Der Cornel, welcher sein Messer mit der unverletzten Linken wieder ergriffen hatte, hielt den Schritt an und rief: "Old Firehand! Alle Teufel, wer hätte das gedacht! Warum habt Ihr das nicht vorher gesagt!"

"Ist's etwa nur der Name, der einen Gentleman vor euern Ungezogenheiten schützt? Macht euch von dannen, setzt euch ruhig in einen Winkel und kommt mir nicht wieder vor die Augen, sonst lösche ich euch alle aus!"

"Well, wir sprechen später weiter!"

Er drehte sich um und ging mit seiner blutenden Hand nach vorn. Die Seinen folgten ihm wie Hunde, welche Prügel bekommen haben. Dort setzten sie sich nieder, verbanden ihrem Anführer die Hand, sprachen leise und angelegentlich miteinander und warfen dabei Blicke nach dem berühmten Jäger, welche zwar keineswegs freundliche waren, aber doch bewiesen, welch einen gewaltigen Respekt sie vor ihm hatten.

Aber nicht allein auf sie hatte der weitbekannte Name gewirkt. Es gab unter den Passagieren wohl keinen, der nicht schon von diesem kühnen Manne, dessen ganzes Leben aus gefährlichen Thaten und Abenteuern zusammengesetzt war, gehört gehabt hätte. Man trat unwillkürlich ganz ehrerbietig von ihm zurück, und betrachtete nun viel eingehender die hohe Gestalt, deren doch so harmonische Dimensionen und Verhältnisse jedem schon vorher aufgefallen waren.

Der Kapitän reichte ihm die Hand und sagte im freundlichsten Tone, zu dem ein Yankee sich verstehen kann: "Aber, Sir, das hätte ich wissen sollen! Ich hätte Euch meine eigene Kajüte abgetreten. Bei Gott, es ist eine Ehre für den "Dogfish", dass Eure Füsse seine Planken betreten haben. Warum habt Ihr Euch anders genannt?"

"Ich habe Euch meinen wirklichen Namen gesagt. Old Firehand aber werde ich von den Westmännern genannt, weil das Feuer meiner Büchse, von meiner Hand geleitet, stets ein verderbenbringendes ist."

"Ich hörte, Ihr schiesst nie fehl?"

"Pshaw! Fehlschiessen eine Unmöglichkeit! Jeder gute Westmann kann das genau so wie ich. Aber Ihr seht, welchen Vorteil ein bekannter Kriegsname hat. Hätte sich der meinige nicht so weit herumgesprochen, so wäre es gewiss zum Kampfe gekommen."

"In welchem Ihr gegen diese Übermacht hättet unterliegen müssen!"

"Meint Ihr?" fragte Old Firehand, indem ein selbstbewusstes, doch gar nicht stolzes Lächeln über sein Gesicht flog. "So lange man nur mit Messern kommt, ist mir gar nicht bange. Ich hätte mich gewiss so lange gehalten, bis Eure Leute zur Hand gewesen wären."

An denen hätte es freilich nicht gefehlt. Aber was thue ich nun mit den Halunken? Ich bin Herr, Gebieter und Richter hier. Soll ich sie in Ketten legen und dann abliefern?"

"Nein."

"Oder soll ich sie ans Ufer setzen?"

"Auch nicht."

"Aber Strafe muss doch sein."

"Ich rate Euch, darauf zu verzichten. Ihr macht diese Tour mit Eurem Steamer doch wohl nicht zum letztenmal?"

"Fällt mir gar nicht ein! Ich denke, noch lange Jahre auf dem alten Arkansas auf und ab zu schwimmen."

"Nun, so hütet Euch, jetzt die Rache dieser Menschen zu erwecken! Es würde sicher zu Eurem Verderben sein. Sie sind im stande, sich irgendwo am Ufer festzusetzen und Euch einen Streich zu spielen, der Euch nicht nur das Schiff, sondern auch das Leben kosten kann."

"Das sollten sie wagen!"

"Sie wagen es gewiss. Übrigens würde das gar kein Wagnis für sie sein. Sie würden alles heimlich thun und es so einrichten, dass ihnen niemand etwas anhaben kann."

Jetzt sah Old Firehand den Schwarzbärtigen, welcher herbeigekommen und in der Nähe stehen geblieben war, den Blick in bescheidenem Verlangen auf den Jäger gerichtet. Dieser trat auf ihn zu und fragte: "Ihr wollt mit mir sprechen, Sir? Kann ich Euch einen Gefallen erweisen?"

"Einen sehr grossen," antwortete der Deutsche.

"So sagt, welchen!"

"Erlaubt mir, Euch einmal die Hand zu drücken, Sir! Das ist alles, um was ich Euch bitte. Dann will ich befriedigt gehen und Euch nicht weiter belästigen. Aber an diese Stunde werde ich mit Freuden denken all mein Lebelang."

Man sah seinem offenen Blick und hörte seinem Tone an, dass diese Worte wirklich aus dem Herzen kamen. Old Firehand streckte ihm die Rechte entgegen und fragte: "Wie weit wollt Ihr mit diesem Schiffe fahren?"

"Mit diesem Schiffe? Nur bis Fort Gibsen."

"Das ist doch weit genug!"

"O, dann will ich mit dem Boote noch weiter. Ich fürchte, dass Ihr, der berühmte Mann, der noch niemals unterlegen ist, mich für furchtsam haltet."

"Warum?"

"Weil ich vorhin den Drink dieses sogenannten Cornels angenommen habe."

"O nein. Ich kann Euch nur loben, dass Ihr so besonnen gewesen seid. Freilich, als er dann den Indsmann schlug, nahm ich mir vor, ihm eine scharfe Lehre zu erteilen, was ja auch geschehen ist."

"Hoffentlich lässt er sie sich zur Warnung dienen. Übrigens, wenn Ihr ihm die Finger steif geschossen habt, so ist's mit ihm als Westmann aus. Von dem Roten aber weiss ich nicht, was ich denken soll."

"Wieso?"

"Er hat sich als wirklicher Feigling betragen, und ist doch nicht im mindesten erschrocken, als das Brüllen des Panthers erscholl. Das kann ich mir gar nicht zusammenreimen."

"Nun, den Reim will ich Euch machen. Es fällt mir nicht schwer, ihn fertig zu bringen."

"So, kennt Ihr den Indianer?"

"Gesehen habe ich ihn noch nie, desto mehr aber von ihm gehört."

"Auch ich hörte den Namen, als er ihn aussprach. Es ist ein Wort, bei dem man die Zunge brechen kann.