Laß dir verzählen. Gestern haben s' schon in unserm Nest herumtrommelt wegen dem Thalmüller seiner Hochzeit. Denk' i mir, morgen hast so kein Ruh, die Dirn' werd'n di necken, weil d' ledig bist – dö Gäns, als ob's an mir g'leg'n wär', daß i kein Weib kriegt hab', – i mag a nit dabei sein seit der Zeit bei einer Hochzeit – i mag net – beim Thalmüller schon gar net! Sehr niedergeschlagen. Aber schon gar net, ich weiß warum! Denk' i mir also, den Tag wirst dich 'nunterrackern und nachts wirfst dich aufs Heu und drehst di nit amol im Schlaf um; is auch gut, weißt von nix und willst von nix wissen! Halbnachtig war's noch, wie i mit der Kreunzen aus'm Haus bin, durchs Dorf auf'n Gamskogl zu – kein Hahn hat sich noch g'rührt, kein Hund und selbst der Wind war noch wie verschlafen und hat nur so a bisserl hing'wachelt, kaum daß er a Blatt'l auf'n Baum g'rührt hat – und i bin immer höher und höher hinauf nach'm Gamskogl zu, daß mir warm word'n is, und oben hab' i mi niederg'setzt und hab' ausg'rast' und g'wart', bis die Sonn' über'n Watzmann heraufkommt – sie is heraufkommen, langsam, ganz langsam, rot wie a glühende Kohl'n is s' da vor mir g'hängt; wie i so in die graue Welt g'schaut hab' – und ein G'frier is euch übers Land gangen, daß i mein' Jacken enger an mi anzog'n hab'. Ahan, hab' i mir denkt, die kalte Finstern macht sich noch einmal breit vor ihr'n End'. Aber der Nebel is in Fetzen zerfahr'n und Viertelstund um Viertelstund hat ihn die Sonn' mehr und mehr auf die Seiten druckt, bis er nimmer hat auskönnen – und da 'nein hat er sich in die tiefe Klamm und dorthin in d'Höllschlucht verschlossen. Mir hab'n die Aug'n schon weh than – und die Sonn' hat so freundlich geschienen und i hab' mir denkt: Was's doch die Sonn' gut hat, sie kann's derwarten, a Neichtel Zeit und sie leucht' halt doch üb'rall hin! Senkt den Kopf.
WIRTIN. Na und nachher?
SEPP. Nachher hab' i ang'fangt Wurzeln ausz'stechen und Kräuter ausz'rupfen, als ob s' mir was anthan hätten, und hab' die Zähn' dabei übereinand' bissen – aber der Gedanken is mir net aus der Seel' 'gangen: Der Mensch aber kann's nit derwarten – a Neichtel Zeit und er is selber nimmer! Und dann is's so kummen nacheinander, wie wenn sich's vom Spinnradl abzwirnt, alles, was i erlebt hab', ohne daß i nur a Tipferl hätt' daneben werfen können, wenn i auch mög'n hätt', und da hab' ich 's Grabzeug von mir g'worfen und mich am Rand vom Gamskogl hing'legt und hinunterg'schaut in die weite Welt. – Gradüber auf der Edelwiesen is Altötting g'leg'n und drunt' tief im Thal unser Dörfl, Kirchfeld. – In Altötting hab'n s' mit alle Glocken g'läut' und mit Fahnen sein s' auszog'n – und von Kirchfeld auf amol schallt's so 'rauf, als ob mich einer mit der flachen Hand stad aufs Ohr hauet – da hab'n s' an Pöller g'löst – und bald darauf hab' ich's auch heraufziehn g'sehn. – Haben sie sich net da 'troffen auf der Bergstraßen?
WIRT. Freilich!
SEPP. Und sein s' so gut auseinander kämma? Dö können nach Matrey und der Loisl nach der Stadt? Is keins derschlag'n word'n?
WIRTIN. Ei beileib!
SEPP wild. So setzt er's doch durch? Möglich is's auf amol, was früher net 'gangen is?!
WIRT. Wer, was?
SEPP abbrechend. Wie i so oben steh' und seh' die Altöttinger hinunter- und die Kirchfelder 'raufwurl'n, net größer wie die Ameisen, da hätt' i mög'n der Herrgott sein, i hätt' 'nunterg'langt und dös Unziefer mit der Faust zerdruckt. – Nimmer g'litten hat's mi oben, mein Gangstecken hab' i gnummen und bin über die steile Wand 'runter ...
WIRTIN. Heiliger Gott!
SEPP. Neben meiner is's losbröckelt vom Stein und 'runterpoltert und hat oft erst langmächtig darnach unt' in der Tiefen aufg'schlag'n – und i alleweil 'runter – und da hab' i mi so zug'richt'!
WIRTIN. Du hätt'st di dabei totkugeln könna!
SEPP. Wär' a nix drang'leg'n!
WIRTIN. Du red'st wie a Heid! Schau, Sepp, is's denn wirklich wahr, was die Leut' von dir red'n?
SEPP. Von mir reden s' gar viel; wann i erst zu allem ja oder nein sagen müßt', thät's mich verdrießen.
WIRTIN. Nur eins möcht' i wissen, in Kirchfeld heißt's, daß man weder di noch dein' Mutter in der Kirch' sieht?
SEPP plötzlich sehr schroff. Weißt, Wirtin, mein' Mutter is ein arms alts Weib, die is nimmer recht bei sich – die kann für nichts, die laßts mir in Fried'.
WIRTIN. Aber du?
SEPP lacht trotzig. Mich laßts auch in Fried'!
WIRTIN. Schau, Sepp, das is net schön von dir, ös habts neuzeit, wie i hör', so ein' lieben guten Herrn Pfarrer; schon dem z'lieb, wann net dir zum Heil!
SEPP wild.
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