»Die Sache bedarf gewiß einer ganzen Menge von Erklärungen. Darf ich fragen, Mr. White Mason, ob Sie gleich die andere Seite des Grabens untersucht haben, um festzustellen, ob es dort irgendwelche Anzeichen dafür gab, daß der Mann aus dem Wasser gestiegen ist?«

»Da gab’s keine Anzeichen, Mr. Holmes. Allerdings handelt es sich um eine Steinkante, und da kann man kaum welche erwarten.«

»Keine Schuhabdrücke oder Fußspuren?«

»Nichts.«

»Ha! Hätten Sie etwas dagegen, Mr. White Mason, wenn wir gleich zum Haus gingen? Vielleicht gibt es dort noch die eine oder andere Kleinigkeit, die uns anregen könnte.«

»Das wollt ich gerade vorschlagen, Mr. Holmes, aber ich hielt es für richtig, Sie mit allen Fakten vertraut zu machen, bevor wir gehen. Ich nehme an, wenn Ihnen was auffallt …« White Mason sah den Amateur voller Zweifel an.

»Ich habe schon mit Mr. Holmes gearbeitet«, sagte Inspektor MacDonald. »Er hält sich an die Spielregeln.«

»Zumindest an meine Vorstellung von den Spielregeln«, sagte Holmes lächelnd. »Ich nehme mich eines Falles an, um die Ziele der Gerechtigkeit und die Arbeit der Polizei zu unterstützen. Wenn sich mein Weg einmal vom amtlichen trennte, so deswegen, weil man sich zuerst von mir getrennt hat. Ich habe nicht den Wunsch, auf Kosten anderer einen Vorteil zu erzielen. Gleichzeitig jedoch, Mr. White Mason, nehme ich das Recht in Anspruch, auf meine Weise zu arbeiten und meine Resultate zu einem von mir gewählten Zeitpunkt bekanntzugeben – und dann lieber vollständig als etappenweise.«

»Ihre Anwesenheit ist uns natürlich eine Ehre, und Ihnen alles zu zeigen, was wir wissen, auch«, sagte White Mason herzlich. »Kommen Sie, Dr. Watson; später einmal hoffen wir alle auf ein Plätzchen in Ihrem Buch.«

Wir spazierten die malerische Dorfstraße hinunter, durch eine Reihe gestutzter Ulmen zu beiden Seiten. Just dahinter standen zwei uralte, verwitterte und von Flechten bedeckte Steinpfeiler, deren Spitzen ein formloses Etwas trugen, das weiland den aufgerichteten Löwen des Capus von Birlstone dargestellt hatte. Ein kurzer Marsch längs der gewundenen Auffahrt, mit Rasen und Eichen ringsum von solcher Art, wie man sie nur im ländlichen England findet; dann eine plötzliche Biegung, und da lag das langgestreckte, niedrige Haus aus König James’ Zeiten mit seinen schmutzigen, leberfarbenen Ziegelsteinen vor uns; zu beiden Seiten erstreckte sich ein altmodischer Garten mit beschnittenen Eiben. Als wir näherkamen, sahen wir die hölzerne Zugbrücke und den schönen breiten Burggraben; er lag so still und klar wie Quecksilber im kalten winterlichen Sonnenschein. Drei Jahrhunderte waren an dem alten Manor House vorübergeflossen, Jahrhunderte der Geburt und des Heimgangs, der Reihentänze und der Fuchsjagden. Sonderbar, daß nun, im hohen Alter, diese dunkle Begebenheit ihren Schatten auf die ehrwürdigen Mauern werfen sollte. Und doch waren diese seltsamen spitzen Dächer und malerisch überhängenden Giebel ein passender Rahmen für finstere und schreckliche Machenschaften. Als ich die tiefliegenden Fenster und die langgestreckte Flucht der mattfarbenen, wasserbeleckten Fassade betrachtete, schien es mir, als könnte es keine passendere Kulisse für solch eine Tragödie geben.

»Das ist das Fenster«, sagte White Mason; »das da unmittelbar rechts von der Zugbrücke. Es steht noch so offen, wie es letzte Nacht vorgefunden wurde.«

»Es sieht ziemlich schmal aus für einen Mann zum Durchschlüpfen.«

»Naja, dick war der Mann jedenfalls nicht. Da brauchen wir nicht Ihre Deduktionen, Mr. Holmes, um das festzustellen. Aber Sie oder ich könnten uns allemal durchquetschen.«

Holmes trat an den Grabenrand und blickte hinüber. Dann untersuchte er die Steinkante und die angrenzende Grasumsäumung.

»Ich hab’s mir gut angesehen, Mr. Holmes«, sagte White Mason.