Meld ohne Furcht vnd scheue
Machst du durch deinen Schluß auch die Gefangne loß?
SEINELCAN.
Durchlauchtigster Monarch; zwar jhre Schuld ist groß /
Doch grösser ist die Gunst die Abas zu jhr träget /
Noch grösser ist jhr Trotz der dise Gunst außschläget.
Wie daß sein hoher Geist denn die so trefflich acht
Die Persens Königreich vnd König selbst verlacht?
Wie aber? schickt man sie denn vngestrafft von hinnen?
Kan man wol harter Straff' als Freyheit hir ersinnen?
(Wofern es Freyheit heist den meiden der vns ehrt /
Der ein gebunden Weib als eine Göttin hört.)
Die jtzt vor Ubermuth wer Chach vnd sie vergessen;
Wird wenn sie nur von hir jhr Vnglück recht ermessen;
Vnd fühlen das sie hir im Kercker mehr denn frey /
Doch dort in Gurgistan / mehr als gekerckert sey!
Chach wird sich zweyfels ohn nicht sonder Schmertzen finden;
Doch wissen wir daß Chach sich selbst könn' überwinden /
Den Niemand überwand! Abwesend seyn vnd Zeit
Lescht alle Flammen auß. Man sigt in libes Streit
Wenn man den Feind nicht siht. Itzt rühm ich nicht den Helden16
Den Trapezunt mit Ruhm / mit zittern Stambol melden /
Deß Bosfers grosse Stadt war nu in seiner Hand
Als sein ruhmdürstigs Hertz auff die Iren'17 entbrand /
Der Brand nam überhand / doch fil die Lust zu krigen /
Die Tapfferkeit schliff ein / vnd starb in so vil sigen;
Biß jhn sein Mustaphas als auß dem Traum erweckt /[60]
Vnd / das die Läger voll von Murren / frisch entdeckt.
Wol sprach er! rufft herbey die Völcker die vns dinen /
Die frech jhr Oberhaubt zu meistern sich erkühnen!
Der Tag sol zwischen vns vnd jhnen Richter seyn
Ob Wollust oder Wir dem Regiment zu klein.
Alsbald das Heer sich fand ist Mechmet selbst erschinen
Irene neben jhm voll funckelnder Rubinen
Voll schimmernd-heller Pracht / doch gläntzt jhr Angesicht
Mehr als der Kleider Gold vnd Diamante Licht.
Wer nur vorhanden; start auff Anblick diser Sonnen /
Die auch das kaltest' Eyß mit einem Stral gewonnen /
Ein jeder gab sich bloß vnd schalt den Fürsten frey /
Vnd rieff; das seine Lib an nichts zu tadeln sey!
Die ists! sprach Mechmet / die vns einig kont enttzünden
Doch lernt; das nichts vermag' vns Sinn vnd Hand zu binden /
Das Mechmet allzeit sein! eh' man es recht gewar
War schon die Sebel bloß / die Faust in jhrem Har /
Der Stahl in jhrem Hals! hir sah man jhre Leichen /
Vnd dort in seiner Hand der Wangen röth' erbleichen.
CHACH.
Er war in disem Stück ein Vnmensch gleich als du.
SEINELCAN.
Es ist die Meynung nicht das man was Mechmet thu
Nur (was vil leichter scheint.) man lasse willig fahren
Was selbst nicht bleiben wil vnd man nicht kan bewahren.
CHACH.
Bewahren? wie? wer führt wer hilfft jhr auß dem Ort?
SEINELCAN.
Ach! jhre Majestet / vnd jhr außdrücklich Wort.
CHACH.
Geredet eh' bedacht vnd in der Eil gesprochen!
SEINELCAN.
Der Persen grosser Fürst hat nie sein Wort gebrochen!
CHACH.
Wir wurden übereilt wie man außdrücklich sah.
SEINELCAN.
Diß laufft der Majestet deß Fürsten vil zu nah.[61]
CHACH.
Wird diß was vns so werth auß vnser Hand genommen?
SEINELCAN.
Vmb ein noch wehrter Gut den Friden zu bekommen.
CHACH.
O Teur erworben Gut! O hochgelibtes Pfand!
SEINELCAN.
Ist jhrer Majestet was liber als jhr Land!
CHACH.
Durch vnser Wort bist du Princessin vns vertorben!
SEINELCAN.
Wie / wenn als Menschlich ist / sie längst vorhin gestorben!
CHACH.
Der schickung were diß nicht vnser eigne Schuld!
SEINELCAN.
Diß schickt der Himmel auch. Drumb tragt es mit Geduld.
CHACH.
Wer wird die Wunde doch die sie vns schlug verbinden?
SEINELCAN.
Die Zeit die Mittel kan zu allen Wunden finden.
CHACH.
Ach warumb sind wir selbst auff Mittel nicht bedacht!
SEINELCAN.
Gold band die Freyheit selbst.
CHACH.
Hir ist es sonder Macht.
SEINELCAN.
Man kan / die einmal frey / noch einmal wieder fangen
CHACH.
Man fängt den Leuen kaum der einmal ist entgangen.
SEINELCAN.
Man schaw' ob durch verzug nichts zu erlangen sey.
CHACH.
Wo bleibt denn vnser Wort; Sie sey vor Abends frey?
SEINELCAN.
Wie wenn sie selbst als frey noch wolt alhir verzihen?
CHACH.
Sie? die nichts libers sucht als fern von hir zu flihen!
SEINELCAN.
Man bitt jhr alles an.
CHACH.
Der / die nichts achten mag /
SEINELCAN.
Der Baum der lange stund fält auff den letzten schlag.[62]
Was schadets daß man noch zu letzt was möglich wage.
Vnd jhr Ruhm / Ehre / Macht ja Cronen selbst vorschlage?
CHACH.
Es wird doch nur vmbsonst ja wol fürs letzte seyn
Doch; laß vns etwas Ruh! vns fält was sonders ein.
Reye der von Chach Abas erwürgeten Fürsten.
Chor.
Die leichte Handvoll Jahr
Die vns deß Himmels Licht auff diser Erden schencket;
Rennt nach der schwartzen Bar /
Diß Leben wird in Angst vnd Thränen gantz erträncket
Die Blumen eh' als sie gefunden /
Sind mit dem Mittag offt verschwunden /
Der Taw hat kaum das Feld genetzet /
Vnd ist nicht wenn die Sonn entsteht /
Ein Funck' hat kaum das Aug ergetzet;
Wenn er in seine Nacht vergeht.
Ein Schiff reist durch die See /
Ein Vogel durch die Höh /
Der Schatten durch das Land
Der Sturmwind über Sand
Die Pfeile siht man kaum durch die getheilten Lüffte streichen /
Doch nichts läst hinter sich deß zugeschwinden ganges Zeichen /
So schnell ja schneller fleucht diß Leben /
Das wir eh' enden als anheben.
Wir sind kaum in diß Licht geboren /[63]
Vnd sind schon von dem Tod erkoren
Den wir offt vnerkänt erleiden!
Wir kommen; vnd man heist vns scheiden.
Gegen Chor.
Doch Chach der Mörder riß
Den kurtzen Faden ab18 / vnd setzte Kling vnd Zangen
In vnsre Brust / er bliß
Diß Lebens Lichtlin auß eh' es die Zeit verhangen!
Was nützt es seinem Stahl entrinnen;
Wenn schwartze Gifft kont vns gewinnen?
Was halff es jhm die Hande bitten /
Wenn er mehr Freund als Feind beschwert?
Vil fillen hin durch grimmes Wütten;
Mehr sind durch Meuchelmord verzehrt /
Er brach mit grauser Hand
Auch deß geblüttes band /
Schertzt offt mit Eyd vnd Bund /
Vnd trat was fil vnd stund /
Doch sterben war vns leicht / er kont vns erst den Tod vergällen /
Durch aller Folter Art. Sein Grimm entbrand als Glut der Hellen.
Pfahl / Mörsel / Spiß / Bley / Beil vnd Stangen /
Rohr / Säge / Flamm / zuschlitzte Wangen /
Entdeckte Lung' / entblöste Hertzen /
Das lange zappeln in den schmertzen /
Wenn man vns Darm vnd Zung entrückte!
Das war was Abas Aug' erquickte.
Chor vnd Gegen Chor zusammen.
O Richter diser Welt dem Printzen zu gebott!
Wie lange sihst du zu?[64]
Hat denn der Bluthund noch / trotz Zeit! trotz Recht! vnd Gott.
Auff seinem Throne Ruh!
Wilst du HErr der Welt nicht wachen /
Vnd deß Grimms ein Ende machen!
Wilst du vnsern Tod nicht rächen?
Wilst du nicht mehr Vrtheil sprächen?
Gehn so viler tausend Schmertzen /
Richter / dir nicht mehr zu Hertzen?
Lässest du auff eines wincken
Gantze Reich' im Blut ertrincken?
Ernster Richter! übe Rache!
Wache! grosser Gott erwache.
Wache! Wache! Wache! Wache;
Rache! Rache! Rache! Rache.[65]
Fußnoten
12 Bajazeth. Dessen Geschichte nun mehr denn zu bekandt vnd von Leunclavio vnd andern weitläufftig beschriben.
13 Chaldar. Vorzeiten Chaldea / aus den alten / wie auch heiligen Schrifften berühmet genung.
14 Wolg. Der berühmte Fluß in Reussen / welchen etliche vor deß Ptolemaei Rha halten / lauffet zwischen disen Völckern vnd den Tartarn in die Caspische See. Ibidem. Phrat. Vorzeiten Euphrates. fleust zwischen Türckey vnd Persen in den Persischen Meerschos /oder Mare Elcatiff.
15 Czar. Der gewöhnliche Titul mit welchem die Reussen jhren Groß-Fürsten verehren. Soll nach etlicher Meynung von dem Lateinischen CAESAR herrühren.
16 Den Helden. Diser ist Muhammet der ander welcher Trapezunt vnd Constantinopel / welche die Türcken Stamboll nennen / erobert.
17 Iren. Dise traurige vnd schreckliche Mordthat wird von vnterschidenen erzehlet / der Autor Icariae hat sie weitläufftig beschriben. Am allertrefflichsten aber Ludovicus Cellotius S.J. in seinem vbermaß schönen Lateinischen Gedichte / welches nebenst andern seinen Poematibus außgegangen.
18 Von der alten vnd neuen Persen / hefftigen vnd ungeheuren Lebens-Straffen sind alle Bücher voll. Besihe Purchasium vnd Olearii Persische Reise. Die Beschreibung der Absendung welche auff Befehl Rudolphi II. an Chach Abas gethan / vermeldet / daß Chach Abas in gegenwart deß Abgesandten selbst / mit eigener Hand einen Gefangenen erhauen.
Die Dritte Abhandlung.
Catharina. Der Gesandte auß Reussen.
Der SchauPlatz bildet ab der Königin Zimmer
GESANDTE.
Durchlauchtigste / wo euch je Reussens Heil ergetzet/
Das nach so hartem Krig sich nun zu Ruhe setzet;
Wo jhr / wie vns vor dem nur mehr denn wol bewust
Ob vnsers Czaren Glück' je vnverfälschte Lust
Auff eurem Thron geschöpfft; so last euch jtzt bewegen
Eur überschweres Leid vmb etwas abzulegen /
Vnd wündtscht zu disem Werck' vnd Fürstlichen Vertrag
Der vns vnd Persen bind't was der berühmte Tag
Vnd eure Neigung heischt. So ists! wir sind verglichen![65]
Der Waffen Donnerklang; die Sturm-Wolck ist gewichen
Der Schwerdter grimmes Recht wil gantz verschoben seyn /
Vnd reumet seinen Platz dem edlen Friden ein!
Wol mir! dem nun erlaub't euch mit der Post zu ehren!
Doch warumb laß ich euch nur vnsre Freud' anhören?
Warumb schaw' ich so lang eur herbes Elend an?
Da doch der Tag mehr euch als andre trösten kan.
Princessin; vnsre Wonn ist eurer freuden Quälle.
O daß die süsse Lust / kein herbes Leid vergälle!
Der Freuden-schwangre Tag zubricht deß Kerckers Schloß/
Vnd Chach macht von der Kett' auff vnsre Bitt' euch loß.
Mein Fürst der stets bedacht die Thore zuentschlissen;
Lest durch die Freyheit euch / nicht mehr Gefangne grüssen/
Vnd wil daß neben vns auch eur betrübtes Land /
Vnd König Tamaras / der die geneigte Hand /
Nach euer rechten streckt / von Hertzen sich erfreue
Daß eur erlidten Leid / in Wollust sich verneue;
Vnd wündtscht vor so vil Creutz / das eur Gemüt bewehrt/
Euch noch mehr Glück' als ihr vnd Tamaras begehrt.
CATHARINA.
Der Reussen mächtig Haupt gibt warlich zu verstehen;
Daß seine Sinn' als Stand dem Himmel nahe gehen /
In dem es / wie auch Gott / mitleidend sich erzeigt /
Vnd sich von seinem Thron zu vnserm Kercker neigt.
Wir wissen weder Gott noch disem Recht zu dancken
Dem seine Tugend danckt. Wo in den rauhen Schrancken
Der vnerschöpfften Angst sich jemand freuen mag;
So glaubt vns Herr Gesandt / daß nicht die lange Klag /
Nicht die gehäuffte Pein / nicht die bethränten Wangen
Nicht was der Zeiten Grimm noch über uns verhangen
Vns hinder' an der Lust / die eure Ruh vns bracht.
Doch jhr seyd in der Lust auff vnser Leid bedacht /
Vnd sprecht vns frey / vnd last vns eigne Lust empfinden.
Glaubt Herr das heist auffs new' auff ewig vns verbinden[66]
Glaubt Herr / dem so vil Müh für vnser Heil behagt;
Wir bleiben euch verpflicht / vnd eures Czaren Magd.
GESANDTE.
Durchleuchtigst' ich bin mehr dem hohen Glück verpflichtet
Daß diser durch mich dint / die Wunder hat verrichtet
Als sie den Zepter führt / die man mit Wunder siht /
Nun jhrer Tugend Ruhm / trotz allen Banden! blüht.
CATHARINA.
Wir wissen nichts an vns dergleichen zuerkennen
GESANDTE.
Die sich nicht kennen wil weis ew'ger Ruhm zu nennen
Diß eine wündtsch ich noch: vergönt daß sich vermehr
Eur hochverdintes Lob vnd vnsern Czaren ehr
Durch Abriß diser Angst / die euren Geist beschweret
Vnd euren Cörper band.
CATHARINA.
Was jhr anjtzt begehret
Ist wenig für die Gunst die vns eur Fürst erzeugt!
Diß Auge stelt euch vor / ob schon die Lippe schweig't
Daß nichts als lauter Weh / als Ach vnd grimme Schmertzen
Als Mord / Verläumbdung / Haß / Verräther-tolles schertzen /
Vnd eine Flut von Blut / vnd höchster Tyranney /
Vnd Hencker / Brand vnd Pfahl euch vorzustellen sey!
Doch weil euch nicht erschreckt / was sonder furchtsam grauen
Auch ein verstockter Türck ohnmächtig anzuschauen;
Find't eur verlangen stat. Euch ist zu wol bekand
Daß leider wir zu schwach mit stets-bewehrter Hand
Der Türcken Nachbarschafft / der Persen strenges kämpffen
Die vns von Ost vnd West vmbpfählen recht zu dämpffen/
Drumb sucht Georgien / wie wol gezwungen / Schutz
Von dem der Schaden kan; vnd Stambol seinen Nutz
Auß Tefflis Dinstbarkeit. Wir / den die Casper Wellen[67]
Vnd Persens Marck-revir gesetzte Gräntzen stellen
Begrüsten Ispahan: doch wo wir Schutz begehrt /
Schlif man auff vnsern Hals das Mord-begir'ge Schwerdt /
In Tefflis hub zu erst der Blutsturm an zu wütten
Als der gepreste Fürst die Last sucht abzuschütten;
Vmbsonst! sein schwacher Arm ward durch die Türcksche Macht
Gefässelt vnd verstrickt. Als er durch Gifft vmbbracht;
Erhilt Printz Alovas deß Vatern Thron vnd Crone /
Selbst Achmet halff ihm auff / vnd gab dem zarten Sohne
Den weisen Meurab zu / der sich so tapffer hilt
Daß er mit seinem Ruhm das gantze Land erfült /
Die Hertzen mit der Gunst. Als Abas diß vermerckte /
Daß Achmet seinen Stat durch solche Mittel sterckte;
Befahr't er; daß / wo er nicht etwas früh erwacht /
Mocht' vnser Gurgistan vermehren Stambols Macht.
Drumb liß er Bund vnd Schutz vns vnversehns antragen /
Printz Alexander dorfft' jhm diß noch das ausschlagen.
Deß Türcken Nachbarschafft war freylich vns zu schwer;
Doch schreckt vns noch vil mehr der Persen streitbar Heer.
GESANDTE.
Da war Georgien recht zwischen Thür vnd Angel
CATHARINA.
Chach sucht ein näher Pfand / vnd damit ja kein Mangel
Auff vnser Seit' erschin / schickt vnser Fürst geschwind
Den Printzen Constantin sein erstgeboren Kind
Nach Persens Hoffstadt hin / daß Chach so hintergangen
Daß er durch Haly Wahn verzaubert vnd gefangen
Gott / Tauff vnd Creutz verschwor. O unverhoffter Schmertz!
O jammerreicher Stral / der durch deß Vatern Hertz
Biß an die Seele drang! Er riß die grauen Hare[68]
Von seinem kahlen Kopff' / vnd wündtschte nach der Bare
Ja er enterbte schlechts den abgefallnen Sohn /
Vnd gab der jüngsten Frucht / dem David Reich vnd Cron.
Dem David mit dem Wir! auff kurtze Zeit vermählet
Vnd leider! wenig Jahr' in höchster Trew gezählet /
Von dem Fürst Tamaras das erst vnd ein'ge Kind
In keuscher Eh' erzeugt / daß vnsre Band empfind
Vnd alle Schmertzen fült. Er fing kaum an zu blühen;
Als er auff Abas Wort auch must in Persen zihen /
Vnd für vns Geissel seyn.
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