»Wer ist diese Lila eigentlich?« Mutter Oaks hätte für ihren gutaussehenden Besucher einiges getan, nur diese Frage konnte sie ihm nicht beantworten, es wäre nicht ungefährlich gewesen. »Was mir im Zusammenhang mit Lila Sorgen macht, ist dieser Wade«, sagte sie. »Ständig lungert er hier rum. Ob er hinter dem Mädchen her ist oder andere Gründe hat, ist mir nicht klar. Man weiß ja nie, was so ein Bulle ausheckt.« »Inspektor Wade?« Raggit Lane betastete nachdenklich sein Kinn. »Er ist sehr intelligent, nicht wahr?« Mutter Oaks lächelte spöttisch. »Halten sich nicht alle Bullen für wahre Wunderkinder? Ich habe gehört, die Gummimänner hätten ihn vor ein paar Tagen fast erwischt. Ich wünschte, es wäre ihnen gelungen!« Lane lachte leise. »Die Gummimänner scheinen sehr fleißig zu sein«, sagte er. »Wer sind sie?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nichts über sie«, antwortete sie mit großer Entschiedenheit. »Ich halte mich aus allem raus und kümmere mich um meine Angelegenheiten. Es ist schwer genug, sich seinen eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, warum sollte ich mir den Kopf darüber zerbrechen, was andere tun? Die Hälfte lügen ohnehin die Zeitungsschreiber zusammen, die Presse druckt doch alles, nur um mit einer Sensation aufwarten zu können.«

»Wie war's mit einem kleinen Geschäft, Oaks?« »Ich will mal nachsehen, was das Mädchen macht«, sagte sie, stand auf und verließ das Zimmer. Nach wenigen Minuten war sie wieder da und schloß die Tür hinter sich ab. Sie ging zum Kamin und rollte den Teppich zusammen. Mit einem kleinen Schürhaken hob sie ein unregelmäßiges Teil des Parketts her aus. Darunter lag ein Stück Filz, und als sie es wegnahm, kam eine schwarze stählerne Falltür zum Vorschein. Sie maß ungefähr dreißig Zentimeter im Quadrat und hatte ein Patentschloß. Mutter Oaks schloß auf und hob die schwere Tür nur mit Mühe hoch. Das Stahlfach darunter war wesentlich größer als die Öffnung. Mutter Oaks tastete darin herum und holte etwa ein halbes Dutzend kleiner Leinenbeutel heraus, die sie Lane reichte. Er legte sie auf den Tisch unter dem Milchglasfenster und öffnete sie vorsichtig. »Das ist billiges Zeug«, sagte Mutter Oaks, als er den ersten Beutel entleerte, der verschiedene Schmuckgegenstände enthielt — unter anderem billige Ohrringe und große, protzige Broschen aus minderwertigem Gold. »Der Beutel mit der roten Verschnürung ist der beste.«

Er musterte die Sachen geringschätzig und knüpfte dann das rote Band auf. Der Beutel enthielt wirklich ein paar schöne Stücke: einen Smaragd von zehn Karat, einen Brillantring, eine Halskette, einen Anhänger und fünf große Perlen. Lane betrachtete sie interessiert. »Die Kette ist wahrscheinlich gerissen, als die Besitzerin sich von ihr trennen mußte?« vermutete er.

Mutter Oaks schüttelte den Kopf und preßte die dünnen Lippen zusammen. »Ich stelle keine Fragen«, antwortete sie. »Ich weiß nicht, woher die Sachen kommen. Wenn der Preis stimmt, kaufe ich.