Verlangt! Müssen es Worte sein? Du bist wie deine Mutter, ganz wie deine Mutter!

Marie. Vier Jahre lang ist sie tot. Laß sie in Frieden ruhn. Nie klagte sie – laß sie ruhn.

Der Vater. Nie klagte sie . . . mit Worten nicht . . . mir ins Gesicht nicht . . . ganz wie du. O ihr, ihr . . . Doch wenn ich nach Hause kam und fand euch dort zusammen auf dem Divan sitzen, aneinander gedrängt wie böse Katzen – oder ich wartete eurer am Fenster, abends, bis ihr von eurem Spaziergang auf den Basteien zurückkamt . . . da habt ihr auch nicht geklagt?  . . . Nicht über euer verpfuschtes Leben gesprochen? . . . Nicht über mich, dem ihr die Schuld daran gabt? Verschworen wart ihr gegen mich, stumm verschworen – ich weiß es wohl! Nichts war euch recht: Zu armselig die Wohnung, das Essen schmeckte nicht und ich war euch nicht lustig genug. Was, ich hätte wohl Späße treiben sollen, wenn ich müde von meiner Schreiberei nach Hause kam aus dem Amt, wo ich mich geplagt hatte um die lumpigen paar Gulden für euch  . . . für euch, weil die Pension nicht reichte? Mir hätte sie gereicht – mir allein wohl! Und ihr habt mich verflucht! Meinst du, ich weiß es nicht? Meinst du, ich habe deine Mutter nicht gekannt und ich kenne dich nicht? . . . Stundenlang sitzest du stumm neben mir, sprichst nur, wenn ich dich frage, aber dein Blick . . . dein Blick, wenn du dich fortschleichst von mir, zum Fenster hin . . . Denkst du, ich weiß nicht, was sich da in dir rührt, – was für Wünsche, was für Klagen? Meinst du, ich weiß es nicht? . . . Aber wünsche du und klage, wie du willst, – keine Minute mehr lass' ich dich von meiner Seite. Ich will nicht allein sein! Habe Geduld, habe Geduld! Du bist jung. Vielleicht werde ich nicht neunzig, vielleicht nur fünfundachtzig – oder am Ende dauert's gar nur mehr drei, zwei Jahre, dann bist du frei, kannst deinen Adjunkten haben – oder den Doktor – oder beide und noch andere dazu . . . wenn's dir lieber ist, dich ans Fenster stellen und hübschen jungen Leuten winken.

Marie auf. Vater! Vater!

Der Vater. Marie! . . . Marie! In plötzlicher Angst. Nimm's mir nicht übel. Ich bin krank . . . ich bin alt . . . und ich hab' Angst – verstehst du? Angst! . . . Nein, du verstehst es nicht! . . . Wer versteht denn das, so lang er jung ist und sich rühren kann, was das heißt, nutzlose Angst und ohnmächtiger Zorn?  . . . Wasser! Mir sind die Lippen trocken!

Marie entfernt sich.

Der Vater.