Die Politik des New Deal, welche sich in Übereinstimmung mit der Arbeiter- und Farmeraristokratie, diese privilegierend, anstrengt, die imperialistische Demokratie zu retten, ist in ihrer breitesten Anwendung nur für sehr reiche Nationen anwendbar und in diesem Sinne echt amerikanische Politik. Die amerikanische Regierung hat versucht einen Teil der Kosten dieser Politik auf die Schultern der Trustherren abzuwälzen, mit dem Versuch die Löhne zu erhöhen und den Arbeitstag zu verkürzen, um so die Kaufkraft der Bevölkerung zu steigern und die Produktion zu entwickeln. Léon Blum versuchte diese Predigt in die französische Elementarschule zu übertragen. Vergeblich! Der französische wie der amerikanische Kapitalist produziert nicht aus Liebe zur Produktion, sondern für den Profit. Er ist immer bereit, die Produktion einzuschränken, selbst Waren zu zerstören, wenn sein eigener Teil des nationalen Einkommens keinen Zuwachs aufweist.

Am unbeständigsten ist das Programm des New Deal darin, dass es einerseits an die kapitalistischen Magnaten Predigten auf die Vorteile der Teuerung hält, und dass andererseits die Regierung Prämien verteilt, um die Produktion zu senken. Kann man sich eine größere Konfusion vorstellen? Die Regierung verwirrt ihre Kritiker mit der Herausforderung: Könnt ihr es besser machen? Der Sinn aus all dem ist der, dass die Lage auf der Basis des Kapitalismus hoffnungslos ist. Seit Ende 1933, dass heißt während der letzten sechs Jahre, haben die Bundesregierung, die Bundesstaaten und die Städte an die Arbeitslosen nahezu 15 Milliarden Dollar an Unterstützung verteilt, eine an sich ungenügende Summe, welche kaum die Hälfte der verlorenen Löhne repräsentiert, aber gleichzeitig eine kolossale Summe, wenn man die Verminderung des Nationaleinkommens betrachtet. Im Laufe des Jahres 1938, das ein Jahr der relativen Wiedergeburt der Wirtschaft wurde, vermehrte sich die Schuld der Vereinigten Staaten um zwei Milliarden Dollar und betrug 38 Milliarden, dass heißt, dass sie den höchsten Punkt zu Ende des ersten Weltkriegs um zwölf Milliarden überschritt.

Zu Beginn 1939 überschritt sie 40 Milliarden. Und nachher? Das Anwachsen der nationalen Schuld ist unzweifelhaft eine Last für die künftigen Generationen. Aber der New Deal ist nur möglich auf Grund des kolossalen akkumulierten Vermögens der vorangegangenen Generationen. Nur eine sehr reiche Nation konnte sich eine derart extravagante Politik erlauben. Aber, auch eine derartige Nation kann nicht unbegrenzt fortfahren, auf Kosten vergangener Generationen zu leben. Die Politik des New Deal mit ihren Scheinresultaten und dem wirklichen Anwachsen der nationalen Schuld muss unweigerlich zu einer blutdürstigen kapitalistischen Reaktion und einer verheerenden Explosion des Imperialismus führen. Mit anderen Worten, sie führt zu dem gleichen Ergebnis wie die Politik des Faschismus.

Anomalie oder Norm?

Der Staatssekretär des Inneren der Vereinigten Staaten, Harold Ickes, betrachtet die Tatsache, dass Amerika seiner Form nach demokratisch, seinem Inhalt nach autokratisch ist, als eine sonderbare Anomalie der Geschichte: „Amerika, das Land in dem die Mehrheit regiert, wurde zumindest bis zum Jahre 1933 (!) durch die Monopole kontrolliert, welche auf ihre Art von einer kleinen Anzahl von Aktionären kontrolliert werden.“ Das Urteil ist korrekt, mit Ausnahme der Zuflüsterung Roosevelts, dass die Herrschaft des Monopols aufgehört oder sich abgeschwächt hat. Indessen ist das, was Ickes „eine der sonderbarsten Anomalien der Geschichte“ nennt, in der Tat die unbestreitbare Norm des Kapitalismus. Die Beherrschung der Schwachen durch die Starken, der viel größeren Zahl durch einige wenige, der Arbeiter durch die Ausbeuter, ist ein fundamentales Gesetz der bürgerlichen Demokratie.

Was die Vereinigten Staaten von den anderen Ländern unterscheidet, ist einzig der weit größere Raum, und die größere Ungeheuerlichkeit der kapitalistischen Widersprüche, Fehlen der feudalen Vergangenheit, immense natürliche Hilfsquellen, ein energisches und unternehmendes Volk, mit einem Wort, alle jene Bedingungen, die eine ununterbrochene demokratische Entwicklung ankündigten, haben in der Tat eine phantastische Konzentration des Reichtums erzeugt. Uns versprechend, diesmal den Kampf gegen die Monopole bis zum Sieg zu führen, nimmt Ickes unvorsichtiger Weise Thomas Jefferson, Andrew Jackson, Abraham Lincoln, Roosevelt und Woodrow Wilson zu Zeugen, als Vorläufer von Franklin Roosevelt. „Alle unsere großen historischen Gestalten“, sagte er am 30. Dezember 1937, „sind gekennzeichnet durch ihren hartnäckigen, mutigen Kampf für die Verhinderung der Kontrolle durch den Reichtum und dessen Überkonzentration, sowie gegen die Konzentration der Macht in wenigen Händen.“ Aber es zeigen seine eigenen Worte, dass das Ergebnis dieses „hartnäckigen und mutigen Kampfes“ die vollkommene Beherrschung der Demokratie durch die Plutokratie ist.

Aus einem unerklärlichen Grunde denkt Ickes, dass dieses Mal der Sieg gesichert ist, vorausgesetzt, dass das Volk versteht, dass der „Kampf“ sich nicht zwischen dem New Deal und den mittleren Unternehmern abspielt, sondern zwischen dem New Deal und den „60 Familien“, welche trotz Demokratie und den Anstrengungen der „größten historischen Gestalten“, ihre Herrschaft über den Rest der mittleren Unternehmer aufgerichtet haben. Die Rockefellers, die Morgans, die Mellons, die Vanderbilts, die Guggenheims, die Fords und Co. sind nicht von außen in die Vereinigten Staaten eingedrungen, wie Cortez in Mexiko, sie sind organisch aus dem „Volk“, oder genauer gesagt, aus der Klasse der „industriellen und mittleren Geschäftsleute“ hervorgegangen und repräsentieren heute, gemäß Marx’ens Voraussage, den natürlichen Gipfelpunkt des Kapitalismus. Wenn eine junge und starke Demokratie in ihren besten Tagen nicht im Stande gewesen ist, der Konzentration des Reichtums Einhalt zu gebieten, solange dieser Prozess noch an seinem Beginn war, ist es da möglich, auch nur eine Minute zu glauben, dass eine absteigende Demokratie imstande sein sollte, die Antagonismen der Klassen, welche ihre äußerste Zuspitzung erreicht haben, abzuschwächen? Es steht fest, dass die Erfahrungen des New Deal keinerlei Grund für irgendwelchen Optimismus geben.

Die Anklage der Schwerindustrie zurückweisend, hat R.H. Jackson, ein in den administrativen Sphären hochgestellter Mann, sich auf Zahlen stützend, bewiesen, dass die Profite der Kapitalmagnaten unter der Präsidentschaft Roosevelts eine Höhe erreicht haben, von welcher sie während der Präsidentschaft Hoovers zu träumen aufgehört hatten, was auf alle Fälle zeigt, dass der Kampf Roosevelts gegen die Monopole von keinem viel größeren Erfolg gekrönt war als der seiner Vorgänger.

Zurück in die Vergangenheit

Man kann mit Professor L.S. Douglas, dem ehemaligen Budget-Direktor der Administration Roosevelts, nur übereinstimmen, wenn er die Regierung verurteilt, weil sie die Monopole auf einem Gebiet „attackiert“ und auf vielen anderen ermutigt. Es kann indessen in Wirklichkeit, nicht anders sein: Nach Marx „ist die Regierung der geschäftsführende Ausschuss der herrschenden Klasse.” Diese Regierung kann nicht dermaßen gegen die Monopole im allgemeinen kämpfen, das heißt, gegen die Klasse, mit deren Willen sie regiert.

Während sie bestimmte Monopole attackiert, ist die Regierung genötigt, Verbündete in anderen Monopolen zu suchen. In Allianz mit den Banken und der Leichtindustrie kann sie gelegentlich einen Schlag gegen die Trusts der Schwerindustrie führen, die deshalb nicht aufhören, unterdessen phantastische Gewinne zusammenzuraffen.

Lewis Douglas opponiert nicht der offiziellen Scharlatanerie der Wissenschaft. Er sieht die Quelle des Monopols nicht im Kapitalismus, sondern im Protektionismus und zieht den Schluss, dass das Heil der Gesellschaft nicht in der Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, sondern in der Herabsetzung der Zolltarife zu suchen sei. „Solange die Freiheit der Märkte nicht wieder hergestellt ist“, predigt er, „ist zu bezweifeln, ob die Freiheit der Institutionen, Unternehmen, des Wortes, der Erziehung, der Religion weiter bestehen kann.“ Mit anderen Worten: Wenn man nicht die Freiheit des internationalen Handels wiederherstellt, muss die Demokratie überall und in dem Maße, wie sie überlebt ist, den Platz an eine revolutionäre oder faschistische Diktatur abtreten. Aber die internationale Handelsfreiheit ist undenkbar bei Herrschaft des Monopols.