Der Talisman
Nestroy, Johann
Der Talisman
Johann Nestroy
Der Talisman
Posse mit Gesang in drei Aufzügen
Personen.
Titus Feuerfuchs, ein vazierender Barbiergeselle.
Frau von Cypressenburg, Witwe.
Emma, ihre Tochter.
Constantia, ihre Kammerfrau, ebenfalls Witwe.
Flora Baumscheer, Gärtnerin, ebenfalls Witwe,
Plutzerkern, Gärtnergehülfe, , im Dienste der Frau von Cypressenburg.
Monsieur Marquis, Friseur.
Spund, ein Bierversilberer.
Christoph,
Hanns,
Seppel, , Bauernburschen.
Hannerl, Bauernmädchen.
Ein Gartenknecht.
Georg,
Konrad, , Bediente der Frau von Cypressenburg.
Herr von Platt.
Notarius Falk.
Salome Pockerl, Gänsehüterin.
Die Handlung spielt auf dem Gute der Frau von Cypressenburg, nahe bei einer großen Stadt.
Erster Aufzug
Die Bühne stellt einen Dorfplatz vor. In der Mitte gegen den Hintergrund ein Brunnen, links eine Gartenmauer mit einer kleinen, offenstehenden Tür, welche in den Herrschaftsgarten führt.
Erster Auftritt
Bauernmädchen, darunter Hannerl, treten während dem Ritornell des folgenden Chores aus dem Hintergrunde links auf.
Chor.
DIE MÄDCHEN.
Au'm Nachkirtag tanzt man schon in aller Fruh',
Dort kommen die Burschen und holen uns dazu.
DIE BAUERNBURSCHE darunter Christoph und Hanns von der Seite rechts auftretend.
Wo bleibt's denn? Laßt keine sich sehn, das ist schön,
Au'm Tanzboden tut's drüber und drunter schon gehn.
DIE MÄDCHEN.
Wir sind schon bereit.
DIE BURSCHE.
So kommt's, es ist Zeit.
ALLE.
Es hat jed's sein' Gegenteil, die Wahl ist nit schwer,
D' Musikanten soll'n aufspiel'n, heut geht's lustig her.
CHRISTOPH zu einem Bauernmädchen. Wir zwei tanzen miteinand'.
HANNS zu einer anderen. Wir zwei sind schon seit zehn Kirtäg ein Paar.
HANNERL zu einem Burschen. Ich tanz' auf der Welt mit kein'm andern, als mit dir.
CHRISTOPH nach links, in den Hintergrund sehend. Da schaut's, da kommt die Salome.
HANNERL. Mit die baßgeig'nfarbnen Haar'.
CHRISTOPH. Was will denn die auf'm Kirtag.
HANNERL. Eure Herzen anbrandeln, das is doch klar.
Zweiter Auftritt
Vorige. Salome.
SALOME in ärmlich ländlichem Anzug und rote Haare, kommt aus dem Hintergrunde links. Da geht's ja gar lustig zu; wird schon au'm Tanzboden 'gangen, net wahr?
CHRISTOPH kalt. Is möglich.
SALOME. Ös werdt's doch nix dagegen hab'n, wenn ich auch mitgeh'?
HANNS. No ja, – warum net, – mitgehn kann jed's.
CHRISTOPH mit Beziehung auf ihre Haare. Aber's is weg'n der Feuersg'fahr.
HANNS ebenso. Es is der Wachter dort –
CHRISTOPH wie oben. Und der hat ein'n starken Verdacht auf dich; du hast deine Gäns' beim Stadl vorbeitrieben, der vorgestern abbrennt is.
HANNERL. Und da glaubt man, du hast'n anzund'n mit deiner Frisur.
SALOME. Das is recht abscheulich, was ihr immer habt's über mich; – aber freilich, ich bin die einzige im Ort, die solche Haare hat. Für die Schönste wollt's mich nicht gelten lassen, drum setzt's mich als die Wildeste herab.
DIE MÄDCHEN. Ah, das is der Müh' wert, die wollt' die Schönste sein!
CHRISTOPH zu Salome. Schau halt, daß d' ein Tänzer find'st.
SEPPEL ein sehr häßlicher Bursch. Ich tanz' mit ihr, was kann mir denn g'schehn?
CHRISTOPH. Was fallt dir denn ein? Ein Kerl wie du, wird doch eine andere krieg'n?
SEPPEL. Is auch wahr, man muß sich nit wegwerfen.
HANNS. Vorwärts! brodelt's nit so lang herum.
ALLE. Au'm Tanzbod'n! Juhe! zum Tanz!
Alle rechts im Hintergrunde ab.
Dritter Auftritt
Salome allein.
SALOME. Ich bleib' halt wieder allein z'ruck! Und warum? weil ich die rotkopfete Salome bin. Rot ist doch g'wiß ein' schöne Farb', die schönsten Blumen sein die Rosen, und die Rosen sein rot. Das Schönste auf der Welt ist der Morgen, und der kündigt sich an durch das prächtigste Rot.
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