Sie haben sich aus genau diesem Grund an mich gewandt.»
Pauline lachte zornig. «Das sieht Fanny ähnlich! Immer drängelt sie sich vor und stellt irgendwelche Forderungen. Mich wundert, dass du auf ein solches Argument hereinfällst. Denk einmal nach, Dexter. Ich bin keine Sekunde lang bereit zu glauben, bei dem Mahatma könnte etwas nicht in Ordnung sein, aber selbst angenommen, es wäre so…» Sie richtete sich auf und presste die Lippen aufeinander. «Ich weiß das Berufsgeheimnis zu respektieren und ich werde dich nicht bitten, ihre ekelhaften Andeutungen zu wiederholen; du weißt ja, ich gebe mir immer alle Mühe, mich von allem peinlichen oder boshaften Gerede fernzuhalten. Aber angenommen, es gäbe eine Grundlage für das, was sie behaupten – machen sie sich denn nicht klar, wie sehr die öffentliche Aufmerksamkeit Bees gutem Ruf schaden würde? Und wie wäre dir zumute, wenn du die Polizei losschicktest und dann feststellen müsstest, dass sie den Namen eines Mädchens in die Schlagzeilen bringt, das Jims Cousine und eine Freundin deiner Tochter ist?»
Manford rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her, sah sich dabei wieder im Spiegel und merkte, dass der Zug um seinen Mund jede professionelle Strenge verloren hatte. Er versuchte ihn wiederherzustellen, doch ohne Erfolg.
«Aber all das ist Unsinn», fuhr Pauline sanfter fort. «Der Mahatma und seine Freunde haben nichts zu befürchten. Wessen Urteil würdest du eher trauen, meinem oder dem der armen Fanny? Im Grunde stört mich nur, dass du dich von den Lindons in eine Affäre hineinziehen lässt, die sie und nicht den Mahatma in Misskredit bringt.» Sie lächelte ihr strahlendes, eisiges Lächeln. «Du weißt, wie stolz ich auf dein berufliches Ansehen bin; es wäre mir zutiefst zuwider, wenn du mit einem Fehlschlag in Verbindung gebracht würdest.» Sie schwieg, und er merkte, dass sie auf ihrem Standpunkt zu beharren gedachte.
«Das ist eine ziemlich üble Geschichte. Die Lindons haben ihre Beweise schon beisammen», sagte er.
Pauline errötete, und die unerschrockene Heiterkeit verschwand aus ihrem Gesicht. «Wie kannst du solchen Unsinn glauben, Dexter? Wenn du Fanny Lindon mehr glaubst als mir…»
«Das ist keine Frage des Glaubens. Lindon hat zweifelsfreie Belege; erst als er die hatte, ist er zu mir gekommen. Es tut mir leid, Pauline, aber du bist getäuscht worden. Dieser Mann muss überführt werden, und die Lindons hatten nun einmal den Mut, zu tun, wovor alle anderen zurückgeschreckt sind.»
Paulines Zornesröte war verblasst. Sie erhob sich und blieb vor ihrem Mann stehen, beunruhigt und verunsichert. Dann zwang sie sich merklich zur Selbstbeherrschung, nahm wieder Platz und verschränkte die Hände über ihrer goldverzierten Handtasche. «Dir wäre es also lieber, wenn der Skandal, falls es zu einem kommt, in der Öffentlichkeit breitgetreten wird? Wer würde dabei gewinnen außer Zeitungsreportern und Leuten, die die gute Gesellschaft in den Dreck ziehen wollen? Und wie wäre dir zumute, wenn Nona als Zeugin aufgerufen würde – oder Lita?»
«Ach Unsinn.» Er verstummte jählings und stand ebenfalls auf. Das Gespräch dauerte bereits länger, als er beabsichtigt hatte, und er fand nicht das rechte Wort, es zu beenden. Sein Kopf fühlte sich plötzlich leer an, kein einziges Argument fiel ihm ein, keine einzige Floskel. «Ich weiß nicht, warum du unbedingt Nona ins Spiel bringen musst, oder Lita…»
«Nicht ich, sondern du. Du tust es – wenn du diesen Fall übernimmst. Bee und Nona sind seit frühester Kindheit befreundet, und Bee ist ständig bei Lita. Meinst du nicht, die Anwälte des Mahatma machen sich das zunutze, wenn du ihn zum Kampf zwingst? Du wirst vielleicht einwenden, dass du darauf gefasst bist, und ich bewundere deinen Mut, aber ich teile ihn nicht. Bei der Vorstellung, dass unsere Kinder in die Sache verwickelt werden könnten, wird mir ganz schlecht.»
«Soweit ich weiß, hatten weder Nona noch Lita jemals etwas mit diesem Scharlatan und seinem Humbug zu schaffen», erwiderte Manford gereizt.
«Nona hat bei uns im Haus seinen Eurythmie-Unterricht besucht und ist mit mir zu seinen Vorträgen gegangen. Eine Weile hat sie sich sehr dafür interessiert.» Pauline schwieg einen Augenblick. «Von Lita weiß ich es nicht. Ich weiß überhaupt sehr wenig über Litas Leben vor ihrer Ehe.»
«Sie führte vermutlich das gleiche Leben wie alle anderen Freundinnen von Nona.»
«Ja, vermutlich. Kitty Landish könnte uns darüber aufklären.
1 comment