Lederstrumpf 03 - Der Pfadfinder
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Inhalt
Lederstrumpf 3 Der Pfadfinder
von James F. Cooper
Übersicht
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Sechzehntes Kapitel
Siebzehntes Kapitel
Achtzehntes Kapitel
Übersicht
Originaltitel: The Leatherstocking Tales
Die Lederstrumpf-Erzählungen von James F. Cooper:
Der Wildtöter (The deerslayer 1841)
Der letzte Mohikaner (The last of the Mohicans 1826)
Der Padfinder (The pathfinder 1840)
Die Ansiedler (The pioneers 1823)
Die Prärie (The prairie 1827)
Erstes Kapitel
Vier Menschen versuchten an einem Sommertag auf einer kleinen Lichtung der amerikanischen Urwälder mehrere umgestürzte Bäume zu ersteigen, um eine Aussicht auf die weitere Umgebung zu gewinnen. Man nennt solche Stellen Windbrüche. Plötzlich auftretende Wirbelwinde legen alte Urwaldriesen wie Strohhalme um, und diese Plätze bilden dann eine Lichtung in dem feierlichen Düster der Wälder. Der Windbruch lag am Gipfel eines sanften Abhanges. Obgleich er nicht groß war, eröffnete er doch denen, die die Höhe erreichten, eine ausgedehnte Fernsicht. An dem oberen Rand der Lichtung hatte der Sturm Bäume auf Bäume gehäuft, die leicht zu ersteigen waren. Einer der Stämme war ganz ausgerissen, und sein emporgekehrtes Wurzelgeflecht war für die Wanderer ein sicherer und bequemer Aussichtsplatz. Zwei von der Gesellschaft, ein Mann und eine Frau, waren Indianer vom Stamm der Tuscarora. Ihre Begleiter waren ein weißer Mann von ungefähr fünfzig Jahren und ein junges, anmutiges und schönes Mädchen. Gerade als sie die Höhe erreichten, leuchteten ihre blauen Augen über die Schönheit der weiten Wälder, die man von hier aus übersehen konnte.
»Onkel«, sagte das Mädchen staunend und entzückt, »das gleicht sicher der Aussicht auf das Meer, das Sie so sehr lieben.«
»Nichts als mädchenhafte Einbildung, Magnet«, meinte der Mann, der anscheinend ein Seemann war, »nur einem Kind kann es einfallen, diese Handvoll Blätter mit einem Blick auf das wirkliche atlantische Meer zu vergleichen.«
»Sehen Sie dorthin, Onkel! Es müssen Meilen über Meilen sein, und doch sehen wir nichts als Blätter! Was könnte man mehr sehen, wenn man auf den Ozean blickte?«
»Mehr?« erwiderte der Oheim fragend und bewegte ungeduldig den Ellenbogen, den das Mädchen berührte, denn er hatte die Arme gekreuzt und die Hände vorn in eine Weste von rotem Tuch gesteckt, »mehr, Mabel? Sage lieber, was weniger? Wo sind denn die Wellen, das blaue Wasser, die Walfische, die rollenden Wogen, der brandende Gischt, die Wasserhosen und die endlose Bewegung in dieser Handbreit Wald, Kind?«
»Und wo sind auf dem Meer diese Baumwipfel, dieses feierliche Schweigen, die duftenden Blätter und das schöne Grün, Onkel?«
»Still, Magnet, wenn du etwas von der Sache verstündest, so würdest du wissen, daß grünes Wasser des Seemanns Teufel ist.«
»Aber grüne Bäume sind etwas anderes. - Hören Sie nur, dieser Ton der Luft, wenn sie durch die Blätter streicht.«
»Du solltest einen Nordwester pfeifen hören, Mabel, wenn du den Wind topwärts so gerne hast. Nun, wo sind denn die Böen, die fliegenden Stürme, die Passatwinde, die Levantes und solch ähnliche Begebnisse in dieser Nußschale von Wald?«
»Sehen Sie!« rief das Mädchen nach einer Weile, »dort steigt Rauch über die Wipfel der Bäume - sollte dort eine Hütte sein?«
»Ja - ja - es ist etwas Menschliches in diesem Rauch«, antwortete der alte Seemann, »das wohl tausend Bäume wert ist. Ich muß ihn Pfeilspitze zeigen, der imstande ist an einem Hafen vorbeizusegeln, ohne es zu wissen. Wo Rauch ist, da findet sich wahrscheinlich auch ein Herd.«
Bei diesen Worten zog der Onkel eine Hand aus der Weste, berührte die Schulter des Indianers leicht und deutete auf die dünne Rauchlinie, die, ungefähr einen Kilometer entfernt, sacht über die Blätter emporstieg und sich in dem zitternden Luftkreis in fast unmerklichen, flüssigen Fäden verteilte. Der Tuscarora war ein edel aussehender Krieger, und wenn er auch mit den Kolonisten dauernd in Verbindung war, so hatte er doch wenig von der einfachen Würde eines Häuptlings verloren. Das Verhältnis zwischen ihm und dem alten Seemann war freundlich, aber doch zurückhaltend. Der Indianer war zu sehr daran gewöhnt, mit den hohen Offizieren der verschiedenen Forts, die er besuchte, zu verkehren, um nicht zu wissen, daß sein jetziger Begleiter eine untergeordnete Stellung einnahm. Wirklich lag in der ruhigen Überlegenheit und Zurückhaltung des Tuscarora etwas Gebieterisches, und Charles Cap wagte auch in seinen lustigsten Augenblicken keine Vertraulichkeit, obgleich sie schon über eine Woche zusammen reisten. Das rasche Auge des Tuscarora beobachtete den Rauch, und eine volle Minute stand er schweigend auf seinen Zehenspitzen.
»Es müssen Oneidas oder Tuscaroras in unserer Nähe sein, Pfeilspitze«, sagte Cap, »wird es nicht gut sein, sich zu ihnen zu gesellen und in ihrem Wigwam eine behagliche Schlafstätte für die Nacht zu suchen?«
»Kein Wigwam dort«, antwortete Pfeilspitze trocken, »zu viel Wald.«
»Aber Indianer müssen dort sein, vielleicht alte Bekannte von Ihnen, Meister Pfeilspitze!«
»Nicht Tuscarora - nicht Oneida - nicht Mohawk: Bleichgesichtfeuer.«
»Den Teufel auch! Magnet, das geht über die Philosophie eines Seemanns. Wir alten Seehunde können wohl den Tabak eines Soldaten von dem eines Seemanns unterscheiden, aber ich glaube nicht, daß der älteste Admiral in der Flotte Seiner Majestät sagen kann, wie sich eines Königs Rauch von dem eines Köhlers unterscheidet.«
Der Gedanke, menschlichen Wesen in einer solchen Wildnis nahe zu sein, hatte die Röte auf die Wangen des Mädchens getrieben. Sie wandte sich an ihren Onkel und sagte: »Das Feuer eines Bleichgesichts? Nein, Onkel, das kann er nicht wissen.«
»Vor zehn Tagen, Kind, hätte ich darauf geschworen; jetzt aber weiß ich kaum, was ich glauben soll. Darf ich so frei sein zu fragen, Pfeilspitze, warum Sie den dort über die Baumwipfel aufsteigenden Rauch für den eines Bleichgesichts und nicht für den einer Rothaut halten.«
»Nasses Holz«, antwortete der Krieger ruhig - »viel naß, viel Rauch, viel Wasser - schwarzer Rauch.«
»Aber - Meister Pfeilspitze - der Rauch ist nicht schwarz, auch seh’ ich nicht viel. Meinem Auge erscheint er nur als ein leichter, dünner Rauch, wie aus dem Teekessel eines Schiffskapitäns.«
»Zuviel Wasser«, erwiderte Pfeilspitze mit leichtem Kopfnicken: »Tuscarora zu klug, um mit Wasser Feuer zu machen; Bleichgesicht zuviel studiert, und brennt alles; viel studiert - wenig weiß.«
»Gut, das ist vernünftig«, gab Cap zu, der sich aus Gelehrsamkeit nichts machte; »er scheint auf dein Lesen anzuspielen, Magnet, denn der Häuptling hat in seiner Weise verständige Ansichten von den Dingen. Sagen Sie mir, Pfeilspitze, wie weit mögen wir nach Ihrer Berechnung von der Handbreit Teich sein, den Sie den großen See nennen, und dem wir so viele Tage schon entgegenwandern?«
Der Tuscarora blickte den Seemann mit ruhiger Überlegung an. »Ontario wie der Himmel; eine Sonne - und der große Reisende wird es erfahren«, sagte er.
»Gut - ich bin ein großer Reisender gewesen; ich kann es nicht leugnen; aber unter allen meinen Reisen war dies die längste, die unergiebigste und die weiteste zu Land. Wenn dieser Frischwasserteich so nahe ist, Pfeilspitze, so sollte man glauben, ein paar gute Augen müßten ihn ausfindig machen.«
»Dort«, erklärte Pfeilspitze, indem er mit Würde den Arm vor sich ausstreckte, »Ontario!«
Zum erstenmal seit ihrer Bekanntschaft blickte Cap mit Verachtung auf den Tuscarora. Ihm schien, der Indianer deutete auf einen leeren Punkt am Himmel, ein wenig über den Wäldern. »Ja - ja - so etwas habe ich erwartet, als ich die Küste verließ, um einen Süßwasserteich aufzusuchen«, rief Cap, indem er die Schultern in die Höhe zog wie jemand, der mit sich im reinen war und es nicht für nötig hielt, mehr zu sagen.
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