Mit dir werde ich kein Federlesens machen. Also, willst du trinken?"

"Ich nicht trinken Feuerwasser."

Er sagte das trotz der Drohung, welche der Cornel ausgesprochen hatte, ebenso ruhig, wie vorher. Der letztere aber holte aus und gab ihm eine schallende Ohrfeige.

"Hier dein Lohn, du roter Feigling!" rief er aus. "Ich will mich nicht anders rächen, weil so eine Canaille zu tief unter mir steht."

Kaum war der Hieb erteilt, so fuhr die Hand des Indianerknaben unter die Zunidecke, jedenfalls nach einer Waffe und zugleich flog sein Blick zum Gesicht seines Vaters empor, was dieser jetzt thun und sagen werde.

Das Gesicht des Roten war ein so ganz andres geworden, dass man es jetzt fast nicht hätte wiedererkennen mögen. Seine Gestalt schien emporgewachsen zu sein, seine Augen leuchteten auf, und über seine Züge zuckte eine plötzlich lebendig gewordene Energie. Aber ebenso schnell senkten sich seine Wimpern wieder nieder; sein Körper fiel zusammen, und sein Gesicht nahm den vorherigen ergebenen Ausdruck an.

"Nun, was sagst du dazu?" fragte der Cornel höhnisch.

"Nintropan-hauey danken."

"Hat dir die Ohrfeige so sehr gefallen, dass du dich für sie bedankst? Nun, da hast du noch eine!"

Er holte abermals aus, schlug aber, da der Indianer den Kopf blitzschnell senkte, mit der Hand gegen den Kasten, an welchem die Indsmen lehnten, dass es einen lauten, hohlen Ton ergab. Da erscholl von innen erst ein kurzes, scharfes Knurren und Fauchen, welches schnell zu einem wilden, grässlichen Schrei anschwoll, dem ein solches donnerähnliches Brüllen folgte, dass man meinte, das Schiff erzittere unter diesen entsetzlichen Tönen.

Der Colonel sprang einige Schritte zurück, liess das Glas fallen und schrie mit erschrockener, heftig gellender Stimme: "Heavens! Was ist das? Welch eine Bestie steckt in diesem Kasten? Ist das erlaubt? Man kann vor Schreck den Tod oder wenigstens die Epilepsie davontragen!"

Der Schrecken hatte nicht nur ihn, sondern auch die andern Passagiere ergriffen. Die an Deck sich befindenden Männer hatten ebenso wie der Cornel laut aufgeschrieen. Nur vier von ihnen hatten mit keiner Wimper gezuckt, nämlich der Schwarzbärtige, welcher jetzt ganz vorn am Bug sass, der riesenhafte Herr, welchen der Cornel zum dritten Drink einladen wollte und die beiden Indianer. Diese vier Personen hatten ebensowenig wie die andern gewusst, dass sich ein wildes Tier an Bord und zwar dort in dem Kasten befinde, aber sie besassen eine so grosse und langgeübte Selbstbeherrschung, dass es ihnen nicht schwer wurde, ihre Überraschung zu verbergen.

Das Gebrüll war auch unter Deck in den Kajüten gehört worden. Es kamen mehrere Damen unter lautem Geschrei herauf und erkundigten sich nach der Gefahr, die ihnen drohe.

"Es ist nichts, Ladies und Mesch'schurs," antwortete ein sehr anständig gekleideter Herr, welcher soeben auch aus seiner Kabine getreten war. "Nur ein Pantherchen, ein kleines Pantherchen, weiter gar nichts! Ein allerliebster Felis panthera, nur ein schwarzer, nur ein schwarzer, Mesch'schurs!"

"Was? Ein schwarzer Panther!" heulte ein kleines, bebrilltes Männlein auf, dem man es ansah, dass er mehr in zoologischen Büchern als im praktischen Verkehr mit wilden Tieren bewandert sei. "Der schwarze Panther ist ja das allergefährlichste Viehzeug! Er ist grösser und länger als der Löwe und der Tiger! Er mordet aus reiner Blutgier und nicht nur aus Hunger. Wie alt ist er denn?"

"Nur drei Jahre, Sir, nicht älter."

"Nur? Das nennt Ihr ,nur'? Da ist er ja vollständig ausgewachsen! Mein Gott! Und so eine Bestie befindet sich hier an Bord! Wer kann das verantworten?"

"Ich, Sir, ich," antwortete der elegante Fremde, indem er sich gegen die Damen und Herren verneigte. "Erlaubt mir, mich vorzustellen, Myladies und Gentlemen! Ich bin der berühmte Menageriebesitzer Jonathan Boyler und befinde mich seit einiger Zeit mit meiner Truppe in Van Büren. Da dieser schwarze Panther in New Orleans für mich angekommen war, so begab ich mich mit meinem erfahrensten Tierbändiger dorthin, um ihn abzuholen. Der Kapitän dieses guten Schiffes erteilte mir gegen hohen Transport die Erlaubnis, den Panther hier zu verladen. Er machte dabei die Bedingung, dass die Passagiere möglichst nicht erfahren sollten, in welcher Gesellschaft sie sich befinden. Darum fütterte ich den Panther nur des Nachts und habe ihm, by god, stets ein ganzes Kalb gegeben, damit er sich so vollfressen solle, dass er den ganzen Tag verschläft und sich kaum bewegen kann. Freilich, wenn man mit Fäusten an den Kasten schlägt, so wacht er auf und lässt auch seine Stimme hören. Ich hoffe, dass die verehrten Damen und Herren nun von der Anwesenheit des Pantherchens, welche ja nicht die mindeste Störung bewirkt, keine Notiz mehr nehmen."

"Was?" antwortete der mit der Brille, indem seine Stimme fast überschnappte. "Keine Störung bewirkt? Keine Notiz mehr nehmen? Alle Teufel, ich muss wirklich sagen, dass eine solche Anforderung noch nie an mich gestellt worden ist! Ich soll dieses Schiff mit einem schwarzen Panther bewohnen? Ich will gehenkt sein, wenn ich das fertig bringe! Entweder muss er fort, oder ich gehe. Werft die Bestie ins Wasser! Oder schafft den Kasten an das Ufer!"

"Aber, Sir, es ist wirklich ganz und gar keine Gefahr vorhanden," versicherte der Menageriebesitzer. "Seht Euch nur den starken Kasten an, und - - "

"Ach was Kasten," unterbrach ihn das Männchen. "Diesen Kasten kann ich zersprengen, um wieviel leichter da erst der Panther!"

"Bitte, mich sagen zu lassen, dass sich in dem Kasten der eigentliche eiserne Käfig befindet, den selbst zehn Löwen oder Panther nicht zu zertrümmern vermöchten."

"Ist das wahr? Zeigt uns den Käfig! Ich muss mich überzeugen."

"Ja, den Käfig zeigen, den Käfig zeigen! Wir müssen wissen, woran wir sind," riefen zehn, zwanzig, dreissig und noch mehr Stimmen.

Der Menageriebesitzer war Yankee und ergriff also die Gelegenheit beim Schopfe, diesen allgemeinen Wunsch zu seinem Vorteile auszubeuten.

"Ganz gern, ganz gern!" antwortete er. "Aber, Myladies und Gentlemen, es ist doch leicht einzusehen, dass man den Käfig nicht betrachten kann, ohne auch den Panther zu erblicken. Dies jedoch darf ich ohne gewisse Gegenleistung nicht gestatten. Um den Reiz dieses seltenen Schauspiels zu erhöhen, werde ich eine Fütterung des Tieres anbefehlen. Wir arrangieren drei Plätze, den ersten zu einem Dollar, den zweiten zu einem halben und den dritten zu einem Vierteldollar. Da sich lauter Ladies und wirkliche Gentlemen hier befinden, so bin ich überzeugt, dass wir den zweiten und dritten Rang gleich von vornherein weglassen können.