heut gekehrt
Zu einem heil'gen Dienste,
Der nur das Ew'ge ehrt.
In jenem heil'gen Bade
In jenem Heilerguß,
Da schöpftest du die Gnade,
Von der ich leben muß.
Du liebes gutes Wesen,
Ertauftes Christenkind,
Mit dir bin ich genesen,
Ich war ein Heide blind.
Bin wieder auch geboren
Hab' Mut von deinem Mut,
Was alles ich verloren
Ersetzt mir Jesu Blut.
Das hast du mir von Herzen
Gleich anfangs zugesagt,
Als ich die bittern Schmerzen
Zu Füßen dir geklagt.
Und alle dies Erbarmen
Das kam heut über dich,
Du Kind auf Trostes Armen
Wardst auch ein Christ für mich.
Drum darf ich heut dich grüßen
Du fandst mich nah dem Tod,
Ließ'st Tränen auf mich fließen
Und tauftest meine Not!
Ich bin allein,
Viel Sonnenschein
Liegt um das Haus,
Doch wie ein welker Blumenstrauß
Muß einsam sein,
Bis Blatt vor Blatt
Ganz lebenssatt,
Zum andern Ziel
Der leichtgesinnten Lüfte Spiel
Entführet hat.
So sterb' ich hier,
Als Todeszier
Streu' ich den Zug
Von deinem Namen in den Flug
Der Lüfte mir.
O gutes Kind!
Es weht der Wind,
Und was mich quält,
Wird deinen Blumen auch erzählt
Die blühend sind.
Die senken drum
Ganz still und stumm
Das reine Haupt
Und sprechen: Selig wer da glaubt
Der kömmt nicht um.
Und so auch heut,
Da du erfreut
Im Grünen gehst
Hat sich, was du in Liebe säest
Ins Kreuz gestreut.
So zwing' ich dich,
So schwing' ich mich
Zu deiner Huld,
Im Zeichen ewiger Geduld
Vollbringe ich.
Kennst du das Land
O wär' ich dieser Welt doch los
Los von den vielen Dingen
Und säß' in kühlem Felsenschoß
Zu schweigen oder singen,
Ja schweigen oder singen,
Oder was es soll sein,
Du müßtest vollbringen
Du wüßtest's allein.
Was soll ich mit der weiten Welt,
Sie ist so voller Sachen,
Mein eigen Haus ist schlecht bestellt,
Ich soll bei Fremden wachen,
Ja wachen oder hüten,
Ob auch beten dabei?
Wirst du mir vergüten
Man stellt es mir frei.
Ich schaudre bei dem bunten Kram
Von Anstand und von Lügen,
Ich muß die Wahrheit und die Scham
Mit Schicklichkeit betrügen,
Ja lügen oder trügen,
Der Tag bricht doch an,
Mit zürnenden Zügen,
Blickt Wahrheit mich an.
Hör' ich von einer groben Schuld,
So bebet meine Seele,
Ich ruf' o Jesus hab' Geduld,
Wenn tausendmal ich fehle,
Ja fehlen und dann zählen,
Macht auch eine Zahl,
Ich tu' es mit Wählen,
Der tut's auf einmal.
Tagtäglich wecket mich dein Licht,
Doch will's in mir nicht tagen,
O Herr, die Stunde zum Gericht
Laß in der Nacht nicht schlagen,
Ja schlagen, auf dein Winken
Erbebet die Welt
Da werden zur Linken
Die Böcke gestellt.
O Herr, zuvor brich noch mein Herz
Brich es mit harten Schlägen,
Scheid aus in Glut das taube Erz,
Dein Bild ins Gold zu prägen,
Ja prägen und wägen,
Dein Kreuz und dein Bild,
Zum Himmel ein Segen,
Vor Hölle ein Schild.
Nimm doch den Zweifel ganz von mir,
Laß mich doch ganz vertrauen,
Und strafe meine Neubegier,
So viel umherzuschauen,
Ja Schaun und Begehren
Sind nahe verwandt,
Den Fingern zu wehren
Nimm ganz meine Hand.
Ist's wahr mein Herr, warst du mir nah,
Warum willst du dann scheiden,
Und war's mein Leid, als ich dich sah,
O Herr so gieb mir Leiden,
Ja leiden oder meiden,
Wer möchte das nicht,
Wenn Jesus zu beiden,
Ich liebe dich, spricht.
Was Finsternis empfangen will
In mir als einem Weibe,
Mit deinem teuren Blute still',
Daß ich zum Licht auftreibe,
Ja treibe und bleibe
Am Kreuzbaum ein Blatt,
Dem heiligen Leibe,
Der Schatten nicht hat.
Was in mir aus der Schlangenbrut
Versuchend liegt gefangen,
Herr tilg mit deinem Fleisch und Blut,
Dies Drängen, Sehnen, Bangen,
Ja bangen und verlangen
Nach Früchten des Leibs,
Aufs Haupt tritt den Schlangen
Du Samen des Weibs!
Mir ist nach meiner Sündenzahl
Manch kleines Kreuz vonnöten,
Für jede böse Lust gieb Qual,
Sie kräftig zu ertöten,
Ja töten und quälen,
Wenn 's Herz übrig blieb
Soll dir es erzählen,
Wie sehr ich dich lieb'.
Weil Qual um Qual und Pein um Pein
Du auch für mich gelitten,
So will ich auch das Leiden mein
Recht nach und nach erbitten,
Ja bitten und ringen
Um langsame Not,
Und beten und singen
Und tragen zum Tod.
Noch will's nicht gehn, es ist mit mir
Gar hinderlich beschaffen,
Ich hab' nicht Zeit, die Welt steht hier,
Begaffet muß ich gaffen,
Ja gaffen oder raffen
Es wird schier zu viel,
Im Heut wird geschaffen
Das Morgen, das Ziel.
Herr laß mich Waislein nicht getrennt,
Sieh wie die Schuld mich peinigt,
Gieb daß das heil'ge Sakrament
Der Buße ganz mich reinigt,
Ja reinigt und vereinigt
Dem Kirchenbrautleib,
Auf daß ich verdeinigt
Dir ewig verbleib.
O Herr, mein Gott, vollende doch,
O laß mich's doch erleben,
Häng tausend Leiden an mein Joch,
Dann will ich zu dir schweben.
Ja schweben oder ringen
Auf Flügeln der Not,
Auf schmerzenden Schwingen
Zum seligen Tod.
Dann weiß ich schon, ich kenne dich,
Dann wirst du mich nicht lassen,
Dein Engel wird noch treuer mich,
Als ich dich liebend fassen.
Ja fassen und tragen
Zum Vater und Geist,
Zu dir, dich zu fragen
Was alles du seist.
Ach Engel! und dann bitt' ich dich,
Laß mich die Mutter schauen,
Die also rein und jungfräulich
Des Herren Leib durft' bauen,
Ja bauen und pflegen
Und säugen das Heil
Den himmlischen Segen,
Der mir ward zuteil.
In ihrem milden Augenstrahl
Da fließen süße Bronnen,
Da will von aller Erdenqual
Ich laben mich und sonnen,
Ja sonnen und laben
Und beten dazu,
Wie's Jesu will haben
In ewiger Ruh'.
Und wenn wir bei dem Heldenweib
Perpetua ankommen,
Umarm' ich ihren Marterleib,
Bis Sie mich heißt willkommen,
Ja willkomm o Freude,
O edelster Mund,
O küßt' ich dich heute,
Ich wäre gesund.
Ein Weilchen ich auch stehen muß
Und in das Antlitz sehen
Dem heiligen Vinzentius,
Um seinen Segen flehen,
Ja flehen und bitten
Für mich um das Heil,
Das weiblichen Sitten
Durch ihn ward zuteil.
Laß auch dem frommen König mich,
Der viel hat kämpfen müssen,
Dem treuen keuschen Ludewig
Den Pilgermantel küssen,
Ja küssen und grüßen
Der so überwand,
Daß man mich Luisen
Als Christin genannt.
Auch zu dem starken Jungfräulein
Juliana laß mich gehen,
Den Satan band sie, ihre Pein
Mußt' er in Ketten sehen,
Ja sehen und gestehen
Was alles für Greul
Durch ihn ist geschehen,
Und fliehn mit Geheul.
Auch wünsch' ich mit Sankt Dorothee
In Demut zu liebkosen,
Daß sie zum Schmuck in Himmelshöh'
Mir schenk' von ihren Rosen,
Ja Rosen des Blutes
Ja Martergeduld
Zerstörten voll Mutes
Den Apfel der Schuld.
Sankt Katharin mit Rad und Schwert
Laß mich auch heiß umschlingen,
Die so viel Weise hoch gelehrt
Zum Glauben konnte zwingen,
Ja zwingen in Schlingen
Die Jesus ihr giebt,
Den sie zum Vollbringen
Des Todes geliebt.
Auch zeig' mir, kommen wir vorbei
Den Schutzherrn meines Knaben,
Ob's Rudolph oder Klemens sei,
Dem sie ihn übergaben,
Ja gaben und weihten
In weltlichem Sinn,
Wer nimmt von den beiden
Zum Mündel ihn hin.
Sankt Clemens hatte ich gemeint,
Der gütig heißt vor allen,
Er ließ ja meinen armen Freund
Auch nicht dem Feind verfallen,
Ja fallen und verderben
Läßt Clemens ihn nicht,
Steht bei ihm im Sterben,
Und in dem Gericht.
Sag ist auch dieser Freund allhier
Fand mein Gebet Erbarmen,
Dann, lieber Engel zeig ihn mir,
Den sel'gen Tugendarmen,
Ja Armen, Elenden,
Der besser, als klug,
Ach wenn wir uns fänden,
Es wär' ihm genug.
Und dort, doch nein, laß uns geschwind,
Hin zum Erlöser wallen,
Es möchte sonst sein dummes Kind
In alte Fehler fallen,
Ja fallen, zu Gefallen
Den andern zu sein,
Umlaufen bei allen,
Ihn lassen allein.
O Seligkeit wenn zum Gericht
Ich rein und schuldlos bliebe,
Und zög' in meines Heilands Licht
Ach alle, die ich liebe,
Ja liebe und meine,
Nur der hat geliebt,
Nur der hat das Seine,
Der Jesu es giebt.
Drum mach von dieser Welt mich los
Los von den vielen Dingen,
Und laß mich Herr in deinen Schoß
All die ich liebe bringen,
Ja bringen oder zwingen,
Oder wie es soll sein,
Du mußt es vollbringen
Du weißt es allein.
29. August 1818
»Ach wär' ich doch der Welt schon los!«
»Was haben Sie denn nun schon wieder?«
»Ich sage, wird die Last zu groß,
So seufzt der Träger und es zieht ihn nieder.
Was ich heut sah, fällt mir da ein,
Kaum konnte ich des Weinens mich erwehren,
Am Markte saß auf einem Stein
Ein altes bleiches Weib in bittern Zähren.
Sie hatte bei den Bauren sich
Ein bißchen Grüns und Rüben beigeschnurret
Es sah kein Mensch sie an, als ich
Sie weinte still vor sich, hat nicht gemurret.«
»Warum gabst du nicht alles Ihr,
Gott giebt's mir wieder, gern bin ich dein Leiher,«
»Ich hatte selbst nicht viel bei mir,
Ich gab ihr, was ich hatte hin, sechs Dreier.
Als ich am Knoten zerren mußt'
In den das Geld im Schnupftuch war geschlungen,
Ist ihr so recht aus tiefer Brust
Ein schwergefühltes Klagewort gedrungen.
In ihren Schoß sprach sie gar schwer,
Wo sie die Armut deckt mit welken Händen,
›Ach wer doch erst da drunten wär',
Hier wird doch nimmermehr die Sorge enden!‹
Ich dacht', das konnt' ich wohl verstehn,
Das brauchtest du mir gar nicht erst zu sagen,
Ich hab' es dir gleich angesehn,
Und wollte dich darum auch gar nicht fragen.
Warum denn fragst du mich, lieb Kind!
›Was haben Sie denn nun schon wieder?‹
Wird denn an mir dein Scharfblick blind?
Mich zieht es wie die Arme auch ja nieder.
Auch ich sitz' alt und bleich am Stein,
Hab' mir ein bißchen Grüns von dir erschnurret,
Mein Weinen siehst auch du allein,
Auch ich hab' nur geseufzt und nicht gemurret.
Auch mir reichst aus dem Schnupftuch du
Den Schatz, sechs Dreier, gestern, heute, morgen
Auch ich möcht' bald hinab zur Ruh'
Denn hier wird doch kein Ende je der Sorgen.
Ich sorg', es nahe eine Zeit
Wo du den Knoten allzu fest wirst schlingen,
Da tun dir dann die Finger leid,
Die milde Gabe mir herauszuzwingen.
Ich sorg', es steigt ein Tag empor,
Ich mein' er guckt schon aus dem Keller drüben,
Da wirfst du mir die Dreier vor,
Und gönnst mir nicht das bißchen Grüns und Rüben.
Ich sorg', es kömmt die Stunde bald,
Wo meines Wegs zu gehn du dich wirst schämen,
Nicht lang mehr tust du dir Gewalt,
Drum wünsch' ich, Gott mög' mich hinunternehmen.
Hab Dank, hab Dank viel tausendmal
Für Dreier, Rüben und die grünen Gaben,
Man soll mit mein und deiner Qual
Man soll mit meiner Liebe sie begraben.
Nur eines flehe ich von dir,
Gehst du mit andern längs dem leeren Steine,
Ach dann, erzähle nicht von mir,
Schweig, denk, wein', bet' für mich alleine.«
Das Elend soll ich einsam bauen,
O schweige nur, ich kenn' das Leid,
Den heißen Schmerz des kranken Pfauen
Der nach der Sonne klimmend schreit,
Ich fühle in dem Abendgrauen
Der Nächte finstre Bitterkeit
Ich war im seligsten Vertrauen
Von je dem grimmen Schmerz geweiht
Und soll das Elend einsam bauen.
Das Elend soll ich einsam bauen,
Die Brunnen die ein Zauberschlag
Hervorrief auf den dürren Auen
Sie wenden sich, der junge Tag
Will nicht mehr auf mich niedertauen
Das Leben bricht mir den Vertrag
Ich soll nun in die Wüste schauen,
Ich, der der Einsamkeit erlag
Soll einsam nun das Elend bauen.
Das Elend soll ich einsam bauen
Mir wie dem ersten Mann geschah
Als in des Paradieses Auen
Der Herr ihn einsam trauern sah
Schuf er aus seiner Brust die Frauen,
Der Himmel war der Erde nah
Doch mit dem menschlichen Vertrauen
War Schlange Frucht und Tod auch da.
Drum muß ich einsam Elend bauen.
Das Elend soll ich einsam bauen
Verdorben war ich durch das Weib
Wollt' in der Jungfrau neu mich schauen,
Die Gott verhießen, daß sie's bleib'.
Maria, Zuflucht der Jungfrauen,
Erhalt' dem Herren ihren Leib,
Laß sie nicht blinder Not vertrauen
Ob Erde sie vom Himmel treib'.
Ich muß mein Elend einsam bauen.
Das Elend soll ich einsam bauen
O Jesus höre mein Geschrei
Brich meiner Seele tiefes Grauen
O Jesus, führ' den Kelch vorbei
Mach von der Hölle gift'gen Klauen
O Jesus meine Seele frei
Ein armes kindliches Vertrauen
O Jesus meinem Geist verleih
Hilf mir mein Elend einsam bauen.
Magdalene geht zum Grabe
Die bange Nacht ist hingegangen,
Doch kennt noch nicht ein Mensch den andern,
Noch kann ich mit den Tränen prangen,
Und zu des Meisters Grab still wandern;
Der Tempelwächter ruft die Stunden,
Maria ringt in stummen Schmerzen,
Sie zählte ihres Kindes Wunden,
Ein Schwert drang schneidend ihr zum Herzen.
Laß los von der Welt,
Von dem bunten Zelt,
Von der Truggestalt,
Jesus kommt bald!
Freundlich wird er grüßen,
Sink zu seinen Füßen,
Suche, fange, halt ihn dir,
Seufze, sage, klage hier;
Bleib, o Jesu, bleib bei mir!
Die Spezerei, die wir bereitet
Von Myrrhen, Aloe und Narden,
Trägt Salome, die mich begleitet,
Und Jacobe zum Grabesgarten.
Schon fängt's im Osten an zu tagen,
Ich streck' die Hände aus zum Felsen,
Johanna fragt mit bangem Zagen:
Wer wird vom Grab den Stein uns wälzen?
So wandle ich im Morgengrauen
Zum Grab, wo meine Liebe ruht;
Ich will mit Tränen ihn betauen,
Er gab mir all sein Herzensblut.
Um mir den Stein vom Herz zu heben,
Ging in den Tod all meine Wonne;
Da zuckt ein Blitz, die Felsen beben,
Und aus dem Grab schwingt sich die Sonne.
Die Wachen rings erstarret liegen,
Und von dem abgewälzten Steine
Grüßt uns, die sich zum Grabe biegen,
Ein Engel, weiß im Himmelsscheine:
Erschrecket nicht! Er ist erstanden,
Er ist nicht hier. Kommt her und schauet
An leerem Ort die Todesbanden,
Es ist sein Tempel neu erbauet.
Weil ich den Leib entführet glaubte,
Eilt' nochmals ich das Grab zu grüßen;
Ein Engel saß dem Grab zu Haupte,
Ein Engel saß dem Grab zu Füßen.
Was weinst du Weib? zu mir sie sagen.
Ich sprach: Weil sie ihn weggenommen,
Und ich nicht weiß, wohin getragen.
O sagt: wo ist er hingekommen?
Dann blickt' ich um, und sah im Schimmer
Den Gärtner, glaubt' ich, hört' ihn fragen:
Was weinst du, Weib, wen suchst du immer?
Ich sprach: Hast du ihn weggetragen?
O sag: wohin? daß ich ihn finde!
Da hört' ich mich Maria grüßen,
Und rief: Rabuni! und geschwinde
Sank meinem Jesus ich zu Füßen.
Jesukind, du Licht der Blinden
Mache mich doch einmal blind
Daß ich dir, wie mir dies Kind,
Auf dem Pfad mich mög' verbinden
Wo du mich auch hin willst führen
Denn mein armes eignes Licht
Kann auch selbst beim Licht noch nicht
Dich das wahre Licht recht spüren
O wie töricht, töricht ist
Der nicht in allem ohne Ausnahm'
Folget dir zu jeder Frist.
Nun soll ich in die Fremde ziehen
Mir hatte eine Himmelsbraut
Ein Zweiglein aus dem Kranz geliehen
Ich hatte draus ein Haus erbaut
Es grünte schon, es wollte blühen
Von meiner Tränennut betaut
Da konnt' ich betend ruhig knieen
Da hatte ich so fest vertraut
Und soll nun in die Fremde ziehen.
Nun soll ich in die Fremde ziehen
Sie wäre ruhig, wär' ich fort,
Der Tempel, wo wir beide knieen,
Soll nun zerbrechen und der Ort
Wohin ich mit ihr sollte ziehen
Soll nun verschwinden und der Hort
Des einen Glücks, für das wir glühen,
Soll sinken, auf ein hartes Wort
Soll ich nun in die Fremde ziehen.
Nun soll ich in die Fremde ziehen
Ich der die Heimat nie gekannt,
Soll meine erste Heimat fliehen
Soll fallen in der Räuber Hand
Was Sie mir schenkte war geliehen
Streng fodert sie das heil'ge Pfand
Zu ihr hab' ich um Hülf' geschrieen,
Sie weist mich nach dem andern Land
Ich soll nun in die Fremde ziehen.
Nun soll ich in die Fremde ziehen,
Ich weiß wohl, wie die Fremde tut
Kein Ankergrund ist mir gediehen
Weil ich dem ungerechten Gut
Auf meinem Schiffe Schutz verliehen
Zerbrach es in des Sturmes Wut
Die Woge hat mich ausgespieen,
Und kaum hab' ich am Strand geruht
Soll ich schon in die Fremde ziehen.
Nun soll ich in die Fremde ziehen
Wohin, wohin, daß Gott erbarm',
Nicht, wo die Friedensrosen blühen,
Nicht, wo im Geist so sonnenwarm
Die Worte wie Gebete glühen
Nein in die Brust – den Wespenschwarm
Vergeblicher erstarrter Mühen
Ins eigne Herz, zum eignen Harm
Soll ich nun in die Fremde ziehen.
Ihre Händchen pochten an
Traulich wie an Nachbars Pforten
Und dem Kind ward aufgetan
Nach des Heilands ew'gem Worte.
In den Himmel gieng sie ein
Freute sich am schönen Garten,
Ihre Sorge war allein
Wie dem Herrn sei aufzuwarten.
Ob sie auch wohl geputzt genug
Wie sie sollte sich verneigen,
Ihm das Sträußchen, das sie trug,
Recht manierlich darzureichen.
Ob sie singen soll ein Lied
Oder blasen die Dralöte,
Und sie wählet, daß sie kniet
Und so recht von Herzen bete.
Doch der Herr ließ sich nicht sehn
Wollte nicht das Kind erschrecken
Ließ sie beten und dann gehn
Nester suchen in den Hecken.
Ach da sah sie manche Brut
Dachte wie der Mutter Treue,
Fest gebannt mit reiner Glut
Rings ums Nest sie Futter streue.
Engel, die Gott zugesehn
Sonn und Mond und Sterne bauen
Sprachen, Herr es ist auch schön
Mit dem Kind ins Nest zu schauen.
Ich bin aus fremdem Land gekommen
Ein fremder, armer, kranker Mann
Du hast mich liebvoll aufgenommen
Wie Jesus es und Jesu Freundin kann.
Was du gehabt, hast du geteilet,
Dein Brot, jed Wort aus Gottes Mund,
Du hast geliebet und geheilet,
Und hast geschlossen mir den neuen Bund.
Du läßt mich fremden Mann nicht scheiden
Du hast ihm auch den Weg gezeigt,
Den Weg der über Lieb' und Leiden
Zum Kreuz, und bis zur Siegeskrone steigt.
Ich durft' dir all mein Heimweh klagen,
Und was mich in der Fremde hält,
Du halfst die Last mir hinzutragen,
Zum Lamme, das da trägt die Schuld der Welt.
Und daß ich nicht beschämet werde,
Hast du auch deine Last bekannt,
Saßt bei mir an der dunklen Erde
Von der der liebe Heiland auferstand.
Wir haben uns wohl weinen sehen,
Und haben uns auch angelacht,
Und wollen still den Kreuzweg gehen
Bis wir einst sagen, Herr es ist vollbracht.
Du wie du liebend mich geführet,
Da sprachst du gar ein freundlich Wort
Das hat mich durch und durch gerühret,
Und soll mich rühren immer fort und fort.
Du sprachst, da sind wir ja vereinet
Ich, du und sie, ich kenn' sie gut,
Ich weiß, wie innig sie es meinet
Und wie sie glaubend hofft auf Jesu Blut.
Und auch die Trösterin der Sünder,
Die Mutter, die das Kindlein trug
Das zu uns sprach, seid wie die Kinder,
War da zur Seligkeit uns nah genug.
Zusammen sind wir auch gegangen
Vereinet zu Sankt Klemens' Grab –
Der deinem liebenden Verlangen
Für mich ein heil'ges liebes Kleinod gab.
Auch an den Ölberg durft' ich gehen
Mit dir in seines Sohns Person.
Zum lieben Vater aufzuflehen,
Der nichts versagt dem eingebornen Sohn.
Und zu der Kerker Jammerhöhlen,
Hat deine Liebe mich geführt,
Durch dich hat mich der armen Seelen
Betrübter hülfsbedürft'ger Stand gerührt.
Und hin zum heil'gen Kirchenleibe
Hin zu der Heil'gen Freudenchor,
Hobst du, daß sie einst Blüten treibe
Des armen Sünders dürre Hand empor.
Auch durch die Wüste durft' ich ziehen,
Durft' schreien nach ersehnter Frucht,
Wo wir die Schwester sahen fliehen,
Die wir bis jetzt vergebens aufgesucht.
Was haben alles wir gesehen,
Was haben alles wir geliebt,
Und müssen auf der Erde stehen
Die Dorn und Blumen auf die Gräber giebt.
Doch wollen wir die Dornen wählen,
Die Dornen, die der Heiland trug,
Und wollen nicht die Tränen zählen,
Um unsre Schuld sind deren nie genug.
Und nie genug um seine Leiden,
Und nie genug um unsre Schuld,
Und wenn wir von einander scheiden,
So gebe Jesus mir die göttliche Geduld.
Geduld die heute wir verehren
Jn dir du heil'ge Martyrin!
Sankt Katharina, wir begehren
Führ' uns zu deinem, unserm Heiland hin.
[1820–1833]
Zweimal hab' ich dich gesehn,
Bei der einz'gen, die mir lebet,
Und es war, als käm' ein Wehn
Über Gräber hergeschwebet.
Eine Stille ist in dir,
Die beruhiget und schweiget,
Diese hat im Herzen mir
Fern und nahes Glück gezeiget.
Vor den Furien auf der Flucht
Hab' ich nach geweihten Orten,
Oft mit heißer Angst gesucht
Weinend vor verschloßnen Pforten,
Und so habe ich gelernt,
Liebe Herzen zu erschauen,
Wo die Quäler sich entfernt,
Konnt' ich wie ein Kind vertrauen.
Selten doch ist mir geschehn,
In die Freistatt einzudringen
Immer muß ich draußen stehn,
Wo sie ihre Geißeln schwingen.
Aber du, du bist recht gut,
Als ich bei dir eingetreten,
Hat in mir das Herz geruht,
Ja ich könnte bei dir beten.
Wenig Worte sprachen wir,
Doch hast du mich viel gelehret,
Denn ein Schweigen ist in dir,
Das man mit der Seele höret.
Was mich blühend einst berückt,
Was mich scheidend jetzt versöhnet,
Hast auch du ans Herz gedrückt,
Hat auch dir den Traum verschönet.
Abgemähet war das Feld,
Nach der Ernde gieng ich fragen,
Und mir ward da freigestellt
Meine Armut frei zu sagen.
Und so hör' dann ohne Arg:
Vor mir wird ein Kreuz getragen,
Unter Blumen in dem Sarg
Scheint mein Herz schier noch zu schlagen.
Hat die Ährenleserin
Nichts als Unkraut gleich gefunden,
Hat sie doch mit frommem Sinn
Diesen Erndekranz gewunden.
Keiner folgt, als sie allein,
Die gern mit dem Kreuze gehet,
Und sie wird auch bei mir sein,
Wenn's auf meinem Hügel stehet.
Wird es schmücken mit dem Kranz,
Den sie meinem armen Leben
Ohne Tugend, ohne Glanz
Auf den letzten Weg gegeben.
Wird auch beten bei dem Grab,
Wenn, den sie verlassen haben,
Den ihr Gott als Kranken gab,
Wenn den Toten sie begraben.
Als zur Kirche du wolltst gehen;
Bist du Braut zu uns gekommen,
Hast den Totenkranz gesehen,
Und der Tote rief: willkommen!
Willst du mir die Liebe tun,
Gieb mir ein paar Schritt Geleite
Leichter wird es mir, zu ruhn
Gehst du still an ihrer Seite.
Denk dabei an meinen Kranz,
Und an die, die ihn gewunden,
Wie von solchem Duft und Glanz
Keiner nie mehr wird gefunden.
Denk, daß dieser Rosen Glut
An den Wunden sich entzündet,
Deren übersinnlich Blut
Unsre Sünde überwindet.
Denk, die Maienglöckchen weiß
Perlen sind, die Sie gewonnen,
Als des Herren Todesschweiß
Auf ihr kindisch Herz geronnen.
Und die Astern Sterne sind,
Überm Haupt Ihr aufgegangen
Als das Kind zum Heilandskind
In der Krippe trug Verlangen.
Denk, hier die Vergißmeinnicht
Blicke sind, die fromm Sie hebet,
Wenn Sie zu dem Heiland spricht,
Der für uns am Kreuze schwebet.
Ja der Kranz der liebsten Braut,
Dürft' ein Sterbender ihn wählen,
Könnte nimmer so vertraut
Mit dem Leben ihn vermählen.
Blumen von so ew'gem Glanz
Wie sie meinen Sarg bekränzen
Schmückten keinen Hochzeitskranz
Seit der Welt, seit allen Lenzen.
Und so nenn' ich dich beglückt,
Weil du in umkränzten Tagen
Jenen Kranz ans Herz gedrückt,
Den ich bis ins Grab darf tragen.
Ewig lieb bleibt mir dein Bild,
Treu will ich's im Herzen hüten,
Weil du sprachst so leis und mild:
O wie glänzen diese Blüten!
Wohl ist dies ein andrer Glanz,
Als der Strahl im Frühlingsliede,
Als die Glut in Sommers Kranz,
Als der Schein in Herbstes Friede.
Alle hab' ich dir gezeigt,
Dich ergötzte all dies Funkeln,
Als die Sonne sich geneigt,
Schimmerte es süß im Dunkeln.
Aber dann, dann kam die Nacht,
Hat mir vieles zugedecket,
Bei mir hat der Traum gewacht,
Hat mir alles auferwecket.
Komm nur mit, kein Blättchen rauscht,
Still ist's auf den vielen Hügeln,
Regt sich einer wohl, und lauscht,
Ist's mit angstgebundnen Flügeln.
Sitze nieder! schweigend Bild,
Horcht nur zu, ihr armen Seelen,
Wie der Herr unendlich mild,
Hör', jetzt will ich's dir erzählen.
Glaube, den ich stolz verschwur,
Hoffnung, die ich schnöd zerrissen
Liebe, die ich nie erfuhr
Kehrten heim mit dem Gewissen.
Daß das heil'ge hohe Lied
Mir konnt Sinnentaumel scheinen,
Muß, der durch den Spiegel sieht,
Himmeltrunken ich beweinen.
Denn es schwand das Feuerband
Das die bunte Wehmut webte,
Als ich vor der Sonne stand
Und nach ird'schen Farben strebte.
Du auch hast dein sehnend Herz
In dies Abendrot getauchet,
Deine Wonne, deinen Schmerz
In dies tönend Wehn gehauchet.
Doch ich hab' in ihm gewohnt,
Wie ein Pfau ihm nachgeschrieen
Übers Grab den ernsten Mond
Ich wie einen Geist sah ziehen.
Ach, es war nicht Gott in mir,
Einem falschen Schmerz ergeben
Suchte ich mit wilder Gier
In dem Schein den Schatz zu heben.
Nicht die frommgestirnte Nacht
Zog mich auf zu heil'ger Ferne
Wo die Glut auf Schätzen lacht
Sucht' ich meine Schicksalssterne.
Doch die Schätze dieser Welt
Sind so arglistig bedinget
Daß mitsamt dem Schatz verfällt
Wer ihn mühsam auch erringet.
Glimmen sah ich's hier und dort,
In die Glut, den Schatz zu heben,
Warf ich manch ein Kleinod fort,
Immer muß ein Pfand man geben.
Heil'ge Pfänder trug ich viel,
Daß ich bar von ihnen werde
War allein des Feindes Ziel
Der die Schätze hat der Erde.
Und er ließ am Abgrund hin
Melusinenlippen lachen
Und Sirenentöne ziehn,
Eh' der Drache zeigt den Rachen.
Poesie, die Schminkerin
Nahm mir Glauben, Hoffen, Beten
Daß ich wehrlos worden bin,
Nackt zur Hölle hingetrieben.
Nur ein Schild blieb unbewußt
Mir noch aus der Unschuld Tagen
Heil'ge Kunst auf Stirn und Brust
Ein katholisch Kreuz zu schlagen.
Längst vergessen war dies Gut,
Und als Pfand mein Christenleben
Warf ich in die falsche Glut
Um den bösen Schatz zu heben.
Doch die Hölle stieß mich aus,
Denn dort wird kein Kreuz gelitten
Zwischen Licht und finsterm Graus
Schwebt' ich in der Wüste Mitten.
Wie in einem kalten Schacht
Hab' ich da gezagt, getrauert,
In die Säule eigner Nacht,
War ich Böser eingemauert.
Und als ringend ich erkannt
Wer ich sei und wer gewesen,
Ich den Mutterpfennig fand,
Kreuz! du kannst allein erlösen!
Aus der Nacht zur lichten Höh'
Ward das Kreuz, das ich geschlagen
Wie ein Lotos aus dem See
Liebesuchend aufgetragen.
Oben aber war ein Land
Und ein Kind, das Blumen pflückte,
Und mein Kreuz, das vor ihm stand
Pflückte und ans Herz dann drückte,
Gleich hat es mein Kreuz erkannt,
Flocht mir eine Dornenleiter,
Tief hinab mit frommer Hand,
Und ich stieg mit Schmerzen weiter.
Ermunterung zur Kinderliebe und zum Kindersinne
Wer ist ärmer als ein Kind?
An dem Scheideweg geboren,
Heut geblendet, morgen blind,
Ohne Führer geht's verloren;
Wer ist ärmer als ein Kind?
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Welch Geheimnis ist ein Kind?
Gott ist auch ein Kind gewesen;
Weil wir Gottes Kinder sind,
Kam ein Kind, uns zu erlösen.
Welch Geheimnis ist ein Kind?
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Die im Himmel, waren Kind,
Die auch, die der Fluch getroffen;
Ach! so such' ein Kind geschwind,
Lehr' es glauben, lieben, hoffen.
Die im Himmel, waren Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Welche Würde trägt ein Kind!
Sprach das Wort doch selbst die Worte:
»Die nicht wie die Kinder sind,
Gehn nicht ein zur Himmelspforte.«
Welche Würde trägt ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
O wie heilig ist ein Kind!
Nach dem Wort von Gottes Sohne
Aller Kinder Engel sind
Wachend vor des Vaters Throne.
O wie heilig ist ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Welch ein Bote ist ein Kind!
Denn das Wort, das es erquicket,
Bis zum Himmelsgarten rinnt,
Wo das Wort ward ausgeschicket,
Welch ein Bote ist ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Willst du segnen, lehr' ein Kind!
Aus dem Körnlein werden Ähren;
Wie dein Körnlein war gesinnt,
Wird einst eine Welt sich nähren.
Willst du segnen, lehr' ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
In der Krippe lag ein Kind!
Ochs und Esel es verehren.
Wo ich je ein Kindlein find',
Will ich's pflegen, lieben, lehren.
In der Krippe lag ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Zu mir sendet Gott das Kind,
Das nicht weiß, was tun, was lassen;
Wie ich gebend bin gesinnt,
Wird sein Herz die Gabe fassen.
Zu mir sendet Gott das Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Keine Blume kennt das Kind!
Giftige sind meistens bunter;
Wenn es Lust am Bunten findt,
Ißt's die Frucht und gehet unter.
Keine Blume kennt das Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
O was soll ein schwaches Kind!
Höll' und Himmel stehen offen;
Daß das Lamm dem Wolf entrinnt,
Hat es mich wohl angetroffen.
O was soll ein schwaches Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Wie so leicht lehrt sich ein Kind!
Ob zum Guten, ob zum Bösen,
Wie den Schlüssel es gewinnt,
Wird sich ihm das Rätsel lösen.
Wie so leicht lehrt sich ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Wie gar fleißig ist ein Kind!
So wie du es lehrest lesen,
In dem Buch, in dem wir sind,
Wird das Buch zu seinem Wesen.
Wie gar fleißig ist ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Wie gar folgsam ist ein Kind!
Daß es sich ein Krönlein winde,
Daß es selbst sich Ruten bind',
Lehrest du gewiß dem Kinde.
Wie gar folgsam ist ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Herr, wie lenk' ich dieses Kind!
An dem Faden meiner Hände
Geht es durch das Labyrinth,
Es wird wandeln wie ich's sende.
Herr, wie lenk' ich dieses Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Sei nicht bange um das Kind!
Laß es alles selbst verdienen.
Sei barmherzig, streng und lind,
Sei, wie Gott mit dir, mit ihnen.
Sei nicht bange um das Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
Werden muß ich wie ein Kind,
Wenn ich will zum Vater kommen;
Kinder, Kinder! kommt geschwind,
Ich will gern sein mitgenommen.
Ich muß werden wie ein Kind!
Wer dies einmal je empfunden,
Ist den Kindern durch das Jesukind verbunden!
An eine schöne Erscheinung am Dreikönigtag
Nicht allen war der Himmel gleich geneigt,
Und jeglichem ist andre Pflicht gegeben
Wie mancher betet an, indes die Lippe schweigt,
Der andere darf nur die Blicke heben,
Der König Gold der Weise Mirrhen reicht
Und Weihrauchwolken läßt der Melchior schweben,
Der Kinder Lallen und der Liebe Stammeln,
Des Sängers Lied muß sich zum Dienste sammlen.
Es hat der Herr sich eine Welt erbaut,
Er hat sie mit der Schönheit ausgeschmücket,
Er hat sie dem Gesetze anvertraut,
Sein Siegel auf des Menschen Stirn gedrücket,
O selig wer in solche Augen schaut,
Die solche Seligkeit der Welt entzücket,
Ihm ist der Herr, ihm ist das Reich erschienen
Er weiß, er weiß, wo's lieblich ist zu dienen.
Wie gütig ist der Herr, der überall,
Da wo ich bin, da will er mir erscheinen,
Und wo ich singe grüßet ihn der Widerhall
Und wo ich denke kann ich ihn nur meinen,
Ihn lob' ich lachend mit der Freude Schall
Ihn ehrt der Trauer stillbescheidnes Weinen,
Und was mich rührte, darf ich stolz auch singen,
Denn nur zu ihm erheben sich die Schwingen.
Mir ward ein Aug', was herrlich ist, zu sehen
Ein Herz ward mir, was würdig ist zu hegen,
Die Sonne will mir auf und untergehen,
Der Anmut geh' ich treu und fromm entgegen,
Vor dir du schöner Mensch mag gern ich stehn,
Dir, mir zu lieb nicht, nein nur Gottes Wegen.
Sei irdisch Himmel mir, und himmlisch Erde
Daß Freundesdienst ein Gottesdienst mir werde.
Wie man das Christkind beherbergen soll
Gespräch der Meisterin und Schülerin
Zur Meisterin sprach einst die Schülerin:
»Es ist Advent, Gott will sich uns bescheren
Als Menschenkind, gieb Rat, ich sinn' und sinn',
Weiß nicht, was tun, wollt' er bei mir einkehren.
Meisterin
Bau ihm ein Haus!
Schülerin
Ein Haus? ich armes Kind
Bring kaum ein Nest zustand für meine Taube,
Mein ganzes Werk blies um der erste Wind,
Als neulich ich gebaut die Bohnenlaube.
Meisterin
Ein ruhsam friedlich Herz sei dieses Haus
Von Mißgunst, Haß und Neid halt du es rein
All, was nicht Liebe ist, das fege aus,
Nur wo der Friede wohnt, kehrt Jesus ein.
Von äußern Dingen halt dies Haus fein still
Zieh keine fremden Händel vor Gericht,
Mag jeder tun und lassen, was er will,
Sorg du um das allein, was deine Pflicht,
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,
Doch welcher Raum im Haus kann würdig sein
Daß ihn des großen Gottes Sohn besucht?
Meisterin
Bau ihm allein ein fein Schlafkämmerlein.
Schülerin
Ein Kämmerlein? wie bring' ich das zustand?
Käm' er zu mir, ich schmückte meine Zelle,
Mit Blumen, stellte alles ihm zur Hand,
Und harrte seiner Winke auf der Schwelle.
Doch geht's wohl kaum, denn wird mein Herz sein Haus,
Wird die Herzkammer auch wohl seine Kammer
Da fürcht' ich nur, er hält's darin nicht aus,
Wie soll er schlafen, immer pocht der Hammer.
Meisterin
Schlafkammer soll die innigste Begier
Nach deinem Gott in deinem Herzen sein
Des Herzens innig Sehnen baut in dir
Wie in Maria Jesu Kämmerlein.
Aus diesem Kämmerlein zur höchsten Zierde
Treib alles, was nicht Gottes ist, hinaus
Nicht Erd' noch Himmel sättigt die Begierde
Nur Gott allein füllt deine Sehnsucht aus.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht
An inniger Begier nach ihm fehlt's nicht,
Ich fürchte nur, wenn er mich nicht besucht,
Daß aus Begier das kranke Herz mir bricht.
Was aber tu ich, daß in der Begier
Die selbst nie ruht das Kindlein ruhend liege
Es bebt das Haus und auch die Kammer schier,
Wo find' dem Kind ich eine sanfte Wiege?
Meisterin
Gehorsam, reines Gold, vor allen Dingen
Fügsam zum Bau der Wiege sich gebührt,
Die willig sich läßt hin und wider schwingen,
Wie sie die Hand, wie sie der Fuß berührt.
So soll dein Wille dem Gebot sich neigen
Ohn' alle Ausred und Entschuldigung,
Dann weint das Kindlein nicht, mit süßem Schweigen
Ruht's sanft in deines Herzens Huldigung.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht
Die heil'ge Obedienz baut mir die Wiege
Doch wer ist's, der mir Stroh zusammen sucht
Damit das Kind nicht auf den Brettern liege.
Meisterin
Demütigung, die aller Tugend Grund,
Demut vor Gott und Menschen hingegeben,
Macht auf dem eignen Feld dir einen Bund
Von Stroh, so schwer, daß du ihn kaum kannst heben.
Regt Hoffart sich, leg' ihr die Fragen vor
Wie viele Tag' in Sünd' hab' ich vergeudet,
Wie edle Zeit in Eitelm ich verlor
Wieviel durch Ärgernis hab' ich verleitet?
Hätt' Gott mit seiner Gnad' mich nicht gestützt,
Gelegenheit der Sünde nicht genommen,
Nicht sorgsamer als andre mich geschützt.
Wie wär' ich dann der Todesschuld entkommen?
Wie leb' ich jetzt, erfüll' ich das Gebot,
Das Gott auf Stein und in mein Herz geschrieben,
Forsch' ich auch redlich, was dem Christen Not,
Und üb' ich's treu im Glauben, Hoffen, Lieben?
Herr! nähmest deine Gnade du von mir,
Ließ'st meinen Sinnen frei mich hingegeben
O welche Schuldenlast erwüchs' mir hier
Und welche Strafe in dem ew'gen Leben?
Prüft dich, mein Kind, die liebe Demut so,
Wirst du auf deinem Acker bald erkennen
Wie wenig Weizen und wie vieles Stroh,
Leg's in die Wiege, eh man's wird verbrennen.
Schülerin
Weh Stroh und Stroh! wer doch vor Feurgefahr
Sein bißchen Habe schon gesichert hätte,
O heiliger Sankt Florian bewahr!
Doch rat mir Meisterin nun auch zum Bette.
Meisterin
Das Bettlein sei vollkommene Geduld;
In äußerer und innerer Bedrängnis
Bedenke deine überflüss'ge Schuld
Und preise Gottes strafendes Verhängnis.
Trag alles Leid ergeben und geduldig,
Mehr wirst du leiden nie, als du verdienet,
Mach du ein Bettlein draus dem Kind unschuldig
Es kömmt vom Himmel, daß es dich versühnet.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht
Daß ein weich Bettchen komme in die Wiege;
Doch wo? wenn's Kindlein nach dem Kissen sucht,
Nehm' ich es her, daß sanft sein Häuptlein liege.
Meisterin
Das Kissen wird die liebe Sanftmut sein,
Niemand betrübe, ärgre, oder störe
Zu allem sprich begütigend allein,
Unmut'ger Laune niemals Raum gewähre.
Zürn' nicht dem Hündlein, wenn's am Tische kratzt
Und nicht dem Bettler, wenn er nicht transchierlich
Zerlegt die Vöglein und beim Essen schmatzt,
Ja was du reichst so zierlich, ißt beschmierlich.
In Worten Werken und Geberden dein
Herrsch' Friede, Stille, ruhiges Gewissen,
Hüll' in Ehrwürdigkeit die Sanftmut ein
Dann füllst dem Kindlein du ein sanftes Kissen.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,
Wie aber soll das Leintuch ich bereiten,
Das übers Bettlein ich nach Sitt' und Zucht
Dem lieben Kindlein reinlich aus muß breiten.
Meisterin
Das Leintuch ist ein Dasein keusch und rein,
Das unter dem Gebet wird fein gesponnen,
Und gleich gewebet unter mancher Pein,
Dann ausgespannt beim Kreuze in der Sonnen.
Und zwischen Lilien wird's bei Tag und Nacht
Im Taue frommer Tränen weiß gebleichet
Und vom Gewissen sorgsamlich bewacht,
Bis es den Lilien an Farbe gleichet.
Schülerin
Mit Gott und seinem Engel sei's versucht,
Mit reinen Füßen zu dem Ziel zu wallen,
Daß Cäsar sterbend sinkend noch mit Zucht
Sein Kleid geordnet hat mir stäts gefallen.
Ich spinne, webe, Gott geb' Sonnenschein
Herr ich bitt' gar schön, wenn ich's Tuch ausstrecke,
Daß ich's mit Tränen bleiche lilienrein.
Doch breit' ich's über, fehlt mir noch die Decke.
Meisterin
Die Decke sei auf die Barmherzigkeit
Und Güte Gottes Hoffen und Vertrauen.
Daß die bereute Schuld dir Gott verzeiht
Die du bekennt hast, darauf mußt du bauen.
Vertrau' auf den barmherz'gen Gott allein,
Bringst du gleich Buß' und gutes Werk entgegen,
Wird doch Barmherzigkeit dir nur verzeihn.
Dem Hoffen, Glauben wird der Liebe Segen.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht,
Ich hoff' und glaub', wenn ich mit Liebe decke
Gottes Barmherzigkeit, die mich besucht,
Daß diese auch sich nach der Decke strecke.
Du lehrtest mich, wie ehrsam und bequem
Der Wiege Innres ich mit Bettwerk fülle,
Lehr' mich vom Äußern auch, woher ich nehm'
Das Wiegenband, den Bogen und die Hülle.
Meisterin
Die heiße Lieb' zu deinem Gott und Herrn
Wird dir ein Wiegenband gar köstlich weben
Von diesem Band gewiegt wird Jesus gern
Dem Herzen, das ihn sucht, entgegenschweben.
Der hohe Fürst fühlt mit der Liebe Band,
Sich in der Wiege gern von dir umschlungen,
Das ihn um dich so eng am Kreuz umwand
Bis ihm aus Lieb' sein heil'ges Herz zersprungen.
Als Bogen richt' die gute Meinung auf
Daß nur zu Gottes Lob und größrer Ehre
Als seinem Ziel dein Tun und Lassen lauf'
Und weder hier noch dort nach Lohn begehre.
Des edlen Königs Augen ruhen gern
Auf diesem Bogen, fest und gleich geründet,
Denn von den Werken gilt vor Gott dem Herrn
Die Meinung nur, auf die sie sind gegründet.
Das Tuch, das schattend hüllt den Bogen ein,
Bereitet dir ein fromm verstandnes Schweigen,
Sprich nie, was nicht zu Gottes Ehr' allein
Noch zu dem Heil des Nächsten kann gereichen.
So um den hohen Gast durch Schweigen sei
Ein friedlich schirmend Schlummerzelt geschlagen;
Vergeblich Wort, unnütze Schwätzerei
Zerreißt das Zelt, daß Licht und Fliegen plagen.
Dann brauchest du auch frommer Mägde drei
Bei Tag und Nacht des hohen Kinds zu pflegen,
Ein Wink, ein Seufzer schon ruft sie herbei,
Flink eilen seinen Wünschen sie entgegen.
Schülerin
Jetzt, liebe Meisterin, gib mir Bescheid
Wo ich drei solche fromme Mägde finde
Du selbst ja klagtest früher allezeit
Es sei jetzt solche Not um das Gesinde.
Meisterin
Die erste Magd soll die Erinnrung sein
Memoria ist stäts bei Tag und Nacht
Wie sie das Haus des Königs halte rein
Und auf sein Lob und seine Ehr' bedacht.
In ihrem Garten wächst Vergißmeinnicht,
Was sie bemerkt, verschiebt sie nicht auf morgen,
Gleich bei der wohlgeschürten Lampe Licht
Trägt sie's der zweiten Magd auf, zu besorgen.
Prudentia, Vernunft, Vorsichtigkeit
Heißt diese und ist Schaffnerin im Haus,
Sie ordnet, schafft und teilt zu seiner Zeit
Ein jed Geschäft dem dritten Mägdlein aus.
Vom Maulbeerbaum nimmt sie ein Beispiel gut,
Der bis zur warmen Zeit ohn' Blätter bleibet,
Und auch vom Hirsch, der wiederkauend ruht,
Bis ihn die Not zu schnellem Laufe treibet.
Die Schaffnerin befiehlt der dritten Magd,
Voluntas heißt sie, ist ganz guter Wille,
Und führet, was Prudentia ihr sagt
Flink und gehorsam aus in aller Stille.
Ein kluges Hündlein mit gerecktem Ohr
Blickt eifriger nicht auf des Meisters Winke
Als zu Prudentia, Voluntas blickt empor,
Und alles tut sie gleich, die treue, flinke.
Sie wacht und bringt herzu und treibet auf
Bewahrt, was da, und findet, was verloren,
Sie dienet ruhend und in schnellem Lauf
Und murret nicht auch noch so scharf geschoren.
So wohl bedienet wird der hohe Gast
In deinem Herzen wie im Himmel wohnen
Und wie jungfräulich du geliebt ihn hast
Dich wie ein König seine Braut belohnen.
Gott in der Höhe sei nun Lob und Preis
Und auf der Erde allen Menschen Friede
Die guten Willens sind, das singe leis
Dem lieben Kinde du als Wiegenliede.
Schülerin
Mit Gott und meinem Engel sei's versucht
Und wird das Ganze auch nicht würdig sein,
Daß mich das liebe Himmelskind besucht,
Bitt' ich Sankt Joseph um sein Eselein.
Antonius zur Predig
Die Kirche findt ledig
Er geht zu den Flüssen
Und predigt den Fischen
Sie schlagen mit den Schwänzen
Im Sonnenschein glänzen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Die Karpfen und Rochen
Sind all hergezogen
Haben's Maul aufgerissen
Er sprach ins Gewissen
Kein Predig niemalen
Den Karpfen so gefallen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Spitzgoschete Hechte
Die stets im Gefechte,
Sind schnell angeschwommen,
Zu hören den Frommen
Kein Predig niemalen
Den Hechten so gefallen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Auch jene Phantasten
Die immer beim Fasten
Die Stockfisch, ich meine,
Zur Predig erscheinen.
Kein Predig niemalen
Dem Stockfisch so gefallen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum.
habitare pisas
Pisces in unum.
Fette Aalen und Hausen,
Die Vornehme schmausen,
Sich selbsten bequemen
Die Predig vernehmen
Kein Predig niemalen
Den Aalen so gefallen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Auch Krebse, Schildkroten,
Sonst langsame Boten
Stehn auf aus dem Grunde,
Zu Gehör diesem Munde
Kein Predig niemalen
Den Aalen so gefallen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Fisch große, Fisch kleine,
Von Stand und gemeine
Erheben die Köpfe
Wie verständ'ge Geschöpfe
Auf Gottes Begehren
Antonium anhören.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Die Predig geendet,
Ein jeder sich wendet,
Die Hechte bleiben Diebe,
Die Aale viel lieben
Die Predig hat gefallen,
Sie bleiben gleich allen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Die Krebs gehn zurückn
Die Stockfisch bleiben dickn
Die Karpfen viel fressen,
Die Predig vergessen
Die Predig hat gefallen
Sie bleiben gleich allen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
So geht's doch nicht draußen
In Holtwicks Kartausen,
Frosch, Fisch, Magd, Mamselle
In Teich und Kapelle
Ochs, Esel, was sein ist,
Zum Hören gar fein ist.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Geduld'ge Mariennen
Still brennen, still flennen,
Wie sanfte Landregen
Bewegen sie Segen
Unter Regenbogbrücken
Von sonnigten Blicken.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Gar sanfte Lutgarden
Beim häuslichen Garten,
Sehn Kirchlein erbauen
Auf frommes Vertrauen
Man folgt aufs Gewissen
Antonii Rissen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Auch ems'ge Lisetten
Aus Betten zur Metten
Gleich sorgenden Marthen
Antonio aufwarten
Und wissen ohn' Klagen
Das Kopfweh zu tragen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Gesetzte Aplonen
Ganz klösterlich wohnen,
Bild, Kranz, Tabernakel,
Ohn' weltlich Spektakel
Sind Resonanzboden
Von geistlichen Oden.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Und schmunzelnde Trükse
Wie Samsonis Füchse
Mit Scherzen in Ehren
Die Saaten verheeren
Philistrischer Sorgen
Von heute und morgen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Erwachsne Katrinen
Mit altklugen Mienen
Zerstören die Kästchen
Des Heidentums Restchen
Und schreiben nicht schiefe
Gradlinichte Briefe.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Scharmante Ferdinande
Verstehn sich am Rande
Und wünschen manch Haarbreit
Zu teilen die Arbeit
Gebrochen ist's Eisen,
Nun geht es ans Schweißen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Gar zarte Bernharde,
In Sorgen bewahrte,
Schon tappen auf Pfade
Von Tapet und Schoklade,
Antonius Papa o!
Trug braune wie Kakao.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Verlorne Melchioren
Sind wieder geboren,
Zerbrechen den Degen
Und sprechen den Segen.
Was irgend verschwindet
Antonius bald findet.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Eleven, Josephen
Auf geistlichen Hefen
Träumt's von dem Weinhandel
Und christlichem Wandel,
Dazu macht kapabel
Die Weinbergsparabel.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Antonium als Sieger,
Preist vieles Geschwieger,
Gesohns und Getöchter
Geflenne und Gelächter
Den Pott lobt der Henkel
Antonium der Enkel.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Mimien und Dinen
Aloise erschienen
Und Hanse von Bostel
Beim Holtwicks Apostel
Und bringen als Jünger
Ihm Singer und Springer.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Und wär' auch zur Predig
Sein Haus einmal ledig,
So wird er ein Tröster
Für mancherlei Beester.
In Luft Wasser Erde
Folgt ihm seine Herde.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Im Teich Prozessionen
Von Dickköpf' Millionen
So lang wie Kaldaunen
Die Predig anstaunen
Selbst weiße Steingötter
Hören pred'gen vom Wetter.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Standmäßige Karpen
Den Martertod starben,
Im Weiher fünf Schleien
Dem Schleier sich weihen,
Es denken selbst Barse
Die Predigt schön war se.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Fisolen, Blumkohlen
Melkatonen, Melonen
Rüb', Spargel und Rettich,
Erwachsen zur Predig
Und lassen indessen
Von Antonius sich essen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Und Äpfel und Birnen
Rotbacken, Goldstirnen,
Samtwangigte Pfirschen
Mundfüllende Kirschen
Trotz Mücken, trotz Raupen
Sie hören und glauben.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Wiedhopf und Kuckucken
Mit schönen Perucken
Und Nacht'gall sind Kanter,
Man kann's nicht scharmanter,
Goldamsel und Bülow
Ruft laut vor Gefühl O!
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Von vornen und hinden
Die Dornen, die Linden
Die Lauben, die Hecken
Antonium bedecken
Und Kuppel und Tempel
Statuieren Exempel.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Von allen Zuhörern
Hochschätzern, Verehrern,
Pflanz, Fisch, Vogel, Tieren,
Am meist profitieren
Besonders die Salmen
Die schwingen die Palmen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Den Salmen vor allen
Die Predig muß gefallen,
Weil ihre Vorfahren
Auf Golgotha waren,
Antonius ohn' Klagen
Sein Kreuz tät nachtragen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Was drunten, was droben,
Antonium muß loben,
Was hüben, was drüben,
Antonium muß lieben.
Denn wer was verloren,
Dem leiht er die Ohren.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Und wer ihn recht lieb hat,
Der rufet ihm bibat,
Und wer's Maul nicht schief hat,
Der rufet ihm vivat.
Cantamus, bibamus,
Vivamus, amamus.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
bonum et jucundum
auscultare pisces
Pisces Antonium ––
Nur einer der Hörer
Macht öfters den Störer,
Er hilft sich mit Lieben
Und hat dies geschrieben,
Mit Quellenaufsuchen
Im Speckpannekuchen.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Es scheint ihm nicht nötig
Noch mehr aus der Predig
Vor euch hier zu schwätzen,
Man muß einmal nätzen.
Trinkt Menschen, trinkt Fische
Im Teich und am Tische.
Ecce quam bonum
bonum et jucundum
habitare pisas
Pisces in unum.
Nimm hin den Faden durch das Labyrinth,
Das schrecklicher als jenes alte ist,
In dessen ausweglosem Pfadgewind'
Ein scheußlich Ungeheur den Wandrer frißt,
Denn hier mein Freund! schreckt dich kein greulich Tier,
Hier trägt der Drache menschliche Gestalt;
Hier ist die Schlange Weib, der Teufel Kavalier;
Hier tut dir Glanz und Tanz und Farb' und Duft Gewalt,
Hier ist die Sitte Kuppler, Freundschaft Seelverkäufer;
Die Treu' Falschmünzer und die Unschuld Werber;
Der Busenfreund Spion, die Ehre Überläufer;
Die Lilie trägt am Hut hier der Verderber,
Mit Rosen deckt sich hier schamlose Schande,
Von Veilchen duftet hier die feile Pest.
Der sichre Weg streift hier am Höllenrande
Und überm Abgrund schwebet hier der Tugend Nest.
Du wagst dich hin! Gott stärke dich zum Helden
Und mach für Sünd' dich taub und blind und lahm;
Auf daß dies Blatt er möge Lügen schelten,
Wenn besser er hinwegzieht als er kam.
Ich nahm das Kreuz und zog durchs Labyrinth,
Das wie ein Garten voll von Dornen war,
Drin saß das Mitleid, ein verschleiert Kind,
Und weihte sich als Opfer am Altar,
Erhob sich in jungfräulicher Gestalt,
Und war ein Engel und der Satan bebte,
Denn Huld und Treu und Fleiß tat ihm Gewalt,
Wo die geweihte Jungfrau helfend schwebte.
Den Kreuzweg baute sie am Höllenrande,
Trug dornbekränzt ihr Kreuz dem Herren nach,
Die Rose lehrt erröten da die Schande,
Der Lilie Reinheit teilte Sünderschmach;
Da ward die Sitte Keuschheit, Freundschaft Jesusliebe,
Die Treue Christentum, die Anmut Himmelswerber,
Der Glaube Werk, Pflichtweihe ward zum Triebe,
Die Hand der Einfalt pfleget den Verderber,
Und führt Verzweiflung in die Kinderlehre,
Der Unschuld Tränen heilten feile Pest;
Um Jesu Kreuz und Schmach war ihre Ehre,
In seiner Seite war der Taube Nest.
Ihr sah ich zu und nicht den Tageshelden,
Für deren Glorie ward ich taub und blind und lahm,
Und konnte Freundes Drohung Lügen schelten,
Weil besser ich hinweggieng, als ich kam.
Am St. Niklastag. 1826
Sieh ich bin eine Magd des Herrn
Das ist der Umfang und der Kern
Der Jungfraunbildung nah und fern
Die nur von Jesu Mutter lern'!
Die recht Sophia, Weisheit heißt,
Die lernt' es auch vom heil'gen Geist
Spes, Fides, Caritas, das sind
Glaub', Hoffnung, Lieb', der Weisheit Kind,
Die kannten Umfang auch und Kern
Der Jungfraunschule nah und fern
Im: Sieh, ich bin die Magd des Herrn
Und starben für den Glauben gern.
Was du davon nicht weißt, das lern',
Und bitte um den heil'gen Geist,
Und tu, was dich die Mutter heißt,
Und was der Vater haben will,
Ganz unverdrossen, freudig, still,
Der Mutter, die das Haus bestellt,
Dem Vater, der dich nährt und hält,
Der Mutter, die die Kirche heißt,
Dem Vater, Sohn und heil'gen Geist,
Dem ein und andern folge mild,
Denn eines ist des andern Bild.
Wie Flachs, so den verwirrten Sinn
Recht klopfe, breche, hechle, spinn'
Zu einem Faden klar und fein,
Dann wird's ein Tuch hübsch glatt und rein,
Fürs Krippen- oder Wiegenkind
So wie der Herr es tauglich findt.
Putz' den Salat, belese rein
Erbs', Lins', und Reis von Staub und Stein
Das bringt's Gewissen noch so weit,
Als Putz und als Belesenheit.
Das Fleisch wasch', beiz' und mürb es klopf'
Und schieb's zum Feuer und deck' den Topf,
Dämpf', sied's und brat's, wirf weg den Schaum,
Und denk an Zügel und an Zaum
Den Tisch deck' immer ganz komplett,
Die Nadel an der Serviett'
Vergesse nicht, und halt dich nett
Von Suppen und von Bratenfett.
Denk daß das ein' das andre sei,
Und sei nur erst im Kleinen treu,
Wenn dir's nicht mehr vor Kleinem graut,
Wird dir das Größre auch vertraut.
Küß, drück' nicht viel den lieben Mier,
Der Mensch ist ein kurioses Tier,
Ein Maulekuß auch noch so rein
Küßt Übels mehr als Guts hinein.
Am Freitag fehl' nicht im Verein,
Denk: Jesus litt heut ganz allein,
Ich sitz' mit lust'gen Kindern warm
Und nähe, daß sich Gott erbarm'!
Das Schlachten mut't dir niemand zu,
Drum nie den Hahn hilf schlachten du,
Der früh die Magd herausgekräht,
Wie's in der alten Fabel steht.
Laß schlafen jene faule Magd,
Nach der Sankt Niklas gar nichts fragt,
Steh auf und grüß' den Morgenstern,
Sprich: sieh, ich bin die Magd des Herrn!
Und sei zur Kirche schnell bereit,
Denk nicht, es ist noch lange Zeit,
Denn, wenn man erst zusammenläut't,
Dann kömmt Gericht und Ewigkeit.
Und will der Kopf sich wie ein Pfau
Ausspreizen, auf die Füß' nur schau,
Und wollen die stolzieren gehn,
Dann darfst du auf ein Kreuz nur sehn,
Wie da die Schuld, die Lust, der Stolz
Gegeißelt an ein schmählich Holz
Die Unschuld angenagelt hat,
Denk: ich gehör' an seine Statt.
So denk und sei die Magd des Herrn,
Sankt Niklas hat die Mägdlein gern
Er warf dem Vater Geld ins Haus,
Der steuerte drei Bräute aus.
Näh', koch', back', bet', lieb', hoff', und glaub',
Bringt hier und jenseits unter die Haub'!
So werde die Emilia
Ein Vorbild für Othilia,
Und inter spinas Lilia
Und alia similia.
[Aus: Die sonntäglichen Evangelien]
Am ersten Sonntage des Advents
Luk. 21, 25
Wie der Sommer folgt der Blüte,
Folgt den Zeichen das Gericht,
Spricht ermahnend heut in Güte,
Der dann strenges Urteil spricht.
Merk! der Heiland nennt die Zeichen,
Die vor dem Gericht ergehn,
Daß geheilet, ohn' Erbleichen
Wir den Richter kommen sehn.
Wie dein Urteil fällt, so fall' es,
Herr! nur deine Gnade gieb,
Daß ich Gott stets über alles,
Wie mich selbst den Nächsten lieb'.
Meine Schuld will ich bereuen,
Stark durchs heil'ge Sakrament,
Dann mich meines Richters freuen,
Der die Seinen selig nennt.
Am ersten Sonntage nach Epiphanie
Luk. 2, 42
Jesu Worte lehren, heilen,
Teilen Licht und Leben aus;
O, wie selig ist's, zu weilen
Bei ihm in des Vaters Haus.
Als sie suchten nach dem Kinde,
War im Tempel Jesus Christ.
»Nur in dem ich mich befinde,«
Spricht er, »was des Vaters ist.«
Und so weiß ich, wo ihn finden,
Wo mit ihm des Vaters sein,
Den Verlornen auch, aus Sünden
Führt er rein zur Kirche ein.
Am dritten Sonntage nach Epiphanie
Matth. 8, 1
Steig, o Herr, vom Berg hernieder,
Streck die Hand aus, mach mich rein.
Herr! ich glaub', heil' meine Glieder,
Laß des Hauptmanns Knecht mich sein.
Dein nicht würdig ist die Decke
Meines Hauses, ist zu schlecht,
Sprich ein Wort nur, und erwecke
Zur Gesundheit deinen Knecht.
»Nach dem Glauben dir geschehe!« –
Glauben, den Er selten fand, –
Herr, den Glauben mir erhöhe,
Stoß mich nicht ins finstre Land!
Am dritten Sonntage nach Ostern
Joh. 16, 16
»Nicht mehr, und dann wiedersehen
Sollt ihr mich, nach kleiner Zeit,
Denn ich muß zum Vater gehen.«
Keiner wußt', was dies bedeut'.
Und er sprach: »Ihr werdet weinen,
Doch die Welt wird sich erfreun,
Aber Freude wird erscheinen
Den betrübten Freunden mein.
Wenn die Stunde ist gekommen,
Trauert die Gebärerin;
Aber ist das Kind gewonnen,
Füllet Freude ihren Sinn.
Jetzt seid traurig, jetzt in Zähren,
Doch ich werd' euch wiedersehn,
Dann wird Freude zu euch kehren,
Nimmer wieder von euch gehn.«
Wie hat uns der Herr geliebet,
Wie bereitet er uns vor!
Selig trauert, wen betrübet,
Daß den Heiland er verlor.
Denn nach Reue und Bekennen
Kehrt er liebvoll uns zurück;
O, sich nimmer von ihm trennen,
Wär' das allerhöchste Glück!
Am heiligen Pfingstfeste
Joh. 14, 23
Wer mich liebt, wird mein Wort halten;
Weil mein Wort ist Vaters Wort,
Wird des Vaters Liebe walten
Bei dem Liebenden hinfort.
Und mit ihm ich bei euch wohne;
Doch den Tröstenden, den Geist,
Schickt im Namen er vom Sohne,
Daß er euch Erkenntnis weist.
Scheidend geb' ich euch den Frieden!
Frieden, den die Welt nicht gibt;
Freut euch, wenn ich hingeschieden
Zu dem Vater, der mich liebt!
Wenig red' ich mehr und gehe,
Denn jetzt kömmt der Fürst der Welt,
Hat an mir nichts. Es geschehe!
Weil dem Vater es gefällt.
Am vierzehnten Sonntage nach Pfingsten
Matth. 6, 24
Niemand kann zwei Herren dienen,
Gleich der eine uns mißfällt,
Wenn der andre lieb erschienen;
Wer Gott dient, dient nicht dem Geld.
Sorg' nicht, wer wird Speise geben,
Wer hält mir ein Kleid bereit?
Mehr als Speise ja ist Leben,
Mehr als Kleid ja ist der Leib.
Sieh, des Himmels Vöglein säen,
Ernten nicht, Gott sie ernährt,
Wird auf eure Not auch sehen,
Ihr seid mehr als sie ja wert.
Wer mit allem Sorgen, Sinnen
Wächst auch eine Elle nur?
Seht die Lilien, die nicht spinnen,
Die nicht weben, auf der Flur.
Salomo, voll Herrlichkeiten,
Trug kein Kleid von solcher Zier,
Speis' und Kleid ist Sorg' der Heiden,
Mehr seid ja als Blumen ihr.
Das Bedürfnis von euch allen
Kennt der Vater. Gottes Reich
Suchet erst, und sein Gefallen
Gibt euch all das andre gleich.
Am fünfzehnten Sonntage nach Pfingsten
Luk. 7, 11
Einer Witwe einz'gen Segen,
Eines Jünglings Leiche trug
Man vor Naim dem Herrn entgegen,
Vieles Volk ging mit dem Zug.
Von der Mutter Leid beweget,
»Weine nicht,« der Heiland spricht,
An den Sarg die Hand er leget,
Und der Zug ging weiter nicht.
Und er sprach zum Jüngling nieder:
»Stehe auf!« und aufrecht schon
Sitzt und spricht der Tote, wieder
Gibt der Mutter er den Sohn.
Alle Furcht vor Gott empfanden,
Alle priesen Gott mit Zucht:
»Ein Prophet ist uns erstanden,
Gott sein Volk hat heimgesucht!«
Am sechzehnten Sonntage nach Pfingsten
Luk. 14, 1
Bei dem Haupt der Pharisäer
Ging der Herr zum Sabbatsmahl,
Und rings lauerten die Späher
Auf sein Tun in großer Zahl.
Einen wassersuchtbeschwerten
Mann sie vor ihm wandeln sahn;
Da sprach er die Schriftgelehrten
Und die Pharisäer an:
»Saget mir, ist auch zu heilen
An dem Sabbat wohl erlaubt?«
Keiner sprach – und ohn' Verweilen
Heilet er den Mann, der glaubt.
»Wer steigt nicht zum Brunnen nieder,
Fiel ein Haustier ihm hinab,
Rettet's nicht am Sabbat wieder?«
Fragt er; keiner Antwort gab.
Es hat Jesus bei dem Feste
Hier ein Gleichnis auch erzählt
Zum Gehöre mancher Gäste,
Die den obern Platz erwählt.
Nie beim Fest den Vorsitz nehme,
Daß nicht, kömmt ein Größrer jetzt,
Dich der Wirt vor ihm beschäme,
Sprechend: »Weiche, sitz zuletzt!«
Setz dich unten an und höre:
»Rücke Freund hinauf!« vom Wirt.
Was vor allen dir mehr Ehre
Als der Vorsitz geben wird.
Denn die jetzt sich selbst erhöhen
Werden einst erniedriget;
Den wird man erhöhet sehen,
Der sich selbst demütiget.
Am dreiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Matthäus 9, 18
Sieh! Jairus naht gequälet,
Beuget vor dem Herrn sein Knie:
»Meine Tochter, jetzt entseelet,
Lebt, legst du die Hand auf sie.«
Jesus folgt; der Glaube führte
Her ein schamhaft krankes Weib.
Wenn ich seinen Saum berührte,
Glaubt sie, dann genest mein Leib.
Sie berührt ihn, – er sich wendet:
»Tochter, habe Trost, zur Stund'
Half dein Glaube dir.« Geendet
War ihr Weh, sie war gesund.
Zu den Pfeifern, dem Gedränge,
Sagt er: »Weicht vom Sterbehaus,
Denn sie schläft nur.« Und die Menge
Lachte unsern Herrn da aus.
Als das Volk hinweggegangen,
Ging er ein, nahm bei der Hand
Die Verstorbne, Heil empfangen
Hat sie, die da auferstand.
Und verkündet ward das Wunder:
»Heil macht seines Mantels Saum!«
Herr, mach unsern Glauben munter!
Glauben macht den Tod zum Traum.
Am vierundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten
Matthäus 24, 15
Wenn nach Daniel sich hebet
Fluch und Greul an heil'gem Ort,
Wer dann in Judäa lebet
Fliehe auf die Berge fort!
Keiner steig' vom Dache nieder
Etwas holen in dem Haus;
Keiner kehr' vom Felde wieder,
Um sein Kleid etwa, nach Haus.
Weh der Schwangern, und der Kinder
Säugenden, dann schweres Weh!
Fleht, daß nicht die Flucht im Winter
Und am Sabbat nicht gescheh'.
Solche Not war nie ersehen
Von dem Anfang bis zur Zeit,
Wird nicht wieder auch ergehen
Bis zum Ende aller Zeit.
Niemand würde selig werden,
Würde nicht verkürzt die Pein,
Um die Auserwählten werden
Doch verkürzt die Tage sein.
Glaubt dann nicht, sollt' einer reden:
»Hier ist Christus, dort ist er!«
Falsche Christus, Trugpropheten
Ziehn mit Wundern dann umher.
Heißt es: »In der Wüste gehet
Christus dort!« Geht nicht hinaus.
Heißt's: »Im innern Haus ihn sehet!«
Gehet nicht nach ihm ins Haus.
Denn wie Blitz vom Aufgang helle
Leuchtend fährt von Gottes Thron
In des Niederganges Schwelle,
So kömmt einst der Menschensohn.
Wo der Leib sein wird, da wieder
Sammelt sich der Adler Schar:
Zu dem Haupte kommt ihr Glieder,
Stellt mit ihm die Kirche dar.
Nach der Notzeit bald erdunkeln
Sonnenschein und Mondenlicht,
Sterne fallen, die jetzt funkeln;
Himmelskraft erschüttert bricht.
Nur des Menschensohnes Zeichen
Wird am Himmel leuchtend stehn,
Und der Erdgeschlechter Schweigen
Laut in Wehklang übergehn;
Denn sie sehen, groß und mächtig
Kommet nun der Menschensohn
Ganz in Herrlichkeit und prächtig
Auf der Himmelswolken Thron.
Seine Engel wird er senden,
Sammelnd mit Posaunenschall
Von Weltenden zu Weltenden
Seine Auserwählten all.
Zweig und Blatt vom Baum der Feigen
Lehrt euch, wann der Sommer nah;
Seht ihr nun einst diese Zeichen,
Ist des Herren Tag auch da.
Dies Geschlecht wird nicht vergehen,
Wahrlich! bis dies wird geschehn;
Erd' und Himmel wird vergehen,
Doch mein Wort wird ewig stehn.
Der Erlöser nennt die Zeichen,
Die voran dem Richter gehn,
Daß erlöset, ohn' Erbleichen,
Wir den Richter kommen sehn.
Liebster Hirte, denkst du nicht
An die teure Liebespflicht?
Hast du doch mit tausend Wunden
Meiner Seele dich verbunden!
Weißt du wohl, daß deine Pein
Uns Erlösung sollte sein?
Und wie muß ich denn auf Erden
Noch so lang geprüfet werden!
Bin ich dir als eine Braut
Durch den Ring schon angetraut,
Warum läßt du meine Seele
In des Leibes Trauerhöhle?
Uns zu Lieb' hast du gestritten,
Uns zu Lieb' den Tod erlitten;
Dich seh' ich in jedem Armen,
Und das mehret mein Erbarmen.
Wenn ich diese Wunden pflege
Und den Balsam in sie lege,
Seh' ich deine Wunden glühn,
Die wie Rosen mir erblühn.
Ihr wart bei der Heinefetter,
Uns traf hier das Donnerwetter,
Und wir schrieben auf die Bretter:
Haltet hoch ihr guten Götter,
So wie wir in Herz und Sinn,
Willemer und die Willemerin,
Deren Weine hier aus Römern
Der Brentano trank mit Böhmern.
Weil hier trank der Herr von Goethe,
Warn wir beide auch nicht blöde,
Fragt nur bei der Abendröte!
An Frau Marianne von Willemer 1827
(Auf der Gerbermühle bei Frankfurt)
1.
Du nötigst mich, ich soll nur schreiben;
Was weiß ich denn, das nicht ein jeder weiß,
Nicht jeder sucht von Stirn und Blatt zu reiben?
Denn alles, was wir wissen macht uns heiß.
Selbst dieser Pappeln kühle Säulenhallen
Auf goldnem Abendgrund des Domes Blau,
Der Spiegelwellen leises Pilgerwallen,
Der glühnde Berg erlöschend in dem Tau,
Selbst die zerstreuten Lichter in den grünen Räumen,
Und auf dem lieben Antlitz dort der Strahl,
Als zögre er, als dürfte er versäumen
Hinabzusinken mit dem Licht zum Tal.
Selbst alle Wahrheit, Wirklichkeit und Wonne,
All das Genügen dieser guten Schar,
Befreundet nach dem Untergang der Sonne
Zurückzurufen, was am Tag gemeinsam war. –
Ach! all dies äußre, innre, sel'ge Kühlen
Dem Wissenden ist es ein heißer Brand.
Wer aber wird, mein Kind, dies mit mir fühlen,
Und fühlt es Einer, geht er weggewandt,
Geht nicht zu mir, zu dir, geht zu dem Einen,
Der einsam steht, verlassen und verflucht,
Von seinem Volk, in grimmen Todespeinen,
Ans Kreuz genagelt, blutend, unbesucht.
Er kann nicht Kühlung suchen, kann nicht fliehen,
An Händ' und Füß' in heißer Nägel Zwang
Fühlt sengend er die Sonne um sich ziehen,
Für ihn ohn' Untergehn in glühndem Gang.
Er, der die Schmerzen aller Schuld gelitten,
Er, der Unschuldige, der rein allein
Für uns am Kreuz steht in der Dinge Mitten,
In ihm nur ist ein gut Zusammensein.
All andres Tun, all Lieben, Sehnen, Freuen,
All dieses bange Ringen nach Verein
Ist andres nicht, als Trennen und Zerstreuen.
Vergebens hier der Tisch und Brot und Wein,
Wir sitzen rings um ihn, daß er uns trenne,
Man ißt und trinkt; der zahnbewehrte Mund
Zerreißt, zermalmt, daß nicht die Zunge nenne
Die Eigenlust verschlingend durch den Schlund.
Horch! Gläser klingen! Man möcht' sich durchdringen,
Möcht' Eins nur sein, da man Gesundheit trinkt.
O kranke Lieb', der mit zerbrochnen Schwingen
Ein Zeugnis der verlornen Einheit winkt.
Wo fehlt's uns denn? Warum wird mir so bange,
Bei diesem Bruchstück vom zerbrochnen Bund?
Getrennt sind wir, es ist so ewig lange,
Im Tode wird die Liebe erst gesund.
Da hast du's nun, – was quälst du mich zu schreiben,
Verstehst du dies? Wer's liest verlachet mich,
Und wer es merkt, wird mich von dannen treiben,
So lebe wohl, dein Engel schütze dich!
2.
Denn sieh! die Nacht! ihr Friedensmantel decket
Den Streit des Scheins, ein täuschend Tafellicht
Eint, oberflächlich schwankend, und von Nacht umschrecket
Neckt sich erkühlend, was am Tag sich widerspricht.
Mir heilt kein Schmaus die schuldzerrißnen Herzen,
Und nimmer wird die Narbe mir ein Gleis, –
Doch lockt mein Mantel euch so bunt von Schmerzen,
Nehmt hin und scherzt, ich geb' die Fahne preis.
Sie wird von euch weltkindisch umgeschwungen
Von Tränen bleich, von welken Blumen bunt
Sind seine Löcher Wunden, seine Fetzen Zungen,
Ihr lacht sie an und macht sie nicht gesund.
So laßt mich denn und nötigt nicht zum Singen,
Ich muß mit Jakob weinen um den bunten Rock
Des Joseph, den die Söhne vor ihn bringen,
Getauft mit Blut von einem jungen Bock.
Ich wein' und weiß es doch, er lebt, sie werden
Ihn finden königlich, Korn reichend in der Not;
So ist die arme Trauer dieser Erden,
Sie weint beim blut'gen Rock, er lebt, bereitet Brot;
Fahr Mantel hin! Ich eile mit Erschrecken
Dem Jüngling nach – Putiphare erfaßt
Die Hülle, die ihr fehlt, die Schmach zu decken;
O, ird'sche Freude, du betrogner Gast!
Wer dir anheimfällt wird ein Ehebrecher,
Wer dir entflieht, den klagt der Mantel an,
Doch sei getrost, es ward der goldne Becher
Dem Benjamin in seinen Sack getan.
Fahr Mantel hin! Doch da zum Strom ich eile
Und möcht' mit dem Propheten jenseits sein,
Da fehlt er mir, daß ich den Jordan teile, –
Der Glaube kann nicht ohne Mantel sein.
So bin auch ich entblößt und ohne Waffen
Muß ich am Ufer nach der Brücke ziehn,
Muß mit den andern diesseits, jenseits gaffen
Und sink' ermüdet unterm Kreuze hin.
Da steht der Jüngling auch, der in dem Garten,
Da man den Heiland fing, den Mantel ließ.
Ich will mit ihm der Auferstehung warten,
Die uns der Mensch gewordene Gott verhieß.
Laß ausgesetzt mich in der Sonne Gluten
Bei meinem dürstenden, durchbohrten Heiland stehn.
O Gütigster! mich kühlt dein heißes Bluten,
Dein brechend Auge hat mich angesehn.
Und du, Maria, Mutter voll von Schmerzen,
Breit' deinen Schutz um mich und diese Welt,
Die sieben Schwerter, stehend dir im Herzen,
Sie spannen deinen Mantel aus zum Zelt.
So laß mich knien, flehen, weinen, büßen
In deinem Bann, der selig werden soll,
Bis dich die Engelgrüße wieder grüßen:
»Ave Maria, Mutter, Kirche, Gnadenvoll,
Mit dir der Herr, Gebenedeite unter den Weibern,
Gebenedeit allein ist deines Leibes Frucht,
Jesus, der Herr, der unter allen Leibern
Die Kirche, als den Brautleib hat gesucht.
Die Kirche, meine Mutter, durch den heil'gen Geist,
Die in der Taufe schuldlos mich geboren,
Die in der Firmung Stärke mir verheißt;
Die in der Buße herstellt, was verloren,
Die meinen Gott und Herrn mir nährend reicht,
Mir den lebend'gen Gott bewahrt im Sakrament,
Im neuen Opfer, das nicht von ihr weicht,
Das bei ihr bleibt bis an der Zeiten End',
Die mich mit heil'gem Öl zum Todkampf weiht,
Und mit der Priesterweihe Menschen rüstet,
Zu tun wie Jesus Ew'ges in der Zeit,
Die heilig bindet, was im Fleisch gelüstet,
Zu einem Fleische zwei; ein großes Sakrament
In Christo und der Kirch', dem Haupt, dem Leibe,
O Kirche! meine Mutter bis zum End'.
Fleht heil'ge Brüder, daß ich in ihr bleibe,
Mit ihr zur Wüste zieh' im sichern Schoß,
Daß ich geborgen sei am Mutterherzen;
Und bricht zuletzt der Drache gen sie los,
Daß sie mich neu gebäre unter Schmerzen.
Maria, Mutter Gottes, Wahrheit, Bild und Schild,
Maria, Jungfrau, Wirklichkeit und Namen,
Bitt' für uns Sünder, deine Kinder, sei uns mild
Jetzt und in aller Todesstunde! Amen.«
Kurzer Trauergesang aus dem 21. und 68. Psalm Davids
Not, Angst, und Schmerzen ungestüm,
Zu mir stark einherdringen,
Umgeben mich rings um und um,
Mit ihnen muß ich ringen.
Mein treuer Herr, mein frommer Gott,
Nicht wollest mich verlassen,
Schau her auf mich, in meiner Not,
Mein Leid ist ohne Maßen.
Ich heule fast in schwerer Pein,
Kein Heil ist noch zu finden,
O Gott! laß bald es anders sein.
Vergiß nicht Deiner Kinder;
Weich nicht von mir zu dieser Frist,
Weil Elend noch vorhanden,
Denn sonst ich keinen Helfer wüßt',
Ich würde ja zu Schanden.
Nimm mich mein Gott in Deine Hut,
Laß Hülf' vom Himmel kommen,
Mich faßt die große Wasserflut,
Die überhand genommen;
Dräng', Herr, zu Dir nicht mein Geschrei,
Im tiefen Schlamm versunken,
Stündst Du mir, treuer Gott, nicht bei,
Ich wäre längst ertrunken.
Von Rufen bin ich heiser sehr,
O Gott, komm doch zur Stunde,
Bald, bald, ach bald! Kann ja nicht mehr;
Bald, bald! ich geh' zu Grunde!
Hilf, hilf, Du frommer Gott, der Tod
Schwebt schon mir auf der Zunge,
O Heil! o Helfer in der Not,
Du nahst in schnellem Sprunge.
Und rettest mich mit Deiner Hand,
Erhältst mich in dem Leben,
Von oben her ich Hülfe fand,
Kann nun in Hoffnung schweben.
O Gott, wer sich auf Dich verläßt,
Kein Sturm naht so geschwinde,
Daß, wer bei Dir verharret fest,
Nicht endlich überwinde!
Bußgesang eines zerknirschten Herzens
Wenn abends uns die braune Nacht
In Schatten schwarz verkleidet,
Wenn dann ich meine Schuld betracht',
Mein Herz in Ängsten streitet,
In Tränen, Leid, und Traurigkeit
Die Augen mir zerrinnen,
Zum Himmel auf, zum Sternenlauf,
Schau' ich mit trüben Sinnen!
Verweilt ihr Perlen schimmernd klar,
Ihr makellosen Lichter,
Verweil' du Fackelträgerschar,
Hellflammend vor dem Richter!
Sternhimmel, über dem Er thront,
Vernehme meine Klagen,
Du Mond, der Ihm zu Füßen wohnt,
Hör' an mein Leid und Zagen!
Weh' mir! o Angst und Herzeleid!
Mit Schuld bin ich umfangen;
Auf, auf, ihr heißen Brünnlein beid',
Nun strömt mir von den Wangen!
Klagt, schöne Sterne, meine Not,
Von Gott bin ich gewichen!
Ach schöner Mond, in Sünde Tod
Ist meine Seel' erblichen!
Ström' ab, ström' ab, du Tränenbad,
Mein Leid kann dich nicht halten,
Rein wasche mich von Missetat,
Das Herz ist mir zerspalten!
O treuer Gott, all Dein Gebot
Hab' ich in Wind geschlagen!
Fern von dem Herrn, zum Sündentod
Hat mich die Schuld getragen!
Wie wird mir's nun vor Dir ergehn?
Kein Recht kann mich beschönen!
Wie soll ich nun vor Dir bestehn
Dein Angesicht versöhnen?
Ich war verkehrt, o Schöpfer, wert!
Stumm muß ich vor Dir knieen,
Wohl bin ich wert, daß Feur und Schwert,
Das Recht an mir vollziehen!
Herr, stelle nicht in Eifermut
Dir meine Sünd' entgegen,
Laß nicht in des Gerichtes Glut
Mit Strafe mich belegen.
Dein Gnadenbund macht mich gesund;
Herr! Nicht der Sünd' gedenke,
Ach! jetzt zur Stund' zum Meeresgrund
All meine Schuld versenke!
Herr, gib, daß ich mit Zähren heiß
Dir Deinen Zorn begüte,
Mach mich recht schnee- und schwanenweiß,
Verleih' mir neue Blüte!
Ach! was geschehn, wer kann's umgehn?
Herr, sieh mein Herz in Schmerze
Entflammet stehn, sieh! Trän' auf Trän'
Zerrinnt's gleich einer Kerze!
Ach, dürft' ich zu den Augen Dein,
Die meinen nur aufschlagen!
Dürft' ich Dich nennen, Vater mein,
Wie zärtlich wollt' ich klagen!
O Vater mein, wollt' ich allein,
O Vater mein, nur sprechen,
Es müßte rein der Gnade Schein
Dir bald Dein Herz durchbrechen!
Da würd' Dein mildes Eingeweid',
Wie Wachs im Feuer fließen,
Du würdest mich mit Armen beid
An Deine Wangen schließen,
Herr, spräch' ich dann, ach! nimm nur an,
Nach Deiner großen Milde,
Nimm an geschwind, Dein armes Kind,
Verirrt war's in der Wilde.
Du würdest den verlornen Sohn
Mit Freuden groß empfangen,
Du gäbst ihm die verlorne Kron',
Mit Kleinod reich umhangen.
Dem neuen Kind ließt Du geschwind
Ein Freudenmahl anrüsten,
Die bei Dir sind, Dein Hofgesind',
All mit Dir jubeln müßten.
Nun bin ich's ja mitnichten wert!
Darf Dich nicht Vater nennen,
Wirst mich, der alles hat verzehrt,
Nicht mehr als Sohn erkennen!
Wie soll ich's dann nur greifen an,
Wem, wie dann soll ich's klagen?
Ach, ach! wer rät, zwar ist's schon spät,
Doch will ich nicht verzagen.
O stiller Mond, o Sterne still,
Laßt euch mein Elend dauern!
Bis mir mein Gott verzeihen will,
Helft klagen mir und trauern.
O Sternenpracht, die winkt und lacht,
Laß Trauer dich umfalten,
Und halt zur Nacht nur halbe Wacht,
Laß Finsternis halb walten.
Ja mehr noch, mehr noch, wollt' nur ganz
Die hellen Augen schließen,
Verlöschet allen Schein und Glanz,
Laßt keinen Strahl mehr schießen!
Zu Reu und Leid bin ich bereit,
Ade, Sonn', Mond und Sterne!
Im Büßerkleid, im Tränenstreit
Ich Spiel und Scherz verlerne.
Ade denn nun und noch einmal,
Ihr Lichter schön gezündet,
Ade, verlöschet jeden Strahl,
Es ist euch aufgekündet.
Vom Sonnaufgang bis Untergang
Will ich die Hände ringen,
Die Tage lang, die Nächte bang,
Will ich ein Klaglied singen.
In Finsternis gewunden ein,
So lang die Jahre währen,
Sei Speis und Trank mir nur allein
Der bittre Strom der Zähren,
Bis todeswärts mein krankes Herz
Auf Schmerz gebettet ruhe;
Ihm reicht' der Schmerz die Sterbekerz',
Ihm bau' der Schmerz die Truhe.
In Schmerz und Qual und Traurigkeit
Soll hin mein Leben ziehen,
In Weh und Ach und stetem Leid
Soll meine Zeit entfliehen!
Am Felsenwall, am Wasserfall
Will ich mein Zelt aufschlagen,
Da sollen Schall und Echohall
Mit mir den Jammer klagen.
Der Seufzer und der Klagen Lauf
Soll meine Wunden mehren,
Die Bächlein sollen schwellen auf
Von meinen vielen Zähren!
Ich seufz' und wein' bis Baum und Stein,
Bis Fels und harte Eichen,
Durch heiße Pein der Tränen mein,
Erbarmen und erweichen!
Wer weiß, ob nicht der fromme Gott,
Die Gnadenbrust erschließe,
Wer weiß, ob nicht Herr Sabaoth
Das Gnadenmeer ergieße!
Geschrieben steht: »Wer glaubt, empfäht,«
Wer hoffend Buß will tragen,
Dem Gnad' ergeht, nie ist's zu spät!
Wer wollte denn verzagen?
In jenen äußersten Stunden,
Nachts, in des Ölbergs Grunde
Schwitzt' ich, von Ängsten umwunden,
Blutige Ströme für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Wie ich, von Geißeln zerschlagen,
Wunde an Wunde ertragen,
Laß von den Engeln dir klagen,
Wie viele Wunden um dich!
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich.
Stach mich von Dornen die Krone,
Gab man mir Scherben zum Throne,
Reicht man ein Rohr mir zum Hohne,
Ach, da gedacht' ich an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Ach, und zum Tode geschicket,
Peinlich vom Dornkranz umstricket,
Unter der Kreuzlast gebücket
Schleppt' ich zum Berg mich für dich!
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Sieh, an ein Holz fest geschlagen,
Eiserne Nägel mich tragen;
In einem Meere von Plagen
Wollte ich sterben für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Öffnet der Speer bis zum Grunde
Grausam ins Herz mir die Wunde,
Quillt draus all Tag und all Stunde
Wasser des Lebens für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Sieh alle Wunden erschlossen,
Sieh all mein Blut hingeflossen:
Jegliches Tröpflein vergossen
Hab' ich aus Liebe für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Betend zum Vater im Sterben
Fleht' ich, dir Heil zu erwerben,
Setzte dich, Sünder, zum Erben,
Ließ selbst die Mutter für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Himmel und Erd' hat's durchdrungen,
Nacht hat die Sonne umschlungen,
Felsen sind bebend zersprungen,
Als ich verschieden für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Was wär' zu tun noch geblieben?
Da ein unendliches Lieben
Mich zum Erbarmen getrieben,
Opfert' ich ganz mich für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Ließ, dich als Bruder zu lehren,
Mich von Maria gebären,
Gab dann, dich göttlich zu nähren,
Selbst mich als Speise für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Lösgeld für all deine Schulden,
Wollt' ich den Kreuztod erdulden,
Will auch im Himmel in Hulden
Ewiger Lohn sein für dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je
Du auch nur denkest an mich!
Wie ich am Kreuze im Leiden
Deiner gedacht' bis zum Scheiden,
So auch nun, herrschend in Freuden,
Denk' ich ja immer an dich.
Weh, und wer weiß, ob wohl je,
Du auch nur denkest an mich!
Ein armer Tor lebt ausgeschlossen
Draus vor der Stadt bei einem Baum.
Er dient den Reisenden zum Possen,
Nickt für die trockne Rinde kaum.
Doch von der Sonne Steigen, Neigen,
Bis zu der Sonne Niedergang
Schwingt er sich an den Palmenzweigen
Mit ewig heiligem Gesang. –
Er singet nur die beiden Worte
Ave Maria fort und fort,
Aus seines Mundes frommer Pforte,
Kam niemals noch ein andres Wort.
Und als er endlich ausgeschwungen,
Am Abend bei dem Palmbaum lag,
Hat er schon sterbend noch gesungen
Ave Maria bis zum Tag.
Es nahten sich des Weges Boten,
Erstaunt, weil sich der Tor nicht schwang,
Und scharrten bald den armen Toten
Am Baume ein ohn' Sang und Klang.
Ein Schwätzer, der ihn oft verlachte
Reist eine Zeit nachher vorbei,
Und naht dem Baume stolz und dachte,
Was half sein Schwingen und Geschrei.
Da spielt ein Wehen in den Zweigen
Auf jedem Blatt der Schwätzer sieht
Ave Maria steigen, neigen
Mit goldner Schrift des Toren Lied.
Es fasset ihn das Liebeswunder,
Er kündet es der ganzen Welt,
Und macht zum Gruß viel Herzen munter,
Und hat viel Schwätzen eingestellt.
Nach unsers Heilands wahren Worten
Selig die Armen in dem Geist
Der arme Tor, der selig worden
Der selige Solinus heißt. –
Nach der Erlösung seufzt und ringet
Mit uns sich alle Kreatur –
Nur wer treu wie Solinus singet,
Der löst die Fesseln der Natur.
O Seligkeit der beiden Worte
Ave Maria fort und fort,
Erlösend tönst du im Akkorde
Gott, Mensch, im fleischgewordnen Wort.
Das Mosel-Eisgangs-Lied von einer wunderbar erhaltenen Familie und einem traurig untergegangenen Mägdlein in dem Dorfe Lay bei Koblenz
am 10. Februar 1830
Der Ertrag gehört dem Frauenverein zu Koblenz
Zum Verständnis
Strophe 5. Die Mosel entspringt an der Grenze von Lothringen auf einem Berge der Vogesen, vom Volke Wetterhahn genannt. Durch die vielen Flüsse, welche sich in sie ergießen, ist ihr Eisgang in ihrem in Deutschland merkwürdig gewundenen Felsenbett mannigfach ge- hemmt und getrieben. – Str. 6.
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