– Ja, ja, ist schon gut, ... wir werden später sehen – indeß, ich habe einen Befehl für Sie, den letzten, den Sie von mir empfangen werden.

– Ich höre, entgegnete der zweite Officier.

– Mein Herr, nimmt der Kapitän das Wort, von jetzt ab existire ich nicht mehr an Bord und Sie übernehmen das Commando des Schiffes ... Die Verhältnisse sind stärker als ich, ... ich vermag nicht zu widerstehen ... Mein Kopf schwindelt! ... O, ich leide sehr, Mr. Kurtis«, fügt Silas Huntly hinzu und drückt seine beiden Hände gegen die Stirn.

Aufmerksam betrachtet der zweite Officier Den, der bisher an Bord befehligte und begnügt sich zu antworten:

»Es ist gut, Herr Kapitän.«

Nach dem Verdeck zurückgekehrt, erzählt er mir das Vorgefallene.

»Ja wohl, sage ich, wenn der Mann auch noch nicht ganz von Sinnen ist, so leidet er doch am Gehirn und es ist besser, daß er sich seines Mandats freiwillig begeben hat.

– Ich trete unter sehr ernsten Umständen an seine Stelle, erwidert mir Robert Kurtis. Doch, wie dem auch sei, ich werde meine Pflicht zu thun wissen.«

Nach diesen Worten ruft der zweite Officier einen Matrosen herbei und befiehlt ihm, den Hochbootsmann zu suchen.

Der Hochbootsmann erscheint in kurzer Zeit.

»Hochbootsmann, sagt Robert Kurtis zu ihm, lassen Sie die Mannschaften sich am Großmast versammeln.«

Der Hochbootsmann zieht sich zurück und wenige Minuten später umringen die Leute des Chancellor den bezeichneten Platz.

Robert Kurtis begiebt sich mitten unter sie.

»Jungens, sagt er mit ruhig ernster Stimme, in der Lage, in welcher wir uns befinden, und aus anderen mir bekannten Gründen hat Mr. Silas Huntly sein Commando als Kapitän niederlegen zu sollen geglaubt. Von heute an commandire ich an Bord.«

So vollzog sich dieser Wechsel, der nur zu unser Aller Besten dienen kann. Jetzt haben wir einen energischen und verläßlichen Mann an der Spitze, der vor keiner für das allgemeine Wohl erforderlichen Maßnahme zurückschrecken wird. Die Herren Letourneur, Ingenieur Falsten und ich bringen Robert Kurtis unsere Glückwünsche dar, wobei der Hochbootsmann und der Lieutenant sich uns anschließen.

Das Schiff steuert nach Südwesten, und Robert Kurtis, der so viele Segel als möglich beisetzen läßt, sucht die nächste Insel der Kleinen Antillen auf kürzestem Wege zu erreichen.

XIII.

Vom 24. bis 29. October. –

Während der nun folgenden fünf Tage geht das Meer sehr hohl. Der Chancellor hat es aufgeben müssen, dagegen anzukämpfen, und trotzdem er jetzt mit dem Winde und den Wellen geht, wird er doch ganz außerordentlich umhergeworfen. Bei dieser Fahrt auf einem Brander ist uns auch kein Augenblick der Ruhe gegönnt. Man betrachtet das Wasser, welches das Schiff umgiebt und anzuziehen scheint, fast mit Vergnügen.

»Warum aber,« habe ich zu Robert Kurtis gesagt, wollen Sie das Verdeck nicht öffnen? Warum keine Tonnen mit Wasser in den Kielraum eingießen? Und wenn das Schiff damit angefüllt würde, was thäte das? Wenn das Feuer gelöscht ist, werden die Pumpen das Wasser ja leicht wieder entfernen.

– Mr. Kazallon, antwortet mir Robert Kurtis, ich habe Ihnen schon gesagt und wiederhole es Ihnen, wenn wir der Luft einen auch noch so geringen Zutritt gestatten, so wird das Feuer sich sofort durch das ganze Schiff verbreiten und die Flammen werden dasselbe vom Kiel bis zu den Mastspitzen ergreifen. Wir sind zur Unfähigkeit verurtheilt und befinden uns unter Verhältnissen, in denen man den Muth haben muß, Nichts zu thun!«

Ja! Jede Oeffnung hermetisch verschließen, das ist noch immer das einzige Mittel, die Feuersbrunst zu bekämpfen, und das vernachlässigt auch die Mannschaft nicht.

Inzwischen schreitet das Feuer unablässig fort, und vielleicht schneller, als wir es annehmen. Nach und nach ist die Hitze so unleidlich geworden, daß die Passagiere haben auf das Verdeck flüchten müssen und nur die Cabinen im Hintertheil, welche die größeren Fenster im Spiegel haben, sind noch einigermaßen bewohnbar.

Die eine derselben verläßt die Mrs. Kear niemals, die andere hat Robert Kurtis für den Kaufmann Ruby in Beschlag genommen. Ich habe den Unglücklichen mehrmals besucht; er ist vollkommen närrisch geworden und muß gefesselt gehalten werden, um ihn am Zertrümmern der Thür zu hindern. Sonderbar! In seiner Verwirrtheit hat er doch das Gefühl des furchtbarsten Schreckens noch bewahrt und stößt entsetzliche Schreie aus, als leide er wirklich unter schmerzhaften Brandwunden.

Wiederholt habe ich auch dem Ex-Kapitän einen Besuch abgestattet, und fand in ihm einen ruhigen Mann, der ganz vernünftig spricht, nur nicht über sein Geschäft. Ueber letzteres sind ihm nur ganz allgemeine Anschauungen verblieben. Ich erbiete mich, ihn zu pflegen, denn er leidet offenbar; doch er weist es ab, und will seine Cabine auf keinen Fall verlassen. Heute ist der wachthabende Matrose durch den scharfen und ekeln Rauch, der durch die Fensterritzen dringt, von der gewohnten Stelle vertrieben worden. Es steht fest, daß die Feuersbrunst nach dieser Seite fortschreitet, und wenn man das Ohr an die Zwischenwände legt, hört man ein dumpfes Prasseln. Woher nimmt dieses Feuer die Luft zum Brennen? Wo ist die Oeffnung, die jeder Nachforschung entgeht? Die schreckliche Katastrophe kann nunmehr nicht fern sein! Vielleicht handelt es sich nur noch um wenige Tage, vielleicht nur um Stunden, und zum Unglück geht das Meer so hoch, daß man an eine Einschiffung in die Boote gar nicht denken kann.

Auf Befehl Robert Kurtis' ist die Zwischenwand nach den Schlafräumen der Mannschaften mit einem nassen Segel belegt worden.