Die Nachrichten waren an einem Sommerabend durch einen indianischen Läufer überbracht worden, der zugleich von Munro, der das Festungswerk an dem Ufer des Heiligen Sees befehligte, ein dringendes Gesuch um schnelle und mächtige Verstärkung überbrachte. Die Entfernung zwischen diesen beiden Posten betrug nicht ganz acht Kilometer. Der rauhe Pfad, der sie verband, war für Wagen erweitert worden, so daß der Weg, den der Sohn des Waldes in zwei Stunden durchwanderte, von Truppen mit ihrem Gepäck, zwischen dem Auf- und Untergang der Sonne an einem Sommertag zurückgelegt werden konnte. Die treuen Diener der englischen Krone hatten die beiden Forts »William Henry« und »Edward« genannt, jedes nach einem Lieblingsprinzen des regierenden königlichen Hauses. Munro, der schottische Veteran, behauptete das erste mit einem Regiment von regulären Truppen und einigen aus den Provinzen - eine Zahl, die in der Tat bei weitem zu klein war, um der furchtbaren Macht, mit der Montcalm sich dem Fuß seiner Verschanzungen nahte, widerstehen zu können. Im Fort Edward lag General Webb, der die königlichen Armeen in den nördlichen Provinzen mit einem Korps von mehr als fünftausend Mann befehligte. Durch die Vereinigung der verschiedenen Detachements, die unter seinem Befehl standen, hätte dieser Offizier beinahe eine doppelte Zahl von Kämpfenden den tüchtigen Franzosen entgegenstellen können, die sich mit einem nicht viel stärkeren Heer so weit von ihren Reserven hinweggewagt hatten. Allein Offiziere und Soldaten wollten kleinmütig ihren furchtbaren Gegner innerhalb ihrer Festungswerke erwarten, ohne den Versuch zu wagen, das weitere Vordringen durch einen kühnen Angriff aufzuhalten.
Nachdem das erste Entsetzen über jene Nachricht sich ein wenig gelegt hatte, verbreitete sich ein neues Gerücht durch das verschanzte Lager, das sich längs des Ufers des Hudson erstreckte und eine Reihe von Außenwerken der Hauptfestung bildete. Ein auserwähltes Detachement von fünfzehnhundert Mann, hieß es, sei bestimmt, zum Fort William Henry, dem Posten an dem nördlichen Ende des Bergrückens, mit Tagesanbruch auszurücken. Was anfangs nur Gerücht war, wurde bald zur Gewißheit, da aus den Quartieren des Oberbefehlshabers an die einzelnen Korps die Order erging, sich zum schleunigen Abmarsch bereitzuhalten. Aller Zweifel über die Absicht Webbs verschwand jetzt, und eine oder ein paar Stunden lang sah man nichts als eiliges Hin und Her und bestürzte Gesichter. Erst als die Sonne hinter die fernen westlichen Berge sank und die Dunkelheit ihren Schleier um den einsamen Ort zog, verebbte der Lärm. Das letzte Licht verschwand endlich im Blockhaus irgendeines Offiziers; die Bäume warfen ihre dunkleren Schatten über die Verschanzungen und den flutenden Strom, und im Lager herrschte bald eine so tiefe Stille wie in der weiten, umgebenden Waldung.
Gemäß dem am vorigen Abend erteilten Befehl wurde der tiefe Schlaf der Armee durch Trommelwirbel unterbrochen, deren schallendes Echo in der feuchten Morgenluft von jeder Lichtung des Waldes her ertönte, als eben der Tag die rauhen Umrisse der nahe gelegenen hohen Tannen an dem lichten und wolkenlosen östlichen Himmel zu zeichnen begann. In einem Augenblick war das Lager in Bewegung. Die einfache Schlachtordnung der ausgewählten Truppen war bald hergestellt. Während die regulären und geübteren Soldaten des Königs stolz an dem rechten Flügel marschierten, nahmen die weniger ausgebildeten Kolonisten ihre bescheidenere Stellung an dem linken mit einer Gewandtheit ein, die ihnen durch lange Übung zur Natur geworden war. Die Patrouillen zogen ab; starke Bedeckungen gingen vor und hinter den schwerfälligen Fuhrwerken, und ehe das graue Morgenlicht vor den Strahlen der aufgehenden Sonne verschwand, hatte sich das Hauptkorps der Kämpfer in eine Kolonne zusammengezogen und verließ das Lager in erprobter militärischer Haltung, die die heimlichen Besorgnisse manches Neulings verscheuchte, der sich zum erstenmal in den Waffen versuchte. Die Töne der Querpfeifen erklangen in der Entfernung immer schwächer, und die Marschierenden verschwanden schließlich im Wald.
Als der letzte Nachzügler bereits nicht mehr sichtbar war, bemerkte man Anstalten zu einem weiteren Aufbruch vor einem großen und bequemen Blockhaus, vor dem Schildwachen auf und ab gingen. Man sah ein halbes Dutzend Pferde, von denen wenigstens zwei, nach ihrem Sattelzeug zu urteilen, für Frauen von vornehmem Rang bestimmt waren, die man selten hier in der Wildnis antreffen konnte. Ein drittes Roß zeigte die Abzeichen eines Stabsoffiziers, während die übrigen Packsättel trugen. In einer ehrerbietigen Entfernung von diesem ungewöhnlichen Anblick hatten sich mehrere Gruppen neugieriger Zuschauer versammelt, von denen einige das rassige, mutige Schlachtroß bewunderten, während andere die Rüstungen neugierig anstaunten. Einer von diesen Männern fiel durch seine Gesichtsbildung und sein Benehmen auf.
Dieser seltsame Mann hatte Knochen und Gelenke wie andere Menschen auch, nur standen sie nicht im richtigen Verhältnis. Stand er, so ragte seine Gestalt über seine Kameraden hinaus, doch schien er im Sitzen von gewöhnlicher Größe. Der gleiche Widerspruch in seinen Gliedmaßen schien durch seinen ganzen Körperbau zu herrschen. Sein Kopf war breit, die Schultern schmal; seine Arme lang und schlotternd, während seine Hände klein, fast zart waren. Seine Schenkel und Beine waren dünn und hager, doch außerordentlich lang. Die unordentliche Kleidung machte seine Unbeholfenheit noch auffallender. Ein himmelblauer Rock mit kurzen und breiten Schößen und einem niedrigen Kragen entblößte einen langen, dünnen Hals. Er trug Unterkleidung aus gelbem Nanking, die sich eng anschloß und an seinen Knien mit breiten, weißen Schleifen befestigt war, die abgenutzt und beschmutzt waren. Bunte baumwollene Strümpfe und Schuhe, von denen einer einen versilberten Sporn trug, vollendeten das Kostüm dieser Gestalt, an der jeder Mangel und jedes Gebrechen durch die Eitelkeit oder Einfalt des Besitzers absichtlich hervorgehoben war.
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