Fällt Ihnen im Ernste kein Mittel ein? – – Bald werde ich Sie gar nicht mehr für den großen Geist halten, für den ich Sie doch immer gehalten habe. Fortgehen wollen Sie nicht; bezahlen können Sie nicht: was ist denn noch übrig?
ADRAST. Mich ausklagen zu lassen.
JOHANN. O pfui! Worauf ich gleich zuerst fallen würde, wenn ich auch bezahlen könnte – –
ADRAST. Und was ist denn das?
JOHANN. Schwören Sie den Bettel ab.
ADRAST mit einer bittern Verachtung. Schurke!
JOHANN. Wie? Was bin ich? So einen brüderlichen Rat – –
ADRAST. Ja wohl ein brüderlicher Rat, den du nur deinen Brüdern, Leuten deines gleichen, geben solltest.
JOHANN. Sind Sie Adrast? Ich habe Sie wohl niemals über das Schwören spotten hören?
ADRAST. Über das Schwören, als Schwören, nicht aber als eine bloße Beteurung seines Wortes. Diese muß einem ehrlichen Manne heilig sein, und wenn auch weder Gott noch Strafe ist. Ich würde mich ewig schämen, meine Unterschrift geleugnet zu haben, und ohne Verachtung meiner selbst, nie mehr meinen Namen schreiben können.
JOHANN. Aberglauben über Aberglauben. Zu einer Türe haben Sie ihn herausgejagt, und zu der andern lassen Sie ihn wieder herein.
ADRAST. Schweig! ich mag dein lästerliches Geschwätze nicht anhören. Ich will Araspen aufsuchen. Ich will ihm Vorstellungen tun; ich will ihm von meiner Heirat sagen; ich will ihm Zinsen über Zinsen versprechen. – – Ich treffe ihn doch wohl noch in dem Posthause?
JOHANN. Vielleicht. – – Da geht er, der barmherzige Schlucker. Das Maul ist groß genug an ihm; aber wenn es dazu kömmt, daß er das, was er glaubt, mit Taten beweisen soll, da zittert das alte Weib! Wohl dem, der nach seiner Überzeugung auch leben kann! So hat er doch noch etwas davon. Ich sollte an seiner Stelle sein. – – Doch ich muß nur sehen, wo er bleibt.
Ende des ersten Aufzugs.
Zweiter Aufzug
Erster Auftritt
Juliane. Henriette. Lisette.
LISETTE. Vor allen Dingen, meine lieben Mamsells, ehe ich Ihre kleine Streitigkeit schlichte, lassen Sie uns ausmachen, welcher von Ihnen ich heute zugehöre. Sie wissen wohl, Ihre Herrschaft über mich ist umzechig. Denn weil es unmöglich sein soll, zweien Herren zu dienen, so hat Ihr wohlweiser Papa – – neigen Sie sich, Mamsells, neigen Sie sich! – – so hat, sage ich, Ihr wohlweiser Papa wohlbedächtig mich damit verschonen wollen, das Unmögliche möglich zu machen. Er hat jede von Ihnen einen Tag um den andern zu meiner hauptsächlichen Gebieterin gemacht; so daß ich den einen Tag, der sanften Juliane ehrbares Mädchen, und den andern der muntern Henriette wilde Lisette sein muß.
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