– Adieu unterdessen. Geht ab.
GOTTLIEB allein. In der Naturgeschichte steht, daß man den Katzen nicht trauen könne, und daß sie zum Löwengeschlechte gehören, und ich habe vor einem Löwen eine gar erbärmliche Furcht; auch sagt man im Sprichwort: falsch wie eine Katze; wenn also nun der Kater kein Gewissen hätte, so könnte er mir mit den Stiefeln nachher davonlaufen, für die ich mein letztes Geld hingeben muß, und sie irgendwo vertrödeln, oder er könnte sich beim Schuhmacher dadurch beliebt machen wollen, und nachher bei ihm in Dienste treten. Aber der hat ja schon einen Kater. – Nein, Hinz, meine Brüder haben mich betrogen, und deswegen will ich es mit deinem Herzen versuchen. – Er sprach so edel, er war so gerührt – da sitzt er drüben auf dem Dache und putzt sich den Bart – vergib mir, erhabener Freund, daß ich an deinem Großsinn nur einen Augenblick zweifeln konnte. Er geht ab.
FISCHER. Welcher Unsinn!
MÜLLER. Warum der Kater nur die Stiefeln braucht, um besser gehn zu können! – dummes Zeug!
SCHLOSSER. Es ist aber, als wenn ich einen Kater vor mir sähe!
LEUTNER. Stille! Es wird verwandelt!
Zweite Szene
Saal im königlichen Palast.
Der König mit Krone und Zepter. Die Prinzessin, seine Tochter.
KÖNIG. Schon tausend schöne Prinzen, wertgeschätzte Tochter, haben sich um dich beworben und dir ihre Königreiche zu Füßen gelegt, aber du hast ihrer immer nicht geachtet; sage uns die Ursach davon, mein Kleinod.
PRINZESSIN. Mein allergnädigster Herr Vater, ich habe immer geglaubt, daß mein Herz erst einige Empfindungen zeigen müsse, ehe ich meinen Nacken in das Joch des Ehestandes beugte. Denn eine Ehe ohne Liebe, sagt man, ist die wahre Hölle auf Erden.
KÖNIG. Recht so, meine liebe Tochter. Ach, wohl, wohl hast du da ein wahres Wort gesagt: eine Hölle auf Erden! Ach, wenn ich doch nicht darüber mitsprechen könnte! Wär ich doch lieber unwissend geblieben! Aber so, teures Kleinod, kann ich ein Liedchen davon singen, wie man zu sagen pflegt. Deine Mutter, meine höchst selige Gemahlin – ach, Prinzessin, sieh, die Tränen stehn mir noch auf meinen alten Tagen in den Augen- sie war eine gute Fürstin, sie trug die Krone mit einer unglaublichen Majestät – aber mir hat sie gar wenige Ruhe gelassen. – Nun, sanft ruhe ihre Asche neben ihren fürstlichen Anverwandten!
PRINZESSIN. Ihro Majestät erhitzen sich zu sehr.
KÖNIG. Wenn mir die Erinnerung davon zurückkömmt – o mein Kind, auf meinen Knieen macht ich dich beschwören – nimm dich beim Verheiraten ja in acht. – Es ist eine große Wahrheit, daß man Leinewand und einen Bräutigam nicht bei Lichte kaufen müsse; eine erhabene Wahrheit, die jedes Mädchen mit goldenen Buchstaben in ihr Schlafzimmer sollte schreiben lassen. – Was hab ich gelitten! Kein Tag verging ohne Zank, ich konnte nicht in Ruhe schlafen, ich konnte die Reichsgeschäfte nicht mit Bequemlichkeit verwalten, ich konnte über nichts denken, ich konnte mit Verstand keine Zeitung lesen – bei Tische, beim besten Braten, beim gesundesten Appetit, immer mußte ich alles nur mit Verdruß hinunterwürgen, so wurde gezankt, gescholten, gegrämelt, gebrummt, gemault, gegrollt, geschmollt, gekeift, gebissen, gemurrt, geknurrt und geschnurrt, daß ich mir oft an der Tafel mitten unter den Gerichten den Tod gewünscht habe. – Und doch sehnt sich mein Geist, verewigte Klotilde, jezuweilen nach dir zurück. – Es beißt mir in den Augen – ich bin ein rechter alter Narr.
PRINZESSIN zärtlich. Mein Vater!
KÖNIG. Ich zittre, wenn ich überhaupt an alle die Gefahren denke, die dir bevorstehn; denn wenn du dich nun auch wirklich verlieben solltest, meine Tochter, wenn dir auch die zärtlichste Gegenliebe zuteil würde – ach, Kind, sieh, so dicke Bücher haben weise Männer vollgeschrieben, oft eng gedruckt, um die Gefahren der Liebe darzustellen; eben Liebe und Gegenliebe können sich doch elend machen: das glücklichste, das seligste Gefühl kann uns zugrunde richten; die Liebe ist gleichsam ein künstlicher Vexierbecher, statt Nektar trinken wir oft Gift, dann ist unser Lager von Tränen naß, alle Hoffnung, aller Trost ist dahin. – Man hört blasen. Es ist doch noch nicht Tischzeit? – Gewiß wieder ein neuer Prinz, der sich in dich verlieben will. – Hüte dich, meine Tochter, du bist mein einziges Kind, und du glaubst nicht, wie sehr mir dein Glück am Herzen liegt.
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