Dieser gab zur Antwort daß er einen Schipper in seiner Jugend abgegeben / vnd wäre nach dem[8] sie von Africa abgereiset in dem Meer vnversehens erblindet / hätte nicht fortgehen können / vnd den Staar bekommen. Dieser nun fraget hinwiederumb den ersten wie er blind worden / welcher antwortet / er wäre ein Glasbläser gewesen / vnd seiner Augen verlustig worden /durch das Feuer welches jhn berühret. Endlich wenden sich die ersten beyde zu dem dritten vnd sprechen / melde du vns gleichsfalls auff was Weise du erblindet. Welcher anhub: Ich wil euch die Warheit sagen: Als ich noch jung / war ich der Arbeit hefftig gram / schlug dieselbige auß vnd gerieth ins Luder /vnd weil es mir an nöthigen Lebens-Mitteln fehlte /begont ich zu stelen. Als ich eines Tages / nach viel begangenen Bubenstücken in einem Orte stund / vnd einen Todten austragen sahe / welcher wol bekleidet /folgete ich der Leichen / zu schauen wo sie hingeleget würde: Man gieng hinter die Kirchen deß heiligen Johannis, legte sie in ein Grab / vnd begab sich nach verrichtetem Ambt zurück. So bald ich vernommen daß sie (die Trauer-Leute.) hinweg / machte ich mich in die Grufft / zog den Todten auß vnd ließ jhm nichts als ein Leinen Tuch. In dem ich nun auß dem Grabe mit vielen Kleidern beladen steigen wil / geben mir meine böse Gedancken ein / nim auch das Leilach /denn es ist köstlich. Ich Unglückseliger kehre wieder vmb / daß ich jhm das Leilach hinweg nehmen vnd jhn also nackend liegen liesse; der Todte aber erhub sich; strecket seine Hände über mich vnd rieß mir mit den Fingern die Augen auß. Und ich elender bin nach dem ich alles verloren mit grosser Angst vnd Gefahr auß dem Grabe kommen / etc. In folgendem Capitel erzehlet ein ander Jüngling Johanni dem Abt deß also genanten Riesen-Klosters seine Missethat mit folgenden Worten: Ich / mein Vater / der voll aller Laster /vnd weder deß Himmels noch der Erden würdig / vnd vor zweyen Tagen[9] gehöret / daß eines reichen Mannes auß den vornemsten dieser Stadt / Tochter / so noch Jungfraw gestorben / vnd mit vielen vnd köstlichen Kleidern in eine Grufft vor der Stadt begraben; bin auß Gewonheit dieses schändlichen Wercks deß Nachts zu dem Grabe kommen / hinein gestiegen vnd habe sie entkleidet. Nachdem ich aber alles hinweg genommen wormit sie angezogen / auch nicht deß Hembdes verschonet / sondern dasselbige abgezogen /sie so nackend als sie geboren verlassen / vnd numehr auß der Grufft hinauß wolte: Setzte sie sich auff vor mir / streckte die lincke Hand auß / ergrieff damit meine Rechte vnd sprach zu mir; du leichtfertigster Mensch geziemet dir mich also zu entblösen? Fürchtest du GOTT nicht! oder entsetzest du dich nicht vor der Verdammung deß letzten Lohnes? Hättest du nicht zum wenigsten dich über mich Todte erbarmen sollen? Bist du ein Christ? vnd hast vor ehrlich gehalten daß ich so nackend vor Christum treten solle? Hast du das Weibliche Geschlecht also entehren dörffen? Hat dich dieses Geschlecht nicht geboren? Hast du nicht deine Mutter selbst durch dieses Unrecht das du mir angethan / geschändet? Wie wilst du vnglückseliger Mensch Christo vor seinem erschrecklichen Richterstul Rechenschafft geben wegen dieses Lasters; das du wider mich begangen? In dem bey meinem Leben kein frembder je mein Angesicht beschauet; vnd du hast nach meinem Begräbnüß mich entblösset / vnd meinen Leib nackend gesehen. Weh über der Menschen Elend; in was Unglück ist es gefallen! Mit was Hertzen O Mensch! Mit was Händen empfängst du den Heiligen vnd werthen Leib vnsers HErren JEsu Christi? Ich / als ich dieses gesehen vnd gehöret / ward voll Entsetzung vnd Schreckens / vnd konte in Zittern vnd Furcht kaum zu jhr sagen; laß mich gehen / ich wil dieses nicht mehr thun. Sie aber sprach: Warhafftig! es wird nicht so seyn. Denn du bist herein kommen wie du gewolt: Du sollst aber nicht herauß gehen[10] wie du wilst. Denn dieses soll vnser beyder gemeines Grab bleiben / vnd bilde dir nicht ein / daß du bald sterben werdest; sondern du wirst die Gottlose Seele übel verlieren / nachdem du zuvor sehr viel Tage wirst allhier gequälet worden seyn. Ich aber bat sie mit viel Thränen / daß sie mich erlassen wolte / beschwor sie hefftig durch den allgewaltigen GOtt / versprach vnd schwur / daß ich dieses ungerechte vnd böse Werck nicht mehr begehen wolte. Endlich gab sie mir nach vielem meinem bitten / Thränen / vnd hefftigem Schlucken zur Antwort: Wo du leben vnd auß dieser Noth errettet werden wilst: So versprich mir / daß wo ich dich erlasse / du nicht nur von diesen schändlichen vnd vnheiligen Thaten abzustehen / sondern auch stracks der Welt abzusagen / ins Kloster dich zu begeben / vnd in dem Dienst Christi Busse vor deine Verbrechen zu thun dich entschliessen wollest. Ich aber schwur vnd sprach: Bey GOtt welcher meine Seele auffnehmen wird / ich wil nicht nur thun was du gesaget / sondern wil auch von dem heutigen Tag an / nicht in mein Hauß gehen / vnd mich von hier / vnd in die Einöde begeben. Da sprach die Jungfraw: Bekleide mich /wie du mich vorhin gefunden; als ich sie aber angezogen legete sie sich wieder nieder vnd entschlief. Kan nun jemand diesen Erzehlungen Glauben zustellen: So wird Celinden vnd Cardenio Gesichte jhm nicht so vngereimet vorkommen. Deren Meynung aber / die alle Gespenster vnd Erscheinungen als Tand vnd Mährlin oder traurige Einbildungen verlachen: Sind wir in kurtzem vernünfftig an seinem besondern Ort /zu erwegen entschlossen / vnd geben jhnen indessen vnseren Cardenio vor ein Traur-Spiel / das ist vor ein Getichte.[11]

 

Inhalt deß Trauer-Spiels.

Cardenio welcher in Olympien verliebet / entschleust sich Lysandern jhren Ehe-Gemahl / der durch eine vnbilliche List / jhre Heurath erlanget / zu ermorden /Bononien zu verlassen / vnd sich nach Toleto in sein Vaterland zu begeben. Celinde von Cardenio verlassen / vnd von seinem Abschied verwitziget / suchet allerhand / auch endlich zauberische Mittel ihn in jhrer Liebe fest zu halten. Beyde aber werden durch ein abscheuliches Gesicht von jhrem Vorsatz abgeschrecket / vnd durch Betrachtung deß Todes von jhrer Liebe entbunden. Wie nun Catharine den Sieg der heiligen Liebe über dem Tod vorhin gewiesen; so zeigen diese den Triumph / oder das Sieges-Gepränge deß Todes über die jrrdische Liebe.

Das Trauer-Spiel beginnet wenig Stunden vor Abends / wehret durch die Nacht / vnd endet sich mit dem Anfang deß folgenden Tages.

Der Schaw-Platz ist Bononien die Mutter der Wissenschafften vnd freyen Künste.[12]

 

Personen deß Trauer-Spiels.

Cardenio. Verliebet in Olympien.

 

Pamphilius. Sein geheimer Freund.

 

Olympia. Lysanders Gemahl.

 

Lysander. Vor diesem Cardenio Seiten-Buhl / nun Olympiens Ehe-Gemahl.

 

Vireno. Olympiens Bruder.

 

Celinde. Ein Fräulein in Cardenio verliebet.

 

Silvia.