»Und es wird Ihnen auch sehr schwerfallen zu beweisen, daß Sie nicht mit den Gummimännern in Verbindung stehen, die schon ein paar Morde auf dem Kerbholz haben.«
Sie schluckte trocken. »Wenn Sie wissen, wo der Wagen ist...«
»Ich weiß es nicht. Ich kenne nicht einmal die Zulassungsnummer. Die habe ich nur erfunden. Diese Information schenke ich Ihnen, weil mir auffiel, daß Sie sich die Nummer gemerkt haben und schon morgen entdeckt hätten, daß sie ein reiner Bluff war. Daß Ihr Mann in dem Wagen saß, ist keine Erfindung von mir, sondern Tatsache, und ebensowenig ist es eine Erfindung, wenn ich Ihnen sage, daß ich ihn unter dem ersten besten Vorwand festnehmen werde.« Im ersten Moment schien sie verzweifelt, aber dann schien ihr ein tröstlicher Gedanke gekommen zu sein, und die Sorgenfalten auf ihrem Gesicht glätteten sich wieder. »War das alles, was Sie mir zu sagen hatten, Inspektor?« fragte sie mit ihrer alten Unverfrorenheit. »Das war alles«, antwortete er vergnügt. »Bemühen Sie sich nicht, ich weiß, wo es hinausgeht.«
Durch die offene Wohnzimmertür sah sie ihm nach, bis er — das vermutete er jedenfalls — das Haus verlassen hatte. Wade hatte etwa den halben Weg zu der kleinen Eisenpforte zurückgelegt, als hinter ihm etwas klirrend aufs Pflaster fiel. Er drehte sich um und leuchtete mit seiner kleinen Taschenlampe den Weg ab. Er entdeckte einen kleinen Schlüssel, eines von diesen Stückchen Metall, die in das Schloß jedes billigen Möbelstücks passen. Darum herumgewickelt und mit einem Faden festgebunden war ein Blatt Papier. Er hatte gerade noch Zeit, den Schlüssel aufzuheben und in die Tasche zu stecken, als die Haustür aufging und helles Licht auf den Weg fiel. Auf der Schwelle stand Mutter Oaks. »Inspektor Wade!« rief sie, und er machte kehrt und ging zurück.
Sie wollte ihn offensichtlich versöhnen. »Sie werden Golly doch nicht anzeigen?« fragte sie. »Was ich Ihnen gesagt habe, war die lautere Wahrheit, und ich möchte nicht, daß mein Name in den Dreck gezogen wird. Ich will versuchen, Golly noch heute nacht zu finden, und wenn ich ihn erreiche, sage ich ihm, daß er morgen zu Ihnen gehen soll. Falls er etwas über den Wagen weiß, wird er es Ihnen sagen. Wenn Sie wollen, bringe ich ihn her, und Sie können hier mit ihm reden.« »Ich will's mir überlegen«, sagte Wade.
Am liebsten wäre er unter der ersten Straßenlaterne stehengeblieben und hätte den Zettel gelesen, der an dem Schlüssel hing. Er zweifelte nicht daran, daß er von Lila stammte. Sie hatte ihm erzählt, sie schlafe in einem Mansardenzimmer nach vorn heraus. Doch er widerstand der Versuchung. Er wußte es zwar nicht, vermutete jedoch, daß man ihn beobachtete. Wades Diener Henry hatte einen Fehler: er schlief viel, tief und fest. Wenn Wade einmal seinen Hausschlüssel vergaß, hatte er große Schwierigkeiten, seinen Siebenschläfer zu wecken, der manchmal sogar mitten beim Abendessen einschlief. Verärgert stellte der Inspektor fest, daß er auch heute den Hausschlüssel nicht bei sich hatte. Er läutete ein paarmal Sturm — vergeblich. Daher beschloß er, um das Haus herumzugehen und so lange ans Fenster der Spülküche zu klopfen, bis Henry wach wurde.
Die kleinen Häuser in London sind einander alle sehr ähnlich.
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