Was thun?
BRIGITTE. Mir aus'm Traum helfen, Annerl!
Zweite Scene.
Vorige. Hell von links aus dem Garten, ein Buch unter dem Arme.
HELL. Ah, da seid ihr ja beide. Brigitte, da, trage das Buch auf mein Zimmer. Gibt ihr dasselbe.
BRIGITTE nimmt das Buch und das Spinnrad auf und geht in das Haus ab.
ANNERL steht an dem Stuhle, den Brigitte verlassen hat, und blickt in die Scene links.
HELL. Nach was blickst du denn aus, Anne?
ANNERL. Ich schau', wie die Sonn' untergeht.
HELL tritt hinzu. Wir sehen das Tag für Tag und es bleibt doch schön.
ANNERL. Recht schön!
HELL. An was denkst du? Du hast feuchte Augen.
ANNERL. Ich weiß nit, ich war erst recht lustig – aber wie ich da so schau', fall'n mir auf einmal alle ein, die mir recht nah' gangen sein und jetzt die Sonn' nimmer untergehn sehn.
HELL. Unsere Heimgegangenen! Der Herr lasse sie ruhen in Frieden!
ANNERL. Amen!
HELL. Die letzte meiner Familie, die ich zu beweinen hatte, war meine Schwester.
ANNERL sich zu ihm wendend. Die war g'wiß kreuzbrav!
HELL. Brav, klug und schön! Sie und die Mutter, beide lebten, als ich noch Student war, und das spornte nicht wenig meinen Fleiß; ich wollte ihnen alle Freude machen und ich dachte mir das so recht hübsch, wenn ich eine Pfarre bekäme, wie wir da immer beisammen leben und bleiben wollten. Eine Familie haben, ja nur ihr angehören, ist doch etwas Schönes.
ANNERL. Nicht wahr? Oft hab' ich mir's schon gedacht, selbst im Himmel kommt erst die heilige Familie und dann die einschichtigen heiligen Männer und Jungfrau'n.
HELL lächelnd. Meinst du?
ANNERL kleinlaut. Bin ich 'leicht fürwitzig?
HELL. Nein, Anne.
ANNERL. Aber ich bin so viel an meiner Mutter g'hängt und mit ihr hab' ich auch mein' Vater selig in Erinnerung g'habt und so bin ich – wenn ich heut a rechtschaff'nes Dirndl heiß – es niemanden schuldig als ihnen! Kinder, dö so zur Welt kommen, ohne daß's oft Vater und Mutter wissen, sein doch recht traurig dran; sie machen niemand so a herzliche Freud', wenn s' brav sein, und kein Herzleid, das s' ihnern Liebsten anthun könnten, bringt s' vom Bösen ab – und nachher wundert sich d'Welt, wenn s' keine rechten Leut' werd'n!
HELL. Das denkst du fromm und klug.
ANNERL sieht zu Boden. Wie d' mich aufg'nommen hast, hochwürdiger Herr, hast mich brav g'heißen, jetzt nennst mich klug – wann d' mir noch eins sagst, so hast mir alle guten Wort' geb'n, wie deiner Schwester selig.
HELL faßt ihre Hand. Wie meiner Schwester? Ja, ganz recht, brav, klug und – schön. Regt sich doch die Eitelkeit ein wenig bei dir?
ANNERL hebt den Kopf. Na, ich bin g'wiß net eitel.
HELL. Ich habe doch eine kleine Eitelkeit an dir bemerkt.
ANNERL. O mein Gott! Sag's, hochwürdiger Herr, ich werd's g'wiß nimmer blicken lassen.
HELL.
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