Er küßt sie und geht ab, im Parterre wird geklatscht.

FISCHER. Das ist doch einmal eine Szene, in der gesunder Menschenverstand anzutreffen ist.

SCHLOSSER. Ich bin auch gerührt.

MÜLLER. Es ist ein trefflicher Fürst.

FISCHER. Mit der Krone brauchte er nun gerade nicht aufzutreten.

SCHLOSSER. Es stört die Teilnahme ganz, die man für ihn als zärtlichen Vater hat.

DIE PRINZESSIN allein. Ich begreife gar nicht, warum noch keiner von den Prinzen mein Herz mit Liebe gerührt hat. Die Warnungen meines Vaters liegen mir immer im Gedächtnis; er ist ein großer Fürst, und dabei doch ein guter Vater; mein Glück steht ihm beständig vor Augen; er ist vom Volk geliebt, er hat Talente und Reichtümer, er ist sanft wie ein Lamm, aber plötzlich kann ihn der wildeste Zorn übereilen, daß er sich und seine Bestimmung vergißt. Ja, so ist Glück immer mit Unglück gepaart. Meine Freude sind die Wissenschaften und die Künste, Bücher machen all mein Glück aus.

 

Die Prinzessin, Leander, der Hofgelehrte.

 

PRINZESSIN. Sie kommen gerade recht, Herr Hofgelehrter.

LEANDER. Ich bin zu den Befehlen Euer Königlichen Hoheit.

 

Setzen sich.

 

PRINZESSIN. Hier ist mein Versuch, ich hab ihn Nachtgedanken überschrieben.

LEANDER liest. Trefflich! Geistreich! – Ach! mir ist, als hör ich die mitternächtliche Stunde zwölfe schlagen. Wann haben Sie das geschrieben?

PRINZESSIN. Gestern mittag, nach dem Essen.

LEANDER. Schön gedacht! Wahrlich schön gedacht! – Aber, mit gnädigster Erlaubnis; – »Der Mond scheint betrübt in der Welt herein« – wenn Sie es nicht ungnädig vermerken wollen, so muß es heißen: in die Welt.

PRINZESSIN. Schon gut, ich will es mir für die Zukunft merken. Es ist einfältig, daß einem das Dichten so schwer gemacht wird; man kann keine Zeile schreiben, ohne einen Sprachfehler zu machen.

LEANDER. Das ist der Eigensinn unsrer Sprache.

PRINZESSIN. Sind die Gefühle nicht zart und fein gehalten?

LEANDER. Unbeschreiblich, o so – wie soll ich sagen? – so zart und lieblich ausgezaselt, so fein gezwirnt; alle die Pappeln und Tränenweiden, und der goldne Mondenschein hineinweinend, und dann das murmelnde Gemurmel des murmelnden Gießbachs – man begreift kaum, wie ein sanfter weiblicher Geist den großen Gedanken nicht hat unterliegen müssen, ohne sich vor dem Kirchhofe und den blaß verwaschenen Geistern der Mitternacht bis zur Vernichtung zu entsetzen.

PRINZESSIN. Jetzt will ich mich nun in die griechischen und antiken Versmaße werfen; ich möchte einmal die romantische Unbestimmtheit verlassen, und mich an der plastischen Natur versuchen.

LEANDER. Sie kommen notwendig immer weiter, Sie steigen immer höher.

PRINZESSIN. Ich habe auch ein Stück angefangen: Der unglückliche Menschenhasser; oder: Verlorne Ruhe und wiedererworbne Unschuld.

LEANDER. Schon der bloße Titel ist bezaubernd.

PRINZESSIN. Und dann fühle ich einen unbegreiflichen Drang in mir, irgendeine gräßliche Geistergeschichte zu schreiben. – Wie gesagt, wenn nur die Sprachfehler nicht wären!

LEANDER. Kehren Sie sich daran nicht, Unvergleichliche, die lassen sich leicht herausstreichen.

 

Kammerdiener tritt auf.

 

KAMMERDIENER. Der Prinz von Malsinki, der eben angekommen ist, will Ew.