»Nur eine kurze Beschreibung, wie man auf kürzestem Weg zu unserem Revier kommt.«

Wade runzelte nachdenklich die Stirn. »Er war auf dem Weg zu uns und wurde daran gehindert. Was er wohl hier wollte?« »Vielleicht jemanden verpfeifen«, meinte der Sergeant. »Es sieht fast so aus.« Wade ging in sein Büro. Auf dem Schreibtisch lagen die Schmuckstücke, die man in der Bluse des Ermordeten gefunden hatte. Alle waren aus Platin — mit Ausnahme eines goldenen Siegelrings, der einem Mann gehört haben und sehr lange getragen worden sein mußte. Das Wappen war nur noch schwer zu erkennen. Es stellte einen Tempel und eine Gestalt in einem klassischen Gewand dar. Sie war so stark abgewetzt, daß man kaum ihre Umrisse erkannte. In den Ring eingraviert, aber ebenfalls schon fast unsichtbar, waren die Worte: »Von Lil für Harry«. In Inspektor Wades Büro gelangte man nur durch das Zimmer des Diensthabenden und den Vernehmungsraum. Es hatte ein vergittertes Fenster, und eine zweite Tür führte in den Hof. Der Schreibtisch stand vor dem Fenster. Wade und der Sergeant beugten sich gerade darüber und betrachteten die Schmuckfassungen, als der Inspektor plötzlich einen kühlen Luftzug spürte. Das Zimmer war immer ein bißchen zugig, aber so schlimm war es noch nie gewesen. Wade schaute sich nach der Ursache um, und was er dabei zu sehen bekam, ließ ihn mit einem Ruck herumfahren.

»Keine Bewegung!« kam gedämpft eine Stimme hinter einer Gummimaske hervor. »Ein Laut, und ihr landet in der Hölle.«

Zwei Männer in derben schwarzen Overalls standen im Zimmer - der eine auf der Schwelle, der andere zwischen Tür und Schreibtisch. Leichte Gasmasken verbargen ihre Gesichter, und an den Händen trugen sie enganliegende rote Gummihandschuhe. Zwei großkalibrige Pistolen zielten auf die beiden Polizeibeamten. »Zurück an die Wand«, sagte der Mann auf der Schwelle und kam nun auch näher. Wade und der Sergeant gehorchten. »Und halten Sie schön die Hände hoch!« Der Mann, der vor dem Schreibtisch stand, machte völlig geräuschlos zwei Schritte nach vorn, musterte die Schmuckstücke, nahm etwas an sich und wich dann rückwärtsgehend zur Tür zurück. Inspektor Wade war kein Narr. Er war unbewaffnet, seine Pistole lag in der Schreibtischschublade, und er war überzeugt, daß er mit seinem eigenen Leben auch das des Sergeants opfern würde.

Die beiden Gestalten bewegten sich geradezu unheimlich lautlos, und Wade sah, daß sie dicke Filzüberschuhe mit Gummisohlen trugen.

Nach kaum fünf Sekunden hatten sie das Büro wieder verlassen, die Tür hinter sich zugeworfen und abgeschlossen. Wade machte einen Hechtsprung zum Schreibtisch, riß die Pistole aus der Schublade und stürmte in den Vernehmungsraum, wobei er fast den Polizisten umrannte, der an der Tür auf Posten stand. Wade sah zwei Gestalten vor sich herlaufen, entdeckte den langsam fahrenden Wagen aber erst, als die beiden Männer hineinsprangen. Sofort gab der unsichtbare Fahrer Gas, und das Auto raste die menschenleere Straße hinunter. Nun hatte er natürlich keine Chance mehr. Er sprintete zum Revier zurück, wo der Sergeant schon alle vorhandenen Reserven mobilisiert hatte. »Die erwischen wir nicht mehr«, sagte John kurz.