»Ich glaub, ich hab mal gelesen, daß in einigen Ecken von Amerika abgesägte Schrotflinten als Waffe benutzt werden. Abgesehen von dem Namen auf dem Lauf war mir schon so eine Ahnung gekommen. Folglich hätten wir einen ziemlich klaren Beweis, daß dieser Mann, der ins Haus eingedrungen ist und den Hausherrn umgebracht hat, ein Amerikaner war.«
MacDonald schüttelte den Kopf »Menschenskind, also jetzt gehen Ihnen aber wirklich die Pferde durch«, sagte er. »Ich weiß noch von keinem Beweis, daß überhaupt irgendein Fremder im Haus war.«
»Das offene Fenster, das Blut auf dem Fensterbrett, die komische Karte, die Stiefelspuren in der Ecke, das Gewehr.«
»Da ist nichts, was nicht hätte arrangiert werden können. Mr. Douglas war Amerikaner oder hat lange in Amerika gelebt. Mr. Barker ebenso. Sie brauchen also keinen Amerikaner von außen einzuführen, um Amerikanisches zu erklären.«
»Ames, der Butler …«
»Wie steht’s mit ihm? Ist er zuverlässig?«
»Er war zehn Jahre bei Sir Charles Chandos – verläßlich wie ein Fels. Er ist schon bei Douglas, seit der vor fünf Jahren das Manor House übernommen hat. Ein Gewehr von dieser Art hat er noch nie im Haus gesehen.«
»Das Gewehr war zum Verstecken gedacht. Deshalb sind ja die Läufe abgesägt worden. Es würde in jede Kiste passen. Wie kann er denn beschwören, daß es kein solches Gewehr im Haus gab?«
»Tja, jedenfalls hat er nie eines gesehen.«
MacDonald schüttelte den sturen schottischen Schädel. »Ich bin noch nicht überzeugt, daß da überhaupt irgendwer im Haus war«, sagte er. »Ich bitt Sie, überlegen Sie doch mal« – sein Aberdeen-Akzent wurde deutlicher, als er sich in seine Folgerungen verlor. »Ich bitt Sie, überlegen Sie doch mal, was daraus folgt, wenn Sie voraussetzen, daß es eine Person von außen war, die das Gewehr ins Haus geschafft und all diese seltsamen Dinge angestellt hat. Oh, Menschenskind, das ist doch einfach undenkbar! Das geht glatt gegen den gesunden Menschenverstand. Ich will Ihnen sagen, Mr. Holmes, was ich nach allem Gehörten davon halte.«
»Nun, tragen Sie Ihren Fall vor, Mr. Mac«, sagte Holmes in seinem schönsten Richterton.
»Der Mann ist kein Einbrecher; vorausgesetzt, es gibt ihn überhaupt. Die Ringgeschichte und die Karte deuten auf vorsätzlichen Mord aus irgendeinem persönlichen Grund. Sehr gut. Da ist also ein Mann, der in ein Haus schlüpft mit der wohlbedachten Absicht, einen Mord zu begehen. Er weiß – wenn er überhaupt was weiß –, daß er bei seiner Flucht Schwierigkeiten haben wird, weil das Haus von Wasser umgeben ist. Was für eine Waffe wird er wählen? Man sollte meinen, die leiseste von der Welt. Dann kann er nämlich hoffen, nach vollbrachter Tat rasch aus dem Fenster zu schlüpfen, durch den Graben zu waten und sich in aller Ruhe aus dem Staub zu machen. Das wäre einleuchtend. Aber ist es einleuchtend, daß er so verrückt sein soll, die lauteste Waffe mitzubringen, die er kriegen kann, wo er doch wohl weiß, daß die jeden Menschen im Haus sofort im Sauseschritt herbeilockt und daß er höchstwahrscheinlich gesehen wird, ehe er noch über den Graben gelangen kann? Ist das glaubhaft, Mr. Holmes?«
»Tja, Sie haben den Fall überzeugend dargestellt«, erwiderte mein Freund nachdenklich.
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