Der Tugenden. Deß Todes vnd der Liebe.

 

Das Trauerspiel beginnet vor Auffgang der Sonnen /vnd endet sich mit dem Tage. Der Schauplatz ist die Königliche[10] Hoffhaltung zu Schiras in Persen. Die gantze Handelung bildet ab den letzten Lebens-Tag der Königin Catharine.[11]

 

Die Erste Abhandelung.

Der Schauplatz lieget voll Leichen-Bilder / Cronen /Zepter / Schwerdter etc. Vber dem Schau-Platz öffnet sich der Himmel / vnter dem Schau-Platz die Helle. Die Ewigkeit kommet von dem Himmel / vnd bleibet auff dem SchauPlatz stehen.

Ewigkeit.

 

Die Ihr auff der kummerreichen Welt

Verschrenckt mit Weh' vnd Ach vnd dürren Todtenbeinen.

Mich sucht wo alles bricht vnd felt /

Wo sich Eu'r ichts / in nichts verkehrt / vnd eure Lust in herbes Weinen!

Ihr Blinden! Ach! wo denckt jhr mich zu finden!

Die jhr vor mich was brechen muß vnd schwinden /

Die jhr vor Warheit nichts als falsche Träum' erwischt!

Vnd bey den Pfützen euch an stat der Quel erfrischt!

Ein Irrlicht ists was Euch O sterbliche! verführet

Ein thöricht Rasen das den Sinn berühret.

Wil jmand Ewig seyn wo man die kurtze Zeit[13]

Die Handvoll Jahre die der Himmel euch nachsiht

Diß Alter das vergeht in dem es blüht

In Vnmuth theilt vnd in Vergängligkeit?

Die Throne krachen1 ja wenn dieser sie nicht helt

Der durch ein Wort beweget Hell vnd Welt.

Offt hat der mit gekröntem Haupt beherrschter Länder Macht erschüttert

In einem Nu / vor frembdem Stul in angeschlossnem Stahl erzittert.

Man schlief nicht einmal nur auff die gesalbten Nacken

Schwerdt / Beil vnd Hacken.

Der Fürsten heylig Blut trof durch verfluchter Hencker Hand

In den ob diesem Greuel-stück entfärbten Sand.

Dem Vberwinder auch wurd offt sein Lorberkrantz

Verwandelt in Cypressen Aeste /

Er zog in seinem freudenfeste

Mit deß Triumphs Gepränge zu dem Todtentantz.

Was dieser baut bricht jener Morgen ein /

Wo jtzt Paläste stehn

Wird künfftig nichts als Gras vnd Wiese seyn

Auff der ein Schäfers Kind wird nach der Herde gehn

Euch selbst / den grosse Schlösser noch zu enge

Wird / wenn jhr bald von hier entweichen werdet müssen

Ein enges Hauß ein schmaler Sarg beschlissen.

Ein Sarg der recht entdeckt wie kurtz der Menschen Länge.2

Wo aber hin? nach was doch ringet jhr

Ihr die jhr glaubt daß euer Feder Macht[14]

Den Tod vnd Zeit hab' an ein Joch gebracht?

Glaubt frey die Ewigkeit beruht nicht auff Papir.

Indehm jhr Frembde wolt dem Vntergang entzihn;

Vermerckt jhr nicht wie eure Tag entflihn?

Ihr eilt indem jhr (trotz den Himmelslichtern!) wacht

In eures Grabes Nacht.

Wie mancher steigt durch Rauch deß falschen Ruhms verblendet

Nach hoher Ehr vnd fält /

Wenn der Gewächsten Flügel schwung bey gar zu naher Sonnen endet.

In höchste Schmach / vnd wird ein Scheusal aller Welt.

Ach thörichte! der vor euch sinckt auff beide Kni

Wündtscht offt euch da zu sehn wo nichts denn Tod vnd Müh.

Ihr die jhr euch in Gold verliebt

Vnd Sud vnd Ost durchrennt vmb andre reich zu machen;

Wo bleibt jhr wenn man alles übergibt?

Wenn eine Stunde schleust die Reitung aller Sachen?

Wer Jahre zehlt denckt der wol je an mich?

Wehn liebliche Gestalt betreuget /

Wehm seiner Wangen Farbe leuget

O HErr O Himmels HErr helt er sich schöner wol als dich?

Setzt Bilder auff! durchlaufft die grosse See!

Entdeckt ein wildes Land / setzt Nahmen auff den Schnee.3

Nennt Vfer / nennet Berg nach der Geschlechter Tittel

Ja schreibet Freund vnd euch ans Monden Rand vnd Mittel!4

Doch glaubt diß auch darbey[15]

Daß auch diß was jhr besitzet euch noch recht bekand nicht sey /

Daß jhr / was Ewig ist hier noch nicht habt gefunden /

Daß euch nur Eitelkeit vnd Wahnwitz angebunden /

Schaut Arme! schaut was ist diß Threnenthal

Ein FolterHauß / da man mit Strang vnd Pfahl

Vnd Tode schertzt. Vor mir ligt Printz vnd Crone

Ich tret auff Zepter vnd auff Stab vnd steh auff Vater vnd dem Sohne.

Schmuck / Bild / Metall vnd ein gelehrt Papir /

Ist nichts als Sprew vnd leichter Staub vor mir.

Hir über euch ist diß waß ewig lacht!

Hir vnter euch was ewig brennt vnd kracht.

Diß ist mein Reich / wehlt / was jhr wündtschet zu besitzen.

Wer allhier fählt dem wird nichts auff der Erden nützen.

Schaut deß Himmels Wollust an! hir ist nichts denn Trost vnd Wonne

Schaut den Kercker deß Verterbens / hir ist nichts denn Ach vnd Klage!

Schaut das Erbschloß höchster Lust; hir ist nichts denn Freud vnd Sonne

Schaut den Pful der schwartzen Geister; hir ist nichts denn Nacht vnd Plage

Was steht euch an?

Diß ist was Ewig euch ergetzen vnd verletzen kan.

Schauplatz der Sterbligkeit / Ade! ich werd auff meinen Thron entrücket

Die werthe Fürstin folget mir die schon ein höher Reich erblicket /

Die in den Banden frey / nicht jrrdisch auff der Erd /

Die stritt vnd lid für Kirch vnd Thron vnd Herd.[16]

Ihr / wo nach gleicher Ehr der hohe Sinn euch steht;

Verlacht mit jhr / was hir vergeht.

Last so wie Sie das werthe Blut zu Pfand:

Vnd lebt vnd sterbt getrost für Gott vnd Ehr vnd Land.

 

Demetrius. Procopius.

Der SchauPlatz verendert sich in einen Lustgarten

 

DEMETRIUS.

Diß ist die feste Burg die vnsern Schatz beschlossen

Das Kleinod dessen wir so kurtz / doch wol / genossen.

Die Sonn' Iberiens die als jhr Glantz anfing

Zu strahlen durch die Lufft so bluttig unterging

Verfinstert dieser Stein. Die vber vns regiret

Ward für vns in die Band' als eine Magd geführet?

Mit Ihr zog vnser Ruhm vnd Freyheit vnd Gewin

Vnd vngepochte Macht in frembdes Elend hin.

Wer hat euch nicht bißher mit vnerschöpfften Sehnen

Mit Seufftzenreichem Ach vnd vnverfälschten Thränen

Bejammert vnd betraur't. Wer wolte nicht dem Tod

Getrost entgegen ziehn / dafern die ehrne Noth

Vor euch solch Opffer wolt' O Königin der Frauen

Die je der Tag bekrönt kont auff der Erden schauen!

Die Vaterland vnd Reich durch Faust vnd Recht geschützt /

Den Strom der Tyranney mit Stahl vnd Mutt gestützt

Die jhres Fürsten Mord durch dessen Tod gerochen

Der Gott den Eyd / vns Trew / vnd alles Recht gebrochen[17]

Das Völcker je bepfählt der durch deß Vatern Brust5

Ins Brudern Hertze stiß: Fraw! eurer Zeiten Lust

Die Tefflis hat erquickt / Georgien ergetzet /

Der Persen Reich erschreckt vnd Gurgistan entsetzet /

Als sich die grimme Macht der grausen Schar verband

Zu dempffen vnser Volck mit Sebel / Pfeil vnd Brand

Die / als nichts übrig mehr für aller Heil zu wagen

Sich selber unverzagt wolt in die Schantze schlagen!

Ist werthe Königin / ist Hoffnung daß man noch

Euch auß der strengen Last / dem Demandfesten Joch

Erretet grüssen soll! wird vns der Himmel gönnen

Daß wir nach so viel Angst euch werden ehren können?

Geschickt auff eure Burg / gesetzt in euren Thron

Gelobt von eurem Volck / geküst von eurem Sohn.

Wird der mein greiser Kopff den schönen Tag erleben

Der vnser langes Leid sol durch die Freud auffheben?

PROCOPIUS.

Ich zweifle nunmehr nicht. Gott gibt vns in die Hand

Die Schlüssel dieser Kett' / Er reist das feste Band

Mit starcker Faust entzwey / Er öffnet vns die Thüren

Vnd zeigt vns Mittel an / die Perle wegzuführen.

Ihr habt es selbst gehört (traut bitt ich eignem Ohr)

Wie der Gesandte sich beym Tamaras6 verschwor;

Wie hoch Er sich versprach nach Moßkaw nicht zu dencken

Eh' aller Fleiß versucht ob Abas sey zu lencken.

Ihr schaut wie trefflich Ihn der grosse Hoff geehrt /

Mit was vor Anmuth Ihn der Persen Haubt gehört!

Wie glücklich Er verricht warumb Er außgesendet

Wie Er nach höchstem Wundtsch das gantze Werck vollendet.

Die Bitte mangelt noch die Er auff diesen Tag

In dem Er Abschiedt sucht gar leicht erhalten mag.

Solt Ihm / dem man bißher / so viel nicht abgeschlagen[18]

Ein eingekerckert Weib Chach Abas wol versagen?

DEMETRIUS.

Ein Weib / doch die geherrscht vnd sein gantz Reich gekränckt.

PROCOPIUS.

Der Er in heissem Zorn das Leben hat geschenckt.

DEMETRIUS.

Daß Sie durch lange Pein in höchster Angst verschwinde

PROCOPIUS.

Vielmehr daß Sie jhr Glück auch in dem Kercker finde.

DEMETRIUS.

Ihr Glück in diesem Hoff? in dem nur Mord vnd Tod!

PROCOPIUS.

Man fand die höchste Hülff / offt in der höchsten Noth.

DEMETRIUS.

Wie lang' hat Tamaras Sie nun vmbsonst begehret?

PROCOPIUS.

Den Er vor seinen Feind so vilmal hat erkläret.

DEMETRIUS.

Er weiß das diese Bitt herrührt von jhrem Sohn.

PROCOPIUS.

Der seine Bitt außdrückt durch eine grösser Cron.

DEMETRIUS.

Ist Reussen denn so viel an vnserm Heil gelegen?

PROCOPIUS.

Was bringt durch Gaben man bey Fürsten nicht zu wegen?

DEMETRIUS.

Gunst durch Geschenck erkaufft fällt durch Geschencke hin

PROCOPIUS.

Sie falle! wenn wir nur erhalten den Gewin!

DEMETRIUS.

Auß Persen der Gewin? Ist Abas euch so neue

Der Bluthund.

PROCOPIUS.

Zweifelt ihr an deß Gesandten Treue?

DEMETRIUS.

Gantz nicht an seiner Trew' / vnd viel an seiner Macht.

PROCOPIUS.

Chach kennt der Reussen stärck / im fall jhr Grimm erwacht.

DEMETRIUS.

Chach weiß daß Reussen nicht vmb eine Fraw wird kämpffen.

PROCOPIUS.

Wer sich vor Brand entsetzt muß auch die Funcken dämpffen.[19]

Wer Krig fleucht gibt dem Feind nicht Vrsach an die Hand.

DEMETRIUS.

Wer sich versichert wil / hält fest ob seinem Pfand.

Man läst die Leuen nicht leicht auß dem Käficht springen.

PROCOPIUS.

Es geh' nun wie es geh' diß Licht wirds mit sich bringen

DEMETRIUS.

Gewiß nicht schlechte Pein wo nicht die gröste Lust.

Mir ist ich weis nicht wie / mir ligt was auff der Brust

Ich schmachte zwischen Furcht / Verlangen / Angst vnd Hoffen

Wo bleibt doch Salome?

PROCOPIUS.

Halt an die Thür ist offen

In den verdeckten Gang hat sie mich nechst bestellt

Als ich der Persen Stahl bezwang durch Grichisch Geld.

 

Salome. Procopius. Demetrius.

 

SALOME.

Die braune Nacht vergeht / Diane wil erbleichen /

Der Wagen kehrt sich vmb / der Sternen Heer' entweichen

Der Himmel steht gefärbt / die Morgenröthe lacht /

Das grosse Licht der Weltt die edle Sonn erwacht.

Die angenehme Lufft spielt durch die grünen Wälder /

Der Perlne Taw erquickt / die außgedörten Felder

Die Welt steht als erneut. Wir aber wir allein[20]

Vergehen in der Angst. Die Finsternüß der Pein

Deß Kerckers grause Noth / die Fässel so vns binden

In frembder Tyranney / sind ewig hir zu finden.

Wir wündtschen: sonder Rath! wir hoffen: sonder Grund!

Wir bitten: sonder Trost! der auffgesprengte Schlund

Der Hellen kracht vns an / der Himmel leert die Keyle

Der Donner auff vns auß / die Schwefel-lichten Pfeile

Betrübte Königin! (ich klage nicht vmb mich.)

Betrübte Königin! verwunden ewig dich.

Du aller Fürsten Fürst wie lange wilst du wütten!

Ist dein grundgüttig Hertz nicht weiter zu erbitten.

Sol die / die auff dich traut die Völcker ewig sehn

So trotzen vber sich / die deinen Nahmen schmähn.

Die vnser herbe Noth für deine Schand außbreiten /

Die eine schlechte Fraw durch Macht vnd List bestreiten.

Mein JEsus schaw vns an reiß diese Wolck entzwey

Die dein Gesicht verdeckt / vnd gib die Seele frey

Die in dem Garn verstrickt. Wer reget mein Gemütte?

Mein kalter Geist entbrennt. Gibst du auff was ich bitte

Allwissend Wesen / acht? wie? oder fühlt mein Hertz

Vorbotten neuer Angst? kan jrgend noch ein Schmertz

Für vns vorhanden seyn? wie daß ich nicht vernommen

Die so auß Gurgistan vns zu besuchen kommen?

Sie haben ja der Thür auch nicht der Zeit verfehlt /

Die gestern beyderseits in höchster Eyl erwehlt?

Ach! hab ich wol zu späth mich an den Ort gefunden?

Ach hat der Wächter Grimm sie etwan schon gebunden!

Verzih ich? such ich! Nein! dein Leben laufft gefahr

Wo renst du arme hin? wo? nach der Todten-Bar

Sol ich vergebens denn Sie nach der Angst bemühen /

Sol ich der Königin die Mittel gantz entzihen[21]

Die vns der Himmel zeigt? nein warlich! Salome!

Wag alles was du kanst / kanst du nicht mehr! vergeh!

Dort seh ich beyde / nein! doch ja! O werd zu preisen

Die einig sich getrew in vnserm Weh erweisen /

Die nun der Plitzen Grimm hat über vns gesigt

Noch suchen jhre Fraw die in den Banden ligt /

Was führt euch in den Hoff?

DEMETRIUS.

Der Will' euch frey zu machen.

SALOME.

Ihr sucht dem Wolff ein Lamb zu reissen auß dem Rachen

PROCOPIUS.

Der Reussen Abgesand' ist hirmit selbst bemüht

Vnd treibt das Werck vor sich. Wer vns in Persen siht /

Schätzt vns vor seine Leut'

SALOME.

Ach möcht es Gott beliben!

DEMETRIUS.

Printz Tamaras hat selbst der Königin geschriben

SALOME.

Habt jhr deß Fürsten Brif?

DEMETRIUS.

Ist denn kein Mittel nicht

Zu küssen jhre Faust? zu schauen jhr Gesicht?

SALOME.

Seid ihr deß Lebens müd?

DEMETRIUS.

Ha! könt ich besser sterben

Als in dem schönen Dienst?

SALOME.

Ihr sucht vns zu verderben

Vnd ringt nach eurer Grufft. Jedoch; was felt mir ein?

Die Thür ist sonder Wach / folgt eilends mir herein.

Steht vns der Himmel bey. So weiß Er euch zu führen

Wo nicht: so wird die Trew doch vnser Grabmal zihren

 

Catharina.

Der SchauPlatz verändert sich in der Königin Zimmer.

 

Beherrscher diser Welt / der vnser Tage zehlt

Vnd die / die eh' als Erd vnd Himmel stund / erwehlt

Durch Hohn vnd Schmertzen übt / wie lange sol ich leiden?[22]

Wenn heissest du die Seel' auß diesen Gliedern scheiden?

Die jmmer stetes Ach mit heisser Pein beschwert.

Die tausendfaches Leid durch lange Qual verzehrt.

Was hab ich von Kind auff vor Wehmuth nicht empfunden?

Was fühlt diß Hertze nicht vor allzeit frische Wunden?

Weil der betrübte Tag diß Angesicht bestralt!

Ist nicht mein Purpurkleid durchaus mit Blut gemalt!

Ihr die jhr Fürsten hoch vnd mehr denn Seelig schätzet!

Schau't an wie manche Noth das Schwerdt auff mich gewetzet:

Die Eltern rühr' ich nicht / die ich schon da verlohr;

Als Alexander mich zu seiner Schnur erkohr.

Wer wündtschte mir nicht Glück als man auff dise Hare

Gurgistans Crone band / als in noch zartem Jahre

Der Printz Georgiens mich an die Seiten nam /

Vnd seines Zepters Gold in dise Rechte kam;

Wer jauchtzte nicht als ich den Tamaras geboren

Der zu deß Reiches Schirm vnd Hoffnung schien erkoren?

Ihr Armen! schaut vns an: was vns der Himmel gibt;

Sind Mittel dadurch Er / so bald Er zürnt / betrübt.

Wie offt saß ich bethränt so bald mein Schwäher klagte /

Vnd sein abtrünnig Blutt vor Gottes Recht außtagte!

Wenn er die greisen Har von seinem Schädel riß[23]

Vnd Seufftzer / Fluch vnd Weh auff seinen Sohn außstiß

Wenn er das Licht verflucht das Constantin beschauet

Der mehr auff Persens Hoff denn Gottes Bund getrauet

Wenn er das letzte Kind mein werthes Ehgemahl

Als Balsam herber Wund' als Trost erhitzter Qual

Mit nassen Wangen küst'. Ach! diß ist nicht zu setzen /

Bey diser Plagen Heer die mein Gemütt verletzen!

Diß war ein Donnerschlag der durch die Seele ging /

Vnd mein getroffen Hertz mit lichter Glut vmbfing;

Als ich mein zartes Kind dem Abas schicken muste

Das wenig oder nichts von Gott vnd Eltern wuste.

Bald zog das Weter auff das mit geschwinder Macht

Auff meines Schwähers Haubt vnd Ehgemahl erkracht.

Mein Schwäher fil dahin durch seines Sohnes Wunden

Mein König hat den Tod ins Brudern Hand gefunden /

Der grimme Constantin (O rasend-toller Mutt!)

Hat mit deß Brudern Leich' vnd greisen Vaters Blutt

Sein Gast Pancket befleckt. Kan wol ein Mensch ersinnen

Mit was Gemütt ich Mann vnd Schwäher schauen können

Vom Schwager selbst entleibt? Wie sich mein Geist entsetzt /

Als dieses Tygerthir das mich so hoch verletzt /

Mir Bett' vnd Eh' anboth? Blutschänder! must ich hören:

Daß du deß Bruders Weib gedachtest zu entehren /

Noch warm von seinem Mord! als dises Leid verging;

Sah' ich den neuen Sturm der in den Lüfften hing /

Vnd gantz Georgien durch jnnenländsche Krige

In Flamme Rauch vnd Grauß vnd ungeheure Sige /

Zu stürtzen mächtig war. Biß der Tyranne kam

Vnd mich auß meinem Thron mit in den Kercker nam.

Was hab ich nicht gesehn! was hab ich nicht erlitten!

Was hab ich nicht beklagt! wie bin ich nicht bestritten!

Was hab ich nicht erlebt! vnd was erfahr ich noch![24]

Erlöser! Ach wie lang zih ich in disem Joch.

Wie fern von meinem Hoff! vnd weggeraubter Crone!

Vnd vmbgekehrten Reich! vnd dem verjagten Sohne!

Mein Kind! mein Tamaras! hat dich der Persen Schwerdt

Hat dich der grimme Brand Armeniens verzehrt!

Ist noch von Gurgistan ein Steinhauff vberblieben!

Ist wer den Abas nicht ins Elend hat vertrieben!

Ist jemand auff der Welt der meine Noth beklag!

Der / ob ich lebend sey / ob ich verschiden / frag!

Ich weiß es selber nicht. Mein Leben ist beschlossen;

Doch schnaub ich in der Angst. Mein Blut ist nicht vergossen;

Doch bin ich mehr denn Tod / die Erde deckt mich nicht;

Doch schleust deß Kerckers Nacht mein trübes Angesicht.

 

Salome. Catharina.

 

SALOME.

Wie werd ich solche Freud' jhr können recht anzeigen?

CATHARINA.

Von wannen Salome mit diesen Rosenzweigen?

SALOME.

Ich jrrte durch den Hoff als jhre Majestet

Auffopffert' vnserm Gott' jhr feuriges Gebet

Da fand ich ohngefähr die neuen Sommers Zeichen.

CATHARINA.

O Blumen welchen wir in Warheit zu vergleichen!

Die schleust den Knopff kaum auff / die steht in voller Pracht[25]

Beperl't mit frischem Taw. Die wirfft die welcke Tracht

Der bleichen Blätter weg. Die edlen Rosen leben7

So kurtze Zeit / vnd sind mit Dornen doch vmbgeben.

Alsbald die Sonn' entsteht / schmückt sie der Gärte Zelt;

Vnd wird in nichts verkehrt so bald die Sonne felt.

So küssen wir den Tag benetzt mit eignen Thränen.

Vnd schwinden / wenn wir vns erst recht zu leben sehnen.

Schau wie die Röth' erblast / so fahren wir davon

So fleucht die Lust der Welt / so bricht der güldne Thron.

Nichts bleibt vns in der Faust als die nichts werthen Aeste /

Die Stachel / dises Creutz / die Angst / die Seelen Peste /

Die kummervolle Sorg' vnd überhäufftes Leid /

Vnd das Gedächtnüß nur verschwundner Libligkeit.

So / wie die Rose ligt / must auch mein Zepter brechen /

Die Dornen fühl ich noch die vnauffhörlich stechen.

SALOME.

Doch / wie wenn jtzt der Grimm der Winter sich gelegt /

Der harte Dornenstrauch erneute Rosen trägt;

So wird / wenn nun der Sturm deß Jammers wird verschwinden

Auch jhre Majestet gewündtscht' erquickung finden.

CATHARINA.

Es wintert vns ja recht. Der Zweig erinnert mich

Der Bilder / die ein Traum / eh' als die Nacht entwich

In diesen Geist gedruckt. Vns kamen die Paläste

Die wir besessen vor.