Wüßtest du da eine z'find'n?
LEHNL. Denk' amal, sie hätt'n Unglück g'habt und wär'n so recht im Elend g'steckt, daß gar net g'wußt hätt'n, wie sich von ei'm Tag auf den andern durchbring'n; kannst dir jetzt da gar net denk'n, daß deine Leut' di g'rad deßweg'n, weil's di so gern g'habt, fortgeb'n hab'n unter Kummer und Herzleid, blos damit's dir besser geh'n sollt' im Leb'n.
LONI. Jetzt so a Lieb', die will mir net recht in' Kopf; i mein' d' Lieb' müßt' b'sitz'n, d' Lieb' müßt' hab'n; man sagt doch net umsonst: lieb hab'n.
LEHNL. O mein Deand'l, Lieb' und Lieb' is zweierlei. Es gibt auf der Welt gar verschiedene Lieb'n, aber die richtigste und die wahrste is halt doch blos d' Elternlieb', weil sie die einzige is, die all'weil gibt und niemals nimmt und nehmen will. A Bua, wenn er di noch so gern hat, wenn er sich dir ganz z'eig'n gibt, warum thut er's – Narr weil er di dafür will. Aber was kann a Kind sei'm Vater oder seiner Mutter geb'n? Wenn's brav is, hab'n die alt'n Leut' a Freud', es is schon wahr – wenn's Kind die alt'n Leut' recht lieb hat, wenn sie's hegt und pflegt, wie's im viert'n Gebot steht, es thut ihnen wohl – aber 's Rechte und 's Ganze is das noch all'weil net. Die größte Freud', die man an Kindern erleb'n kann, das is, wenn's glücklich werd'n. 's Glück von den Kindern is d' Seligkeit von den Eltern.
LONI. Ja, Lehnl, i schau' nur g'rad und frag' mi, wo bei dir das alles herkommt. So kann a Mensch net red'n von der Lieb', wenn er's net selber g'spürt hat.
LEHNL. No mein, freilich hab' i's g'spürt.
LONI. Was du sagst, 's erste Wörtl'l, seit i di kenn'.
LEHNL. Was hätt' i auch für an Grund g'habt zum Red'n?
LONI. Wenn auch sonst kein', doch wenigstens den, den i hab', wenn i dir mein Herz ausschütt' – daß es leichter wird.
LEHNL. Du mein Gott, was wär' auch am End' an der G'schicht' z' erzähl'n. So 'was kommt alle Tag' vor. Gern hab'n wir uns g'habt, 's Mad'l und i; aber g'habt hab'n wir alle zwei nix und d'rum haben's dem Deand'l seine Leut' auch net zug'lass'n, daß wir Hochzeit g'macht hab'n. 's Deand'l war a folgsam's Kind, so hab'n wir halt g'wart', bis die Alt'n g'storb'n sind. Es hat a bisl lang dauert, i war schon in die vierzig und 's Mad'l net weit vom Dreiß'ger. In der Früh' sind wir copulirt word'n und am Nachmittag bin i in's Holz'n 'gang'n und mein jung's Weib auf d'Alm. Aber wir hab'n uns gern g'habt und war'n z'fried'n, wenn's gleich oft 'kommen is, daß wir bloß über'n andern Tag warm 'gess'n hab'n. Zur richtig'n Zeit war auch a Kind da. Jetzt hat 's Unglück ang'fang'n. Mein Weib hat sich nimmer erholt und net lang hat's 'dauert – da hat man 's ein'grab'n. – Mi hat's an dem Ort nimmer g'litt'n, vom arbeit'n war kein' Red' mehr, jed'n Tag hat's mi an's Grab 'trieb'n – und i hab' doch 'was verdienen müß'n, schau', schon weg'n dem Kind. – So bin i halt amal fort, es war a eisig kalter Wintertag – 's Kleine am Arm – da bin i in d' Nacht 'nein'kommen – 's Kind hat 's Wimmern ang'fangt, daß i g'meint hab', es zerreißt mir 's Herz, meine eig'nen Kräft' hab'n mi verlass'n – und wie 's wieder Morg'n 'word'n is – hab' i kein Kind mehr g'habt.
LONI. Is g'storb'n in der Nacht?
LEHNL. G'storb'n – ja – g'storb'n!
LONI. Arm's Würmerl! Auffahrend.
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