Er war genauso entschlossen wie früher, aber dazu kamen jetzt eine Selbstsicherheit und innere Ruhe, die ihm zuvor gefehlt hatten. David wirkte wie ein Mensch, der nach vielen Widerständen endlich zu sich selbst gefunden hatte und akzeptierte, was er war. Doch was war er wirklich?

Asen-Ger schüttelte den Gedanken unwillig ab. Die Zeit von Davids Geburt war eine böse Zeit gewesen, voller Verrat, Niedertracht und Mord. Vielleicht wollte er sich selbst deshalb nur so ungern daran erinnern, weil er selbst bei den damaligen Ereignissen beteiligt gewesen war. Auch wenn David nun über sich selber besser Bescheid zu wissen schien, hatte er viele Fragen von seinem Ausflug in die Vergangenheit mitgebracht. Was war aus Mar-Estos, dem Geliebten seiner Mutter, geworden? Gab es eine Verbindung zwischen Mar-Estos und Llewellyn 709? Der Riemenmann konnte dazu nur feststellen, daß er keinen Mar-Estos kannte, solange er sich zurückerinnern konnte. Aber Llewellyns Erinnerung reichte nur bis zu dem Experiment zurück, daß ihn zum Riemenmann gemacht hatte. Offenkundiger war da schon die Verbindung zwischen dem verräterischen Treiber Jonsson und jenem Astos, dessen Leiche David auf dem Planeten Argus entdeckt hatte, eine Leiche, aus der ein Yggdrasil-Ableger wuchs der leider in die Hände der Grauen Garden fiel. Jonsson war von Merlin III einst zum Samenträger Yggdrasils ausersehen worden und hatte seinen Namen später in Astos geändert, vermutete man. Aber Scanner Cloud, der als einziger Astos lebend gekannt hatte, wollte diese Vermutung weder bestätigen noch dementieren.

Fragen über Fragen!

Doch die Gegenwart war wichtiger als die Rätsel der Vergangenheit, dachte Asen-Ger grimmig, während er sich auf den Weg in den scherzhaft »Rittersaal« genannten Konferenzraum machte – zur täglichen Lagebesprechung. Es galt, die auf Rorqual herrschenden psionischen Phänomene zu erforschen. Ein aus Menschen und Malaiara bestehendes Team, dessen Zustandekommen David gerade mit den Grünen ausgehandelt hatte, sollte diese Aufgabe übernehmen.

Im Rittersaal drängten sich bereits über hundert Treiber, als Asen-Ger eintrat. An den Lagebesprechungen konnte jeder der über sechshundert auf Rorqual anwesenden Treiber teilnehmen. Natürlich machten nicht alle auf einmal von diesem Recht Gebrauch. Man wechselte sich ab.

Die eigentliche Lagebesprechung fand auf einem Podium in der Mitte des Raumes statt. Dort diskutierten zehn bis fünfzehn Treiber die anstehenden Probleme, während die anderen Anwesenden ihnen aufmerksam zuhörten. Auf dem Podium saß der »Rat«. Er bestand aus von ihren Kameraden gewählten Treibern oder wegen ihrer Qualifikationen und Erfahrungen ständig dazugehörenden Terranauten wie David terGorden und Asen-Ger.

Das ganze Verfahren dieser Lagebesprechungen war äußerst zeitraubend und schwerfällig. Es funktionierte überhaupt nur, weil alle Treiber aus ihrer Logenarbeit an gegenseitige Rücksichtnahme und kooperatives Handeln gewohnt waren. Doch besonders David legte größten Wert auf diese Konferenzen. Er wollte mit ihnen alle Treiber zu einer echten Gemeinschaft zusammenschweißen und ihnen immer wieder klarmachen, daß sie ein gemeinsames Ziel hatten – den Kampf gegen Valdec und das Konzil.

Viele der von den Strafplaneten befreiten und nach Rorqual gebrachten Treiber waren ja keine Terranauten, sondern mußten für die Ziele der Rebellenbewegung erst noch gewonnen werden.

Nachdem Asen-Ger auf einem der rohgezimmerten Stühle des Podiums Platz genommen hatte, eröffnete David die Sitzung mit einem kurzen Bericht über seine Konferenz mit den »Grünen Fliegern«. Er verkündete, daß die Grünen zur Zusammenarbeit bei der Erforschung des rorqualschen PSI-Feldes bereit waren.

Dieses Feld wurde immer mehr zu einem ernsthaften Problem. Es blockierte jede PSI-Aktivität und rief darüber hinaus psychische, ja, sogar physikalische Veränderungen hervor. Nach einem längeren Aufenthalt konnten sich die meisten Treiber jedoch an dieses Feld in gewissem Umfang anpassen und erhielten einen Teil ihrer PSI-Kräfte zurück. Nur deshalb war der Erfolg im Kampf gegen die Banshees möglich gewesen. Das Feld verhinderte jedoch jede Fortbildung von Treibern. Es machte jedes PSI-Training unmöglich. Aber genau das war notwendig, um aus harmlosen Treibern Kämpfer gegen das Konzil zu machen.

Dazu kam ein anderes eigenartiges Phänomen. Rorqual schien sich auf unerklärliche Weise auf die auf ihm gestrandeten Fremdwesen anzupassen.