Ich hab's z' Haus recht gut aufg'hob'n, will's hoch in Ehren halten und nach mein' Ehrentag erst will ich's ganz versteckt unterm Mieder trag'n; und kommt dann – wie's Gott schickt – Herzload oder Herzensfreud', wo ich selber nit aus weiß, wo das Herz mir höher schlagt, und ich press' d'Händ' ans Mieder, da erinnert mich das Kreuzl g'wiß an dich – und denk' ich dann an dich bei dem, was ich thu', ob'st freundlich schauest oder z'wider, so hab' ich sicher 's rechte Fleckel troffen und weiß, was ich thun oder lassen muß. Es soll mir ein rechter Segen werd'n.

HELL. Das walte Gott!

MICHEL unruhig, drängend. Ich denk', wir gehn jetzt gleich vorauf in die Kirch'n.

HELL tritt unwillkürlich einen Schritt von beiden zurück, dann gefaßt. Geht diesmal mir voran! Ich folge euch!

MICHEL. Kumm aber fein gleich nach!

HELL. Bald!

 

Hochzeitsmarsch beginnt wieder, der Zug setzt sich in voriger Ordnung in Bewegung und geht von rechts im Bogen beim Pfarrer vorüber in die Kirche. – Sepp, der seinen Stock militärisch präsentiert, die Musikanten und etliche Bauern bleiben außen; wie die letzten Paare unter dem Portal verschwinden, schließt die Musik. – Das Orchester nimmt piano den Hochzeitsmarsch auf und spielt seine Motive unter der Rede des Hell, bis, wo angedeutet, die Orgel eintritt. – Die Zurückgebliebenen entfernen sich, Sepp an der Spitze, und scheinen sich lebhaft zu besprechen.

 

 

Dritte Scene.

Melodramatisch.

 

HELL allein, hat den Ellbogen an den Baumstamm gestützt und den Kopf in die Hand gesenkt, aufseufzend. Es wird mir doch schwerer, als ich dachte – vor den Altar zu treten, das entscheidende, ewig bindende Wort ihr abzufordern! Voll Leidenschaft. O, wenn sie stammelte – wenn sie es nicht über die Lippen brächte – Erschreckt. Was dann? Was denn dann, Thor – bringt dir anderer Verlust Gewinn? Pfui, bist du noch nicht dein Meister geworden? Jetzt rasch hin vor den Altar, das sei deine Strafe – ohne Zaudern, ohne Ueberlegung – ohne Zucken deiner Wimper – ohne Zittern deiner Hände. Macht eine energische Bewegung gegen die Kirche, die Orgel ertönt. Ich komme! Hält stille. Laß noch ein wenig die kühle Morgenluft dir die heiße Stirne fächeln – laß diesen Sturm in deinem Innern erst vorübergehen – laß es ruhig werden in dir – mach dir klar, was du mußt, damit du es auch vermagst! Denk dich Aug' in Aug' vor ihr – denk dir, wie du ihr ehrliches Ja hörst – denk dir, wie du ihre Hand faßt und in die eines andern legst. Schlägt die Hände vors Gesicht. O du vermagst es nicht! Läßt die Hände darauf sinken. Du vermagst es nicht, ohne zu zeigen, wie dich's im Innersten erschüttert – und du willst noch von Entsagung jenen ehrlichen Seelen reden, die dich für stärker, für besser hielten, als du bist! Auffahrend. Du mußt es können!

 

Choral mit Orgel.

 

Die Stimmen der Gemeinde! Sie mahnen mich! Die Hand am Herzen. Was ziehst du dich zusammen, kindisch Herz, um nur für ein Bild Raum zu lassen, Nach der Kirche. wo doch die alle dort in dir ein Fleckchen wollen, das sie beherbergt? O, werde wieder weit, wie ich dich brauche, wie du es immer warst gewesen, wenn es sonst ein Opfer galt, und so wie sonst, wenn es gebracht ist, dann magst du höher schlagen! Nicht in ihr Auge will ich blicken, unverwandt auf die Gemeinde will ich schauen! War doch kein Opfer noch umsonst! O laß dich ganz von Opferfreudigkeit durchdringen, blick über alles aus ins Land der Zukunft und grüße mit vernarbten Wunden die Brüder jener Tage, denen dieses Kleid nicht mehr den Kampf zwischen Schande und Entsagung zur Pflicht macht! – O, wär't ihr jetzt zugegen, ihr, die ihr mir jede Anerkennung weigert – bei dieser Stunde, in der ich mich aus tausend Qualen gerungen – nun solltet ihr mir doch sagen müssen, was ich ja einzig nur zu hören wünsche: Daß ich gethan, was man von mir erwartet!

 

Voller Accord, mit dem Orgel und Choral verstummt.

 

HELL stark. Ich komme! Rasch ab in die Kirche.

 

Vierte Scene.

Ueber den Steg, von wo sie früher abgegangen, Sepp, Bauern, der Schulmeister von Altötting, der eine Tasche an einem Riemen um den Hals trägt, in ihrer Mitte.

 

SCHULMEISTER noch hinter der Scene. Nur keine Gewalt, ich verwarne euch!

SEPP indem er ruckweise den Schulmeister auf die Scene stößt. Komm nur, fürcht dich net, 's g'schieht dir nix!

SCHULMEISTER. Ich mache die ganze Gemeinde dafür verantwortlich, wie mir mitgespielt wird.

EINIGE BAUERN. Aber Sepp, was hast denn mit'n Schulmeister?

SEPP. Seids nur stad, es kommt gleich! Schon seit gestern siech ich den Lump' da im Dorf bald ums Pfarrhaus und d'Kirch' herumschleichen, bald bei alte Betschwester und Brüder aus- und einschliefen; da hab' ich mir gleich denkt, der führt sicher was gegen 'nen Pfarr' im Schild und – na, er soll euch's nur selber sag'n, was er bringt!

SCHULMEISTER. Gut – gut – das will ich – aber das bitt' ich dich, verirrte Gemeinde, unterbreche mich nicht und bedenke, ich bin hier in höherem Auftrage!

SEPP. Red nit so lange herum, ich weiß schon was d' bringst, du müßt' es nit Weibern auf'bunden hab'n.

SCHULMEISTER.