Dann geh nur allein deine Weg'! Ich führ dich nicht! – Dein Vater is mein und meiner Leut' Todfeind, ich leid grad unter dem, was er mir d' letzt' Stund' wieder antan hat! Ich geh kein Schritt mit seim' Sohn!
FRANZ blickt sie überrascht an und steht schnell auf. So sag mir doch, wer du bist.
VRONI wendet sich zum Gehen. Ich hoaß Veronika Burger! Reicht dem Großknecht die Hand zum Abschied.
FRANZ zieht mechanisch wie zum Gruße den Hut und fährt sich mit der Linken in die Haare, vor sich. Die ist's! – Ich hab's gefürchtet. – Mein erster Tritt auf heimatlichen Boden macht die Vergangenheit wieder lebendig!
Verwandlung
Wirtsstube im Wirtshause »Zur Grenze« in Ottenschlag.
Eingang letzte Kulisse links. Hintergrund ein großes, breites Fenster (eigentlich zwei Fenster, durch einen schmalen Pfeiler getrennt); die Fensterflügel offen, Fernsicht auf eine
Alpenlandschaft. Links vom Fenster steht ein Großvaterstuhl, rechts davon ein Tisch; über demselben hängt an der Wand eine Zither. Zwei Tische befinden sich mit der Längsseite an den Wänden rechts und links und ein Kachelofen steht unmittelbar hinter der Türe.
Achte Szene.
Im Großvaterstuhl sitzt die alte Burgerlies mit Strickzeug, Geldtaschel und Schlüsselbund am Gurt. Neben am Tische sitzt Levy, den Hausierbündel neben sich auf der Bank, ein Glas Wein und Eßwaren im Papier vor sich.
LEVY steckt den letzten Bissen in den Mund, wischt mit dem Papier über den Tisch, rückt den Stuhl und schaut behaglich ins Freie. 's is doch a schöne Sach', Burgerlies, nach langer Zeit wieder da heroben bei Euch zu sitzen, unangefochten wie daheim, und hinabzuschau'n auf das Land. Gott, was for a reiche, weite Natur und was for arme beschränkte Leut' um sie.
LIES altes, aber kräftiges Mütterchen, weiße Scheitel. Mußt nit groß tun, Levy, bist a g'scheiter Mann, ich weiß; aber ich schau dir doch schon jahrelang zu, wie d' dein Fressen allweil im Papierl mitbringst, statt daß d' herob'n fein mit zulangst.
LEVY. Kenn ich's denn riskier'n, daß ich komm ohne Proviant da ins Geberg' zu Euch? Könnt Ihr doch etwa hab'n an dem Tag nor a treefene Woor.
LIES. Na siehst, du bist selber so a Bauchfrummer und hätt grad dich für g'scheiter g'halten.
LEVY. Mein! Was hilft alle G'scheitheit gegen a alte Satzung? Mer werd's gewöhnt. Wer gibt mir a neuchen Mogen zu der neuen Speis'?
LIES. Mein lieber Levy, grad wie mit euere Mägen is's mit denen ihnere Köpf.
LEVY kopfschüttelnd. Möcht sein, Burgerlies, kenn vielleicht sein a Wahrheit. Aber ich muß Ihr sagen, seht Sie mir zu schon jahrelang, seh ich Ihr auch zu af kein kürzere Zeit. A gescheite Frau war Sie immer, aber Sie war nix e soi nachdenklich wie jetzt, hot jeden gelossen bei dem, was er denkt, und hat nix Ihre Meinung aufgedrängt. Das taugt nix. Burgerlies, for Ihr Geschäft taugt dos gor nix. Wollt Ihr alle Leut' e soi denken machen wie Ihr? Gott meiner Väter!
LIES. Laß mich aus mit 'n Gott der Väter, den habt's ös alte Schippeln doch nur für d' Weiber aufbracht, damit s' Zucht halten und nit auf d' Jüngern neben schau'n.
LEVY. Was ich sag? Sagt ein' andern so was, der Euch nix kennt, nehmt er's for übel und kümmt nix mehr. Trinkt. Is an angenehmer, milder Tropfen. Muß mer sich doch neuzeit gewöhnen, kommt mer zu Euch, daß abwechslich bald Ihr a Schneid habt, bald Euer Wein. Früher war Wein und Wirtschaft gleich angenehm. Mein, mir is noch erinnerlich, wenn ich vor so a Stück a fünf Jahr bei Euch bin eingekehrt, wie noch hat Eur' Tochter gelebt und wie die beiden Enkelkinder – der Bub' und das Madl, fünfzehn, sechzehn Jahr alt, a Paar prächtige junge Leut.
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