Danach werde ich mich entscheiden. Schauen Sie, Mr. Holmes, jetzt ist es halb zwölf, und ich gehe jetzt geradewegs in mein Hotel. Wie wäre es, wenn Sie und Ihr Freund Dr. Watson um zwei herüberkommen und mit uns zu Mittag essen? Dann werde ich Ihnen sagen können, was ich von dieser ganzen Geschichte halte.«

»Paßt Ihnen das, Watson?«

»Ja, in Ordnung.«

»Dann können Sie uns also erwarten. Soll ich Ihnen eine Droschke rufen lassen?«

»Ich laufe lieber, denn diese Geschichte hat mich doch etwas durcheinandergebracht.«

»Mit Vergnügen schließe ich mich Ihnen an«, sagte sein Begleiter.

»Dann sehen wir uns also um zwei Uhr. Auf Wiedersehen!«

Wir hörten noch die Schritte unserer Besucher auf der Treppe und wie die Haustür zuschlug. In diesem Augenblick verwandelte sich Holmes aus einem schlaffen Träumer in einen Mann der Tat. »Machen Sie sich fertig, Watson, Ihren Hut und die Stiefel an, schnell! Wir haben keine Zeit zu verlieren!«

Er raste im Morgenmantel in sein Schlafzimmer und war ein paar Sekunden später ausgehfertig zurück. Zusammen eilten wir die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße. Dr. Mortimer und Baskerville waren noch zu sehen. Sie gingen etwa zweihundert Meter vor uns in Richtung Oxford Street.

»Soll ich vorauslaufen und ihnen sagen, daß sie warten sollen?«

»Um nichts in der Welt, mein lieber Watson. Ich bin völlig mit Ihrer Gesellschaft zufrieden, wenn Sie es auch mit meiner sind. Unsere Freunde sind gescheit, daß sie zu Fuß gehen—wirklich ein wunderschöner Morgen für einen Spaziergang.«

Er beschleunigte seine Schritte, bis wir die Entfernung zu den anderen ungefähr auf die Hälfte verringert hatten. Dann, immer noch in hundert Meter Abstand, folgten wir ihnen in die Oxford Street und weiter die Regent Street hinunter. Einmal hielten unsere Freunde an und schauten in ein Schaufenster, woraufhin Holmes das gleiche tat. Einen Augenblick später stieß er einen leisen Laut der Befriedigung aus. Als ich der Richtung seiner wachen Augen folgte, sah ich, daß eine Droschke mit einem Fahrgast darin auf der anderen Straßenseite gehalten hatte und nun langsam wieder anfuhr.

»Da ist unser Mann! Kommen Sie, Watson, wir wollen ihn uns genau ansehen, wenn wir schon nicht mehr tun können.«

In diesem Augenblick bemerkte ich durch das Seitenfenster der Droschke einen buschigen, schwarzen Bart und ein Paar stechende Augen, die auf uns gerichtet waren. Sofort wurde das Verdeck geschlossen und dem Kutscher etwas zugerufen, worauf die Droschke in irrsinniger Fahrt die Regent Street hinunterraste. Holmes sah sich eifrig nach einer anderen Droschke um, aber weit und breit war kein freier Wagen zu sehen. Da machte er sich inmitten des lebhaften Verkehrs mit wilder Entschlossenheit zu Fuß an die Verfolgung. Aber die Droschke hatte schon einen zu großen Vorsprung und war bereits außer Sicht.

»Da haben wir's!« sagte Holmes bitter, als er schwer atmend und ganz blaß vor Zorn aus dem Verkehrsgewühl wieder auftauchte. »Hat's je solch ein Pech gegeben und dazu noch solch eine Dummheit meinerseits? Watson, Watson, wenn Sie ein ehrlicher Mensch sind, werden Sie das auch berichten und gegen meine Erfolge aufrechnen!«

»Wer war der Mann?«

»Ich habe keine Ahnung.«

»Einer, der unseren Freunden hinterherspioniert?«

»Nun, aus allem, was wir gehört haben, geht ziemlich deutlich hervor, daß Baskerville seit seiner Ankunft in London sehr gründlich beschattet wird. Wie wäre es sonst so schnell zu erfahren gewesen, daß er im Northumberland-Hotel abgestiegen ist? Wenn man ihm am ersten Tage gefolgt ist, um ihn zu überwachen, so würde man ihm auch am zweiten Tage folgen, war meine Überlegung. Sie haben vielleicht bemerkt, daß ich zweimal ans Fenster getreten bin, während Dr. Mortimer seine Sache vorlas.«

»Ja, daran erinnere ich mich.«

»Ich habe hinausgeschaut, ob draußen auf der Straße jemand herumlungert, aber ich sah niemanden. Wir haben es mit einem gescheiten Mann zu tun, Watson. Das ist keine leichtzunehmende Sache. Obowhl ich mir noch nicht ganz im klaren bin, ob es Kräfte des Guten oder des Bösen sind, mit denen wir es zu tun haben, spüre ich hinter allem einen führenden Kopf, der planvoll und entschlossen vorgeht.