Hier unten sein!"
Alles rannte nun nach Steuerbord, und der Kapitän befahl, Taue auszuwerfen. Ja wirklich, da unten, hart an der Schiffswand, schwamm langsam auf dem Rücken, um nicht abgetrieben zu werden, der "junge Bär" und hatte sich das bewusstlose Mädchen quer über den Leib gelegt. Taue waren schnell zur Hand; sie wurden hinabgelassen. Der Knabe befestigte eines derselben unter den Armen des Mädchens, und schwang, während dieses emporgezogen wurde, sich behend an einem zweiten an Bord.
Er wurde mit brausendem Jubel begrüsst, schritt aber stolz davon, ohne ein Wort zu sagen. Aber als er an dem Cornel, welcher auch mit zugesehen hatte, vorüber kam, blieb er vor ihm stehen und sagte so laut, dass jedermann es hörte: "Nun, fürchtet sich Tonkawa vor kleiner, räudiger Katze? Cornel ist ausgerissen mit all seinen zwanzig Helden; Tonkawa aber hat grosses Ungetüm auf sich gelenkt, um Mädchen und Passagiere zu retten. Cornel bald noch mehr von Tonkawa hören!"
Die Gerettete wurde nach der Kajüte getragen. Da streckte der Steuermann, welcher den besten Ausblick hatte, die Hand nach Backbord aus und rief: "Seht den Panther; seht das Floss!"
Jetzt sprangen alle wieder auf die angegebene Seite hinüber, wo sich ihnen ein neues und nicht weniger aufregendes Schauspiel bot. Man hatte nämlich, nur mit dem bisher Erzählten beschäftigt, ein kleines, aus Strauchwerk und Schilf gefertigtes Floss nicht bemerkt, auf welchem zwei Gestalten sassen, welche vom rechten Flussufer her den Steamer erreichen wollten. Sie arbeiteten mit aus Zweigen improvisierten Rudern. Die eine Person war ein Knabe, die andre schien ein ganz eigen- oder fremdartig gekleidetes Frauenzimmer zu sein. Man sah eine Kopfbedeckung, ähnlich einer alten Flatusenhaube, darunter ein volles, rotwangiges Gesicht mit kleinen Äuglein. Die übrige Gestalt steckte in einem weiten Sacke oder einem ähnlichen Dinge, dessen Schnitt und Fasson jetzt nicht zu bestimmen war, da die Person nicht stand, sondern sass. Der Schwarze Tom stand neben Old Firehand und fragte ihn: "Sir, kennt Ihr diese Frau?"
"Nein. Ist sie denn so berühmt, dass ich sie kennen müsste?"
"Allerdings. Sie ist natürlich gar keine Frau, sondern ein Mann, ein Prairiejäger und Fallensteller. Und da kommt der Panther. Da werdet Ihr sehen, was eine Frau, die ein Mann ist, zu leisten vermag."
Er beugte sich über die Reiling und rief hinab: "Holla, Tante Droll, aufgepasst. Der will Euch fressen."
Das Floss war ungefähr noch fünfzig Schritte von dem Steamer entfernt. Der Panther war, nach seiner Beute suchend, immer an der Seite des Schiffes hin und der geschwommen. Jetzt sah er das Floss und hielt auf dasselbe zu. Die auf demselben befindliche scheinbare Frau sah nach dem Deck empor, erkannte den, der sie angerufen hatte, und antwortete mit hoher Fistelstimme: "Good lack, Ihr seid es, Tom? Freue mich sehr, Euch zu sehen, wenn es nötig ist! Was ist das für ein Tier?"
"Ein schwarzer Panther, der von Bord gesprungen ist. Macht Euch davon. Schnell, schnell!"
"Oho! Tante Droll reisst vor niemand aus, auch nicht vor einem Panther, mag er schwarz, blau oder grün aussehen. Darf man das Vieh erschiessen?"
"Natürlich! Aber Ihr bringt es nicht fertig. Es gehörte in eine Menagerie und ist das gefährlichste Raubtier der Welt. Flieht auf die andre Seite des Schiffes."
Niemand als nur Tom kannte die närrische Gestalt, doch riefen alle ihr die Warnung zu, zu fliehen. Sie aber schien einen Spass daran zu finden, mit dem Panther Haschens zu spielen. Sie führte das zerbrechliche Ruder mit wahrer Meisterschaft und wusste dem Tiere mit erstaunlicher Geschicklichkeit auszuweichen. Dabei rief sie immer mit derselben Fistelstimme herauf: "Werde es schon fertig bringen, alter Tom. Wohin wird denn so eine Kreatur geschossen, wenn es nötig ist?"
"Ins Auge," antwortete Old Firehand.
"Well! So wollen wir diese Wasserratte mal herankommen lassen."
Er zog das Ruder ein und griff zu der Büchse, welche neben ihm gelegen hatte.
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