:|

 

Freiheit – welch ein toll Begehren!

Ja, der Henker soll sie lehren

Euch zum Schrecken und zum Graus;

Wird der Vorrat hier zu mager,

Hilft ja gern mein lieber Schwager

|: Mir mit seinen Galgen aus. :|

 

Ordonnanzen! Ordonnanzen!

Meine Völker müssen tanzen,

Wie ich ihnen aufgespielt!

Tanzt, ihr Deutschen – tanzt, ihr Polen,

Wie der Zar es mir befohlen,

|: Wie's der König euch befiehlt! :|

 

Jeder Flügel sei beschnitten,

Auch dem Amor – der die Sitten

Unsres Reichs kompromittiert.

Und von nun an sei bewußtes

Bett von weiland Herrn Prokrustes

|: Als Reichsehbett eingeführt. :|

 

Nur ein Vorurteil ist Liebe;

Unsre ungestümen Triebe

Zügl ich durch ein christlich Joch.

Ich bin Herr von allen Sachen,

Und allein das – Kindermachen

|: Laß ich euch in Gnaden noch. :|

 

Ich verbiete, ich erlaube,

Ich nur denke, ich nur glaube,

Und ihr alle seid bekehrt.

Jeden Zweifel löst die Knute:

Hat man denn das Absolute

|: In Berlin umsonst gelehrt? :|

 

Seid ihr denn nicht meine Knechte?

Und ihr fragt nach einem Rechte,

Wenn der König was befiehlt?

Ordonnanzen! Ordonnanzen!

Meine Völker müssen tanzen,

 

Wie ich ihnen aufgespielt!

 

 

Das Reden nimmt kein End

Zu Frankfurt an dem Main –

Sucht man der Weisen Stein;

Sie sind gar sehr in Nöten,

Moses und die Propheten,

Präsident und Sekretäre,

Wie er zu finden wäre –

Im Parla – Parla – Parlament

Das Reden nimmt kein End!

 

Zu Frankfurt an dem Main –

Da wird man uns befrein;

Man wird die Republiken

Im Mutterleib ersticken,

Und Bassermann und Welcker

Beglücken dann die Völker

Im Parla – Parla – Parlament

Das Reden nimmt kein End!

 

Zu Frankfurt an dem Main –

Bald zieht der Kaiser ein!

Schon träuft der Gnade Manna,

Ihr Knechte, Hosianna!

Mathy, der Schuft, Minister –

Triumph, ihr Herrn Philister!

Im Parla – Parla – Parlament

Das Reden nimmt kein End!

 

Zu Frankfurt an dem Main –

Die Wäsche wird nicht rein;

Sie bürsten, und sie bürsten,

Die Fürsten bleiben Fürsten,

Die Mohren bleiben Mohren

Trotz aller Professoren

Im Parla – Parla – Parlament

Das Reden nimmt kein End!

 

Zu Frankfurt an dem Main –

Ist alles Trug und Schein.

Alt-Deutschland bleibt zersplittert,

Das Kapitol erzittert,

Umringt von Feindeslagern,

Die Gänse giga – gagern

Im Parla – Parla – Parlament

Das Reden nimmt kein End!

 

Zu Frankfurt an dem Main –

So schlag der Teufel drein!

Es steht die Welt in Flammen,

Sie schwatzen noch zusammen,

Wie lange soll das dauern?

Dem König Schach, ihr Bauern!

Dein Parla – Parla – Parlament,

O Volk, mach ihm ein End!

 

 

Kein Preußen und kein Österreich!

Kein Preußen und kein Österreich!

Ein Deutschland! wie vermessen!

Der Jungfer wurd das Herz so weich,

Sie freut sich wie besessen;

Ein Prinz hat ihr den Hof gemacht

Und beim Dessert an sie gedacht.

Steh auf, Germania,

Dein Bräutigam ist da!

 

Kein Preußen und kein Österreich!

Und Österreich soll thronen?

Er ist ein Mann – wir sind ihm gleich,

Und wir – sind Millionen.

Und Millionen schwören hoch

Und rufen laut: Kein neues Joch

Und keine Fürsten mehr!

Dem Volk allein die Ehr!

 

Kein Preußen und kein Österreich!

Was helfen uns die beiden?

Das eine ist schon totenbleich,

Das andre am Verscheiden.

Wir brauchen solche Sonnen nicht

Und folgen unserm eignen Licht,

In unsrer Brust dem Stern;

Wir wollen keinen Herrn.

 

Kein Preußen und kein Österreich!

Und tränk er ganze Bäche

Auf unser Wohl – o Schelmenstreich!

Das Volk bezahlt die Zeche.

Und Fürstenwein ist teurer Wein,

Drum schenkt uns einen andern ein:

Gut Wind und gut Geschick

Der deutschen Republik!

 

Kein Preußen und kein Österreich!

Dem Wort soll Recht verbleiben.

Und geht's uns schief, so wolln wir gleich

Durch Thurn und Taxis schreiben.

Indes, Herr Johann ohne Land,

Verzeiht der Deutschen Unverstand

Und denkt beim nächsten Glas:

In vino veritas!

 

 

Mein Deutschland, strecke die Glieder!

Mein Deutschland, strecke die Glieder

Ins alte Bett, so warm und weich;

Die Augen fallen dir nieder,

Du schläfriges deutsches Reich.

 

Hast lange geschrien dich heiser –

Nun schenke dir Gott die ewige Ruh!

Dich spitzt ein deutscher Kaiser

Pyramidalisch zu.

 

O Freiheit, die wir meinen,

O deutscher Kaiser, sei gegrüßt!

Wir haben auch nicht einen

Zaunkönig eingebüßt.

 

Sie sind uns alle verblieben;

Und als wir nach dem Sturm gezählt

Die Häupter unsrer Lieben,

Kein einziges hat gefehlt.

 

Deutschland nimmt nur die Hüte

Den Königen ab, das genügt ihm schon;

Der Deutsche macht in Güte

Die Revolution.

 

Die Professoren reißen

Uns weder Thron noch Altar ein;

Auch ist der Stein der Weisen

Kein deutscher Pflasterstein.

 

Wir haben, was wir brauchen;

Gesegnet sei der Völkerlenz!

Wir dürfen auch ferner rauchen

In unsrer Residenz.

 

Wir haben Wrangels Säbel,

Berlin und seinen Wolkensteg;

Das Maultier sucht im Nebel

Noch immer seinen Weg.

 

Wie freun sich die Eunuchen!

Die bilden jetzo den ersten Stand,

Der Welcker frißt die Kuchen

Den Königen aus der Hand.

 

Du hältst dir einen Gesandten,

Deutschland, im Stillen Ozean

Und fühlest den Elefanten

In Indien auf den Zahn.

 

Die Fragen sind erledigt,

Die Pfaffen machen bim bam bum;

Den Armen wird gepredigt

Das Evangelium.

 

Wir bauen dem lieben Gotte

Den hohen Dom zu Cöllen aus

Und geben eine Flotte

Auf Subskription heraus.

 

Die schwarz-rot-goldnen Wimpel

Besorgt der Jakob Venedey,

Als Wappen nahm er den Gimpel,

Sein eignes Konterfei.

 

Fünfhundert Narrenschellen

Zu Frankfurt spielen die Melodie:

Das Schiff streicht durch die Wellen

Der deutschen Phantasie.

 

 

Im Frühling

O laß sie träumen den Kaiserwahn,

Alt-Deutschlands Ritter und Recken;

Wie werden sich vor dem roten Hahn

Die rotern Adler verstecken!

 

O laß sie träumen noch eine Nacht!

Dann wetzen wir aus die Scharte,

Dann werden Fidibusse gemacht

Aus der europäischen Karte.

 

Die Völker kommen und läuten Sturm –

Erwache, mein Blum, erwache!

Vom Kölner Dome zum Stefansturm

Wird brausen die Rache, die Rache.

 

Vom Stefansturm zum stillen Prag

Und weiter, weiter nach Polen –

Das ist der Könige Jüngster Tag;

Der Teufel, er wird sie holen.

 

Die alten Kohorten am Tiberstrom

Stehn auf beim Klang der Trompeten;

Die Glocken schweigen, du ewiges Rom

Vergiß dein Singen und Beten!

 

Die Glocken schweigen, die Pfaffen schrein

In ihren zertrümmerten Hallen;

Den Heiligen wird der goldne Schein

Vom zitternden Haupte fallen.

 

Die Henker falten, vor Schrecken bleich,

Die blutigen Hände zusammen;

Und aus dem stürzenden Österreich

Hoch lodern werden die Flammen.

 

Das alles, das alles soll geschehn

In kommenden Frühlingstagen –

Herrgott, laß die Welt nicht untergehn,

Eh die Nachtigallen schlagen!

 

 

Auch ein Fortschritt

Wir zogen von Gotha bis Eisenach

In zehen Jahren, gemach, gemach;

Von Gotha bis Eisenach sind drei Meilen –

Staatsmänner sollen sich nicht übereilen.

 

Wir zogen von Gotha bis Eisenach

Zehn Jahre; – wir streben den Griechen nach:

Zehn Jahre mußten sie Troja belagern –

Sie hatten Achill, wir hatten Gagern.

 

Wir zogen von Gotha bis Eisenach –

O Politik, o trauriges Fach!

Es ist sehr schwierig, den Stall zu rein'gen

Und sein langwierig Deutschland zu ein'gen.

 

Wir zogen von Gotha bis Eisenach,

Wo Luther dem Teufel geboten Schach;

Wir werfen noch immer mit Tintenfässern,

Doch wir verstehn's, die Tinte zu wässern.

 

Wir zogen von Gotha bis Eisenach

Zehn Jahre – vertrocknet ist mancher Bach,

Manch Herz verdorrt wie eine Dattel,

Auch mancher Freund nicht fest mehr im Sattel.

 

Wir zogen von Gotha bis Eisenach –

Manch eiserner Trutz wie Glas zerbrach;

Dem Rausch folgt oft ein greulicher Kater,

Wir singen wieder den »Landesvater«.

 

Es schläft sich so süß in Eisenach –

Eine schöne Gegend, auch nicht zu flach;

Die Ochsen können dort stehn am Berge,

Im Thüringer Wald gibt's viele Zwerge.

 

Im Thüringer Wald bei Eisenach,

Wohl unter germanischer Eichen Dach,

Da sitzen die Feen, sie sitzen und sinnen –

Ich möchte wohl wissen, was sie jetzt spinnen.

 

Sie sitzen und sinnen um Eisenach –

Besinnen ist eine schöne Sach:

Wo bleibt der Gagern? und werden wir's bringen

Mit Gottes Hilfe noch bis Meiningen?

 

Man kann auch bis Jena von Eisenach,

Viel schneller als anno Sechse, ach!

Die Eisenbahn ist eine schöne Erfindung,

Der Deutsche Bund ist eine schöne Verbindung!

 

 

Was macht Deutschland?

Ein immerwährender Kalender

für alle Tage des Jahres Oktober 1859

 

Sonntag. Deutschland pflegt sich –

Wohl zu besinnen.

Montag. Deutschland regt sich –

Was wird's beginnen?

Dienstag. Deutschland trägt sich –

Mit großen Gedanken.

Mittwoch. Deutschland bewegt sich –

In gesetzlichen Schranken.

Donnerstag. Deutschland frägt sich –

Ob's endlich soll?

Freitag. Deutschland schlägt sich –

Schlägt sich wie toll!

Sonnabend. Deutschland legt sich –

Zu Protokoll!

 

Harmlose Gedanken

 

1.

Ist nicht Deutschland mehr als je derselben Katastrophe ausgesetzt, von der es in den ersten Jahren dieses Säkulums ereilt ward? – Hat Deutschland Maßnahmen getroffen gegen die Wiederkehr jener Katastrophe, die es aus der Liste der Nationen strich und ihm wie Griechenland nach Philipps Zeiten nichts Nationales als seine Literatur ließ?

Times

 

Deutschland, sie sagen, du hängst den Kopf –

Mir geht ins Herz das Gestichel –

Du seist ein tatenloser Tropf;

So sagen die Leute, o Michel!

 

Das alte Lied vom alten Malheur

Hör ich von neuem erklingen:

Du werdest's nimmer zum Akteur

Auf dieser Bühne bringen –

 

Wo alles läuft, wo alles rennt,

Die Zuaven und Turkos schwärmen

Für Völkerglück. – Du hast kein Talent

Zu welthistorischem Lärmen!

 

Du dehnst dich ruhig auf deinem Pfühl

Und träumst von Hegel und Fichte,

Und hast doch erlebt so dumpf und schwül

Hundstage der Weltgeschichte.

 

Hundstage – die Völker wurden toll,

Doch Deutschland rief vernünftig:

»Man soll nicht nur zerstören, man soll

Auch wieder aufbauen künftig.

 

Eh ich Zwing-Uri zerstöre, traun,

Was setz ich an seine Stelle?

Wie werd ich die Gefängnisse baun

In Zukunft und die – Kasernen?

 

Man muß der Stimme der Natur

Vor allem sich bequemen;

Und schrein die Schafe nach der Schur:

Wer wird sie übernehmen?

 

Sind alles Fragen von Wichtigkeit,

Gediegen, tief und edel;

Daran soll man die Dichtigkeit

Erkennen der deutschen Schädel!« –

 

Ja, Michel, du bist kein Franzos,

Der stets nur negativ ist,

Er kennt die Oberfläche bloß,

Du weißt allein, was tief ist.

 

Ja, Deutschland, du bist tief im Wort

Und bist im Tun noch weiser;

Du läßt nicht einen Herzog fort,

Bis fertig du – mit dem Kaiser.

 

Ein Kaiser, das ist der höchste Wunsch,

Den wir im Herzen tragen;

Wir lassen ihn bei Wein und Punsch

Die Schlachten der Zukunft schlagen.

2.

 

Wie treibt man's mit Schleswig-Holstein schon zwölf Jahre lang? Was ist seit zehn Jahren für Kurhessens Volksrecht geschehen? Wie kommt es, daß die große teutonische Rasse von weder zahlreicheren noch zivilisierten Völkern in fortwährender Angst um ihre Freiheiten, ja um ihre Existenz erhalten wird?

Times

 

Deutschland ist ein romantischer Staat,

Der des Gedankens Mondschein

Vorzieht der klassischen Sonne der Tat –

Man muß halt alles gewohnt sein.

 

Den italienischen Stiefel nimmt

Und wird gestiefelter Kater

Herr Viktor – so was täte bestimmt

Kein deutscher Landesvater.

 

Die Strippen des Stiefels behält sich vor

Der kleine Sünder Hannes –

Was Karl nicht konnte, kann Franz Moor;

Doch Deutschland – sag, was kann es?

 

Kann lesen und schreiben, das ist wahr,

Auch sehr viel Tinte vergießt es.

Das Pulver hat's erfunden sogar;

Doch Deutschland – sag, wo schießt es?

 

Es blitzt des Krieges Wetterstrahl,

Doch Deutschland – sag, wo blitzt es?

Die Völker sitzen beim Friedensmahl,

Doch Deutschland – sag, wo sitzt es?

 

Zu sitzen wieder wie Anno acht

Und vierzig in Frankfurt dacht es;

Doch wenn es ein Parlament gemacht:

Das Parlament, was macht es?

3.

 

Das alte Loyalitätsgefühl ist im Schwinden, das deutsche Volk hat geringe Ursache, einen Herrenwechsel zu fürchten.

Times

 

Du hängst den Kopf, dein Herz ist schwer,

Und Kummer drückt und Sorg es;

Mein deutscher Michel, du lachst nicht mehr,

Selbst nicht über Hermann Orges.

 

O tröste dich, dich hat das Glück

Bewahrt zu höheren Zielen:

Es ist ja ein erbärmlich Stück,

Das sie erbärmlich spielen.

 

Der gestern mit dem Dolch auf Pump

Ein Brutus wollte werden –

Du hast's erlebt, wie weit ein Lump

Es jetzo bringt auf Erden!

 

Du hast's erlebt, das Ruder nimmt

Des Staates Robert Macaire,

Dem einst die Sterne hatten bestimmt

Das Ruder – einer Galeere.

 

Du hast's erlebt – du weißt, wie faul

Es aussieht in der Kulisse:

Sie protestieren mit dem Maul,

Und hinten kriegen sie Schmisse.

 

Du große Denkernation,

O trockne die Augen, die feuchten;

Dir bleibt die höhere Mission,

Die Bühne zu – erleuchten.

 

Die Juden ausgenommen, ist

Nicht jeder geboren zum Handeln;

Die Szene kann der Maschinist

Auch ohne dich verwandeln.

 

Und was er tut, ist wohlgetan,

Singt Gellert oder Lavater:

Du, Michel, zünde die Lichter an

Im großen Welttheater.

 

Der Schiller und Goethe, der Lessing und Kant,

Das sind gewaltige Kerzen;

Sie sind noch nicht heruntergebrannt

Wie andere deutsche Herzen.

 

Sie haben geleuchtet, sie leuchten hell,

Sie blitzen gleich Gewittern

Und werden manchem Policinell

Die Späße noch verbittern.

 

Sie sind gefährlicher, als du meinst:

Von diesen Lichtern wird stammen

Der hochverrätrische Funke, der einst

Die Bude steckt in Flammen. –

 

Die Bude der Bretter, welche die Welt,

Die heutige Welt bedeuten:

Für Buben ein großes Tatenfeld,

Zu enge den ehrlichen Leuten.

 

Und brennt er ab, der Komödien-Staat

Mit Zepter, Kronen und Ketten,

Es wird den Theaterapparat

Kein Branddirektor retten.

 

Wir bauen auf des Hauses Stätt

Ein neues im großen Stile;

Da wollen wir sitzen im ersten Parkett,

Um – zuzuschauen dem Spiele.

Harmlose Gedanken

 

Fortsetzung

 

1.

Nationalvereinsgermane,

Du verläßt das Reich der Träume,

Du wirst praktisch, deine Jahne

Klettern auf die Freiheitsbäume.

 

Klettern auf die höchsten Spitzen,

Langen nach den süßen Trauben,

Wollen den Entsagungswitzen

Blöder Füchse nicht mehr glauben.

 

Höchst gesinnungstücht'ge Steiße

Seh ich an den Masten schwanken;

Alle richten nach dem Preise

Gottvertrauend die Gedanken.

 

Lächelnd schaut sich den Tumult an,

Pfiffig lächelnd, der von Zollern;

Doch den alten Schwabensultan

Hör ich in der Ecke kollern.

 

Zu vergeben nicht ein Jota

Deines Rechts, hast du beschlossen;

Fürchterlicher Ernst von Gotha

Wird es jetzt – nur nicht geschossen!

 

Nicht der rohen Tat Gemeinheit

Rettet uns aus der Bedrängnis;

Mutter Deutschland, hoff die Einheit

Nur aus unbefleckter Empfängnis!

2.

 

Nationalvereinsgermane,

Freiligräthlich vor der Seele

Steht mir schon die Karawane

Frankfurtpilgernder Kamele.

 

Und der wohlbekannte Mufti

An der Spitze der Bewegung,

Und die wohlbekannten Schufti

Alle voll von edler Regung!

 

Und der wohlbekannte Rheinfluß,

Der so sanft die Reden wässert,

Und der wohlbekannte Einfluß,

Deutschland – der sich nicht verbessert!

 

Und die wohlbekannten Fragen

Ohne Antwort – ach! und leider

Von den deutschen Hiobsplagen

Unsre Beule an der Eider!

 

Und das wohlbekannte Ruder

In der Hand des »Demiurgen«,

Und die allerdümmsten Luder,

Deutsche Ritter ohne Burgen!

 

Rochus, Herr von Pumpernickel,

Der am Ende jeder Woche

Schreiben wird die Leitartikel,

Wenn der Venedey gesprochen;

 

Wenn der Waitz und Ehren-Besel-

Er staatsmännisch aufgetreten

Oder wenn ein andrer Esel

Bileams ums Wort gebeten;

 

Wenn Konfuzius die Trias

Predigt mit Erlösermienen

Oder sonsten ein Messias

Sucht sein Kreuzchen zu verdienen.

 

Wenn ein preuß'scher Rattenfänger

Spielt die Annexierer-Weise,

Oder wenn ein krit'scher Gänger

Tief versinkt in Östreichs – Schönheit.

3.

 

Doch erst abends bei der Bowle

Wirst du deine Größe zeigen;

Marseillaise, Carmagnole

Werden frech zum Himmel steigen.

 

Schwer bezopft wirst du die letzte

Hose von den Lenden streifen,

Dreißig dir von Gott gesetzte

Schlingel heimlich auszupeitschen.

 

Spielen mit den dreißig Kronen

Wirst du wie mit Eierschalen,

Lehren dreißig Millionen,

Mit der Faust im Sack zu prahlen.

 

Nationalvereinsgermane,

So verwegen, so gefährlich

Kann der Mensch in seinem Wahne

Werden um einen Taler jährlich!

4.

 

Die Vorfrage

 

»Viel schneller, als ihr glaubt,

Wird Deutschland einig, ihr Kinder:

Wir kommen unter ein Haupt

Und unter einen Zylinder.

 

Um einen Reichsschirm dann

Sind wir auch nicht verlegen,

Der Haupt und Hut und Mann

Beschützt vor Sonn und Regen.

 

Von Schleswig bis Friul

Soll dieser Schirm sich spannen –«

Halt, deutscher Thrasybul,

Was machst du mit den – Tyrannen?

 

»Wenn man Adressen schreibt,

Denk ich, so werden sie gehen,

Wenn jeder sich selbst entleibt,

So ist's um sie geschehen.«

5.

 

Das sind die Kämpfer für Recht und Licht,

Die sich dir dringend empfehlen:

O deutsches Volk, vergiß sie nicht

Ins – Parlament zu wählen.

 

Das sind die Kämpfer für Recht und Licht!

Ich seh manch lieben Bekannten,

Ich seh auch manches Schafsgesicht

Und manchen Komödianten.

 

Es ist der alte Mummenschanz,

Von dem sie wieder träumen;

Deutschland sucht wiederum beim Schwanz

Den Esel aufzuzäumen.

 

Deutschland läßt vor dem Tatenblitz

Den Donner der Rede rollen,

Mein Deutschland polstert den alten Sitz

Mit neuen Protokollen.

 

Sagt an, wer mag den besten Kohl

Im deutschen Lande bauen?

Wer ist der Cincinnatus wohl,

Dem wir uns anvertrauen?

 

Wir werden im Danaidenfaß

Aufs neue waschen den Zobel,

Und werden machen den Pelz nicht naß

Und werden sein sehr nobel.

 

Sehr nobel – es wird der große Hinz,

Der große Kunz ergießen

Sein großes Herz – ein großer Prinz

Wird wohl auch einen erschießen.

 

Ich kenne das Stück, ich kenne den Saal –

Ist schwarz-rot-golden behangen:

Jakobus spielt zum zweitenmal

Auf allgemeines Verlangen.

Heinrich Heine

 

1.

Mit uns allen geht es ex;

»Trägst du noch so hoch den Scheitel«,

Spricht ein alter Versifex,

»Unter der Sonn ist alles eitel.«

 

Brutus, Cassius sind ex,

Die es einst so toll getrieben,

Und ich hab an meinen Rex

Keine Briefe mehr geschrieben.

 

Mit dem stolzen Flug ist's ex,

Aus ist's mit den Sturmgesängen;

An dem Leim des goldnen Drecks

Bleiben jetzt die Spatzen hängen.

 

Einer nach dem andern schleicht

Sich vom Tanze – die Poeten

Werden klug – man kann so leicht

Einen Fuß sich übertreten.

 

Pauken und Trompetenschall

Ist verstummt; nur leise, leise

Klingt es noch – der Karneval

Geht zu Ende – glückliche Reise!

 

Wär's nur mit der vollen Kraft,

Wär's nur mit den vollen Gluten,

Mit der vollen Leidenschaft,

Daß man taucht in Lethes Fluten!

 

Doch das Leben kühlt uns ab,

Langsam, eh wir drunten liegen,

Daß wir nicht im feuchten Grab

Noch einmal den Schnupfen kriegen.

2.

 

Deine Schuhe drücken dich,

Und du schaust nach höhern Sternen,

Schauest höher noch als ich

In die nebelgrausten Fernen.

 

Und du sprichst: »Mein Auge hängt

Nicht mehr an der Erde Brüsten,

Höher als die Milchstraß drängt

Mich ein heimatlich Gelüsten.

 

Von dem Meere stammt sie her,

Und das Meer hat viele Klippen;

Bitter, bitter wie das Meer

Schmecken Aphrodites Lippen.

 

Hab die Erdenschönheit satt,

Auch die Frau im Marmelsteine,

Ach! die keine Arme hat,

Mir zu helfen!« – Lieber Heine,

 

Sing und stirb! Unsterblich wacht

Doch die arme Dichterseele;

Mitten durch die Todesnacht

Schluchzt ihr Lied die Philomele.

 

Sing und stirb! und fluche nicht

Dieser Erde Rosenlauben!

Teurer Dichter, suche nicht

Trost in einem Seehundsglauben!

 

Sing und stirb! Wir sorgen schon,

Daß kein Atta Troll dir schade;

Schwebe hin, Anakreon,

Zu der Seligen Gestade!

 

Rasch vorbei am Höllensumpf!

Hör nicht das Koax! und trage

Deine Lieder im Triumph

In des Pluto Dichterwaage!

 

Grüß den Aristophanes

Dort auf Asphodeloswiesen;

Ich hier oben will indes

 

Bundeslied für den

Allgemeinen deutschen Arbeiterverein

You are many, they are few.

(Eurer sind viele, ihrer sind wenige.)

 

Bet und arbeit! ruft die Welt,

Bete kurz! denn Zeit ist Geld.

An die Türe pocht die Not –

Bete kurz! denn Zeit ist Brot.

 

Und du ackerst, und du säst,

Und du nietest, und du nähst,

Und du hämmerst, und du spinnst –

Sag, o Volk, was du gewinnst!

 

Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,

Schürfst im Erz- und Kohlenschacht,

Füllst des Überflusses Horn,

Füllst es hoch mit Wein und Korn –

 

Doch wo ist dein Mahl bereit?

Doch wo ist dein Feierkleid?

Doch wo ist dein warmer Herd?

Doch wo ist dein scharfes Schwert?

 

Alles ist dein Werk! o sprich,

Alles, aber nichts für dich!

Und von allem nur allein,

Die du schmiedst, die Kette, dein?

 

Kette, die den Leib umstrickt,

Die dem Geist die Flügel knickt,

Die am Fuß des Kindes schon

Klirrt – o Volk, das ist dein Lohn.

 

Was ihr hebt ans Sonnenlicht,

Schätze sind es für den Wicht;

Was ihr webt, es ist der Fluch

Für euch selbst – ins bunte Tuch.

 

Was ihr baut, kein schützend Dach

Hat's für euch und kein Gemach;

Was ihr kleidet und beschuht,

Tritt auf euch voll Übermut.

 

Menschenbienen, die Natur,

Gab sie euch den Honig nur?

Seht die Drohnen um euch her!

Habt ihr keinen Stachel mehr?

 

Mann der Arbeit, aufgewacht!

Und erkenne deine Macht!

Alle Räder stehen still,

Wenn dein starker Arm es will.

 

Deiner Dränger Schar erblaßt,

Wenn du, müde deiner Last,

In die Ecke lehnst den Pflug,

Wenn du rufst: Es ist genug!

 

Brecht das Doppeljoch entzwei!

Brecht die Not der Sklaverei!

Brecht die Sklaverei der Not!

Brot ist Freiheit, Freiheit Brot!

 

 

An Richard Wagner

1.

Vielverschlagner Richard Wagner,

Aus dem Schiffbruch von Paris

Nach der Isarstadt getragner,

Sangeskundiger Ulyß!

 

Ungestümer Wegebahner,

Deutscher Tonkunst Pionier,

Unter welche Insulaner,

Teurer Freund, gerietst du hier!

 

Und was hilft dir alle Gnade

Ihres Herrn Alkinous?

Auf der Lebenspromenade

Dieser erste Sonnenkuß?

 

Die Philister, scheelen Blickes,

Spucken in den reinsten Quell;

Kleine Schönheit rührt ihr dickes,

Undurchdringlich dickes Fell.

 

Ihres Hofbräuhorizontes

Grenzen überstiegst du keck,

Und du bist wie Lola Montez

Dieser Biedermänner Schreck.

 

»Solche Summen zu verplempern,

Nimmt der Fremdling sich heraus!

Er bestellte sich bei Sempern

Gar ein neu Komödienhaus!

 

Ist die Bühne, drauf der Robert,

Der Prophet, der Troubadour

Münchens Publikum erobert,

Eine Bretterbude nur?

 

Schreitet nicht der große Vasco

Weltumsegelnd über sie?

Doch Geduld – du machst Fiasko,

Hergelaufenes Genie!

 

Ja, trotz allen deinen Kniffen,

Wir versalzen dir die Supp;

Morgen wirst du ausgepfiffen –

Vorwärts, Franziskanerklub!«

2.

 

So in Prosa und in Reimen

Heult der wilde Bajuvar,

Und es heulen die »Geheimen«:

»Bayerland ist in Gefahr!«

 

Ach, vergebens baute jener

Ludovik die Propylän,

Denn die Sprache der Athener

Wird man niemals hier verstehn.

 

Wie die Narren dir's verübeln,

Wie's den Pöbel baß verdrießt,

Wie er seinen Schmutz in Kübeln

Schimpfend über dich ergießt;

 

Weil Horazens schwarze Vettel

Nicht mit dir zu Pferde sitzt;

Weil einmal ein Bankozettel

In der Muse Händen blitzt;

 

Weil des reichen Schachs Kamele

Zeitig angelangt einmal,

Eh Firdusi seine Seele

Ausgehaucht in Not und Qual;

 

Weil einmal ein goldner Regen

In den Schoß des Künstlers fällt –

Ruiniere meinetwegen

Alle Könige der Welt.

 

Hol den Hort der Nibelungen,

Den versunknen, aus dem Rhein!

Und was Orpheus einst gesungen,

Sollt es dir unmöglich sein?

 

Tiger, Affen, Schweinehunde,

Meyerbären macht' er zahm;

Leider hab ich keine Kunde,

Wie sich Sanchos Tier benahm.

 

Aber laß des Esels Knirschen

Dich nicht stören im Genuß!

Iß, mit wem du willst, die Kirschen,

Lieber Zukunftsmusikus!

 

Nur empfehl ich dir das eine:

Bist du fertig, sag ade!

Warte nicht, bis man die Steine

An den Kopf dir wirft – o weh!

 

Suche niemals mehr auf solcher

Erde dir ein Lorbeerblatt,

Hinge selbst das Vlies, das Kolcher,

Über jedem Tor der Stadt!

Immer mehr!

 

Allüberall Geschrei nach Brot,

Vom Atlas bis Archangel!

In halb Europa Hungersnot,

Im halben bittrer Mangel!

Die Scheuern leer, die Steuern schwer,

Die Ernten schlecht geraten –

Doch immer mehr und immer mehr

Und immer mehr Soldaten!

 

Geld her für Pulver und für Blei!

Für Reiter und für Rosse!

Chassepots, Zündnadeln, allerlei

Weittragende Geschosse!

Dem Kaiser Geld! dem Papste Geld!

Nur immer frisch von hinten

Geladen! Denn der Lauf der Welt

Hängt ab vom Lauf der Flinten.

 

 

Die Arbeiter an ihre Brüder

Frei nach dem Türkischen

 

Wir schüren in den Essen

Die Feuer Tag und Nacht,

Am Webstuhl, an den Pressen

Steht unsre Friedenswacht.

 

Wir schürfen in dem Qualme

Der Gruben nach Metall,

Den Segen goldner Halme

Dankt uns der Erdenball.

 

Doch wenn das Korn gedroschen,

Dann heißt es: Stroh als Lohn,

Dann heißt's: für uns den Groschen,

Den Taler dem Patron.

 

Dann heißt's: für uns den Schragen,

Das weiche Bett dem Gauch!

Dann heißt's: Nichts in den Magen

Und Kugeln in den Bauch!

 

Vergebens aus der Tiefe

Steigt der Beraubten Chor,

Mit seinem Vollmachtsbriefe

Ans Glück, zum Licht empor.

 

Was hilft es, daß wir trotzen,

Solang noch mordbereit

Ihr gegen uns den Protzen

Die starken Arme leiht?

 

O weh, daß ihr im Bunde

Mit ihnen uns verließt

Und daß ihr uns wie Hunde

Auf ihr Geheiß erschießt!

 

Ach, wenn sie euch nicht hätten,

Wär alles wohlbestellt;

Auf euren Bajonetten

Ruht die verkehrte Welt.

 

An euren Bajonetten

Klebt aller Zeiten Fluch;

Wir trügen keine Ketten,

Trügt ihr kein buntes Tuch;

 

Wir brauchten nicht zu fronen

Für Sultan und Vezier,

Nicht länger für die Drohnen

Zu darben brauchten wir.

 

Wir hätten nicht zu beben

Vor Pascha oder Scheik

Und könnten bald erleben

Den großen Fürstenstreik.

 

Durch euch sind wir verraten,

Durch euch verkauft allein:

Wann stellt ihr, o Soldaten,

Die Arbeit endlich ein?

 

 

Abfertigung

Ein bettelpreußisches Journal

Hat mir durch einen grünen Jungen

Im Tone »nationalliberal«

Ein de profundis abgesungen.

 

Vielleicht hat's recht, trägt Deutschland gern

Die Schleppe preußischer Despoten,

Dies »neue Deutschland« bleib mir fern

Und zähle mich zu seinen Toten.

 

 

Der schlimmste Feind

Dies Volk, das seine Bäume wieder

Bis in den Himmel wachsen sieht

Und auf der Erde platt und bieder

Am Knechtschaftskarren weiter zieht;

 

Dies Volk, das auf die Weisheit dessen

Vertraut, der Roß und Reiter hält,

Und mit Ergebenheitsadressen

Frisch, fromm und fröhlich rückt ins Feld;

 

Dies Volk, das einst aus Cäsars Schüssel

Und Becher sich so gern erfrischt

Und sich, wie Mommsen, seinen Rüssel

An Cäsars Tischtuch abgewischt;

 

Dies Volk, das gegen Blut und Eisen

Jungfräulich schüchtern sich geziert,

Um schließlich den Erfolg zu preisen,

Womit man Straßburg bombardiert.

 

Dies Volk, das im gemeinen Kitzel

Der Macht das neue Heil erblickt

Und als »Erzieher« seine Spitzel

Den unterjochten »Brüdern« schickt.

 

Die Alten, Lieben, Wohlbekannten

Von Anno Sechsundsechzig her,

Schafott- und Bundesbeil-Votanten,

Sie schüfen Deutschland? – Nimmermehr!

 

Sie werden mit verschmitzten Händen

Entreißen euch des Sieges Frucht;

Sie werden euren Lorbeer schänden,

Daß euch die ganze Welt verflucht!

 

Frankreichs gekrönter Possenreißer

Wird nach Paris zurückgebracht;

Euch holt man einen Heldenkaiser

Aus mittelalterlicher Nacht.

 

Das Blut von Wörth, das Blut von Spichern,

Von Mars-la-Tour und Gravelotte,

Einheit und Freiheit sollt es sichern –

Einheit und Freiheit? Großer Gott!

 

Ein Amboß unter einem Hammer,

Geeinigt wird Alt-Deutschland stehn;

Dem Rausche folgt ein Katzenjammer,

Daß euch die Augen übergehn.

 

Mit patriotischem Ergötzen

Habt ihr Viktoria geknallt;

Der Rest ist Schweigen oder Lötzen,

Kriegsidiotentum, Gewalt.

 

Es wird die Fuchtel mit der Knute

Die Heilige Allianz erneun;

Europa kann am Übermute

Siegreicher Junker sich erfreun.

 

Gleich Kindern laßt ihr euch betrügen,

Bis ihr zu spät erkennt, o weh! –

Die Wacht am Rhein wird nicht genügen,

Der schlimmste Feind steht an der Spree.

 

 

Epilog zum Kriege

Germania, der Sieg ist dein!

Die Fahnen wehn, die Glocken klingen,

Elsaß ist dein und Lotharingen;

Du sprichst: »Jetzt muß der Bau gelingen,

Bald holen wir den letzten Stein.«

 

Gestützt auf deines Schwertes Knauf,

Lobst du in frommen Telegrammen

Den Herrn, von dem die Herren stammen,

Und aus Zerstörung, Tod und Flammen

Steigt heiß dein Dank zum Himmel auf.

 

Nach vierundzwanzig Schlachten liegt

Der Feind am Boden, überwunden;

Bis in die Stadt voll Blut und Wunden,

Die keinen Retterarm gefunden,

Brichst du dir Bahn – du hast gesiegt!

 

Schwarz, weiß und rot! um ein Panier

Vereinigt stehen Süd und Norden;

Du bist im ruhmgekrönten Morden

Das erste Land der Welt geworden:

Germania, mir graut vor dir!

 

Mir graut vor dir, ich glaube fast,

Daß du, in argen Wahn versunken,

Mit falscher Größe suchst zu prunken

Und daß du, gottesgnadentrunken,

Das Menschenrecht vergessen hast.

 

Schon, lenkt ein Kaiser dich am Zaum,

Ein strammer, strenger Zepterhalter.

Hofbarden singen ihre Psalter

Dem auferstandnen Mittelalter,

Und 89 wird ein Traum.

 

Ein Traum? Du sahst, wie Frankreich fiel

Durch einen Cäsar, sahst die Sühne

Vollzogen auf der Schreckensbühne –

Deutschland, gedeihe, wachse, grüne,

Geläutert durch dies Trauerspiel!

 

 

Groß

»Seid umschlungen, Milliarden!«

Hör ich mit Begeisterung

Singen unsre Einheits-Barden:

Welche Federn! welcher Schwung!

Sah man jemals solche Beute?

Wir verstehen unser Fach,

Ja, ihr Professorenleute,

Wir sind groß, brüllt Auerbach.

 

Gottesfurcht und fromme Sitte,

Blut und Eisen wirkten gut,

Und vor unserm Reich der Mitte

Zieht Europa stolz den Hut.

Geibel wird ein Epos schreiben;

Einen blinderen Homer

Wüßt ich nirgends aufzutreiben:

Wir sind groß – es freut mich sehr.

 

Elsaß unser – Dank, ihr Streiter!

Lothringen in deutscher Hand!

Immer länger, immer breiter

Machen wir das Vaterland.

Eine Million Soldaten

Stehen da, wenn Cäsar spricht,

Stramm gedrillt zu Heldentaten:

Wir sind groß – ich leugn es nicht.

 

Töricht zwar ins Herz geschlossen

Hatt ich einst ein Ideal,

Das zerfetzt nun und zerschossen

Liegt im preußischen Spital.

Doch was kümmern uns die Wunden,

Die der Ruhm der Freiheit schlug!

Mag sie, wie sie kann, gesunden:

Wir sind groß – das ist genug.

 

 

Achtzehnter März

Achtzehnhundert vierzig und acht,

Als im Lenze das Eis gekracht,

Tage des Februar, Tage des Märzen,

Waren es nicht Proletarierherzen,

Die voll Hoffnung zuerst erwacht

Achtzehnhundert vierzig und acht?

 

Achtzehnhundert vierzig und acht,

Als du dich lange genug bedacht,

Mutter Germania, glücklich verpreußte,

Waren es nicht Proletarierfäuste,

Die sich ans Werk der Befreiung gemacht

Achtzehnhundert vierzig und acht?

 

Achtzehnhundert vierzig und acht,

Als du geruht von der nächtlichen Schlacht,

Waren es nicht Proletarierleichen,

Die du, Berlin, vor den zitternden, bleichen

Barhaupt grüßenden Cäsar gebracht

Achtzehnhundert vierzig und acht?

 

Achtzehnhundert siebzig und drei,

Reich der Reichen, da stehst du, juchhei!

Aber wir Armen, verkauft und verraten,

Denken der Proletariertaten –

Noch sind nicht alle Märze vorbei,

Achtzehnhundert siebzig und drei.

 

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