Nun erzählte sie ihm, daß Johannes auch das zweite Mal richtig geraten habe; wenn er dasselbe morgen thue, so habe er gewonnen, und sie könne nie mehr nach dem Berge hinauskommen, werde nie mehr solche Zauberkünste wie früher machen können; deshalb war sie ganz betrübt. »Er soll es nicht raten können!« sagte der Zauberer. »Ich werde schon etwas erdenken, was er sich nie gedacht hat, oder er müßte ein größerer Zauberer sein, als ich. Aber nun wollen wir lustig sein!« Und damit faßte er die Prinzessin bei beiden Händen und sie tanzten mit allen den kleinen Kobolden und Irrlichtern herum, die in dem Zimmer waren, die roten Spinnen sprangen an den Wänden ebenso lustig auf und nieder; es sah aus, als ob Feuerblumen sprühten. Die Eulen schlugen auf die Trommel, die Heimchen pfiffen und die schwarzen Heuschrecken bliesen die Mundharmonika. Es war ein lustiger Ball! Als sie nun lange genug getanzt hatten, mußte die Prinzessin nach Hause, sonst wäre sie im Schlosse vermißt worden; der Zauberer sagte, daß er sie begleiten wolle, dann seien sie doch noch unterwegs beisammen. Dann flogen sie im bösen Wetter davon, und der Reisekamerad schlug seine drei Ruten auf ihren Rücken entzwei; nie war der Zauberer in solchem Hagelwetter aus gewesen. Draußen vor dem Schlosse sagte er der Prinzessin lebewohl und flüsterte ihr zugleich zu: »Denke an meinen Kopf!« Aber der Reisekamerad hörte es wohl und gerade in dem Augenblicke, als die Prinzessin durch das Fenster in ihr Schlafzimmer schlüpfen und der Zauberer wieder umkehren wollte, ergriff er ihn an seinem langen, schwarzen Barte und hieb mit seinem Säbel seinen häßlichen Zauberkopf gerade bei den Schultern ab, sodaß der Zauberer ihn nicht einmal selbst zu sehen bekam; den Körper warf er hinaus in den See zu den Fischen, doch den Kopf tauchte er nur in das Wasser und band ihn dann in sein Taschentuch, nahm ihn mit nach dem Wirtshause und legte sich schlafen. Am nächsten Morgen gab er Johannes das Taschentuch und sagte ihm dabei, daß er es nicht eher aufbinden dürfe, als bis die Prinzessin frage, woran sie gedacht habe. Es waren so viele Menschen in dem großen Saale auf dem Schlosse, daß sie so dicht standen wie Radieschen, die in ein Bündel zusammengeknüpft sind. Der Rat saß in seinen Stühlen mit den weichen Kopfkissen, und der alte König hatte neue Kleider an, die goldene Krone und Scepter waren poliert, es sah ganz feierlich aus; aber die Prinzessin war ganz bleich und hatte ein kohlschwarzes Kleid an, als gehe sie zum Begräbnis. »Woran habe ich gedacht?« fragte sie Johannes, und sogleich band er das Taschentuch auf und erschrak selbst ganz gewaltig, als er das häßliche Zauberhaupt erblickte. Es schauderte allen Menschen, denn es war erschrecklich anzusehen, aber die Prinzessin saß gerade wie ein Steinbild und konnte nicht ein einziges Wort sagen; zuletzt erhob sie sich und reichte Johannes die Hand, denn er hatte ja richtig geraten; sie sah ihn nicht an, sondern seufzte ganz laut: »Nun bist Du mein Herr! Diesen Abend wollen wir Hochzeit halten!« »Das gefällt mir!« sagte der alte König; »so wollen wir es haben!« Alle Leute riefen Hurra, die Wache machte Musik in den Straßen, die Glocken wurden geläutet, und die Kuchenfrauen nahmen den schwarzen Flor von ihren Zuckerherzen, denn nun herrschte Freude. Drei ganze gebratene Ochsen, mit Enten und Hühnern gefüllt, wurden mitten auf den Markt gesetzt, jeder konnte sich ein Stück abschneiden, in den Wasserkünsten sprudelte der schönste Wein, und kaufte man eine Brezel beim Bäcker, so bekam man sechs große Zwiebacke als Zugabe und den Zwieback mit Rosinen darin. Am Abend war die ganze Stadt erleuchtet und die Soldaten schossen mit Kanonen und die Knaben mit Knallerbsen, und es wurde gegessen und getrunken, angestoßen und gesprungen oben im Schlosse, alle vornehmen Herren und schönen Fräuleins tanzten mit einander; man konnte in weiter Ferne hören, wie sie sangen: Hier sind viele hübsche Mädchen, Die gerne tanzen rund herum, Dreh'n sich wie Spinnrädchen; Hübsches Mädchen dreh' Dich um. Tanzt und springet immer zu, Bis die Sohle fällt vom Schuh. Aber die Prinzessin war ja noch eine Hexe und mochte Johannes gar nicht leiden; das fiel dem Reisekamerad ein, und deshalb gab er Johannes drei Federn aus den Schwanenflügeln und eine kleine Flasche mit einigen Tropfen darin, sagte ihm dann, daß er ein großes Faß, mit Wasser gefüllt, vor das Bett der Prinzessin setzen lassen solle, und wenn die Prinzessin hineinsteigen wolle, solle er ihr einen kleinen Stoß geben, sodaß sie in das Wasser hinunterfalle, wo er sie dreimal untertauchen müsse, nachdem er vorher die Federn und die Tropfen hineingeschüttet habe; dann werde sie ihre Zauberei verlieren und ihn recht lieb haben. Johannes that alles, was der Reisekamerad ihm geraten hatte. Die Prinzessin schrie laut auf, indem sie unter das Wasser tauchte, und zappelte ihm unter den Händen als ein großer, schwarzer Schwan mit funkelnden Augen; als sie das zweite Mal wieder über das Wasser heraufkam, war der Schwan weiß bis auf einen schwarzen Ring um den Hals. Johannes betete fromm zu Gott und ließ das Wasser das dritte Mal über den Vogel zusammenschlagen, und im selben Augenblicke wurde er in die schönste Prinzessin verwandelt. Sie war noch schöner als zuvor und dankte ihm mit Thränen in ihren herrlichen Augen, daß er ihre Bezauberung gehoben habe. Am nächsten Morgen kam der alte König mit seinem ganzen Hofstaat, und da gab es ein Glückwünschen bis spät in den Tag hinein. Zu allerletzt kam der Reisekamerad; er hatte seinen Stock in der Hand und das Ränzel auf dem Rücken. Johannes küßte ihn vielmal und sagte, er dürfe nicht fortreisen, er solle bei ihm bleiben, denn er sei ja die Ursache seines ganzen Glückes. Aber der Reisekamerad schüttelte mit dem Kopfe und sagte mild und freundlich: »Nein, nun ist meine Zeit um. Ich habe nur meine Schuld bezahlt. Erinnerst Du Dich des toten Mannes, dem die bösen Menschen Übles thun wollten? Du gabst alles, was Du besaßest, damit er Ruhe in seinem Grabe haben könnte. Der Tote bin ich!« Zu gleicher Zeit war er verschwunden. Die Hochzeit währte einen ganzen Monat. Johannes und die Prinzessin liebten einander innig, und der alte König erlebte manche frohe Tage und ließ ihre kleinen Kinderchen auf seinen Knieen reiten und mit seinem Scepter spielen; aber Johannes wurde König über das ganze Land.
* * *
Ende
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