Der Engländer, der diese Unterredung gleichfalls mit angehört hatte, zog mich auf die Seite.

»Ihr Prinz ist ein edler Mann. Ich beklage, daß er sich mit einem Betrüger einläßt.«

»Es wird darauf ankommen,« sagte ich, »wie er sich aus dem Handel zieht.«

»Wissen Sie was?« sagte der Engländer, »jetzt macht der arme Teufel sich kostbar. Er wird seine Kunst nicht auskramen, bis er Geld klingen hört. Es sind unser neune. Wir wollen eine Kollekte machen und ihn durch einen hohen Preis in Versuchung führen. Das bricht ihm den Hals und öffnet Ihrem Prinzen die Augen.«

»Ich bin's zufrieden.«

Der Engländer warf sechs Guineen auf einen Teller und sammelte in der Reihe herum. Jeder gab einige Louis; den Russen besonders schien unser Vorschlag ungemein zu interessieren, er legte eine Banknote von hundert Zechinen auf den Teller – eine Verschwendung, über welche der Engländer erstaunte. Wir brachten die Kollekte dem Prinzen. »Haben Sie die Güte,« sagte der Engländer, »bei diesem Herrn für uns fürzusprechen, daß er uns eine Probe seiner Kunst sehen lasse und diesen kleinen Beweis unsrer Erkenntlichkeit annehme.« Der Prinz legte noch einen kostbaren Ring auf den Teller und reichte ihn dem Sizilianer. Dieser bedachte sich einige Sekunden. – »Meine Herren und Gönner,« fing er darauf an, »diese Großmut beschämt mich. – Es scheint, daß Sie mich verkennen – aber ich gebe Ihrem Verlangen nach. Ihr Wunsch soll erfüllt werden« (indem er eine Glocke zog). »Was dieses Gold betrifft, worauf ich selber kein Recht habe, so werden Sie mir erlauben, daß ich es in dem nächsten Benediktinerkloster für milde Stiftungen niederlege. Diesen Ring behalte ich als ein schätzbares Denkmal, das mich an den würdigsten Prinzen erinnern soll.«

Hier kam der Wirt, dem er das Geld sogleich überlieferte.

»Und er ist dennoch ein Schurke,« sagte mir der Engländer ins Ohr. »Das Geld schlägt er aus, weil ihm jetzt mehr an dem Prinzen gelegen ist.«

»Oder der Wirt versteht seinen Auftrag,« sagte ein anderer.

»Wen verlangen Sie?« fragte jetzt der Magier den Prinzen.

Der Prinz besann sich einen Augenblick. – »Lieber gleich einen großen Mann,« rief der Lord. »Fordern Sie den Papst GanganelliPapst Clemens XIV.; er hob 1772 den Jesuitenorden auf. Sein Tod 1774 erfolgte vermutlich durch Vergiftung . Dem Herrn wird das gleich wenig kosten.«

Der Sizilianer biß sich in die Lippen – »Ich darf keinen zitieren, der die Weihung empfangen hat.«

»Das ist schlimm,« sagte der Engländer. »Vielleicht hätten wir von ihm erfahren, an welcher Krankheit er gestorben ist.«

»Der Marquis von Lanoy,« nahm der Prinz jetzt das Wort, "war französischer Brigadier im vorigen Kriege und mein vertrautester Freund. In der Battaille bei Hastinbeck empfing er eine tödliche Wunde, man trug ihn nach meinem Zelte, wo er bald darauf in meinen Armen starb. Als er schon mit dem Tode rang, winkte er mich noch zu sich. ›Prinz,‹ fing er an, ›ich werde mein Vaterland nicht wiedersehen, erfahren Sie also ein Geheimnis, wozu niemand als ich den Schlüssel hat. In einem Kloster auf der flandrischen Grenze lebt eine –‹ – hier verschied er. Die Hand des Todes zertrennte den Faden seiner Rede; ich möchte ihn hier haben und die Fortsetzung hören.«

»Viel gefordert, bei Gott!« rief der Engländer. »Ich erkläre Sie für einen zweiten Salomo, wenn Sie diese Aufgabe lösen.« –

Wir bewunderten die sinnreiche Wahl des Prinzen und gaben ihr einstimmig unsern Beifall. Unterdessen ging der Magier mit starken Schritten auf und nieder und schien unentschlossen mit sich selbst zu kämpfen.

»Und das war alles, was der Sterbende Ihnen zu hinterlassen hatte?«

»Alles.«

»Taten Sie keine weiteren Nachfragen deswegen in seinem Vaterlande?«

»Sie waren alle vergebens.«

»Der Marquis von Lanoy hatte untadelhaft gelebt? – Ich darf nicht jeden Toten rufen.«

»Er starb mit Reue über die Ausschweifungen seiner Jugend.«

»Tragen Sie irgend etwa ein Andenken von ihm bei sich?«

»Ja.« (Der Prinz führte wirklich eine Tabatiere bei sich, worauf das Miniaturbild des Marquis in Emaille war, und die er bei der Tafel neben sich hatte liegen gehabt.)

»Ich verlange es nicht zu wissen – – Lassen Sie mich allein. Sie sollen den Verstorbenen sehen.«

Wir wurden gebeten, uns solange in den andern Pavillon zu begeben, bis er uns rufen würde. Zugleich ließ er alle Meublen aus dem Saale räumen, die Fenster ausheben und die Läden auf das genaueste verschließen.