Sprecht ihr verehrten Herrn; was wollt ihr wissen?
Graf Otto. Warum, als Friedrich Graf vom Strahl erschien, In deines
Vaters Haus, bist du zu Füßen Wie man vor Gott tut, nieder ihm
gestürzt? Warum warfst du, als er von dannen ritt' Dich aus dem
Fenster sinnlos auf die Straße, Und folgtest ihm, da kaum dein Bein
vernarbt, Von Ort zu Ort, durch Nacht und Graus und Nebel, Wohin sein
Roß den Fußtritt wendete?
Käthchen (hochrot zum Grafen). Das soll ich hier vor diesen Männern
sagen?
Der Graf vom Strahl. Die Närrin, die verwünschte, sinnverwirrte, Was
fragt sie mich? Ists nicht an jener Männer Gebot, die Sache darzutun,
genug?
Käthchen (in Staub niederfallend). Nimm mir, o Herr, das Leben, wenn
ich fehlte! Was in des Busens stillem Reich geschehn, Und Gott nicht
straft, das braucht kein Mensch zu wissen; Den nenn ich grausam, der
mich darum fragt! Wenn du es wissen willst, wohlan, so rede, Denn
dir liegt meine Seele offen da!
Hans. Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt?
Wenzel. Im Staub liegt sie vor ihm-Hans. Gestürzt auf Knieen-Wenzel.
Wie wir vor dem Erlöser hingestreckt!
Der Graf vom Strahl (zu den Richtern). Ihr würdgen Herrn, ihr
rechnet, hoff ich, mir Nicht dieses Mädchens Torheit an! Daß sie Ein
Wahn betört, ist klar, wenn euer Sinn Auch gleich, wie meiner, noch
nicht einsieht, welcher? Erlaubt ihr mir, so frag ich sie darum: Ihr
mögt, aus meinen Wendungen entnehmen, Ob meine Seele schuldig ist, ob
nicht?
Graf Otto (ihn forschend ansehend). Es sei! Versuchts einmal, Herr
Graf, und fragt sie.
Der Graf vom Strahl (wendet sich zu Käthchen, die noch immer auf
Knieen liegt). Willt den geheimsten der Gedanken mir, Kathrina, der
dir irgend, faß mich wohl, Im Winkel wo des Herzens schlummert, geben?
Käthchen. Das ganze Herz, o Herr, dir, willt du es, So bist du
sicher des, was darin wohnt.
Der Graf vom Strahl. Was ists, mit einem Wort, mir rund gesagt, Das
dich aus deines Vaters Hause trieb? Was fesselt dich an meine
Schritte an?
Käthchen. Mein hoher Herr! Da fragst du mich zuviel. Und läg ich
so, wie ich vor dir jetzt liege, Vor meinem eigenen Bewußtsein da:
Auf einem goldnen Richtstuhl laß es thronen, Und alle Schrecken des
Gewissens ihm, In Flammenrüstungen, zur Seite stehn; So spräche
jeglicher Gedanke noch, Auf das, was du gefragt: ich weiß es nicht.
Der Graf vom Strahl. Du lügst mir, Jungfrau? Willst mein Wissen
täuschen? Mir, der doch das Gefühl dir ganz umstrickt; Mir, dessen
Blick du da liegst, wie die Rose, Die ihren jungen Kelch dem Licht
erschloß?--Was hab ich dir einmal, du weißt, getan? Was ist an Leib
und Seel dir widerfahren?
Käthchen. Wo?
Der Graf vom Strahl. Da oder dort.
Käthchen. Wann?
Der Graf vom Strahl. Jüngst oder früherhin.
Käthchen. Hilf mir, mein hoher Herr.
Der Graf vom Strahl. Ja, ich dir helfen, Du wunderliches Ding.--(Er
hält inne.)
Besinnst du dich auf nichts?
Käthchen (sieht vor sich nieder).
Der Graf vom Strahl. Was für ein Ort, wo du mich je gesehen, Ist dir
im Geist, vor andern, gegenwärtig.
Käthchen. Der Rhein ist mir vor allen gegenwärtig.
Der Graf vom Strahl. Ganz recht. Da eben wars. Das wollt ich
wissen. Der Felsen am Gestad des Rheins, wo wir Zusammen ruhten, in
der Mittagshitze. - Und du gedenkst nicht, was dir da geschehn?
Käthchen. Nein, mein verehrter Herr.
Der Graf vom Strahl.
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