Das Geld stand mir zu, für - für Anwalts- und Notariatsunkosten. Lord Alford war damals krank .«
»Ist es - eine Handhabe gegen Sie?«
»Wenn Sie es wissen wollen, ja. - Alford, ich bin ruiniert! Dieser Bursche kann mich ins Zuchthaus bringen.«
Dick schüttelte den Kopf.
»Setzen Sie ihn morgen vor die Tür. Wenn er die Wechsel vorlegen sollte, will ich mich dafür verwenden, daß Harry die Unterschriften anerkennt.«
In das kalkweiße Gesicht kam wieder etwas Farbe.
»Das wollen Sie tun? Großer Gott, Sie ahnen nicht, was es für mich bedeutet! Sie sind großartig, Alford! Morgen vormittag fliegt Gilder.«
Die Hand, die er Dick hinstreckte, nahm dieser mit einigem Widerstreben. Viel hatte er von diesem Mann nie gehalten, doch jetzt ...
»Ich will Ihrem Bruder jeden Penny zurückzahlen«, versicherte Gine, »was mir ohne weiteres gelingen wird, da ich einen großen Coup vorhabe, der mich wieder flottmacht.«
Daß der große Coup, der ihm auf die Beine helfen sollte, ein glatter Diebstahl am Eigentum Harry Alfords war, störte ihn nicht. Auch ging ihm anscheinend die Ironie der Situation nicht auf. Hauptsache, daß die Affäre mit den vier Wechseln erledigt war - in Zukunft würde er auf geraden Wegen wandeln! Seine guten Vorsätze vermochte auch der Umstand nicht zu trüben, daß sich in seiner Tasche noch ein fünftes derartiges Papier befand, von dem Dick Alford freilich nichts ahnte.
»Ja, und diese Heirat - wollen Sie sie nicht beschleunigen, Alford? Setzen Sie sie, wenn es geht, auf nächsten Monat fest. Leslie ist ein schnurriges kleines Ding und sucht das Unvermeidliche hinauszuschieben - na, vielleicht ist das Mädchenart. Stecken Sie es hinter Harry!«
»Die Entscheidung darüber muß Ihrer Schwester überlassen werden«, stellte Dick kurz und unwiderruflich fest.
Zusammen verließen sie das Arbeitszimmer. Leslie, die sie besorgt erwartete, sah das entspannte Gesicht ihres Bruders und atmete erleichtert auf. Dick griff nach seinem Hut.
»Sie wollen schon wieder gehen?«
»Spielen wir Mah-Jongg!« forderte ihn der Hausherr auf.
Doch Arthur Gine gegenüberzusitzen war mehr, als er sich an diesem Abend zumuten wollte.
»Ah, hier habe ich etwas für Sie!« rief Gine gemütlich und zeigte auf einen Dolch an der Wand, lang und schwarz, der Griff vom Gebrauch geglättet, die Klinge gekerbt und zackig. »Es gehört eigentlich nach Fossaway - der echte Dolch, mit dem Hubert von Redruth, der echte Schwarze Abt, umgebracht wurde. Sehen Sie sich das Wappen auf dem Griff an!«
»Ich habe es früher schon gesehen«, erwiderte Dick kurz und wandte sich an das Mädchen. »Ziehen Sie Ihren Mantel an, Leslie, ein kleiner Spaziergang wird Ihnen guttun.«
Und Arthur, der in der momentanen Verfassung jeden Vorschlag Dicks unterstützt haben würde, redete ihr gleichfalls zu.
15
Eine dunkle Nacht, der Mond brach nur dann und wann durch die treibenden Wolken. Leslie schob ihre Hand unter Dicks Arm, als sie die stockfinstere Allee hinab zur Straße gingen. »Habt ihr euch gezankt?« wollte sie wissen.
»Das gerade nicht - es fielen ein paar unverblümte Worte, die die Luft reinigten. Morgen wird Gilder entlassen.« Sie schwieg eine ganze Weile und schien nachzudenken. »Ist das klug? Mir ist ein wenig angst vor dem Mann.« »Ein gefährlicher Feind, sicher, aber zu fürchten doch nur, soweit seine Macht reicht.« »Kann er Arthur nichts anhaben?«
»Nicht mehr - und Ihnen bestimmt nicht. Übrigens hat mich Ihr Bruder gebeten, die Beschleunigung Ihrer Heirat zu betreiben, was ich ablehnte. - Sie sehen Harry sehr selten, Leslie?«
»Er vermißt mich wirklich nicht, Dick! Die Suche nach dem Schatz und dem Lebenselixier nimmt ihn völlig in Anspruch.«
»Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
»Natürlich. Was halten Sie von dem Schatz?«
»Die Grafen von Chelford haben in den letzten vierhundert Jahren für die Suche mehr ausgegeben, als der Schatz wert ist. Und außerdem bin ich überzeugt, daß die gierige Bess sich bis zum allerletzten Goldbarren alles angeeignet hat.«
»Ich bin anderer Meinung«, widersprach Leslie überraschend. »In letzter Zeit habe ich mich ein wenig mit Elisabeths Geschichte beschäftigt. In dem Jahr, als das Gold versteckt wurde, herrschte in den Kassen der Königin eine solche Ebbe, daß sie von den Lombarden Geld leihen mußte.«
Er blieb stehen.
»Stimmt das wirklich?«
»Ja. Wenn Sie nicht ein so unverbesserlicher Skeptiker wären und etwas mehr lesen würden, wüßten Sie, daß die Königin im Jahre 1582 bankrott war!«
Beim Hohlweg bog Dick nach links ab. Auf einem kleinen Pfad näherten sie sich der Abtei.
»Sie sollen die Ruinen einmal im Mondschein sehen, Leslie! Es hat unbedingt einen romantischen Reiz.«
Im Mondlicht warf das zerfallene Gemäuer lange, unwirkliche Schatten. Wenn die Überlieferung stimmte, hatte in grauer Vorzeit hier ein Opferstein gestanden, lange bevor die normannischen Mönche den Meißel an die Blöcke für ihre Abtei legten. Leslie sah im Geist die schwarzen Kutten der Mönche sich hin und her bewegen. Links unten am Hang spiegelte sich der Mond im Ravensrill, ein Gekräusel von gleißendem Silber. Am Ufer des Flüßchens hatten die frommen Männer einst mit ihren Angelruten gesessen.
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