so möge man mir hinfort das Elysium zu nennen erlauben, aus dem ich verwiesen worden ... als Cupidos Frühmesse bezeichnet worden wäre. Ja, mein Piercie Shafton, das Schicksal hat sich recht herbe gegen Dich erwiesen, indem es Dich hierher bannte in diesen einsamen Winkel, wo Du Deinen herrlichen Witz vergeuden mußt an Bauerndirnen und Dich messen mußt mit vierschrötigen Gesellen. Aber für solchen Schimpf, und wär er mir zugefügt worden von dem gemeinsten Plebejer, gibt es keine andre Remedur als den Tod. Von meiner Hand soll er sterben, der Wicht, die Maßlosigkeit der Beleidigung gleicht den Unterschied im Stande hier vollständig aus. Zudem glaube ich, daß sich der Flegel und Prahlhans zu Hieben wohl ganz ebenso bequemen wird, wie zu Spott und Hohn.«
Unter solchem Selbstgespräch eilte der Ritter nach dem kleinen Birkengebüsch, das zwischen den beiden Widersachern als Stätte des Rendezvous gewählt worden war. Als er dort hinkam, fand er den Gegner schon anwesend. Er grüßte ihn höflich und begleitete den Gruß mit den Worten:
»Ich ersuche Euch, mein junger Herr, nicht unbeachtet zu lassen, daß ich vor Euch den Hut ziehe, trotzdem Ihr mir an Rang so tief nachsteht. Indessen hat die Ehre, die ich Euch dadurch erwiesen habe, daß ich Eure Herausforderung annahm, uns nach dem besten Urteil aller Kämpen gewissermaßen, wenigstens für die Zeit unsres Zwistes, auf gleiche Stufe miteinander gestellt. Diese Ehre muß Euch, meine ich, höchst wohlfeil dünken, selbst wenn sie Euch das Leben kosten sollte, was im bevorstehenden Kampf allerdings hohe Wahrscheinlichkeit für sich haben dürfte.«
»Diese Gnade von Eurer Ehren,« versetzte Halbert, »habe ich wohl lediglich dem geringfügigen Dinge aus Silber zu verdanken, das ich Euch zeigte?«
Im Nu verfärbte sich der Ritter und knirschte vor Wut mit den Zähnen.
»Heraus mit der Klinge!« schrie er grimmig. »Nicht hier, Herr Ritter,« versetzte Halbert, »denn hier könnten wir gestört werden. Seid so freundlich, mir an einen Ort zu folgen, wo wir mit Ruhe und Sicherheit vor jeder Störung unsern Zweikampf zu Ende führen können.«
Er schritt das Tal hinauf, in der Absicht, die unter dem Namen Corrinan-Shian bekannte Schlucht aufzusuchen, weil sie als Aufenthalt von Gespenstern und Geistern verschrieen war und zufolgedessen von den Leuten der Umgegend gemieden wurde. Aber als er am Eingange der Schlucht angelangt war, legte ihm die geringe Breite des ebnen Bodens den Gedanken nahe, daß es unklug von ihm wäre, einen Platz zu wählen, der ihm nicht Raum genug böte, seine Gewandtheit zu voller Entfaltung zu bringen, da er doch lediglich dadurch die ihm mangelnde Kenntnis der Fechtkunst einigermaßen ausgleichen könnte. Einen solchen Platz fand er nun aber nicht früher, als bei der wohlbekannten Quelle, an deren Rande sich, gegenüber von dem gewaltigen Felsblock, aus dessen Schoße sie entsprang, eine weite Rasenfläche ausdehnte, die Raum genug bot für das Vorhaben, das sie hierher geführt hatte.
Die finstre, einsame Lage dieser Oertlichkeit machte sie zum Schauplatz eines Kampfes auf Leben und Tod in ganz besonderm Maße geeignet. Aber eine höchst seltsame Ueberraschung wurde ihnen hier zu teil, denn dicht am Fuße des Felsens war mit äußerster Sorgfalt und Akkuratesse ein Grab geschaufelt worden. Der grüne Rasen lag auf der einen, die Erde auf der andern Seite aufgeschüttet, und am Rande lagen Hacke und Schaufel.
Sir Piercie Shafton heftete auf Halbert Glendinning einen Blick des tiefsten Ernstes und fragte in strengem Tone: »Soll das Verrat bedeuten, Jüngling? Habt Ihr etwa vor, mich hier wie in einer Imboscata, einem Hinterhalte, zu überfallen?«
»Nicht ich, Herr Ritter, beim Himmel! nicht ich!« rief entrüstet der junge Glendinning. »Ich habe keinem Menschen von unserm Vorhaben etwas erzählt und möchte auch um den Thron von Schottland nicht gegen einen Feind mich solches Vorteils bedienen.«
»Ich glaube so etwas auch nicht von Dir, mein Sohn,« erwiderte der Ritter, »aber das Grab ist mit solcher Akkuratesse ausgehoben, daß es dreist als Meisterstück des letzten Bettmachers der Natur, ich meine des Totengräbers, gelten könnte. Aber danken wir hierfür dem Zufall oder einem unbekannten Freunde, der es sich nicht hat nehmen lassen mögen, für einen von uns ein schickliches Begräbnis vorzubereiten, und lassen wir uns dadurch nicht abhalten, die Entscheidung darüber zu suchen, wem von uns beiden das Glück beschert sein wird, sich an diesem einsamen Plätzchen einem ungestörten Schlummer überlassen zu dürfen.«
Mit diesen Worten legte er Wams und Mantel ab, legte sie mit äußerster Sorgfalt zusammen und auf einen Felsblock. Nicht ohne Unruhe folgte Halbert Glendinning seinem Beispiel, denn da er die Behausung der weißen Frau hier in der Nähe wußte, kam er wider Willen auf mancherlei Vermutung in betreff des hier aufgeworfnen Grabes.
»Von ihr muß es herrühren,« dachte er bei sich, »und von niemand sonst! der Geist sieht den verhängnisvollen Ausgang voraus. ... Ich kann den Platz bloß verlassen als Mörder, oder muß in dies Grab hier steigen.«
»Da wir,« nahm nun Sir Piercie das Wort, »ohne Sekundanten unsern Zweikampf ausfechten, so möchte es wohl gut sein, Ihr befühltet meine und ich Eure Körperseite, wenn ich auch keineswegs meine, als könntet Ihr einen verborgnen Panzer auf dem Leibe tragen, sondern einzig und allein einem alten, löblichen, bei solcherlei Fällen vorgeschriebnen Brauche zu Ehren.«
Halbert Glendinning schickte sich in diese Grille seines Widersachers, und Sir Piercie verfehlte unterdes nicht, die Aufmerksamkeit des Jünglings auf das feine, kunstvoll gestickte Hemd zu lenken, das er auf dem Leibe trug.
»In diesem Hemde,« erzählte er, »in welchem ich jetzt mit einem Bauern aus Schottland, denn was anders bist Du nun doch einmal nicht, zu kämpfen mich anschicke, war mir das beneidenswerte Los vergönnt, in jenem herrlichen Ballspiel, das zwischen dem göttlichen Asphodel, unserm unvergleichlichen Sidney, und dem höchst ehrenwerten und liebreichen Lord von Oxford stattfand, die von Sieg gekrönte Partei zu führen. Alle Huldinnen unsrer Felicia, unter welchem Namen ich mein geliebtes England meine, befanden sich auf der Galerie, und bei jeder Wendung, die das Spiel nahm, schwenkten sie mit den Tüchern und spornten die Kämpfer durch ihren Beifall. Auf das Ballspiel folgte ein unvergleichliches Bankett, wobei es der herrlichen Urania – der Gräfin von Pembroke – gefiel, mich durch Ueberreichung ihres eignen Fächers zu beglücken, damit ich mir das lebhaft gerötete Antlitz ein wenig kühle. Ich aber legte, um diese Artigkeit zu erwidern, mein Angesicht in trübe Falten und spracht: O, göttliche Urania! nehmet doch Eure huldvolle Gabe wieder an Euch, denn mir bringt dieser Fächer keine Kühlung, sondern übergießt mich gleich dem Hauch eines glühenden Sirokko mit Feuerbrand ... worauf sie mich mit höhnischen Blicken maß, ohne jedoch einen gewissen Grad von Wohlwollen dabei zu verbergen, der jedem Höfling von einiger Erfahrung ohne weiteres offenbar geworden wäre ...«
Hier aber fiel Halbert dem Ritter ins Wort, denn es kam ihm so vor, als ob Sir Piercie die größte Lust hätte, statt zu einem Schluß mit diesen Erinnerungen zu kommen, sich vielmehr aus dem Hundertsten ins Tausendste zu begeben.
»Ich meine, Herr Ritter, daß solche Erzählung für das, was wir hier vorhaben, nicht unbedingt von nöten ist, und so wäre es wohl auch geraten, sich nicht länger damit aufzuhalten. Wenn Ihr so gern die Zeit mit Reden verbringt, hättet Ihr meiner Meinung nach klüger gehandelt, in England zu bleiben, denn in Schottland zieht man Streiche den Worten vor.«
Die Schwerter fuhren aus der Scheide, und der Kampf nahm seinen Anfang. Halbert sah bald ein, daß seine Befürchtung begründet gewesen und daß er seinem Gegner in der Führung der Waffe bedeutend unterlegen war. Sir Piercie Shafton hatte wahrlich nicht geprahlt, als er sich einen hervorragenden Fechter nannte, und Halbert erschien es von Minute zu Minute zweifelhafter, ob es ihm gelingen werde, gegen einen solchen Meister im Fechten aufzukommen. Sir Piercie war mit allen Schlichen in der Führung von Schwert und Degen wohlvertraut und war auch im Besitze einer sehr beträchtlichen Körperkraft. Halbert hielt sich demzufolge zunächst in der Defensive, um seinem Gegner die Schliche und Schwächen abzugewinnen, und die unausbleibliche Folge hiervon war, daß auch der Ritter, nach ein Paar kräftigen Angriffen, die Halbert abgewiesen oder auf geschickte Weise vermieden hatte, sich auf die Defensive beschränkte, aus Furcht, bei stetigem Angriff sich zu leicht Blößen geben zu können.
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