Ja, ja, Franzl, g'wiß! Aber wir lass'n uns nit spotten, gelt, Franzl? Wir sein dabei, wo's gilt, der Welt z' zeig'n, daß die Fernerschen auf 'n Kreuzweghof z'sammhalten und daß wir unser' Crescenz zum Ausbund von alle Bäurinnen machen! Weißt, der alt' Adamshofbauer – hast 'n vorhin g'sehn – dös is a Findiger, sein Anwes'n, 's zweitgrößt' im Land nach meim', raint an unsers an, und da liegt's ihm in Sinn, wann dö zwei Höf in oans kommen, was das für a Stuck Land wär – war a allweil mein Denken! – und da hab'n wir's ausg'macht, er gebet 'm Toni sein G'höft, ich der Dirn' das mein' und setzeten so die jung' Leut' aufs größt' Fleckl Erd' im Land! Dö werd'n sich doch rühr'n können, wann a ihr' mehrer werd'n, was, he? So is's halt unter uns ausg'macht, no und jetzt, was meinst denn du dazu? Dich mußt man doch auch hör'n, drum hab ich dich herkommen lass'n!
FRANZ. Wie hübsch Ihr doch um den heißen Brei herumschleicht – und damit Ihr Euch ja nicht das Maul verbrennt, verlangt Ihr noch obendrein von mir, ich soll Euch in die Schüssel blasen; nun, wenn Ihr das Zulangen nicht erwarten könnt, ich stell sie Euch gleich kalt, greift zu! Die beiden Höfe sollen in eins, aber auf eine Art, die auch mir taugt – der Alte vom Adamshof wird doch ein mannbares Mädl haben?
FERNER. Ja – eine wär's schon! Die Plonerl!
FRANZ. Gut, so gebt der den Adamshof und ich heirat die Dirn!
FERNER. Du? Haha! Du, Franzl?! Hör, du bist aber einer, du hast G'späß in dir! Haha, der Toni möcht sich bedanken, was g'schähet denn mit ihm?
FRANZ. Steckt den Burschen in die Kutte.
FERNER bedeutsam. Aber Franzl, er is ja kein G'studierter!
FRANZ. Aber ich bin einer!
FERNER etwas betroffen, doch gleich gefaßt. Ja, du bist a G'studierter, ja, und dös is mein Stolz, und weil wir jetzt bei der Sach' sein, so sag ich dir's auch, es war der Wunsch deiner Großmutter und deiner Mutter – Gott hab s' all' zwei selig! – und es wär mein größter Stolz und mein' größte Freud', wann d' nur möch'st geistlich werd'n!
FRANZ steht auf. Nun also, da sind wir bei der Stange! Warum habt Ihr das denn nicht gleich gesagt? Ihr hättet Euch ersparen können, nach meiner Anhänglichkeit an die Familie, nach meiner Geschwisterliebe zu fragen, Ihr hättet Euch ersparen können, Eure ökonomischen Rücksichten und Pläne aufzuzählen; Ihr hättet es endlich Euch ersparen können, mich fühlen zu lassen, daß Ihr das Eure und was etwa an fremden Tauben noch zufliegen mag, lieber Eurer Tochter gönntet, die Euch für einen halben Heiligen hält, als mir, der Euch als ganzen Sünder kennt! Es taugt nicht, daß Ihr mir bei dem, was ich weiß, noch solche Dinge merken laßt!
FERNER steht auch auf, beschwichtigend. Franz, hör mich an ...!
FRANZ. Kreuzweghofbauer – hättest du mir offen herausgesagt, was dir am Herzen liegt, ich hätte dich ruhig angehört und dir ebenso ruhig »nein« gesagt; da du mir aber mit Winkelzügen kommst, so laß dir jetzt sagen: Bisher hat dein Verbrechen bei mir die Natur unter ihr Beichtsiegel genommen – ich bin nun einmal doch dein Kind und ich wollte der Welt nicht das Schauspiel geben, daß der Sohn gegen den Vater als Ankläger auftritt – aber hüte dich! Du hast nimmer den Knaben von damals, du hast jetzt den Mitwisser vor dir, der reden oder schweigen kann, wie es ihm nützlich oder dienlich erscheint. Mich, das laß dir gesagt sein, kann nichts bestimmen, die Mühe meiner Studien an den opfervollsten und schlechtbesoldetsten Stand zu wenden, für den ihr ohne Beruf und Weihe eure Söhne preßt, sie der Familie und dem Vaterlande entzieht, um sie in den ärmlichen. Sprengeln ihrer Heimat als das hausen zu sehen, was man sie nicht werden, sondern bleiben läßt – als Bauern in der Soutane!
FERNER. Franz! Franz! Laß mich reden! Ich hab's ja seit damal neamand anvertrau'n können, was nur wir zwei auf der Welt wissen und unser Herr da droben – verstehst, Franz, wie das druckt, wie a Mühlstein liegt's auf mir und nachtig glaub ich oft, ich werd irrsinnig, wann ich denk, ich hab 's Abendmahl so oft g'nommen und davon nie etwas beicht! – Franz, 's is keiner auf der Welt, dem ich's nit z' sagen brauch und der doch davon weiß, wie du – du bist der einzige, der mich ohne Red' und Gegenred' entsündig'n, der mir in meiner letzten Not einmal die Sünd' aussegnen kann! Franz! Franz! Verlaß dein Vatern nit!
FRANZ macht sich von dem ihn Umklammernden los. Ich glaube, Ihr seid jetzt schon von Sinnen! Aber es ist Methode in Eurem Wahnsinn, und Euer Mittel ist drastisch! Ihr würdet Eurer Sünde, ich meines Erbes auf die einfachste Weise ledig, und die Cenzi kriegte den Toni und geistlich' und weltlicher Vorteil gingen hübsch Hand in Hand! Wenn Ihr schon Ent-sündigung sucht – warum denn bei dem Mitbefleckten und nicht bei den Reinen? Warum laßt Ihr nicht die Crescenz Nonne werden und für uns beide beten? Nach Eurem Denken muß ja doch die Fürbitte der Reinen beim Himmel mehr vermögen!
FERNER. Die Cenzi – die Cenzi. Das arme Dirndl weiß von nix! Soll die's entgelten?
FRANZ. Ihr habt nicht den Mut, ihr, die von nichts weiß, unter die Augen zu treten als der, der Ihr seid? Ihr wollt den Vater, den halben Heiligen, bei ihr nicht im Kurse fallen machen, der Fromme wollt Ihr in den Augen dieses unerfahrenen Dinges bleiben. Ihr seid aber so fromm, daß Ihr darauf sinnt, die erste Sünde durch eine zweite wett zu machen – weil Ihr zu gut wißt, daß jeder Priester, dem sein Amt heilig ist, Euch das ungerechte Gut nicht in den Händen lassen würde, so wollt Ihr den Himmel selbst hintergehen und Euch für Euren Privatgebrauch einen Gelegenheitspriester konstruieren, der Euch auf eigne Faust entsündigt. So wollt Ihr –! Nicht aber was Ihr wollt, kommt hier in Betracht, sondern was ich will oder nicht will!
FERNER reckt sich hoch auf, den Atem ausstoßend. So?! So herrisch?! No, red dich nur aus!
FRANZ. Was ich jedoch will, das sag ich Euch jetzt kurz und bündig: Dieses Gut hat mich schon Opfer genug gekostet, seine unrechtmäßige Erwerbung hat mir die Tage meiner Kindheit vergiftet, die bange Sorge langjähriger Mitwisserschaft hat mich menschenscheu und freundlos gemacht. Ihr habt nicht das Recht, das Opfer noch von mir zu verlangen, das mir den Preis aller früheren entreißt – ich will hier Herr sein!
FERNER verbissen. Herr willst sein? Hast recht – hast recht – vergant, verwirtschaft das ganze Gut –!
FRANZ. Das geschieht nicht, seid ohne Sorge! Ich bin Eurem Ruf gefolgt und hergekommen, weil ich glaubte, Ihr wolltet Euch etwa zur Ruhe setzen und jüngeren, kräftigeren Armen die Arbeit anvertrauen; sie wäre ganz gut besorgt worden, darauf hättet Ihr Euch verlassen können, denn ich muß Euch gestehen, daß ich durchaus nicht in der Lage bin, Euren Fürsprecher beim Himmel abzugeben, denn ich habe nicht mit unserm Herrgott Latein, sondern bloß mit Euch und andern Deutsch reden gelernt; was ich sonst gelernt habe und ob ich zum Großbauern tauge, das könnt Ihr in der landwirtschaftlichen Schule erfragen.
FERNER ganz erstarrt. Du hast nit g'studiert?
FRANZ. Latein nicht.
FERNER stürzt auf ihn zu. Schuft! Schuft! So betrügst du dein' Vatern um sein Geld und um sein' letzt' Hoffnung auf a ruhig' Sterbstund'.
FRANZ drückt ihn nieder auf den Stuhl. Das ging vor acht Jahren – jetzt müßt Ihr Euch nimmer an mir vergreifen – Übrigens war's Eure eigne Mutter, die nun seit einem Jahre in kühler Erde ruht, die Euch täuschte, um den Enkel froh zu machen – ich segne ihr Angedenken dafür.
FERNER hat den Kopf gesenkt und fährt sich mit zitternden Händen durch die Haare.
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