Dreißig bis vierzig Jahre später jedoch, in der aufstrebenden Stadt, wollte ein bekannter, mächtiger Mann das Grundstück, auf dem die Hütte stand, unbedingt haben und berief sich auf die Behörden, die ihm dieses und ein großes angrenzendes Stück Land übereignet hätten. Nach allem, was wir von ihm wissen, zeichnete ein eiserner Wille Oberst Pyncheon, den Kläger, aus. Matthew Maule dagegen war zwar kein bedeutender Mann, doch verteidigte er hartnäckig, was er für sein Recht hielt, und schützte jahrelang das Stück Land, das er für seine Heimstätte samt Garten gerodet hatte, vor fremdem Zugriff. Ein schriftliches Zeugnis dieser Auseinandersetzung ist nicht bekannt, und wir kennen den Fall hauptsächlich aus der Überlieferung. Es wäre deshalb kühn und womöglich ungerecht, ein Urteil zu fällen, obwohl es zumindest fraglich scheint, ob der Anspruch des Obersten nicht ungebührlich weit ausgelegt wurde, bis er sich auch auf Matthew Maules kleines Anwesen erstreckte. Stark genährt wird dieser Verdacht von der Tatsache, dass der Streit zwischen den beiden ungleichen Widersachern über Jahre ungeschlichtet blieb – und dies zudem in einer gewiss löblichen Zeit, in der aber persönlicher Einfluss viel mehr als heute galt – und erst mit dem Tod der Partei, die das strittige Grundstück bewohnte, ein Ende fand. Auch die Art seines Todes berührt uns heute anders als sie vor eineinhalb Jahrhunderten auf die Menschen wirkte. Es war ein Tod, der den unauffälligen Namen des Siedlers in unfassbarem Entsetzen zunichtemachte und es beinahe als fromme Tat erscheinen ließ, sein kleines Besitztum umzupflügen und die Erinnerung an ihn zu tilgen.

Kurzum, der alte Matthew Maule wurde als Hexer hingerichtet. Er war eines der Opfer jenes schrecklichen Wahns, aus dem wir unter anderem lernen sollten, dass die einflussreichen Eliten und selbst ernannten Führer des Volkes genauso von Leidenschaften verblendet werden können wie der schlimmste Pöbel. Geistliche, Richter, Staatsmänner – die weisesten, besonnensten, frömmsten Zeitgenossen – umringten zuvorderst den Galgen, beklatschten die Bluttaten am lautesten und gestanden als Letzte ein, wie jämmerlich sie sich getäuscht hatten. Sollte man an ihrem Vorgehen überhaupt etwas nicht gar so verwerflich finden, wäre es die eigentümliche Unterschiedslosigkeit, mit der sie nicht nur, wie bei früheren Justizmassakern, die Armen und Alten verfolgten, sondern Leute jeglichen Standes: ihresgleichen und ihre Brüder und Frauen. Bei diesem allgemeinen Chaos und Verderben ist es nicht weiter seltsam, dass ein unscheinbarer Mann wie Maule in der Menge seiner Leidensgenossen fast unbemerkt den Märtyrergang zum Richtstatthügel antrat. Doch als sich in der Folge die Tobsucht dieser abscheulichen Tage gelegt hatte, erinnerte man sich, wie lautstark Oberst Pyncheon in den allgemeinen Ruf, das Land von der Hexerei zu säubern, eingestimmt hatte. Und es blieb auch nicht aus, dass geflüstert wurde, er habe die Verurteilung von Matthew Maule mit boshafter Schärfe betrieben. Es war wohl bekannt, dass das Opfer im Verhalten seines Verfolgers bittere persönliche Feindschaft erkannt und erklärt hatte, er werde um der Beute willen zu Tode gehetzt. Vor der Hinrichtung – mit der Schlinge um den Hals, in Gegenwart von Oberst Pyncheon, der die Szene zu Pferd grimmig beobachtete – hatte Maule ihm vom Schafott eine Prophezeiung entgegengeschleudert, die von der Geschichtsschreibung wie von der mündlichen Tradition wörtlich überliefert wurde. «Gott», sagte der Sterbende und wies mit furchterregendem Blick auf seinen Widersacher, der keine Miene verzog, «Gott wird ihm Blut zu trinken geben!»

Nach dem Tod des angeblichen Hexers wurde dessen bescheidenes Heim Oberst Pyncheon zur leichten Beute. Als es aber hieß, der Oberst beabsichtige, einen Familiensitz – geräumig, aus schwerem Eichenholz und auf Wohlstand über viele Generationen angelegt – an dem Ort zu errichten, wo einst Matthew Maules Blockhütte gestanden hatte, schüttelten die Schwätzer im Dorf heftig den Kopf. Ohne rundweg zu bezweifeln, dass der stramme Puritaner während der ganzen geschilderten Vorgänge immer als Mann von Ehre und Gewissen gehandelt hatte, gaben sie doch zu verstehen, er baue sein Haus über einem unruhigen Grab. Sein Heim wäre auch das des Hexers, der tot und begraben war, und dessen Geist hätte darum eine Art Vorrecht, in seiner neuen Wohnung umzugehen und in den Räumen, in die künftige Ehemänner ihre Bräute führen und wo die Kinder der Pyncheons geboren würden. Schrecken und Schändlichkeit von Maules Verbrechen und das Elend seiner Strafe würden die frisch getünchten Wände verdunkeln und sie früh mit dem Moder eines alten und trübsinnigen Gemäuers verpesten. Rundum regnete das Laub unberührter Wälder auf den Boden herab – warum wählte Oberst Pyncheon da einen Ort, auf dem schon ein Fluch lag?

Aber der puritanische Soldat und Magistrat war kein Mann, der sich aus Furcht vor dem Geist des Hexers oder wegen noch so begründeter Empfindlichkeiten von seinem wohlerwogenen Plan abbringen ließ. Hätte man ihm von schlechter Luft erzählt, hätte dies vielleicht etwas bewirkt, aber mit einem bösen Geist gedachte er es aufzunehmen. Mit praktischem Sinn begabt, hart und massiv wie Granit, von einem unbeugsamen Willen wie mit Eisenklammern zusammengehalten, verfolgte er seine ursprüngliche Absicht, wohl ohne an Einspruch auch nur zu denken. Für Rücksichten oder Bedenken, die eine empfindsamere Natur gekannt hätte, war der Oberst wie die meisten Männer seiner Generation und Herkunft unempfänglich. Darum grub er seinen Keller und baute die Grundmauern seines Anwesens auf dem Stück Land, wo Matthew Maule vierzig Jahre zuvor als Erster das Laub weggefegt hatte. Es war eine sonderbare und, wie manche glaubten, unheilvolle Tatsache, dass der erwähnte Quell, kaum hatten die Arbeiter sich ans Werk gemacht, seine einst köstliche Reinheit völlig verlor. Sei es, dass er durch die tiefen Erdarbeiten beeinträchtigt worden war, sei es, dass eine verborgenere Ursache zugrunde lag, jedenfalls wurde das Wasser von Maules Brunnen, wie man ihn immer noch nannte, brackig und hart. So ist es noch heute, und jede alte Frau aus der Gegend wird bestätigen, dass man Bauchschmerzen bekommt, wenn man dort seinen Durst stillt.

Es mag dem Leser sonderbar erscheinen, dass der Baumeister des neuen Hauses ausgerechnet der Sohn des Mannes war, dessen Totenhand das Grundstück entrissen worden war. Aber wahrscheinlich war er der beste Handwerker damals.