Wolf Larsen und Henderson unterhielten sich in der Nähe des Steuerrads. Johansen steuerte. Als ich auf die Wetterseite zuging, bewegte er seinen Kopf. Ich nahm an, es sei ein Gruß, doch in Wirklichkeit wollte er mich warnen, die Asche besser an Lee auszuschütten. Mein Pech! Der Wind blies das Zeug zurück und leider nicht nur auf mich, sondern auch auf Wolf Larsen und Henderson.

Larsens Faust traf mich so heftig, dass ich fast das Bewusstsein verlor. Alles verschwamm vor meinen Augen. Mir wurde speiübel. Ich konnte gerade noch rechtzeitig den Rand des Schiffes erreichen. Wolf Larsen folgte mir nicht. Er klopfte die Asche von seinen Kleidern und redete weiter mit Henderson. Johansen befahl ein paar Matrosen, das Deck zu säubern.

Später am Morgen erlebte ich eine Überraschung ganz anderer Art. Ich betrat Wolf Larsens Kabine um aufzuräumen und das Bett zu machen. Am Kopfende befand sich ein Regal voller Bücher. Erstaunt las ich Namen wie Shakespeare, Tennyson und Poe. Es standen da auch wissenschaftliche Werke, Bücher über Astronomie und Physik, Literaturgeschichten, Grammatiken und Sprachlehren. Wie passten diese Bücher zu dem Mann, den ich kennen gelernt hatte?

Als ich das Bett richtete, entdeckte ich zwischen den Laken eine vollständige Ausgabe von Brownings Gedichten. Die aufgeschlagene Seite enthielt »Auf einem Balkon« und einige Textstellen waren angestrichen. Dann fiel ein Bogen Papier zwischen den Seiten heraus, der über und über mit geometrischen Figuren und Berechnungen vollgekritzelt war.

Offensichtlich handelte es sich bei diesem schrecklichen Mann um keinen unwissenden Tölpel, wie man aufgrund seiner brutalen Ausbrüche hätte vermuten können. Wolf Larsen war mir ein Rätsel. Mir fiel ein, dass auch seine Ausdrucksweise mir gegenüber hervorragend war, wenngleich er bei den Matrosen und Jägern die Umgangssprache benutzte.

Meine Entdeckung hatte mich ermutigt, denn ich sprach ihn wegen meines gestohlenen Geldes an, als ich ihn kurze Zeit später am Heck antraf.

»Man hat mich beraubt!«

»Sir«, berichtigte er.

»Man hat mich beraubt, Sir«, wiederholte ich. »Wie ist das passiert?«

Da erzählte ich ihm die ganze Geschichte, auch, dass der Koch mich schlagen wollte.

Wolf Larsen lächelte. »Köchleins Nebeneinnahmen«, vermutete er. »Meinen Sie nicht, dass Ihr jämmerliches Leben diesen Preis wert ist? Merken Sie sich diese Lektion und passen Sie auf Ihr Geld auf! Ich nehme an, bisher hat das ein Notar oder ein Verwalter für Sie gemacht?«

Ich spürte den Hohn in seinen Worten, trotzdem forderte ich: »Wie bekomme ich es zurück?«

»Das ist Ihre Sache. Jetzt müssen Sie auf sich selbst vertrauen. Ein Mann, der sein Geld herumliegen lässt, verdient es zu verlieren. Außerdem haben Sie gesündigt. Sie haben Köchlein in Versuchung geführt und er ist ihr erlegen. Sie haben seine unsterbliche Seele in Gefahr gebracht. Glauben Sie übrigens an die unsterbliche Seele?« Seine Augenlider hoben sich und ich glaubte, in die Tiefe seiner Seele zu blicken. Doch das war eine Illusion.