Der gestiefelte Kater
Tieck, Ludwig
Der gestiefelte Kater
Ludwig Tieck
Der gestiefelte Kater
Ein Kindermärchen in drei Akten, mit Zwischenspielen, einem Prologe und Epiloge
Personen.
Der König.
Die Prinzessin, seine Tochter.
Prinz Nathanael von Malsinki.
Leander, Hofgelehrter.
Hanswurst, Hofnarr.
Ein Kammerdiener.
Der Koch.
Lorenz,
Barthel,
Gottlieb, , Brüder und Bauern.
Hinze, ein Kater.
Ein Wirt.
Kunz, ein Bauer.
Michel, ein Bauer.
Gesetz, ein Popanz.
Ein Besänftiger.
Der Dichter.
Ein Soldat.
Zwei Husaren.
Zwei Liebende.
Bediente.
Musiker.
Ein Bauer.
Der Souffleur.
Ein Schuhmacher.
Ein Historiograph.
Fischer,
Müller,
Schlosser,
Bötticher,
Leutner,
Wiesener,
Dessen Nachbar, , Zuschauer.
Elefanten.
Löwen.
Bären.
Ein Amtmann.
Adler und andre Vögel.
Ein Kaninchen.
Rebhühner.
Jupiter.
Tarkaleon.
Der Maschinist.
Gespenster.
Affen.
Das Publikum.
Prolog
Die Szene ist im Parterre, die Lichter sind schon angezündet, die Musiker sind im Orchester versammelt. – Das Schauspiel ist voll, man schwatzt durcheinander, mehr Zuschauer kommen, einige drängen, andre beklagen sich. Die Musiker stimmen.
Fischer, Müller, Schlosser, Bötticher im Parterre, ebenso auf der andern Seite Wiesener und dessen Nachbar.
FISCHER. Aber ich bin doch in der Tat neugierig. – Lieber Herr Müller, was sagen Sie zu dem heutigen Stücke?
MÜLLER. Ich hätte mir eher des Himmels Einfall vermutet, als ein solches Stück auf unserm großen Theater zu sehn auf unserm National-Theater! Ei! ei! nach allen den Wochenschriften, den kostbaren Kleidungen, und den vielen, vielen Ausgaben!
FISCHER. Kennen Sie das Stück schon?
MÜLLER. Nicht im mindesten. – Einen wunderlichen Titel führt es: Der gestiefelte Kater. – Ich hoffe doch nimmermehr, daß man die Kinderpossen wird aufs Theater bringen.
SCHLOSSER. Ist es denn vielleicht eine Oper?
FISCHER. Nichts weniger, auf dem Komödienzettel steht: ein Kindermärchen.
SCHLOSSER. Ein Kindermärchen? Aber ums Himmels willen, sind wir denn Kinder, daß man uns solche Stücke aufführen will? Es wird doch wohl nun und nimmermehr ein ordentlicher Kater aufs Theater kommen?
FISCHER. Wie ich es mir zusammenreime, so ist es eine Nachahmung der neuen Arkadier, und es kommt ein verruchter Bösewicht, ein katerartiges Ungeheuer vor, mit dem es fast solche Bewandtnis, wie mit dem Tarkaleon hat, nur daß er etwa statt rot ums Maul, schwärzlich gefärbt ist.
MÜLLER. Das wäre nun nicht übel, denn ich habe schon längst gewünscht, eine solche recht wunderbare Oper einmal ohne Musik zu sehn.
FISCHER. Wie? Ohne Musik? Ohne Musik, Freund, ist dergleichen abgeschmackt, denn ich versichre Sie, Liebster, Bester, nur durch diese himmlische Kunst bringen wir alle die Dummheiten hinunter. Ei was, genau genommen sind wir über Fratzen und Aberglauben weg; die Aufklärung hat ihre Früchte getragen, wie sich's gehört.
MÜLLER. So ist es wohl ein ordentliches Familiengemälde, und nur ein Spaß, gleichsam ein einladender Scherz mit dem Kater, nur eine Veranlassung, wenn ich so sagen darf, oder ein bizarrer Titel, Zuschauer anzulocken.
SCHLOSSER. Wenn ich meine rechte Meinung sagen soll, so halte ich das Ganze für einen Pfiff, Gesinnungen, Winke unter die Leute zu bringen. Ihr werdet sehen, ob ich nicht recht habe. Ein Revolutionsstück, soviel ich begreife, mit abscheulichen Fürsten und Ministern, und dann ein höchst mystischer Mann, der sich mit einer geheimen Gesellschaft tief, tief unten in einem Keller versammelt, wo er als Präsident etwa verlarvt geht, damit ihn der gemeine Haufe für einen Kater hält. Nun da kriegen wir auf jeden Fall tiefsinnige und religiöse Philosophie und Freimaurerei. Endlich fällt er als das Opfer der guten Sache. O du Edler! Freilich mußt du gestiefelt sein, um allen den Schurken die vielen Tritte in den gefühllosen Hintern geben zu können!
FISCHER. Sie haben gewiß die richtige Einsicht, denn sonst würde ja der Geschmack abscheulich vor den Kopf gestoßen. Ich muß wenigstens gestehn, daß ich nie an Hexen oder Gespenster habe glauben können, viel weniger an den gestiefelten Kater.
MÜLLER. Es ist das Zeitalter für diese Phantome nicht mehr.
SCHLOSSER. Doch, nach Umständen. Könnte nicht in recht bedrängter Lage ein großer Abgeschiedener unerkannt als Hauskater im Palast wandeln, und sich zur rechten Zeit wundertätig zu erkennen geben? Das begreift sich ja mit der Vernunft, wenn es höheren und mystischen Endzwecken dient. – Da kömmt ja Leutner, der wird uns vielleicht mehr sagen können.
Leutner drängt sich durch.
LEUTNER. Guten Abend, guten Abend! Nun, wie geht's?
MÜLLER.
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