Wohin gehst du?
Marie. Der Krug mit dem frischen Wasser steht in der Küche.
Der Vater. Laß die Türe offen.
Marie
rechts hinaus. Von unten das Geräusch trabender Pferde.
Marie
bringt das Wasser, bleibt stehen, lauscht.
Der Vater. Gib . . . gib!
Marie
rasch zu ihm, reicht ihm das Wasser, schnell zum Fenster und öffnet es. Entsprechende Verstärkung des Geräusches.
Der Vater. Was tust du? Bist du toll? Ich kann den Tod davon haben!
Marie. Die Luft ist warm; auch sagt der Doktor immer, daß es zu dumpf hier innen ist.
Der Vater. Zu dumpf! Darum reißest du das Fenster auf mit einem Male? Zu dumpf! Meinst du, ich weiß nicht, wonach dir der Sinn steht? Vor sich hin. Ja, da reiten sie, stramm, jung, gesund . . . heut noch gesund und jung! . . . Nun, beklagst du dich, daß die Aussicht von unseren Fenstern nicht schön ist? Ho! Mitten in der Stadt haben wir unsere Wohnung – nur ein Blick um die Ecke – und das Leben treibt vorbei . . . Marie!
Marie. Vater?
Der Vater. Ich will zum Fenster!
Marie. Du willst –?
Der Vater. Her zu mir! Führ' mich hin . . . es wird schon gehn . . . Ich will sie auch sehen, die da unten vorüberreiten und vielleicht nicht einmal neunundsiebzig alt werden. Den Mantel her!
Marie
nimmt den Mantel vom Kleiderständer, breitet ihn um den Vater und führt diesen zum Fenster rechts.
Der Vater
höhnisch. O es ist eine Plage! Armes Kind! Aber nein, sie klagt nicht! Am Fenster, wo er gleich auf den Sessel sinkt; er hält sich mit beiden Händen ans Fensterbrett und beugt sich vor. Manche von denen . . . alle vielleicht . . . wer weiß – – – und sind nicht einmal neunundsiebzig.
Marie
etwas mühsam. Vater, man kennt die Farben nicht recht . . . sind es die Schwarzen oder die Blauen?
Der Vater. O, mein Töchterchen läßt sich herab zu fragen! Sollt' ich bessere Augen haben als du? . . . Ja, es sind die blauen Kürassiere.
Marie. Ist es nicht dein Regiment gewesen, Vater?
Der Vater. Was geht's dich an? – Wo ist die Zeit?! . . . Gefallen sie dir? . . . Was siehst du von ihnen? Doch nichts als ihr Wiegen auf den trabenden Pferden, und der Geruch ihrer Jugend steigt dir von der Straße empor in die Nase. Sollte man denken, daß ich einmal geradeso aussah, geradeso wie die? . . .
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