Ich kann Ihnen nicht mehr über ihn sagen, als Sie schon wissen. Ich bin fertig mit Golly, ein für alle Mal.« »Das ist aber traurig«, sagte Wade beschwichtigend. »Sie brauchen trotzdem nicht unverschämt zu werden, Inspektor. Ich weiß zwar nicht, was meine privaten Sorgen Sie angehen, aber wenn Sie's unbedingt wissen wollen, bitte: Golly und ich kommen nicht gut miteinander aus, und außerdem ist er für meinen Geschmack viel zu gut Freund mit den Flußratten. Er kauft immer von den Kerlen und bringt mein Haus dadurch in Verruf. Ich habe ihm klipp und klar gesagt, daß ich das nicht mehr dulde.«

Das war eine ungewöhnlich sanfte und rechtschaffene Mutter Oaks. So sanft und rechtschaffen, daß Wade unbeeindruckt blieb.

»Golly hat nicht zufällig seine Adresse hinterlassen?« »Nein«, fauchte sie. »Ich habe Ihnen doch eben auseinandergesetzt, daß Golly mich nicht interessiert. Und außerdem werden Sie bald selber herausfinden, wo er wohnt. Ich wette, Sie haben ein paar Bullen hinter ihm hergeschickt.« Wades rastloser Blick schweifte im Raum umher. Es gab nichts Ungewöhnliches zu sehen, und Mutter Oaks' Verhalten hatte ihm nur verraten, daß Golly mit ihrem Wissen und ihrer Billigung gegangen war. Er erhob sich von dem Stuhl, auf den er sich unaufgefordert gesetzt hatte, und streckte sich. »Ich bin müde«, sagte er. »Ich war in Maidenhead und habe die Frau gesucht, die Golly in einem Wagen mit der Zulassungsnummer X.P. 1102 von dort weggebracht hat. Es war ein großer Wagen«, fuhr er fort. »Golly hat neben dem Fahrer gesessen und wurde natürlich erkannt. Wenn Anna etwas passiert« — seine stahlblauen Augen richteten sich fest auf Mutter Oaks - »wenn man sie zum Beispiel in einem oder zwei Tagen tot aus dem Fluß fischen würde, dann wäre das für Ihren Mann sehr peinlich. Aber wahrscheinlich interessiert es Sie nicht mehr, ob er gehängt wird oder nicht.« Die Sache von dieser Seite anzupacken, war eine Eingebung des Augenblicks. Wades Taktik beruhte auf dem Bluff mit der Autonummer. Trotz ihrer beispiellosen Selbstbeherrschung blinzelte Mutter Oaks. »Niemand wird sie umbringen —« begann sie und unterbrach sich plötzlich. Er ging zu ihr hin, baute sich vor ihr auf und sah auf sie hinunter. »Mrs. Oaks«, sagte er, »Sie spielen ein sehr unkluges Spiel. Und Sie stecken viel tiefer in der Sache, als Sie sich vorstellen können. Sie wissen, daß Golly diese Frau aus Maidenhead abgeholt hat. Sie wissen, daß er sie entweder hierher ins ›Mekka‹ oder nach London brachte. Sie wissen, daß man sie gegen ihren Willen verschleppte, und Sie wissen auch, warum. Ich wiederhole, wenn ihre Leiche heute, morgen oder irgendwann aus der Themse gefischt wird, wird es Ihrem Mann und Ihnen kaum gelingen abzustreiten, daß Sie etwas mit dem — Mord zu tun hatten.« Er hatte das Wort »Mord« mit voller Absicht gebraucht.