Er war vor siebenundzwanzig Jahren Ulan in meiner Schwadron – er hat noch militärischen Geist in sich. Er hält ja heute noch Rapporte mit der Dienerschaft.
BARONIN. Nur um Gottes willen keinen martialischen Ton, Ado. Sie kennen seine krankhafte Empfindlichkeit! – Aber vielleicht, daß wieder irgendwelche außerordentliche Konzessionen –
GENERAL. Zu denen Sie also bereit wären?
BARONIN. Zu jeder!
GENERAL. Ich gehe – Amelie.
Er bleibt aber stehen.
JAROMIR kommt über die Terrasse, tritt durch die Glastür ein. Wohin denn, Ado?
GENERAL im Abgehen. Ich habe eine Mission.
Fünfte Szene
JAROMIR. Ah, ich höre, der Theodor hat sich zur Abwechslung in den Schmollwinkel zurückgezogen! Ich hab dirs gesagt, Mama, wie er vor vier Jahren, kurz nach meiner Heirat, sein Bon plaisir zu erkennen gegeben hat, aus meinen Diensten wieder in deine zurückzutreten. Ich kann ihn nach siebzehnjährigem Beisammensein nicht mehr aushalten – wenn du es versuchen willst, à la bonne heure! Er ist ja eine Perle und in seiner Klasse ein ungewöhnlicher Mensch, aber er liebt Szenen – und da mir Szenen beiläufig das Verhaßteste auf der Welt sind – und da ich hauptsächlich darum eine äußerst vernünftige und friedfertige kleine Frau geheiratet habe, um in meinen reiferen Jahren mich friedlich umgeben zu wissen –
BARONIN. Der Theodor ist ein ganz ausgezeichneter Mensch!!
JAROMIR. Aber ohne Frage, ein Erzengel. Aber ich vertrage eben nicht, einen Erzengel zum Diener zu haben, in dem alle paar Monate lang der Machtkitzel erwacht, mir zu zeigen, daß er der Stärkere von uns beiden ist.
BARONIN geht geärgert auf und ab, raucht. Du scheinst die Möglichkeiten dessen, was ein beschränktes Hauspersonal leisten kann, etwas zu überschätzen, mein Lieber, sonst hättest du nicht heute, an dem Tag, wo deine verschiedenen Freundinnen von sämtlichen Bahnhöfen abzuholen sind, den zweiten Kutscher zu Pferd in die Stadt geschickt, um den Schlosser für eine schließlich gleichgiltige Dachreparatur herzubestellen –
JAROMIR. Pardon, Mama, gerade diese Dachreparatur ist unaufschieblich. Es ist unmöglich, in der Nacht ein Auge zuzumachen, wenn eine losgerissene Dachrinne an ein wackelndes Eisengitter schlägt, – das muß ich als Bewohner der Mansarde wissen.
BARONIN stehend. Du hast dir oben ein Schreibzimmer eingerichtet, höre ich. Aber du schläfst doch nicht oben?
JAROMIR. Allerdings – seit einer Woche.
BARONIN. Ah?
JAROMIR. Seit die Baby in der Nacht mit den Zähnen so unruhig ist, hat Anna darauf bestanden, daß ich mich umquartiere.
BARONIN geht auf und nieder. Auch deine diversen Freundinnen sind jedenfalls sehr große Verhältnisse gewohnt.
JAROMIR. Wie meinst du das, Mama?
BARONIN. – Häuser gewohnt, wo es gar keine Umstände macht, wenn man im letzten Moment seine Dispositionen abändert.
JAROMIR. Inwiefern?
BARONIN. Er, Galattis, erscheint also plötzlich nicht oder erscheint erst später – Madame kommt allein.
JAROMIR. Die Melanie Galattis kommt allein! Ah, da bin ich sehr überrascht. Das tut mir leid. Ich habe auf ihn gerechnet.
BARONIN stehenbleibend.
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