Brown« sei. Aber sie war die Königin aller Lügnerinnen. »Fahren Sie eine halbe Meile stromabwärts, und wenden Sie dann wieder«, instruierte Wade seinen Steuermann, einen Sergeant. »Sobald wir Bord an Bord sind, halten Sie sich so nah wie möglich am Ufer, damit wir ganz dicht an der ›Seal of Troy‹ vorbeifahren können.«
Die beiden Leichter hatten inzwischen längsseits festgemacht. Achtern auf der Brücke stand in der Nähe der Ladeluken ein Schiffsoffizier. Zwei oder drei Männer, die wie Stauer aussahen, hielten sich neben den Luken auf. Weder der südamerikanische Offizier noch der Mann, den Wade nur so flüchtig gesehen hatte, ließen sich blicken.
Langsam fuhr die Barkasse an dem großen Trampschiff vorbei, sie mußte gegen eine starke Strömung ankämpfen. Sobald sie die »Seal of Troy« hinter sich gelassen hatte, wendete sie und fuhr quer über den Fluß. Wade nahm sein Fernglas und beobachtete aufmerksam die Bullaugen. Einmal schien ihm, als sei an einer der rechteckigen Öffnungen ein Gesicht aufgetaucht und wieder verschwunden. Aber das konnte auch Einbildung gewesen sein. Er legte das Glas aus der Hand und stand auf. »Zu den Favy Stairs, Sergeant«, sagte er. Die Barkasse krängte, als der Steuermann das Ruder herumlegte, um auf Gegenkurs zu gehen, und das Heck in den Sog der Strömung geriet. Plopp!
Etwas prallte gegen die Wand der kleinen Kabine mitschiffs, Glas splitterte, und ein Teil des hölzernen Fensterkreuzes zerbarst.
»Um Gottes willen!« schrie der Steuermann. »Fahren Sie weiter und achten Sie nicht darauf«, sagte Wade gelassen. »Was war das, Inspektor? Sind Sie verletzt?« Wade hatte sich auf die Knie geworfen. »Das war nur eine verrückte Möwe, mein Junge. Stellen Sie keine so verdammt albernen Fragen, ja! Ich bin jedenfalls tot. Warten Sie bis zur Leichenschau, bevor Sie wieder den Mund aufmachen.« Diese Unverfrorenheit! Bei hellem Tageslicht auf ihn zu schießen. Der Schuß war von der »Seal of Troy« gekommen, daran gab es keinen Zweifel. Bei dem Krach, den die Ausleger machten, war er bestimmt nicht zu hören gewesen, auch wenn der Schütze keinen Schalldämpfer benutzt hatte. Dennoch — eine unglaubliche Unverschämtheit! Wade empfand rückhaltlose Bewunderung für den Täter - im Augenblick. Die Barkasse kam zu einer schwimmenden Anlegestelle und machte dort fest.
»Helfen Sie mir an Land, ich werde mich schwer auf Sie stützen«, sagte Wade zum Steuermann. »Das ist natürlich reine Propaganda.«
Es war ein perfektes Schauspiel, als der unverkennbar erheblich verletzte Inspektor von der Barkasse heruntergehoben und über das Floß getragen wurde. Wade schätzte, daß die Kugel ihn höchstens um zwei Zentimeter verfehlt hatte und zwar nur deshalb, weil das Boot sich im selben Moment auf die Seite legte. Eine halbe Stunde später trafen drei hohe Beamte von Scotland Yard ein, sahen sich den Schaden am Boot an und verschwanden dann in dem Häuschen, in dem sich Wade versteckt hielt. »Es könnte eine Flußratte gewesen sein, die auf der Lauer lag, um Ihnen irgend etwas heimzuzahlen, Wade. Es gibt am Ufer Dutzende von Verstecken, aus denen man ungesehen schießen kann. Und, weiß der Himmel, beliebt sind Sie ja nicht gerade.« »Flußratten laufen nicht mit Gewehren herum, sie fallen zu sehr auf«, antwortete Wade.
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